Leitsatz (amtlich)
›1. Zur Frage der Anforderungen an die Bestimmtheit einer Urteilsformel.
2. Weder die branchenbezogen unterschiedlichen Anzeigenpreise noch der dem im Verbreitungsgebiet des Anzeigenblattes ansässigen Gewerbe gewährte Ortspreis sind Sonderpreise im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG. Es verstößt deshalb nicht gegen § 10 RabattG, wenn das Verlagsunternehmen hierauf einen Mengennachlaß und einen Barzahlungsrabatt gewährt.‹
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 6 U 4008/89) |
Tatbestand
Beide Parteien verlegen und vertreiben Anzeigenblätter.
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte in unzulässiger Weise mehr als zwei Preisnachlaßarten gewährt und deshalb gegen § 10 RabattG verstößt.
Die Beklagte nennt in ihrer Anzeigenpreisliste u.a. Grundpreise, niedrigere Ortspreise und besondere Preise für gewerbliche Kleinanzeigen im Fließsatz nach Branchen untergliedert.
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gelten die Ortspreise für ›Anzeigenaufträge von Firmen des im Verbreitungsgebiet ansässigen Einzelhandels und Handwerks‹, worunter auch selbständig werbende Filialbetriebe fallen. Voraussetzung für die Berechnung des Ortspreises ist, daß der Auftrag ohne Einschaltung eines Werbemittlers oder einer Werbeagentur abgewickelt wird. Die Preise für gewerbliche Kleinanzeigen im Fließsatz differenziert die Beklagte danach, ob diese in der Gesamtausgabe oder nur in einzelnen Stadtteil-Anzeigenblättern erscheinen und ob sie beispielsweise den Wohnungsmarkt, den Automarkt oder den Bereich Bekanntschaft/Heiraten betreffen. Sie bietet weiter Preisnachlässe in Form der Mal- und Mengenstaffel und einen Bonus bei Abnahme von 30.000 Millimeter und mehr an. Sie räumt darüber hinaus bei Vorauszahlung ein Skonto von 2 %, bei Teilnahme am Bankeinzugsverfahren ein Skonto in Höhe von 3 % ein. Dementsprechend rechnet die Beklagte auch ab.
Art und Umfang der Nachlässe und die genannten Preise sind handelsüblich.
Die Klägerin hat geltend gemacht, das Preissystem der Beklagten verstoße gegen § 10 RabattG, wonach nicht mehr als zwei Preisnachlaßarten für einen Geschäftsabschluß angekündigt und gewährt werden dürften. Neben dem Skonto als Barzahlungsrabatt und dem Mengenrabatt sieht die Klägerin die dritte Art des Preisnachlasses in Sonderpreisen. Als Sonderpreise seien jeweils der Ortspreis, der Kombinations-Ortspreis, der Kombinationsrabatt, der Kombinations-Sonderpreis mit ›M. Stadtanzeiger‹, der Branchen-/Rubrik-Sonderpreis bei Kleinanzeigen sowie der Kollegenrabatt anzusehen.
Sie hat beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen - hinsichtlich des Unterlassungsgebots unter Androhung im einzelnen benannter Ordnungsmittel
1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Preisangebot für Anzeigen im ›M. Wochenblatt‹ mehr als zwei Preisnachlaßarten für einen Geschäftsabschluß anzukündigen und/oder zu gewähren, insbesondere im Zusammenhang mit Kombinations-Rabatt, Abschlußrabatt, Bonus, Skonto, Sonderpreise u.a.;
2. Auskunft zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Verletzungshandlungen begangen worden sind, insbesondere unter Bekanntgabe der einzelnen Anzeigenaufträge und jeweils eingeräumten Preisnachlässe unter Angabe der entsprechenden Beträge, die nachgelassen wurden.
II. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Verletzungshandlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, sie biete nur zwei Preisnachlaßarten an, nämlich den Mengenrabatt, wozu auch der Kombinationsrabatt zu rechnen sei, und den Barzahlungsrabatt. Im übrigen handele es sich bei ihren Preisen um Normalpreise. Der Ortspreis sei kein Sonderpreis zum Grundpreis. Auf den (niedrigeren) Ortspreis würden keine Mittlerprovisionen gezahlt; die Tätigkeit von Werbemittlern und Werbeagenturen für ortsansässige Firmen sollte ferngehalten werden. Zu deren Betreuung setze sie eigene Handelsvertreter ein.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme des beantragten Verbots des ›Ankündigens‹ stattgegeben und dabei den Verbotsausspruch wie folgt gefaßt:
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Preisangebot für Anzeigen im ›M. Wochenblatt‹ mehr als zwei Preisnachlaßarten für einen Geschäftsabschluß zu gewähren durch Abschlußrabatte (Malstaffel), Skonto und Sonderpreise für gewerbliche Kleinanzeigen.
Beide Parteien haben Berufung eingelegt; die der Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht auch das ›Ankündigen‹ von mehr als zwei Preisnachlaßarten verboten und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Preisangebot für Anzeigen im ›M. Wochenblatt‹ mehr als zwei Preisnachlaßarten für einen Geschäftsabschluß anzukündigen und/oder zu gewähren.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte verstoße gegen § 10 RabattG, indem sie neben dem Barzahlungsrabatt und dem Mengenrabatt auch Sonderpreise anbiete und gewähre. Zum Mengenrabatt als eine Preisnachlaßart hat es die Malstaffel für wiederholtes Inserieren und die Mengenstaffel für räumlich große Anzeigen sowie den zusätzlich gewährten Bonus gerechnet. Auch der Kombinationstarif bei Erscheinen der Anzeige in mehreren von der Beklagten herausgegebenen Stadtteil-Anzeigern rechne zum Mengenrabatt.
Als Sonderpreis hat das Berufungsgericht - abweichend von der Auffassung des Landgerichts - den Ortspreis angesehen. Der Ortspreis werde nur bestimmten Kunden gewährt, nämlich dem ortsansässigen Einzelhandel und Handwerk. Damit würde bestimmten Verbrauchergruppen in Abweichung vom allgemein geforderten Preis ein niedrigerer Sonderpreis eingeräumt. Eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung des Preisangebots bestehe nicht. Die Betreuung der ortsansässigen Werbungtreibenden durch die Handelsvertreter der Beklagten möge zwar ein Motiv für die Preisgestaltung sein, dieses schlage sich aber nicht im Preisangebot nieder. Der Ortspreis werde den genannten Einzelhändlern und Handwerkern auch dann gewährt, wenn eine solche Betreuung nicht gegeben sei. Außerdem seien andere Ortsansässige, wie Privatleute, Großhändler, Werbeagenturen und andere Dienstleistungsbetriebe vom niedrigeren Ortspreis ausgeschlossen. Der Argumentation der Beklagten, der Ortspreis sei der Normalpreis, auf welchen ein Aufschlag erfolge, der den Grundpreis ausmache, könne nicht gefolgt werden, da diese Tatsache aus der Preisliste nicht ersichtlich sei. Dort werde vielmehr der Ortspreis dem Grundpreis gegenübergestellt.
Einen weiteren Sonderpreis gewähre die Beklagte bei ihrem Preisangebot an Gewerbetreibende für Kleinanzeigen im Fließsatz. Entgegen der Auffassung des Landgerichts folge die Beurteilung als Sonderpreis nicht daraus, daß der Preis für Kleinanzeigen im Fließsatz geringer sei als vergleichsweise der Preis für Normalanzeigen ohne Fließsatz. Insofern lägen unterschiedliche Normalpreise vor. Keine Preisspaltung sei aber gegeben, sondern ein echter Sonderpreis, soweit der Preis für Kleinanzeigen im Fließsatz nicht für alle Kunden gleich berechnet werde, sondern nur für einzelne Kundenkreise innerhalb der Gewerbetreibenden und nicht auch für den Privatkunden. Diese Differenzierung habe mit einer technisch einfacheren Herstellung von Kleinanzeigen im Fließsatz nichts zu tun.
