Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 08.05.2023; Aktenzeichen 8 U 2/21)

LG Berlin (Entscheidung vom 08.12.2020; Aktenzeichen 56 O 43/20)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.05.2024; Aktenzeichen VIII ZR 293/23)

 

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, den Rechtsstreit - unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen - an das Sozialgericht Berlin zu verweisen.

 

Gründe

Rz. 1

1. Das Berufungsgericht hat - gestützt auf die Senatsrechtsprechung (Beschlüsse vom 9. Februar 2021 - VIII ZB 20/20, BGHZ 228, 373, und VIII ZB 21/20, juris) - zutreffend erkannt, dass es sich vorliegend um eine sozialgerichtliche Streitigkeit, mithin um eine an sich der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesene Sache handelt. Es hat sich jedoch nach § 17a Abs. 5 GVG an einer Prüfung der Rechtswegfrage gehindert gesehen.

Rz. 2

Dies wäre dann rechtsfehlerhaft, wenn das Erstgericht über die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG - infolge einer entsprechenden Rüge durch eine Partei - vorab durch Beschluss hätte entscheiden müssen, anstelle hierüber, wie geschehen, erst im Urteil zu befinden. In diesem Fall wäre der Senat befugt, anstelle des Berufungsgerichts - das dann zu Unrecht eine Bindung an den beschrittenen Zivilrechtsweg angenommen hätte - im Revisionsverfahren über den Rechtsweg zu befinden, um den Parteien in diesem Punkt eine Nachprüfung des erstinstanzlichen Urteils zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, BGHZ 121, 367, 370 ff.; vom 30. Juni 1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 163 f.; vom 18. November 1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651 unter I 2).

Rz. 3

Eine solche Konstellation könnte hier deshalb gegeben sein, weil das Berufungsgericht möglicherweise zu Unrecht davon ausgegangen ist, der Beklagte habe in erster Instanz eine Rüge im Sinne von § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht erhoben, insbesondere enthielten auch die Ausführungen in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 27. Oktober 2020 (dort auf Seite 8) eine solche Rüge nicht. Da es sich hierbei um eine Prozesserklärung handelt, kann der Senat deren Auslegung uneingeschränkt nachprüfen und die Erklärung in freier Würdigung selbst auslegen (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteil vom 21. März 2018 - VIII ZR 68/17, BGHZ 218, 139 Rn. 27 mwN).

Rz. 4

Nach vorläufiger Einschätzung neigt der Senat zu der Auffassung, dass der Beklagte in dem vorbezeichneten Schriftsatz die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs (hinreichend) gerügt hat, indem er - unter Verweis auf den Senatsbeschluss vom 5. August 2020 (VIII ZB 46/19, juris), der eine Streitigkeit über den zulässigen Rechtsweg (zu den ordentlichen Gerichten oder zu den Sozialgerichten) in einem mit der hiesigen Sache vergleichbaren Fall betrifft - ausgeführt hat, dass die Klägerin "ein Verwaltungsgericht anrufen" müsse, wenn sie sich auf eine öffentlich-rechtliche Zusage berufe, weil "die Zivilgerichte […] dann unzuständig" seien.

Rz. 5

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Innerhalb dieser Frist mögen die Parteien auch mitteilen, ob sie mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Dr. Bünger     

Kosziol     

Wiegand

Dr. Reichelt     

Messing     

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Urteil vom 15. Mai 2024 erledigt worden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16374493

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