Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 03.05.1978)

 

Tenor

Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs bei dem Kammergericht Berlin vom 3. Mai 1978 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Antragstellerin.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist seit 1. März 1972 Richterin am Sozialgericht Berlin. Bis 31. Dezember 1974 war sie Vorsitzende einer Kammer für Angelegenheiten der Kriegsopfer- und Soldatenversorgung. Auf ihren Antrag erstellte der Präsident des Sozialgerichts am 10. Februar 1975 einen „Personal- und Befähigungsnachweis” für die Zeit bis 31. Dezember 1974. Die beiden letzten Absätze der darin enthaltenen Beurteilung lauten:

„Den in qualitativer Hinsicht ganz erheblich über dem Durchschnitt liegenden Leistungen der Richterin stehen allerdings weit unter dem Durchschnitt liegende Erledigungszahlen gegenüber. Konnte eine vergleichsweise niedrige Erledigungszahl im Jahre 1973, dem Jahr der Übernahme der Richterin in das Richterverhältnis auf Lebenszeit, noch auf Einarbeitungsschwierigkeiten nach verkürzter Probezeit zurückgeführt werden, so muß die Erledigungszahl des Jahres 1974 mit der der anderen Richter am Sozialgericht verglichen werden. Dieser Vergleich zeigt, daß Frau L. mit 124 erledigten Sachen nur etwas über 50 % des durchschnittlichen, vom Präsidium bei der Geschäftsverteilung veranschlagten Richterpensums erreicht hat, ohne daß dafür etwa nennenswerte Fehlzeiten (drei Tage Krankheit) verantwortlich zu machen wären. Die übrigen 32 Richter am Sozialgericht haben in dem gleichen Zeitraum 7.365 Sachen, d.h. 230 Sachen durchschnittlich erledigt.

Wegen dieser eingeschränkten Belastbarkeit von Frau L. müssen ihre Leistungen vorerst noch als

die Anforderungen teilweise erheblich übertreffend

bezeichnet werden, wobei sich die Einschränkung „teilweise” auf die Belastbarkeit bezieht.”

Der Präsident des Landessozialgerichts Berlin äußerte dazu am 17. März 1975:

„Den qualitativ überdurchschnittlichen Leistungen der Richterin stand auch noch im Jahre 1974, ihrem dritten Berufsjahr am Sozialgericht, unterdurchschnittliche Erledigungszahlen gegenüber. Zwar hat Frau L., was der Norm entspricht, 75 Verfahren mit Urteil abgeschlossen. Aber die Zahl der insgesamt zum Abschluß gebrachten Verfahren erreicht mit ca. 2/3 des bei den drei weiteren Kammern des KOV ermittelten Durchschnitts nur einen noch recht niedrigen Stand. Ob dieses Defizit an Effektivität im wesentlichen mit der Frau L. übertragenen Materie der KOV zu erklären ist oder aber auf ihre Arbeitsweise, bzw. ihre Fähigkeiten zurückgeführt werden muß, läßt sich zur Zeit noch nicht sicher feststellen. Ausgehend von der Erwägung, daß von einem Richter am Sozialgericht im dritten Berufsjahr erwartet werden kann und muß, daß er etwa durchschnittlich abschließende Ergebnisse erzielt, halte ich zur Zeit kein besseres Gesamturteil als

übertrifft teilweise die Anforderungen

für vertretbar.”

Den Widerspruch der Antragstellerin gegen beide Beurteilungen wies der Senator für Justiz zurück.

Die Antragstellerin hat mit der Behauptung, ihre richterliche Unabhängigkeit sei beeinträchtigt, das Dienstgericht angerufen. Sie hat beantragt,

in den beiden Beurteilungen vom 10. Februar und 17. März 1975 diejenigen Stellen für unzulässig zu erklären, in denen auf Grund des statistischen Materials und im Vergleich mit anderen Richtern des Sozialgerichts auf zu geringe Erledigungszahlen durch die Antragstellerin hingewiesen worden ist.

Das Dienstgericht bei dem Landgericht Berlin hat den Antrag zurückgewiesen, der Dienstgerichtshof bei dem Kammergericht hat ihm voll entsprochen, weil die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin beeinträchtigt sei. Auf die Revision des Antragsgegners hat der Bundesgerichtshof, Dienstgericht des Bundes, das Urteil des Dienstgerichtshofs aufgehoben und die Sache an den Dienstgerichtshof zurückverwiesen. Das Dienstgericht des Bundes hat eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit der Antragstellerin verneint und die Prüfung der Beurteilungen auf ihre Richtigkeit für erforderlich gehalten.

