Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 16.12.2008) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16. Dezember 2008
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Vorwurf der – tateinheitlich begangenen – versuchten schweren räuberischen Erpressung entfällt,
- im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten der versuchten schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe, mit schwerem Raub und mit Körperverletzung für schuldig befunden und ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt; ferner hat es die bei der Tat verwendete Schreckschusspistole eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit ihn das Landgericht des schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe für schuldig befunden hat. Dagegen hält – wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt – der Schuldspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten auch wegen (tateinheitlich begangener) versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt hat.
Rz. 3
Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließen die getroffenen Feststellungen nicht aus, dass der Angeklagte im Sinne des § 24 Abs. 1 StGB strafbefreiend von dem Versuch der schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil der Zeugin S. zurückgetreten ist. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe erkannt, dass sein Vorhaben, die Zeugin S. allein durch die Drohung mit der vorgehaltenen Schreckschusspistole zur Herausgabe ihrer Handtasche zu bewegen, gescheitert war, bevor er sich deren Bekannter, der Zeugin Sch.-K., zuwandte und dieser die Handtasche entriss. Maßgeblich hat die Strafkammer ihre Überzeugung von dem „Fehlschlag des Versuchs” auf den Umstand gestützt, dass der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt vorhatte, die Waffe abzufeuern [UA 10 a.E.]. Damit hat die Strafkammer im Widerspruch zu ihren eigenen Ausführungen im angefochtenen Urteil dem Tatplan eine Bedeutung zugemessen, die ihm nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr zukommt (Senat, NStZ 2007, 91 m.w.N.). Dass der Angeklagte die Zeugin S. mit dem Fahrrad, mit dem er unterwegs war, ohne Weiteres hätte verfolgen und zur Erlangung von deren Handtasche die Pistole erneut hätte einsetzen oder aber, wie er es sogleich gegenüber der Zeugin Sch.-K. getan hat, einfache Gewalt hätte anwenden können, liegt nach den Umständen nahe. Auch das Landgericht ist davon ausgegangen, dass ihm dies möglich gewesen wäre [UA 9]. Dass sich der Angeklagte, statt die Zeugin S. zu verfolgen, entsprechend seiner Einlassung der Zeugin Sch.-K. zuwandte, die weniger weit geflüchtet gewesen sei, konnte auch das Ergebnis einer „nüchternen Abwägung” sein, die nach den Grundsätzen der Entscheidung BGHSt 35, 184, 186 die Annahme freiwilligen Rücktritts vom unbeendeten Versuch gerade nicht ausschließt.
Rz. 4
Nach alledem hat der Schuldspruch wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung keinen Bestand. Der Senat schließt auch aus, dass sich auf Grund neuer Verhandlung Feststellungen ergeben könnten, die mit der erforderlichen Sicherheit der Anwendung des § 24 Abs. 1 StGB entgegenstehen würden. Er ändert deshalb von sich aus den Schuldspruch dahin, dass der Tatvorwurf der versuchten schweren räuberischen Erpressung entfällt.
Rz. 5
2. Die Änderung des Schuldspruchs nötigt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Denn der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte. Allerdings ist der neue Tatrichter ungeachtet des Rücktritts vom Versuch der Tat zum Nachteil der Zeugin S. nicht gehindert, auch die bei dieser Zeugin auf Grund des Angriffs des Angeklagten eingetretenen psychischen Belastungen strafschärfend zu werten. Der Aufhebung der dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht; diese können deshalb bestehen bleiben.
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Ernemann, Franke
Fundstellen
Haufe-Index 2562394 |
StRR 2009, 243 |