Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung einer Wohnung an gemeinnützigen Verein zur Weitervermietung an von diesem betreute Personen: Mieterschutz für Endmieter; Anwendung des Rechts der gewerblichen Zwischenmiete
Leitsatz (amtlich)
Vermietet der Eigentümer eine Wohnung an einen gemeinnützigen Verein und vermietet dieser die Wohnung an eine von ihm betreute Person weiter, so kann letztere sich gegenüber dem Räumungsverlangen des Eigentümers nicht auf den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts berufen. § 549a BGB findet weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung.
Normenkette
BGB §§ 549a, 556
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 1995 teilweise und das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 24. August 1995 geändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die von ihnen genutzten Räumlichkeiten in der D.straße B., Vorderhaus, 1. OG Mitte, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einer Diele, einem Balkon sowie einer Toilette, in geräumtem Zustand herauszugeben.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 1/3 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/3 zu tragen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers im zweiten Rechtszug werden den Beklagten als Gesamtschuldnern 4/7 und dem Beklagten zu 1 weitere 3/7 auferlegt; ihre außergerichtlichen Kosten im zweiten Rechtszug tragen die Beklagten selbst. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen den Beklagten als Gesamtschuldner zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines Wohnhauses, D.straße in B.-N.. Der Beklagte zu 1 ist ein gemeinnütziger Verein, dessen satzungsgemäße Aufgaben darin bestehen, Jugendliche und Heranwachsende aus zerrütteten Elternhäusern zu beraten und sie bei gleichzeitiger Betreuung durch einen Sozialarbeiter mit eigenem Wohnraum zu versorgen, um so langfristig eine soziale Stabilisierung der Situation der betroffenen Jugendlichen und Heranwachsenden zu erreichen. Zu diesem Zweck schloß der Beklagte zu 1 mehrfach Mietverträge mit dem Kläger über Wohnungen in dessen Häusern ab, die der Beklagte zu 1 an Jugendliche untervermietete.
Mit Mietvertrag vom 27. April 1984 vermietete der Kläger dem Beklagten zu 1 eine 1-Zimmerwohnung im Hause D. straße „zur Benutzung als Wohnung” (§ 1 des Mietvertrages) mit der Erlaubnis zur Überlassung an Dritte; das Mietverhältnis sollte am 1. Mai 1984 beginnen, ein Jahr dauern und sich jeweils um ein weiteres Jahr verlängern, wenn nicht eine der Parteien sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprach (§ 2 des Mietvertrages). Der Beklagte zu 1 vermietete diese Wohnung seinerseits mit „Untermietvertrag” vom 30. Juli 1993 an die Beklagte zu 2. Der Untermietvertrag enthält in § 7 u.a. folgende Vereinbarung:
„Der B. Jugendclub e.V. (Beklagter zu 1) vermietet Räume lediglich an Untermieter, die die Betreuung von Mitarbeitern der Kontakt- und Beratungsstelle in Anspruch nehmen. Dies bedeutet für den Untermieter, daß er zur Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern bereit sein muß, u.a. mit den Betreuern verabredete Gesprächstermine wahrzunehmen hat. Die Betreuer erhalten einen Wohnungsschlüssel, von dem sie in Notfällen Gebrauch machen können.”
Mit Schreiben vom 22. November 1993 kündigte der Kläger das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten zu 1 „fristgemäß zum 31. März 1994” mit der Begründung, er befürchte ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen die Zweckentfremdungsverbotsverordnung. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt er beide Beklagte auf Herausgabe und Räumung der Wohnung in Anspruch.
Der Kläger ist der Auffassung, weder der Beklagte zu 1 noch die Beklagte zu 2 könnten sich auf den Schutz des sozialen Mietrechts berufen. Die Vorschrift des § 549a BGB sei unanwendbar, weil keine gewerbliche Zwischenvermietung vorliege. Der Umfang der Untervermietung durch den Beklagten zu 1 sei ihm bei Vertragsschluß unbekannt gewesen. Die Nutzung durch die Beklagte zu 2 sei auch nicht mit einem herkömmlichen Mietverhältnis vergleichbar, sondern eine besondere Form des „geschützten Wohnens”.