Die Antragstellerin hat nunmehr vor dem Dienstgerichtshof beantragt,

das Urteil des Dienstgerichts zu ändern und festzustellen, daß

  1. der Teil der dienstlichen Beurteilung des Präsidenten des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 1975, der beginnt mit „Den in qualitativer Hinsicht” und endet mit „auf die Belastbarkeit bezieht”,
  2. die Äußerung des Präsidenten des Landessozialgerichts Berlin vom 17. März 1975

unzulässig seien.

Der Dienstgerichtshof hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Antragstellerin ihren im Berufungsrechtszug zuletzt gestellten Antrag weiter. Hilfsweise beantragt sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren an den Dienstgerichtshof zurückzuverweisen. Der Antragsgegner bittet um Zurückweisung der Revision.

Im Mai 1976, nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils in diesem Prüfungsverfahren, hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Berlin eine Klage erhoben, mit der sie sich gegen die abschließenden Noten in den hier angegriffenen Beurteilungen wendet.

 

Entscheidungsgründe

I. Nach der Auffassung des Dienstgerichtshofs ergeben sich aus der Klage, die die Antragstellerin im Mai 1976 bei dem Verwaltungsgericht Berlin erhoben hat, keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des inzwischen im vorliegenden Verfahren neu gefaßten Antrags. Das ist richtig.

Der Streitgegenstand mag zwar in beiden Verfahren derselbe sein, soweit es um die Rechtmäßigkeit der abschließenden Noten in den beiden dienstlichen Beurteilungen geht. Der Zulässigkeit des Prüfungsverfahrens bei den Dienstgerichten würde dies aber nur entgegenstehen, wenn dieser Streitgegenstand hier erst nach Erhebung der Klage beim Verwaltungsgericht rechtshängig geworden wäre (§ 90 Abs. 2 VwGO, §§ 56 Satz 1, 39 Nr. 5 e (BlnRiG)). Dies ist nicht der Fall. Die Rechtmäßigkeit der abschließenden Noten in den beiden Beurteilungen war schon Gegenstand des Prüfungsverfahrens bei den Dienstgerichten, bevor die Antragstellerin die Klage beim Verwaltungsgericht erhob. Schon ihr früherer Antrag richtete sich auch gegen die abschließenden Sätze in den beiden Beurteilungen, die die Gesamtnoten enthalten und zu deren Begründung auf die vergleichsweise geringe Belastbarkeit der Antragstellerin und ihre niedrigen Erledigungszahlen verweisen.

II. Der Dienstgerichtshof hält den Prüfungsantrag für unbegründet. Da auf Grund des ersten Revisionsurteils feststehe, daß die Antragstellerin durch den Befähigungsnachweis nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt werde, gehe es nur noch um die Richtigkeit der Beurteilungen. Insoweit könne das Gericht nur prüfen, ob der Beurteilende den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei habe bewegen können, verkannt habe oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt habe. Danach seien weder die Feststellungen der Präsidenten, die Antragstellerin sei nur eingeschränkt belastbar, sie weise ein „Defizit an Effektivität” auf, noch die zusammenfassende Bewertung am Schluß der Beurteilungen rechtlich zu beanstanden.

III. Mit Recht hat der Dienstgerichtshof nach den von ihm getroffenen Feststellungen den Prüfungsantrag für unbegründet gehalten.

1. Daß die angefochtenen dienstlichen Beurteilungen die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin nicht beeinträchtigen, ist durch das erste Revisionsurteil entschieden. Zu prüfen ist danach nur noch, ob sie aus anderen Gründen rechtswidrig, insbesondere sachlich nicht begründet sind. Dabei geht der Dienstgerichtshof zutreffend davon aus, daß das Gericht die dienstliche Beurteilung durch den Dienstvorgesetzten nicht durch eine eigene ersetzen darf und deswegen nur zu prüfen hat, ob der Beurteilende den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen konnte, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 21, 127, 129 f), der sich das Dienstgericht des Bundes angeschlossen hat (BGHZ 57, 344, 350; BGH DRZ 1976, 317).