Unentschieden könne bleiben, ob auch der Kollegenrabatt und die Anzeigenstrecke als ein Sonderpreis oder als ein Mengenrabatt zu beurteilen seien, da zwischen den Parteien streitig sei, ob die Preise nur mit einer oder zwei weiteren Rabattarten kombinierbar seien.
Der Beklagten sei nicht nur das Gewähren, sondern auch das Ankündigen von mehr als zwei Preisnachlaßarten zu verbieten. Zwar sei in § 10 RabattG, auf welchen § 12 RabattG Bezug nehme, das Ankündigen nicht ausdrücklich genannt; doch folge aus § 1 RabattG wie aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 RabattG, daß unzulässig kombinierte Rabatte nicht angekündigt werden dürften. Die Schadensersatzverpflichtung, deren Feststellung die Klägerin zulässigerweise begehre, ergebe sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 10, 1 RabattG. Der Anspruch der Klägerin auf Auskunft sei gemäß § 242 BGB begründet.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
II. Zu Recht rügt die Revision die mangelnde Bestimmtheit des vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verbotstenors. Der Unterlassungstenor muß den Gegenstand des Verbots deutlich bezeichnen (§ 890 i.V. mit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), um eine geeignete Grundlage für das Vollstreckungsverfahren bilden zu können (BGH, Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 236/88, GRUR 1991, 138 - Flacon, Urt. v. 11.10.1990 - I ZR 35/89, GRUR 1991, 254, 255 = WRP 1991, 216 - Unbestimmter Unterlassungsantrag). Die bloße Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands genügt dem Erfordernis der Bestimmtheit grundsätzlich nicht, jedenfalls dann nicht, wenn streitig ist, welche von mehreren Verhaltensweisen dem gesetzlichen Verbotstatbestand unterfällt. Wird nur eine Handlung als verbotswidrig festgestellt, so ist diese im Unterlassungsausspruch zu bezeichnen, es sei denn, es ist den Entscheidungsgründen mit aller Deutlichkeit zu entnehmen, daß allein diese den Gegenstand der Verurteilung bildet. Auf die Entscheidungsgründe kann zur Begrenzung des Urteilsgegenstands aber dann nicht zurückgegriffen werden, wenn - wie im Streitfall - darin unentschieden bleibt, ob neben einzelnen auch weitere Verhaltensweisen dem Verbot unterfallen. Bei einem an dem Gesetzestext orientierten Verbot wird in solchen Fällen die Beurteilung, ob ein Verhalten dem gesetzlichen Verbot unterfällt, in unzulässiger Weise vom Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Das Berufungsgericht hat im Streitfall offengelassen, ob der Kollegenrabatt und die Anzeigenstrecke als Sonderpreis oder als Mengenrabatt zu beanstanden sind. Nur hinsichtlich der Bewilligung des Ortspreises und des Preisangebots für gewerbliche Kleinanzeigen im Fließsatz an bestimmte Branchen hat es eine dritte Preisnachlaßart angenommen. Diese Handlungen hätten im Urteilstenor bezeichnet werden müssen, um Zweifel auszuschließen, ob der Verbotsausspruch darüber hinaus einen der Rechtskraft und der Vollstreckung fähigen Inhalt hat.
Auch soweit das Berufungsgericht der Beklagten verboten hat, mehr als zwei Preisnachlaßarten anzukündigen, begegnet die Fassung des Urteilstenors Bedenken. Der Verbotsausspruch reicht weiter, als er nach der Entscheidungsbegründung materiell gerechtfertigt sein kann. Das Berufungsgericht führt zur Begründetheit seines Unterlassungsausspruchs insoweit aus, die Beklagte dürfe unzulässig kombinierte Rabatte nicht ankündigen. Danach sollte der Beklagten also (lediglich) verboten sein, eine (unzulässige) kumulative Gewährung von mehr als zwei Preisnachlaßarten anzukündigen. Der Unterlassungsausspruch selbst aber verbietet das Ankündigen von mehr als zwei Preisnachlaßarten ohne diese Einschränkung und damit - entgegen der Begründung des Verbots - auch dann, wenn nicht mehr als zwei Preisnachlaßarten gewährt werden.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage sind hingegen nicht zu erheben. Die Klägerin hat den inhaltlich konkret gefaßten Verbotsausspruch des Landgerichts zur Grundlage ihres in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Antrags gemacht und ihr Klagebegehren jedenfalls damit hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zum Ausdruck gebracht.
III. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte gewähre über den Barzahlungsrabatt und den Mengennachlaß hinaus als dritte Preisnachlaßart Sonderpreise und verstoße deshalb gegen § 10 RabattG.
1. Gemäß § 10 RabattG darf der Unternehmer bei einem Rechtsgeschäft, bei welchem mehrere Preisnachlaßarten zu-sammentreffen, den Nachlaß nur für zwei Arten gewähren.
Das Verbot des § 10 RabattG setzt voraus, daß es sich um ein Rechtsgeschäft mit dem letzten Verbraucher im Sinne des § 1 RabattG handelt, da nur im geschäftlichen Verkehr mit diesem das Rabattgesetz Anwendung findet. Des weiteren müssen die jeweiligen Preisnachlaßarten als solche zulässig sein, da diese sonst schon dem Verbot des § 1 RabattG unterfielen.
a) Das Berufungsgericht ist - von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, daß das Rabattgesetz im Anzeigengewerbe auch Anwendung findet, soweit die Werbeanzeige dem geschäftlichen Bereich eines Werbungtreibenden zuzurechnen ist. Dies erweist sich als rechtsfehlerfrei. Die Tatsache, daß der Inserent Gewerbetreibender ist, steht seiner Eigenschaft als letzter Verbraucher im Sinne des § 1 RabattG nicht entgegen (BGH, Urt. v. 15.5.1968 - I ZR 63/65, GRUR 1968, 59.5, 597 = WRP 1968, 440 - Wiederverkäufer, Urt. v. 15.1.1969 = I ZR 8/68, GRUR 1969, 362, 363 = WRP 1969, 200 - Rabatt für branchenfremde Wiederverkäufer). Der Gewerbetreibende wird auch dann als letzter Verbraucher im Sinne des § 1 RabattG behandelt, wenn die Ware (Leistung) der gewerbsmäßigen Verwendung in seinem Unternehmen zugeführt werden soll, ohne umgesetzt zu werden (BGH, Urt. v. 3.7.1974 - I ZR 91/73, GRUR 1975, 320, 321 = WRP 1974, 623 - Werbegeschenke; Urt. v. 7.5.1976 - I ZR 27/75, GRUR 1977, 264, 265 - WRP 1976, 538 - Miniaturgolf; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 60 Rdn. 11; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., Rabattgesetz § 1 Rdn. 11; Hoth/Gloy, Zugabe und Rabatt, Rabattgesetz § 1 Rdn. 18). Der Begriff des letzten Verbrauchers im Sinne des § 1 RabattG ist damit weiter als derjenige des § 1 PAngV, welcher in § 7 Abs. 1 Nr. 1 denjenigen Letztverbraucher aus dem Normenbereich nimmt, der die Ware oder Leistung in seiner gewerblichen Tätigkeit verwendet; er geht auch über den Begriff des Letztverbrauchers hinaus, wie ihn die Rechtsprechung beispielsweise im Rahmen der
§ 6 a, 6 b UWG definiert hat (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 30.11.1989 - I ZR 55/87, GRUR 1990, 617, 620 = WRP 1990, 488, 491 - Metro III). Das weitergehende Verständnis des Begriffs des letzten Verbrauchers im Sinne des § 1 Abs. 1 RabattG folgt aus der Systematik des Gesetzes, welches in § 9 Nr. 1 RabattG die Gewährung von Sondernachlässen oder Sonderpreisen an Personen, die die Ware oder Leistung in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwerten, zuläßt, sofern der Nachlaß seiner Art und Höhe nach orts- oder handelsüblich ist. Hätte der Gesetzgeber diese Personen nicht ebenfalls als letzte Verbraucher ansehen wollen, hätte es der Ausnahmevorschrift des § 9 Nr. 1 RabattG nicht bedurft (BGH, Urt. v. 3.7.1974 - I ZR 91/73, GRUR 1975, 320, 321 = WRP 1974, 623 - Werbegeschenke).