Die Beklagten haben demgegenüber behauptet, dem Kläger seien aus jahrelanger Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 1 dessen Satzung und die Einzelheiten der Zwischenvermietung bekannt gewesen. Auch der Mietvertrag mit der Beklagten zu 2 habe dem Kläger vorgelegen. Die Kündigung des Klägers halten sie für rechtsmißbräuchlich. Die Kündigungsgründe seien nur vorgeschoben; in Wahrheit wolle der Kläger einen höheren Mietzins erzielen.
Das Landgericht hat die Klage sowohl mit dem Antrag auf sofortige Räumung als auch mit dem Hilfsantrag auf Räumung zum 30. April 1995 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der dieser nur noch einen Anspruch auf Räumung nach dem 30. April 1995 geltend gemacht hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen; dem erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1 hat es hingegen stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen auf Räumung gerichteten Hauptantrag weiter. Der Beklagte zu 1 begehrt mit seiner unselbständigen Anschlußrevision die Abweisung auch des Hilfsantrags.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt (veröffentlicht in Grundeigentum 1996, 49):
Dem Kläger stehe gegenüber der Beklagten zu 2 ein Anspruch auf Herausgabe der Wohnung gemäß § 556 Abs. 3 BGB oder § 985 BGB nicht zu, obwohl das Hauptmietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 durch Kündigung beendet worden sei, weil die Beklagte zu 2 ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) habe. Zwar komme eine direkte oder analoge Anwendung von § 549 a BGB im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 nicht in Betracht, weil diese Vorschrift eine gewerbliche Zwischenvermietung im Sinne einer berufsmäßigen, auf Dauer gerichteten Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht, mindestens aber einer geschäftsmäßigen Weitervermietung durch den Hauptmieter voraussetze. Die Vermietung an einen gemeinnützigen Verein, der mit der Weitervermietung seine ideellen Zwecke verfolge, sei kein der gewerblichen Zwischenvermietung rechtsähnlicher Tatbestand. Die Beklagte zu 2 könne sich jedoch gegenüber dem Kläger auf den Bestandsschutz des sozialen Mietrechts berufen, weil sie gemäß Art. 3 GG nicht schlechter gestellt sein dürfe als andere Wohnraummieter.
Wer eine Wohnung vom Zwischenmieter miete, um sie selbst als Wohnung zu nutzen, bedürfe des Schutzes ebenso wie der Mieter, der unmittelbar vom Eigentümermiete.
Der Kläger habe gewußt, daß der Beklagte zu 1, ein Verein, die Wohnung habe nicht selbst bewohnen, sondern an Dritte weitervermieten wollen. Das Beratungs- und Betreuungsverhältnis, das die Beklagten miteinander verbinde, beziehe sich allein auf die familiären Schwierigkeiten der Beklagten zu 2 und begründe keine mietrechtliche Sonderbeziehung, die einem typischen Untermietverhältnis vergleichbar sei, bei dem der Untermieter lediglich an der Wohnnutzung des Hauptmieters beteiligt sei und deshalb einen geringeren Kündigungsschutz genieße. Der Beklagten zu 2 stehe im Untermietverhältnis Kündigungsschutz gemäß § 564 b BGB zu. Ihrem Interesse an einem Schutz vor dem Verlust der Wohnung stünden keine schutzwürdigen Interessen des Klägers als Eigentümer entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur gewerblichen Zwischenvermietung bilde der soziale Mieterschutz die Regel, während entgegenstehende gewichtige Interessen des Eigentümers die Ausnahme darstellten. Die Vermietung an den Beklagten zu 1 bedeute für den Kläger ähnlich wie eine gewerbliche Zwischenvermietung den Vorteil, für mehrere Mietverhältnisse über Wohnungen in verschiedenen Häusern nur einen Vertragspartner zu haben, der für die pünktliche Mietzahlung sorge und auch bei der sonstigen Vertragsgestaltung und Abwicklung dem Vermieter gegenüber entgegenkommend sei. Eine Schlechterstellung der Beklagten zu 2 gegenüber anderen Wohnungsmietern sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß die Beklagte zu 2 möglicherweise zu einem Personenkreis gehöre, der auf dem Wohnungsmarkt wenig Chancen habe, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Der als Untermieter des Beklagten zu 1 in Betracht kommende Personenkreis sei vielmehr gerade deshalb als besonders schutzbedürftig anzusehen.