2. Gesetzliche Grundlage der Beurteilungen sind die §§ 12, 13 des Berliner Gesetzes über die Laufbahnen der Beamten (Laufbahngesetz – LfbG) i.d.F. vom 5. Juni 1973, GVBl Bln 946. Gemäß § 7 BlnRiG gelten diese Vorschriften für Richter entsprechend. Die Beurteilung der Fähigkeiten und Leistungen der Richter gehört zur Dienstaufsicht (BGHZ 52, 287, 292; 57, 344, 348), der die Richter unterstehen (§ 26 Abs. 1 und 2 DRiG). Sie ist Aufgabe der Präsidenten des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts (§ 5 Abs. 1, § 8 der Allgemeinen Verfügung – AV – des Senators der Justiz über die dienstliche Beurteilung der Richter vom 5. Januar 1972, ABl Bln 89, geändert durch AV vom 1. März 1973, ABl Bln 347), denen die Dienstaufsicht über die Richter am Sozialgericht und damit auch die Antragstellerin obliegt. (§§ 9 Abs. 3, 30 Abs. 2 SGG; § 1 Abs. 1 Buchst. a und b Nr. 3, § 2 der Verordnung zur Übertragung von Geschäften der Verwaltung und Dienstaufsicht auf Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vom 8. Juni 1966, GVBl Bln 939). Schranken für die dienstliche Beurteilung von Richtern ergeben sich wie für die Dienstaufsicht allgemein aus der richterlichen Unabhängigkeit (§ 26 Abs. 1 DRiG). Im übrigen ist der Inhalt der dienstlichen Beurteilungen durch § 13 LfbG und § 7 der AV über die dienstliche Beurteilung der Richter geregelt. Danach sind unter anderem auch Arbeitsleitung und Belastbarkeit des Richters zu beurteilen. Dies entspricht dem Zweck der Dienstaufsicht, die der Erfüllung der Justizgewährungspflicht durch den gewaltenteilenden Rechtsstaat dient (vgl. BGH DRiZ 1978, 185 mit Nachw.). Dazu gehört nicht nur, daß der Rechtsuchende sein Recht bekommt, sondern auch, daß dies ohne übermäßigen Aufwand innerhalb angemessener Zeit geschieht.

Eine zu geringe Arbeitseffektivität, eine eingeschränkte Belastbarkeit kann jedenfalls dann festgestellt werden, wenn die Erledigungszahlen des Beurteilten erheblich hinter dem Durchschnitt nach Amt und Aufgabenbereich vergleichbarer Richter zurückbleiben, ohne daß eine Behinderung des zu Beurteilenden durch äußere Umstände oder eine vorübergehende Erkrankung vorliegt. Die erforderliche Abwägung mit den übrigen Beurteilungskritiken, wie den Kenntnissen, Leistungen und Fähigkeiten des Richters, liegt im Verantwortungsbereich des Beurteilenden. Das Gericht kann sie nur darauf überprüfen, ob allgemein gültige Wertmaßstäbe mißachtet, ob insbesondere der Quantität ein nicht angemessenes Übergewicht über die Qualität beigelegt worden ist.

3. Danach sind die angefochtenen dienstlichen Beurteilungen nicht zu beanstanden.

a) Der von der Antragstellerin für ihre qualitativ überdurchschnittlichen Leistungen angebotenen Beweise bedurfte es nicht. Der Präsident des Sozialgerichts hat ihre Leistungen in qualitativer Hinsicht als ganz erheblich über dem Durchschnitt liegend bewertet. Auch der Präsident des Landessozialgerichts geht von qualitativ überdurchschnittlichen Leistungen aus. Daß gleichwohl nur die Gesamtnoten „die Anforderungen teilweise erheblich übertreffend” und „übertrifft teilweise die Anforderungen” erteilt worden sind, überschreitet nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraums. Allgemeingültige Wertmaßstäbe sind nicht verletzt. Ein unangemessenes Übergewicht ist den Erledigungszahlen gegenüber den anderen Beurteilungskriterien nicht beigelegt worden. Für sachfremde Erwägungen der Präsidenten gibt es keinen Hinweis. Die Antragstellerin hat in dieser Richtung auch nichts behauptet.

b) Das Vorbringen der Antragstellerin, sie sei nur hinsichtlich der Erledigungszahlen mit anderen Richtern verglichen worden, trifft nicht zu. Die Qualität ihrer Arbeit wird in beiden Beurteilungen am Durchschnitt gemessen.

