Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltszwang bei Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss. Prozesshandlungen eines ehemaligen Rechtsanwalts nach dem Verlust seiner Zulassung
Leitsatz (amtlich)
a) Für die sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers besteht kein Anwaltszwang.
b) Prozesshandlungen, die ein ehemaliger Rechtsanwalt nach dem Verlust seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und der Löschung in der Liste der zugelassenen Anwälte für die Partei vornimmt, sind im Parteiprozess nicht allein wegen der beendeten Zulassung unwirksam (Abgrenzung zu BGH v. 8.11.2004 - II ZR 300/02, BGHZ 98, 325 = BGHReport 2005, 511 = GmbHR 2005, 232 m. Anm. Blöse = MDR 2005, 284). Es bleibt offen, ob mit dem Ende der Zulassung auch die einem Rechtsanwalt erteilte Prozessvollmacht erlischt. Die Partei kann dessen - unterstellt vollmachtslose - weitere Prozessführung jedenfalls mit Rückwirkung genehmigen.
c) Der obsiegenden Partei steht ein Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten gem. § 91 ZPO ausnahmsweise nicht zu, wenn für die Bestellung eines Rechtsanwalts kein Anlass mehr bestand, weil das Gericht bereits eine Verwerfung des vom Gegner eingelegten Rechtsbehelfs angekündigt hatte.
Normenkette
ZPO §§ 78, 91, 104; BRAO § 36
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des OLG Köln vom 31.3.2005 (17 W 109/04) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 1.067,28 EUR
Gründe
I.
Der Beklagte verlangt im Kostenfestsetzungsverfahren Erstattung seiner Anwaltskosten.
In dem vorausgegangenen Erkenntnisverfahren nahm die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung von 52.200 DM nebst Zinsen in Anspruch. Das LG wies die Klage ohne mündliche Verhandlung durch (unechtes) Versäumnisurteil ab. Dagegen legte der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwalt M., innerhalb von zwei Wochen Einspruch ein. Nachdem das LG zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache bestimmt sowie dem Beklagten hierzu eine Erwiderungsfrist gesetzt hatte, hob der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 29.6.2001 den Termin wieder auf mit dem Hinweis, die Kammer beabsichtige - nach Zahlung eines Kostenvorschusses -, über den unzulässigen Einspruch der Klägerin ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Verfügung wurde dem minderjährigen Beklagten zu Händen seines Vaters am 3.7.2001 durch Niederlegung zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 26.7.2001, bei Gericht eingegangen am selben Tage, zeigte Rechtsanwalt Mö. unter Bezugnahme auf eine ihm drei Tage zuvor erteilte Vollmacht die anwaltliche Vertretung des Beklagten an; am 31.7.2001 stellte er einen Klageabweisungsantrag. Das LG verwarf durch Beschluss vom 18.9.2002 den Einspruch der Klägerin als unzulässig und erlegte ihr gleichzeitig die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf.
In dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 18.11.2002 die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Rechtsanwaltskosten auf 1.067,29 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Hiergegen hat für die Klägerin "Rechtsanwalt" M. unter seinem Briefkopf am 6.12.2002 beim LG sofortige Beschwerde eingelegt. Im weiteren Verfahren stellte sich heraus, dass M. damals bereits auf seine Rechte aus der Zulassung verzichtet hatte und seit dem 13.6.2002 nicht mehr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war. Die weitere Vertretung der Klägerin übernahm Rechtsanwalt D., der unter dem 22.9.2003 die Einlegung der Beschwerde durch M. genehmigte. Der Beschwerde hat die Rechtspflegerin teilweise abgeholfen und den Erstattungsbetrag auf nunmehr 902,43 EUR festgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat nun auch der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsantrag in vollem Umfang zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehrt der Beklagte Wiederherstellung der ursprünglichen Kostenfestsetzung.
II.