Im Bereich gewerblicher Leistung ist letzter Verbraucher somit auch der Gewerbetreibende, welchem gegenüber der Unternehmer die Dienst- oder Werkleistung anbietet. Nicht anders verhält es sich bei Anzeigengeschäften mit gewerblichen Werbungtreibenden. Auch der für seine gewerbliche Tätigkeit Werbung betreibende Unternehmer ist letzter Verbraucher der gewerblichen Leistung des werbungdurchführenden Unternehmers (BKartA, Schreiben v. 6.4.1962, GRUR 1962, 486, 487 - Preislistentreue; KG BB 1969, 151, 152; Baumbach/ Hefermehl aaO. § 1 RabattG Rdn. 12; Hoth/Gloy aaO.; Tetzner, Rabattgesetz, § 1 Rdn. 57; Fikentscher, Die Preislistentreue im Recht der Werbeagenturen [1968], S. 31).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Beklagte mit dem Barzahlungsrabatt und dem Mengenrabatt in zulässiger Weise Preisnachlässe einräumt. Der bewilligte Barzahlungsrabatt übersteigt nicht 3 % des Preises der Leistung und ist deshalb gemäß § 2 Abs. 1 RabattG zulässig. Der Mengenrabatt in jedweder von der Beklagten gewährten Form ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, welche die Revisionserwiderung nicht angreift, handelsüblich und damit zulässig gemäß § 8 RabattG.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Mengennachlaß eine Nachlaßart im Sinne des § 10 RabattG ist, der alle mit dem Umfang der Auftragsvergabe in Zusammenhang stehenden Preisnachlässe zuzuordnen sind. Der Berechnung des Mengenrabatts dient die sogenannte Malstaffel (wie häufig wird inseriert), die Mengenstaffel (wieviele Anzeigenmillimeter werden beansprucht) sowie der Bonussatz für besonders umfangreiche Werbung. Das Berufungsgericht hat des weiteren den Kombinationstarif für das Erscheinen der Anzeige in mehreren von der Beklagten herausgegebenen Stadtteil-Anzeigern als Mengennachlaß angesehen. Das erweist sich als rechtsfehlerfrei und wird von der Revisionserwiderung auch nicht angegriffen. Das gleiche gilt - was das Berufungsgericht offengelassen hat - hinsichtlich des Tarifs für Anzeigenstrecken, der darauf abstellt, wieviele Seiten die Anzeige beansprucht.
Diese Berechnungssätze sind nicht jeweils eine Nachlaßart für sich; sie stellen vielmehr Bemessungsfaktoren für die Nachlaßart des Mengenrabatts dar. Mehrere, auch auf verschiedene Weise berechnete Nachlässe innerhalb der Gruppe des Mengennachlasses verbrauchen somit nur eine Nachlaßart im Sinne des § 10 RabattG (Tetzner aaO. § 10 Rdn. 1; Hoth/ Gloy aaO. § 10 RabattG).
Zutreffend erweist sich sonach der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach ein Verstoß gegen § 10 RabattG nur angenommen werden kann, wenn die Beklagte über den Barzahlungsrabatt und den Mengenrabatt hinaus als weitere Preisnachlaßart einen Sonderpreis gewährt.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte bewillige mit Sonderpreisen eine dritte Preisnachlaßart, wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
Das Berufungsgericht hat den Ortspreis, welchen die Beklagte dem im Verbreitungsgebiet des Anzeigenblattes ansässigen (im folgenden: ortsansässigen) Einzelhandel und Handwerk gewährt, sowie die bestimmten Branchen eingeräumten Preise bei gewerblichen Kleinanzeigen im Fließsatz (im folgenden: Branchenanzeigenpreise) rabattrechtlich als Sonderpreise angesehen, die als Verwerternachlaß gemäß § 9 Nr. 1 RabattG zwar zulässig seien, aber nicht als dritte Nachlaßart gemäß § 10 RabattG gewährt werden dürften.