c) Die mit den Zeugnissen übereinstimmenden Feststellungen des Berufungsgerichts über die Erledigungszahlen der Antragstellerin und ihre Sitzungstätigkeit lassen den Schluß zu, die Antragstellerin sei nur eingeschränkt belastbar. Es trifft nicht zu, daß der Dienstgerichtshof ihr die vermeintlich den Vorwurf der geringen Belastbarkeit erst rechtfertigenden Eigenschaften, wie Mangel an Diensteifer, Unentschlossenheit, umständliche Arbeitsweise, unterstelle. In dem angefochtenen Urteil ist nur allgemein ausgeführt, ein Richter, der qualitativ vorzügliche Arbeit leiste, könne gleichwohl für sein Amt nur mäßig oder nicht geeignet sein, wenn er auf Grund eines Mangels an Diensteifer infolge Unentschlossenheit und einer umständlichen Arbeitsweise oder aus einem sonstigen Grunde weit weniger Sachen als andere, auf vergleichbarem Gebiet tätige Richter erledige. Bestimmte Gründe für die geringen Erledigungszahlen der Antragstellerin hat der Dienstgerichtshof jedoch ebensowenig wie die beiden Präsidenten in den angefochtenen Beurteilungen festgestellt. Vielmehr konnte der Präsident des Landessozialgerichts wegen der Kürze des Beurteilungszeitraums die Ursachen für die unterdurchschnittlichen Erledigungszahlen der Richterin noch nicht klären. Insoweit wird auch nichts unterstellt. Da keine Umstände vorliegen, die dem Schluß von den festgestellten Erledigungszahlen auf eine eingeschränkte Belastbarkeit der Antragstellerin und ihrer Berücksichtigung im Gesamturteil entgegenstehen, brauchte er den Ursachen dafür, daß die Erledigungszahlen der Antragstellerin hinter dem Durchschnitt der anderen Richter am Sozialgericht zurückbleiben, im Beurteilungszeitpunkt nicht weiter nachzugehen. Auch die Revision zeigt derartige Umstände nicht auf. Die Ausführungen der Antragstellerin laufen vielmehr auf die nicht zu billigende Auffassung hinaus, daß qualitativ gute Arbeit ungenügende Erledigungszahlen rechtfertige. Sie übersieht dabei, daß die anfallenden Geschäfte von den vorhandenen und nicht beliebig vermehrbaren Richtern nicht nur gut, sondern im Interesse der Beteiligten auch möglichst rasch erledigt werden müssen.

d) Zur Beendigung von Verfahren durch Vergleiche, Anerkenntnisse und Rücknahmen führt der Dienstgerichtshof aus, die Zahl dieser Erledigungen hänge weniger vom Zufall, sondern in hohem Maße vom Geschick des Richters im Umgang mit den Beteiligten sowie von seinem Arbeitseinsatz ab. Das ist richtig. Auch insoweit hat der Dienstgerichtshof der Antragstellerin nichts zu ihrem Nachteil unterstellt. Lediglich ihre im Berufungsrechtszug aufgestellten Behauptungen über bedenkliche Methoden, mit denen einzelne Richter des Sozialgerichts auf Anerkenntnisse, Vergleiche und Rücknahmen hinwirkten, hat der Dienstgerichtshof als richtig unterstellt. Die von der Klägerin dazu angebotenen Beweise brauchte er infolgedessen nicht zu erheben. Daß auch bei Außerachtlassung der angeblich mit bedenklichen Methoden erzielten Ergebnisse die Antragstellerin nur unterdurchschnittliche Erledigungszahlen aufzuweisen hat, hat er ohne Rechtsfehler dargelegt. Die neuen Behauptungen und Beweisangebote der Antragstellerin zur Arbeitsweise von zwei anderen Richtern in der Revisionsbegründungsschrift sind unbeachtlich (§ 80 Abs. 3 DRiG).