Die gem. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in OLGReport Köln 2005, 406 veröffentlicht ist (OLG Köln v. 31.3.2005 - 17 W 109/04, OLGReport Köln 2005, 406 = JMBl. NRW 2005, 251), hat ausgeführt:
a) Der Zulässigkeit der von der Klägerin eingelegten sofortigen Beschwerde stehe es nicht entgegen, dass M. zum Zeitpunkt der Einlegung nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen gewesen sei. Wenn auch § 36 Abs. 2 BRAO zu entnehmen sei, dass ein Rechtsanwalt nach seiner Löschung in der Anwaltsliste Rechtshandlungen nicht mehr wirksam vornehmen könne, so bedeute dies nicht, dass er auch gehindert wäre, außerhalb des Prozesses rechtsgeschäftliche Erklärungen für den (ehemaligen) Mandanten abzugeben. Insoweit seien die prozessrechtlichen Voraussetzungen einer Vollmacht von den materiell-rechtlichen zu trennen. In Ermangelung eines entgegenstehenden Willens spreche nichts dagegen, dass der nicht mehr zugelassene Rechtsanwalt für den früheren Mandanten noch aufgrund einer privatrechtlichen Vollmacht berechtigt sei, dasjenige zu veranlassen, was dessen Interesse entspreche. Hierfür spreche auch der Sinn und Zweck des § 87 Abs. 2 ZPO. Für eine weitergehende Einschränkung der M. erteilten Anwaltsvollmacht sei nichts ersichtlich. Die Annahme, dieser habe die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ohne Rücksprache mit der Klägerin eingelegt, erscheine lebensfremd. Für deren Einverständnis spreche ferner die nachträglich erteilte Genehmigung.
b) Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde spreche auch nicht, dass diese nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt worden sei. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren unterliege nicht dem Anwaltszwang. Sie könne gem. § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen sei. "Rechtsstreit" in diesem Sinne sei hier das Kostenfestsetzungsverfahren, nicht das Erkenntnisverfahren. Außerdem sei die Kostenfestsetzung dem Rechtspfleger übertragen, so dass § 78 Abs. 2 ZPO (gemeint: § 78 Abs. 1 ZPO) gem. § 13 RpflG nicht anwendbar sei. Es komme hinzu, dass es unverständlich wäre, die Beschwerde im eigentlichen Kostenfestsetzungsverfahren dem Anwaltszwang zu unterwerfen, nicht aber die Beschwerde im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO bzw. § 11 RVG.
c) Die Beschwerde der Klägerin sei auch begründet, während die des Beklagten unbegründet sei. Die von diesem zur Erstattung begehrten und entsprechend festgesetzten Kosten seien i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen. Insoweit habe eine Auslegung nach Treu und Glauben zu erfolgen. Kosten, deren Entstehung bei objektiver Betrachtung vermeidbar gewesen wären, seien nicht als notwendig einzustufen. Auf dieser Grundlage stehe dem Beklagten eine Erstattung seiner Rechtsanwaltskosten nicht zu. Es liege auf der Hand, dass die Einschaltung von Rechtsanwalt Mö. nicht (mehr) notwendig gewesen sei, nachdem die Nachricht von der Aufhebung des Termins nebst Abladung unter Hinweis des LG auf die Unzulässigkeit des Einspruchs dem Vater des Beklagten am 3.7.2001 durch Niederlegung zugestellt worden sei. Erst ca. 31/2 Wochen später, am 26.7.2001, habe sich Rechtsanwalt Mö. für den Beklagten bestellt; dessen Vollmacht datiere vom 23.7.2001. Es sei kein Grund ersichtlich, warum nunmehr noch die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich gewesen sei.
2. Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Gegen die Zulässigkeit der beiderseitigen (selbständigen) sofortigen Beschwerden gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.11.2002 und die Teilabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin vom 17.3.2004 bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
aa) Der Beklagte war hierdurch zwar nur i.H.v. 164,86 EUR beschwert. Die Beschwerdesumme für die Anfechtung von Kostenentscheidungen gem. § 567 Abs. 2 ZPO ist aber erst durch Art. 4 Abs. 20 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) mit Wirkung vom 1.7.2004 (Art. 8) auf mehr als 200 EUR heraufgesetzt worden. Noch nach früherem Recht zulässige Beschwerden blieben hiervon unberührt.
bb) Ebenso zulässig ist entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung die von dem ehemaligen Rechtsanwalt M. eingelegte Beschwerde der Klägerin.
