Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 21.04.2008) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 21. April 2008 wird
- das Verfahren im Fall A. 3. der Urteilsgründe eingestellt;
- das genannte Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass in den Fällen A. 1., 2., 6., 18. bis 20. die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen entfällt;
- die weitergehende Revision verworfen.
2. Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen; im Übrigen hat der Beschwerdeführer die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 53 Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:
„Hinsichtlich der Tat A. 3. war bereits vor Anklageerhebung Verfolgungsverjährung nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB eingetreten. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte die Geschädigte … R. am 21. Juli 2001 aufgefordert, mit ihren Fingern die Schamlippen auseinanderzuziehen; die Geschädigte kam dem nach. Dieses Verhalten erfüllt die Tatbestände des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB (a.F.) und des § 174 Abs. 2 Nr. 2 StGB (a.F.). Da der eigenständige (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., § 176 Rdnr. 8) Tatbestand des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB (a.F.) lediglich Freiheitsstrafe bis fünf Jahre und § 174 Abs. 2 Nr. 2 StGB nur bis drei Jahre androht, ist mit Ablauf des 20. Juli 2006 Verfolgungsverjährung eingetreten. Dem Erlass des Durchsuchungsbeschlusses am 24. Juli 2007 konnte mithin keine verjährungsunterbrechende Wirkung mehr zukommen. Das Verfahren bezüglich dieser Tat ist nach § 206a Abs. 1 StPO einzustellen.
Hinsichtlich der unter A. 1., 2., 6., 18. – 20. festgestellten tateinheitlichen Verwirklichung des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ist ebenfalls Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfrist für Taten nach § 174 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. In Bezug auf die Taten A. 1., 2., 18. – 20. ist zu Gunsten des Angeklagten (vgl. Fischer, a.a.O., § 78a Rdnr. 6) von der Tatbeendigung zu Beginn des angegebenen Zeitraums (Anfang 2000) auszugehen. Die Tat A. 6. war am 21. Oktober 2001 beendet. Der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses am 24. Juli 2007 (Bl. 161 l) vermochte daher keine verjährungsunterbrechende Wirkung mehr zu entfalten. Der Verjährung steht nicht entgegen, dass das Vergehen tateinheitlich mit sexuellem und schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern zusammentrifft. Auch bei Tateinheit unterliegt jede Gesetzesverletzung einer eigenen Verjährung (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschlüsse vom 6. August 2003 – 2 StR 235/00 und vom 10. Juni 2008 – 5 StR 132/08).
Der Wegfall der Tat A. 3. und der tateinheitlichen Verurteilungen in den Fällen A. 1., 2., 6., 18. – 20. muss weder die Aufhebung der jeweiligen Einzel- noch die der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich ziehen. Der Senat wird ausschließen können, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf geringere Einzelstrafen erkannt hätte, weil auch festgestellte, aber verjährte Taten bei der Findung schuldangemessener Strafen berücksichtigt werden können (vgl. Fischer, a.a.O., § 46 Rdnr. 38b m.w.Nw.).
Gleiches gilt hinsichtlich der Tat A. 10.. Das Landgericht ist zwar von einem unzutreffenden Strafrahmen ausgegangen. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte nicht die Tatbestände der § 176 Abs. 1, 174 Abs. 1 StGB, sondern die der §§ 176 Abs. 3 Nr. 2 (a.F.), 174 Abs. 2 Nr. 2 StGB verwirklicht. § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB (a.F.) sieht lediglich Freiheitsstrafe bis 5 Jahre vor. Der Senat wird aber angesichts der für diese Tat verhängten milden Sanktion ausschließen können, dass das Landgericht eine noch niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.
Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe wird von den Teileinstellungen ebenfalls nicht berührt. Mit Blick auf die Einsatzstrafe von vier Jahren für die Tat A. 9., die Vielzahl der abgeurteilten Taten und die moderate Erhöhung der Einsatzstrafe wird der Senat auch hier ausschließen können, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der Verfolgungsverjährung auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.”
Rz. 2
Dem tritt der Senat bei.
Rz. 3
Die weitergehende Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Unterschriften
Nack, Kolz, Hebenstreit, Elf, Jäger
Fundstellen
Haufe-Index 2564246 |
StRR 2008, 403 |