a) Das Berufungsgericht verkennt dabei nicht, daß § 9 RabattG an die Begriffe des Preisnachlasses und des Sonderpreises im Sinne des § 1 RabattG anknüpft und es einer Heranziehung von § 9 RabattG für die Beurteilung einer Preisgestaltung als rabattrechtlich zulässig dann nicht bedarf, wenn der dem gewerblichen Verwerter angebotene Preis sich als ein (weiterer) Normalpreis darstellt. Die Betrachtungsweise des Berufungsgerichts, der Ortspreis wie der Branchenanzeigenpreis seien Sonderpreise im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG, weil die Beklagte diese nicht allen, sondern nur bestimmten Verbrauchergruppen einräume, ohne daß ein differenziertes Leistungsangebot ersichtlich sei, wird den Besonderheiten des Leistungsangebots der Beklagten jedoch nicht gerecht.
Sonderpreise, welche wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen oder Berufen eingeräumt werden, gelten als rabattrechtswidrige Preisnachlässe im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG nur, wenn ihnen ein Normalpreis für die gleiche Leistung gegenübersteht. Auch der Sonderpreis im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG setzt einen Normalpreis voraus (BGH, Urt. v. 18.4.1958 - I ZR 158/56, GRUR 1958, 487, 489 = WRP 1958, 202 - Antibiotica, Urt. v. 20.2.1992 - I ZR 68/90, ZIP 1992, 504, 506 - Rent-o-mat; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., § 1 RabattG Rdn. 24; Hoth/Gloy, Zugabe und Rabatt, Rabattgesetz § 1 Rdn. 48). Die Beurteilung der Frage, ob neben einem Normalpreis ein unzulässiger Sonderpreis im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG oder ein (weiterer) Normalpreis angeboten wird, ist im wesentlichen davon beeinflußt, ob in der Vorstellung des Verkehrs die den unterschiedlichen Verbrauchergruppen angebotenen Leistungen gleich sind. Nur wenn der Unternehmer gleiche Leistungen anbietet, ist der nach Verbrauchergruppenzugehörigkeit differenzierende Preis als ein Sonderpreis im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG zu beanstanden.
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, dem Branchenanzeigenpreis liege die gleiche Leistung zugrunde, wie sie privaten Kunden oder Angehörigen anderer Branchen gegenüber erbracht werde, auch der Ortspreis beruhe auf der gleichen Leistung wie der Grundpreis, wird den Besonderheiten der Insertionsleistung, wie sie die Beklagte erbringt, nicht gerecht.
aa) Die Insertionsleistung eines den Werbeauftrag ausführenden Unternehmens beschränkt sich nicht darauf, dem Werbenden einen bestimmten Platz im Werbeträger zur Verfügung zu stellen. Der Preis für eine Anzeige bezieht sich nicht nur auf das Angebot von leerem Anzeigenraum (BGHSt 23, 246, 252 = BGHZ 53, 393 [nur Leitsatz] - Beschl. v. 9.4.1970 - KRB 2/69, GRUR 1970, 572, 573 = WRP 1970, 269, 270 - context). Der Preis wird auch nicht lediglich durch die technische Gestaltung der Anzeige - beispielsweise Fließsatz oder nicht - bestimmt, sondern auch durch die vom Werbenden durch die Art und den Inhalt seiner Werbeanzeige geforderte Insertionsleistung selbst.