(1) Nicht zu beanstanden ist zunächst, dass das OLG die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin nicht dem Anwaltszwang unterworfen hat; auch die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände. Zwar müssen sich die Parteien vor den LG durch einen bei einem AG oder LG zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das gilt aber gem. § 78 Abs. 5 ZPO nicht für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können. So liegt es bei der Einlegung einer sofortigen Beschwerde, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen war (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). "Rechtsstreit" in diesem Sinne ist hier nicht der Hauptprozess, sondern das daneben oder nachträglich gesondert geführte Kostenfestsetzungsverfahren, für das, weil es vor dem Rechtspfleger betrieben wird (§ 3 Nr. 3 Buchst. b, § 21 Nr. 1 RpflG), nach § 13 RpflG insgesamt kein Anwaltszwang besteht. Das entspricht auch der ganz überwiegend vertretenen Meinung (OLG Braunschweig v. 11.5.1999 - 3 W 24/99, OLGReport Braunschweig 1999, 230 = Rpfleger 1999, 381; OLG Dresden v. 22.6.2000 - 19 W 495/00, Rpfleger 2000, 447; KG v. 10.8.1999 - 1 W 6406/99, KGReport Berlin 2000, 29 = NJW-RR 2000, 213; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.6.1999 - 11 W 81/99, OLGReport Karlsruhe 1999, 347 = MDR 1999, 1468 = NJW-RR 2000, 1742 f.; OLG München v. 5.7.1999 - 11 W 1889/99, OLGReport München 2000, 117 = MDR 1999, 1224 = NJW-RR 2000, 213 f.; OLG Nürnberg v. 1.12.1999 - 3 W 4242/99, OLGReport Nürnberg 2000, 72 = MDR 2000, 233 = NJW-RR 2000, 1238; OLG Oldenburg v. 5.1.1999 - 7 W 3/98, OLGReport Oldenburg 1999, 148 = NJW-RR 2000, 211; OLG Zweibrücken v. 14.12.1999 - 7 W 68/99, OLGReport Zweibrücken 2000, 128 = NJW-RR 2001, 286; Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 104 Rz. 86; Lipp in MünchKomm/ZPO, Aktualisierungsband, § 569 Rz. 14; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 104 Rz. 27; Musielak/Ball, § 569 Rz. 11; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 104 Rz. 44; Thomas/Putzo/Reichold, § 569 Rz. 13; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 78 Rz. 14; Zöller/Gummer, § 569 Rz. 11; a.A. OLG Frankfurt v. 24.2.1999 - 6 W 10/99, OLGReport Frankfurt 1999, 120 = MDR 1999, 705 = NJW-RR 1999, 1082; OLG Nürnberg v. 27.1.1999 - 6 W 4392/98, OLGReport Nürnberg 1999, 158 = MDR 1999, 894 = Rpfleger 1999, 268).
(2) Infolgedessen war der ehemalige Rechtsanwalt M. trotz des Widerrufs seiner Zulassung wie jede prozessfähige Person (§ 79 ZPO) im Beschwerdeverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss postulationsfähig. Seine Prozesserklärungen innerhalb dieses Verfahrens, insb. die Einlegung der sofortigen Beschwerde, waren mithin nicht allein deswegen unwirksam, weil er seine Eigenschaft als Rechtsanwalt verloren hatte. Auch § 157 Abs. 1 ZPO greift insoweit mangels einer (mündlichen) Verhandlung nicht ein (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 157 Rz. 5; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 157 Rz. 1; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 157 Rz. 2; abweichend Peters in MünchKomm/ZPO, Aktualisierungsband, § 157 Rz. 2). Allerdings hat der BGH entschieden, von dem früheren Rechtsanwalt nach dem Verlust seiner Zulassung für die vertretene Partei vorgenommene Prozesshandlungen seien insgesamt nicht wirksam (BGH v. 8.10.1986 - VIII ZB 41/86, BGHZ 98, 325 [327] = MDR 1987, 230 unter Bezugnahme auf BGH v. 1.3.1984 - IX ZR 33/83, BGHZ 90, 249 [253] = MDR 1984, 577; ebenso BFHE 115, 201 = NJW 1975, 1856; Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 36 Rz. 5; Henssler/Prütting, BRAO, 2. Aufl., § 36 Rz. 4; Jessnitzer/Blumberg, BRAO, 9. Aufl., § 36 Rz. 5). Das bezog sich aber dem Zusammenhang nach ausschließlich auf Anwaltsprozesse bzw. Verfahren mit ähnlich eingeschränkter Vertretungsbefugnis (vgl. die einleitenden Bemerkungen in BGH v. 1.3.1984 - IX ZR 33/83, BGHZ 90, 249 [252] = MDR 1984, 577 unter a und den Hinweis auf die mangelnde Postulationsfähigkeit des aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossenen Prozessbevollmächtigten in BGH v. 8.10.1986 - VIII ZB 41/86, BGHZ 98, 325 [327] = MDR 1987, 230 sowie auf § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO in BFHE 115, 201 = NJW 1975, 1856) und lässt sich auf Parteiprozesse ohne die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung nicht übertragen. Hierzu zwingt auch § 36 Abs. 2 Satz 1 BRAO