e) Fehl geht die Rüge der Antragstellerin, ihre Arbeitsergebnisse dürften nur mit den Erledigungszahlen solcher Richter, die in den übrigen Beurteilungskriterien mit ihr übereinstimmten, verglichen werden. Ein Vergleich des zu beurteilenden Richters mit einzelnen, bestimmten anderen Richtern müßte Bedenken begegnen. Einen solchen Vergleich enthalten die angefochtenen Beurteilungen aber nicht. Auch der Dienstgerichtshof hat ihn nicht angestellt. Die Erledigungszahlen der Antragstellerin sind vielmehr in erster Linie an dem Durchschnitt der übrigen 32 Richter am Sozialgericht Berlin gemessen worden. Dieser Durchschnitt ist ein objektiver Maßstab, in dem Besonderheiten einzelner Richter hinreichend ausgeglichen sind. Der Präsident des Landessozialgerichts hat außerdem die Ergebnisse der kleinen Gruppe (mit der Antragstellerin vier Richter) der mit der Soldaten- und Kriegsopferversorgung befaßten Kammern berücksichtigt. Dagegen bestehen grundsätzlich keine Bedenken. Dieses Verfahren war geeignet, etwaige Besonderheiten des engeren Arbeitsgebiets der Antragstellerin zur Geltung zu bringen. Die Durchschnittszahl der Erledigungen der vier Kriegsopferversorgungskammern ist niedriger als der Durchschnitt der Erledigungen aller Kammern des Sozialgerichts. Die Antragstellerin hat aber unter den vier Vorsitzenden auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgnung die niedrigste Zahl von Erledigungen. Schon deshalb kommt es auf die Behauptungen der Klägerin über besondere Schwierigkeiten in den Verfahren auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung nicht an.

f) Im übrigen hat die Antragstellerin ihr Vorbringen über besondere Schwierigkeiten ihres Arbeitsgebiets nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil während der mündlichen Verhandlung vor dem Dienstgerichtshof eingeschränkt. Sie hat nur noch erklärt, daß sich Kriegsopferversorgungsverfahren häufig kompliziert gestalteten, weil die Kläger vielfach verbittert und überempfindlich seien. Die Antragstellerin rügt dazu, ihre Erklärung sei unzutreffend wiedergegeben, der Dienstgerichtshof habe diese Erklärung nicht ohne Gewährung rechtlichen Gehörs und ohne Hinweis, daß er keine Beweise erheben wolle, verwerten dürfen. Diese Rügen greifen nicht durch.

Im Revisionsrechtszug kann die Antragstellerin nicht mit der Behauptung gehört werden, der Dienstgerichtshof habe ihre Erklärung unzutreffend wiedergegeben. Die Feststellung über die Erklärung der Antragstellerin gehört zum Tatbestand, obwohl sie in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils enthalten ist. Gemäß § 314 ZPO, der auch im Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung (§ 56 Satz 1 BlnRiG) gilt (vgl. Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung 7. Aufl. § 119 Rdn. 1 und 8; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung 6. Aufl. § 119 Rdn. 1), erbringt der Tatbestand Beweis für das mündliche Parteivorbringen; dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden. Das Sitzungsprotokoll des Dienstgerichtshofs enthält keine von dem Urteil abweichende Feststellung. Tatbestandsberichtigung(§ 119 VwGO) hat die Antragstellerin nicht beantragt.

Der Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt. Ihre Erklärung durfte der Dienstgerichtshof ohne Rückfrage oder Aufforderung zu ergänzender Stellungnahme verwerten. Die Erklärung war eindeutig. Die Antragstellerin ist Richterin. Überdies war ihr Rechtsanwalt zugegen.

Der Dienstgerichtshof durfte die Erklärung der Antragstellerin für wahr unterstellen und deswegen von Beweiserhebungen zu diesem Punkt absehen, ohne die Antragstellerin vorher darauf hinzuweisen. Er hatte keinen Grund zu der Annahme, die Antragstellerin habe Tragweite und Folgen ihrer Erklärung verkannt. Nur wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Dienstgerichtshof Beweisanträge gestellt hätte, hätte es eines zu protokollierenden Beschlusses über ihre Ablehnung bedurft (§§ 86 Abs. 2, 105 VwGO, § 160 Abs. 3 Nr. 6 ZPO). Daß der zur mündlichen Verhandlung geladene und erschienene Zeuge nicht vernommen werde, ist der Antragstellerin laut Sitzungsprotokoll vor Schluß der mündlichen Verhandlung eröffnet worden.

IV. Die Kosten der Revision hat die Antragstellerin gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO zu tragen.

V. Für den Revisionsrechtszug wird der Wert des Streitgegenstandes entsprechend §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 4.000 DM festgesetzt.

 

Unterschriften

Salger, Dr. Buss, Schröder, Dr. Thumm, Schauenburg

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502511

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