Der Unternehmer, der sein preisliches Angebot für Werbeanzeigen nach bestimmten Branchen differenziert, gewährt nicht verschiedenen Verbrauchergruppen jeweils unterschiedliche Sonderpreise, sondern unterbreitet für die auf die jeweilige Branche bezogenen Anzeigen verschiedene Normalpreise. Das Rabattgesetz verwehrt es dem den Werbeauftrag ausführenden Unternehmer nicht, sein preisliches Angebot nach privaten und gewerblichen sowie innerhalb der gewerblichen Anzeigen nach branchenbezogenen Anzeigen zu differenzieren. Eine solche Gestaltung des Preisangebots entspricht nach der Vorstellung des Verkehrs sachgerechten wirtschaftlichen Interessen des werbungdurchführenden Unternehmers. Dieser kann mit seiner Preisgestaltung auf die nicht in allen Branchen der gewerblichen Wirtschaft einheitliche Nachfrage nach Werbung reagieren sowie bestimmte Schwerpunkte im Anzeigenmarkt seines Werbeträgers bilden. Auf diese Weise kommt er nicht nur den Bedürfnissen der bestimmte Anzeigen suchenden Leser entgegen, sondern kann damit auch im eigenen Interesse auf die Attraktivität seiner Zeitung oder Zeitschrift als Werbeträger Einfluß nehmen. Eine Preisbestimmung, der aus der Sicht des Verkehrs sachlich und wirtschaftlich vernünftige Erwägungen zugrunde liegen, ist rabattrechtlich aber nicht zu beanstanden (BGH, Urt. v. 18.1.1967 - Ib ZR 64/65, GRUR 1967, 433 = WRP 1967, 186 - Schrankwand; Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987, 63, 64 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung). Sinn und Zweck des Gesetzes ist es nämlich nicht, auf eine bestimmte Preisgestaltung hinzuwirken, sondern lediglich, den Unternehmer an seine eigenen Normalpreise zu binden (BGHZ 27, 369, 372 - Elektrogeräte).
Die Preisliste der Beklagten, die danach unterscheidet, ob eine private, eine gewerbliche oder eine branchenspezifische Anzeige aufgegeben wird, benennt sonach mehrere Normalpreise und erweist sich deshalb als rabattrechtlich unbedenklich.
bb) Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts weist auch der Ortspreis, welcher ortsansässigen Firmen des Einzelhandels und Handwerks gewährt wird, nicht die Merkmale eines Sonderpreises im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG auf. Soweit der Ortspreis nicht allen ortsansässigen Gewerbetreibenden, wie beispielsweise dem Großhandel und Privaten, gewährt wird, gelten die vorstehenden Ausführungen zur sachgerechten branchenbezogenen Preisspaltung. Aber auch soweit die Einräumung des Ortspreises davon abhängig gemacht wird, daß die inserierenden Gewerbetreibenden oder deren Filialen ortsansässig sind, erweist sich der Ortspreis nicht als ein Sonderpreis im Verhältnis zum Grundpreis, der bei Anzeigen nichtortsansässiger Unternehmer in Rechnung gestellt wird. Denn auch diese Differenzierung beruht auf einem sachlich unterschiedlichen Angebot.
Für diese Beurteilung kommt es - insoweit ist dem Berufungsgericht zuzustimmen - nicht entscheidend darauf an, daß die Beklagte zur Betreuung ortsansässiger Firmen Handelsvertreter einsetzt, um auf diese Weise - wie sie meint Schwierigkeiten bei der Anzeigengestaltung ohne größere Kosten beseitigen zu können. Maßgeblich für die sachlich gerechtfertigte unterschiedliche Preisgestaltung ist vielmehr, daß der höhere Grundpreis die Mittlerprovision in Höhe von 15 % enthält, welche der für den auswärtigen Unternehmer handelnden Werbeagentur zusteht, während andererseits der niedrigere Ortspreis diesen Provisionsanteil nicht enthält und demgemäß von der Beklagten nicht gewährt wird, wenn ortsansässige Firmen bei Werbeanzeigen Werbeagenturen einschalten. Die unterschiedliche Preisgestaltung hat sonach ihren sachlichen Grund darin, daß der höhere Preis mit der Mittlerprovision ein zusätzliches Preiselement enthält, das beim Ortspreis nicht anfällt.
Die Mittlerprovision für Werbeagenturen ist nämlich in dem in der Anzeigenpreisliste genannten Grundpreis enthalten. Der Werbungtreibende hat an die Werbeagentur den Grundpreis zu zahlen, welche im Einvernehmen mit diesem und dem die Werbung ausführenden Unternehmer - hier die Beklagte 15 % hiervon einbehält und den Restbetrag an letzteren abführt. Während die Werbeagenturen dem Werbungtreibenden den vollen Listenpreis berechnen, zahlen sie an den Werbungdurchführenden den Listenpreis abzüglich Provision (vgl. Fikentscher, Die Preislistentreue im Recht der Werbeagenturen [1968], S. 17). Schaltet der nichtortsansässige Werbungtreibende eine Werbeagentur ein, wird somit die Vergütung wirtschaftlich von dem werbungdurchführenden Verlag getragen (BGH aaO. - context).