nicht. Danach sind Rechtshandlungen, die der Rechtsanwalt vor seiner Löschung in der Liste der zugelassenen Anwälte noch vorgenommen hat, nicht deshalb unwirksam, weil er zur Zeit der Vornahme der Handlung die Anwaltstätigkeit nicht mehr ausüben oder vor dem Gericht nicht mehr auftreten durfte. Diese Norm regelt die mit dem Ende der Zulassung nach der Löschung eintretenden Rechtswirkungen selbst nicht und rechtfertigt auch keinen allgemeinen Umkehrschluss im Sinne einer ausnahmslosen Unwirksamkeit aller späteren Rechtshandlungen. Über die Zulässigkeit und die Rechtswirkungen einer Vertretung durch einen nicht (mehr) als Rechtsanwalt zugelassenen Bevollmächtigten entscheiden vielmehr die sonstigen Gesetze, insb. das Rechtsberatungsgesetz und die jeweils maßgebenden einzelnen Verfahrensordnungen.
(3) Auf dieser Grundlage ist hier lediglich zu fragen, inwieweit ein Verlust der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zugleich die einem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht entfallen lässt. Das ist umstritten (für Erlöschen Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 86 Rz. 6; Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 86 Rz. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 86 Rz. 5; anders Musielak/Weth, ZPO, 4. Aufl., § 86 Rz. 7; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 86 Rz. 10; bei Parteiprozessen auch VGH BW VBl. BW 2001, 231; offen gelassen von BGH, Urt. v. 5.4.2001 - IX ZR 309/00, MDR 2001, 1008 = BGHReport 2001, 752 = NJW 2001, 2095 [2096]; BFH, Urt. v. 5.5.1983 - IV R 1-5/80, juris). Dabei geht es im vorliegenden Fall, anders als das Beschwerdegericht meint, lediglich um die Prozessvollmacht nach den §§ 80 ff. ZPO und nicht um die Möglichkeit, außerhalb des Prozesses rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Auch Handlungen der Parteien ggü. dem Gericht im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens sind Prozesshandlungen i.S.d. § 81 ZPO. Die von dem Beschwerdegericht für seine abweichende Ansicht herangezogene Entscheidung des BGH, Urt. v. 5.4.2001 - IX ZR 309/00, MDR 2001, 1008 = BGHReport 2001, 752 = NJW 2001, 2095 [2096] betrifft eine andere Fallgestaltung.
Der Senat neigt dazu, einen Fortbestand der Prozessvollmacht mit Rücksicht auf das Bedürfnis, die Mandanten vor ungeeigneten Rechtsvertretern zu schützen, zu verneinen. Hierfür sprechen auch die Regelungen des Rechtsberatungsgesetzes (Art. 1 § 1) i.V.m. § 134 BGB, die bei einer unzulässigen Rechtsbesorgung nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BGH gleichzeitig eine Nichtigkeit der zu ihrer Ausführung erteilten Vollmacht verlangen (BGH, Urt. v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7 m. Anm. Chemnitz = NJW 2002, 66 [67]; ferner BGH v. 16.12.2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 [220 f.] = BGHReport 2003, 225 m. Anm. Johnigk; v. 26.3.2003 - IV ZR 222/02, BGHZ 154, 283 [286] = BGHReport 2003, 764 = MDR 2003, 944; Urt. v. 18.3.2003 - XI ZR 188/02, MDR 2003, 819 = BGHReport 2003, 747 = NJW 2003, 2088 [2089]; Urt. v. 17.6.2005 - V ZR 78/04, BGHReport 2005, 1345 = MDR 2005, 1365 = NJW 2005, 2983). Das gilt auch für prozessuale Vollmachten (BGH v. 26.3.2003 - IV ZR 222/02, BGHZ 154, 283 [286 f.] = BGHReport 2003, 764 = MDR 2003, 944; Urt. v. 22.10.2003 - IV ZR 398/02, BGHReport 2004, 106 = MDR 2004, 221 = NJW 2004, 59 [60]; Urt. v. 2.12.2003 - XI ZR 421/02, MDR 2004, 522 = BGHReport 2004, 535 = ZIP 2004, 303 [305]; Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = ZIP 2005, 846 [849]). Die Frage ist hier aber letztlich ebenso wenig zu entscheiden wie die nach einer entsprechenden Anwendung des § 87 ZPO (OLG München NJW 1970, 1609; VGH BW VBl. BW 2001, 231 [232]). Die Klägerin hat nämlich die Prozessführung durch M. zumindest wirksam genehmigt. Der Mangel der Vollmacht bei der Einlegung eines Rechtsmittels kann gem. § 89 Abs. 2 ZPO durch Genehmigung des Vertretenen mit rückwirkender Kraft geheilt werden, soweit noch nicht ein das Rechtsmittel als unzulässig verwerfendes Prozessurteil vorliegt (GmS-OGB v. 17.4.1984 - GmS-OGB 2/83, BGHZ 91, 111 [115] = MDR 1984, 732; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 89 f. Rz. 11, m.w.N.). Die Genehmigung ist jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich, auf die die Entscheidung ergeht, und muss auch nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgen (BGH v. 10.1.1995 - X ZB 11/92, BGHZ 128, 280 [283] = MDR 1996, 65).
Nach diesen Maßstäben bestehen gegen die von der Klägerin ausdrücklich abgegebene Genehmigungserklärung keine Bedenken. Hierdurch ist die Rechtsmitteleinlegung durch M., die selbst innerhalb der Beschwerdefrist erfolgt war, jedenfalls geheilt.
b) In der Sache hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen.
aa) Die unterliegende Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten - nur - insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Maßstab dafür ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, MDR 2004, 539 = BGHReport 2004, 345 = NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 20.10.2005 - VII ZB 53/05, BGHReport 2006, 268, Rz. 12). Dazu gehören zwar nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO in aller Regel auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts. Anders liegt es jedoch mit Blick auf das allgemeine Gebot sparsamer Prozessführung, soweit eine Erstattung verlangt wird (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rz. 8; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rz. 12), dann, wenn für die Bestellung eines Anwalts ausnahmsweise kein Anlass bestand, weil das Gericht bereits die Verwerfung eines vom Gegner eingelegten Rechtsbehelfs angekündigt hatte und deswegen auch eine nicht rechtskundige Partei offensichtlich nicht besorgen musste, ohne eigene anwaltliche Vertretung Rechtsnachteile zu erleiden (vgl. für die Berufung LAG Düsseldorf JurBüro 1994, 424 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rz. 14).
bb) So verhält es sich hier. Allerdings hatte das LG nach Eingang des Einspruchs gegen das klageabweisende (unechte) Versäumnisurteil zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, den Beklagten hierzu geladen und ihm erneut eine Erwiderungsfrist gesetzt. Es hatte diesen Termin indes lange vor der Mandatierung eines Rechtsanwalts durch den Beklagten bereits wieder aufgehoben, die Parteien abgeladen und diese zugleich darauf hingewiesen, dass der Einspruch der Klägerin unzulässig sei und dass die Kammer beabsichtige, hierüber ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Eine Frist zur Stellungnahme dazu war lediglich der Klägerin eingeräumt worden. Diese Entscheidung des LG konnte der Beklagte zunächst abwarten. Dem steht nicht entgegen, dass ihm die letzte Verfügung des LG lediglich durch Niederlegung bei der Post zugestellt worden war, wie die Rechtsbeschwerde meint. Darauf, dass er hiervon inhaltlich keine Kenntnis gehabt hätte, hat sich der Beklagte in den Vorinstanzen nicht berufen. Von seiner Kenntnis ist das OLG ausgegangen. Neue Tatsachen können im Beschwerdeverfahren aber grundsätzlich nicht vorgetragen werden (§§ 577 Abs. 2 Satz 4, 559 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1487690 |
BGHZ 2006, 117 |
NJW 2006, 2260 |
NWB 2006, 2162 |
BGHR 2006, 595 |
EBE/BGH 2006, 87 |
FamRZ 2006, 548 |
JurBüro 2006, 480 |
ZAP 2006, 312 |
MDR 2006, 1076 |
AGS 2006, 516 |
NJW-Spezial 2006, 431 |
NWB direkt 2006, 9 |
RVGreport 2006, 357 |
BRAK-Mitt. 2006, 234 |
KammerForum 2006, 236 |
KammerForum 2006, 254 |