Da in den Grundpreis eine Vergütung für die zusätzliche Leistung einer Werbeagentur eingerechnet ist, kann der Ortspreis, mit welchem eine solche Leistung nicht entgolten wird, nicht als ein Sonderpreis im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG angesehen werden.
Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht dadurch veranlaßt, daß die Beklagte den Grundpreis von nichtortsansässigen Werbungtreibenden auch dann verlangt, wenn eine Werbeagentur nicht eingeschaltet wird. Die Gestaltung eines einheitlichen Grundpreises für nichtortsansässige Werbungtreibende - ohne Differenzierung danach, ob Werbeagenturen eingeschaltet werden oder nicht - entspricht einem sachgerechten unternehmerischen Interesse an praktikabler Preisgestaltung im Hinblick darauf, daß erfahrungsgemäß nichtortsansässige Werbungtreibende üblicherweise Werbeagenturen oder Werbemittler einschalten. Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts in seinem Schreiben vom 6. April 1962 (GRUR 1962, 486, 487 - Preislistentreue) laufen nämlich 95 % aller Anzeigen über Werbemittler. Es erscheint nicht naheliegend, daß sich hieran in der Folgezeit wesentliches geändert haben könnte. Da das Rabattgesetz nicht darauf angelegt ist, dem Unternehmer eine bestimmte Preisgestaltung vorzuschreiben, sondern lediglich darauf gerichtet ist, ein Abweichen von selbst gegebenen Normalpreisen zu verhindern, fällt bei der gebotenen wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungsweise (BGH, Urt. v. 27.6.1991 - I ZR 279/89, WRP 1991, 711, 713 - Goldene Kundenkarte) im Streitfall der Umstand, daß - in einer geringen Anzahl von Fällen - der nichtortsansässige Inserierende, welcher eine Werbeagentur nicht zu Rate zieht, mit dem Grundpreis für die gleiche Leistung mehr zu zahlen hat als das ortsansässige Unternehmen, rabattrechtlich nicht ins Gewicht.
c) Der von der Klägerin beanstandeten Preisliste der Beklagten sind auch sonst keine Sonderpreise zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob der Kollegenrabatt, den die Beklagte einem anderen Verlag für dessen Werbeanzeigen in ihren Verlagsblättern gewährt, als Sonderpreis einzustufen ist, da streitig sei, ob neben diesem weitere zwei Preisnachlässe gewährt würden. Näherer Feststellungen hierzu bedarf es nicht, da ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 RabattG ausscheidet. Der dem Verlagsunternehmen eingeräumte Preis ist ein sachgerecht branchenbezogener Preis im oben genannten Sinne und kein Sonderpreis im Sinne des § 1 Abs. 2 RabattG. Auf die Frage, ob der Kollegenrabatt nicht auch deshalb von der Anwendung des Rabattgesetzes ausgenommen ist, weil in der wechselseitig gewährten ermäßigten Preisgestaltung ein Leistungsaustausch gesehen werden könnte, kommt es demnach nicht an.
IV. Auf die Revision der Beklagten ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2993132 |
BGHZ 118, 1 |
BGHZ, 1 |
BB 1992, 1234 |
NJW 1992, 1691 |
BGHR RabattG § 1 Abs. 2 Sonderpreis 4 |
BGHR RabattG § 1 Letzter Verbraucher 1 |
BGHR RabattG § 10 Zusammentreffen 1 |
BGHR ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 4 Urteilsformel 1 |
EWiR § 10 RabG 1/92, 595 |
WM 1992, 966 |
ZIP 1992, 800 |
AfP 1992, 146 |
JuS 1992, 968 |
MDR 1992, 657 |
WRP 1992, 482 |