Ein Herausgabeanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1 aus § 556 Abs. 1 BGB scheitere daran, daß diesem die Herausgabe infolge eines Umstandes, den er nicht zu vertreten habe, unmöglich sei (§ 275 BGB). Die Weitervermietung durch den Beklagten zu 1 sei vertragsgerecht, ein Kündigungsrecht stehe diesem seinerseits gegenüber der Beklagten zu 2 nicht zu.
Die vom Kläger im zweiten Rechtszuge hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1 sei dagegen zulässig und begründet. Die Beendigung sei durch die Kündigung vom 22. November 1993 zwar nicht schon am 31. März 1994, aber vertragsgemäß am 30. April 1995 eingetreten. Die Kündigung sei nicht deshalb rechtsmißbräuchlich, weil der Kläger eine langjährige Geschäftsbeziehung habe beenden wollen und dazu eine möglicherweise unzutreffende Begründung (Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot) angegeben habe. Andere Umstände, die die Kündigung als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen könnten, habe der Beklagte zu 1 nicht vorgetragen.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß das Hauptmietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 durch die Kündigung des Klägers vom 22. November 1993 zum 30. April 1995 wirksam beendet worden ist.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 94, 11, 14 ff m.w.Nachw.) handelt es sich bei diesem Mietverhältnis nicht um ein solches über Wohnraum, weil der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch den Beklagten zu 1 nicht im Wohnen, sondern in der Überlassung der Wohnung an von ihm im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben betreute Jugendliche bestand. Dem Beklagten zu 1 steht deshalb gegenüber dem Kläger gesetzlicher Kündigungsschutz nach den §§ 556a, 564b BGB nicht zu.
b) Eine Auslegung des Hauptmietvertrages dahingehend, daß der Kläger vertraglich zu einer Kündigung nur befugt sein sollte, wenn die Voraussetzungen für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nach § 564 b BGB erfüllt sind, kommt nicht in Betracht.
Soweit die Anschlußrevision eine solche Auslegung vornehmen will, muß dem der Erfolg schon deshalb versagt bleiben, weil es sich dabei um neues und in der Revisionsinstanz deshalb gemäß § 561 Abs. 1 ZPO unbeachtliches Vorbringen handelt. Ein solcher Inhalt des Hauptmietvertrages ist in den Tatsacheninstanzen von keiner Partei behauptet worden.
Die Rüge ist jedoch auch in der Sache erfolglos. Daß das Berufungsgericht eine entsprechende Auslegung des Mietvertrages vom 27. April 1984, die grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters ist, nicht in Erwägung gezogen hat, ist rechtsfehlerfrei. Der Wortlaut des Vertrages bietet für diese Auslegung keine Grundlage. Sie ist entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1 auch nicht geboten, um den vom Kläger erstrebten Erfolg einer Räumung der Mietsache zu erreichen (siehe unter 3). Sonstige Anhaltspunkte, aufgrund derer der Beklagte zu 1 hätte annehmen dürfen, daß der Kläger ihm vertraglich einen gesetzlich nicht gegebenen Kündigungsschutz zugestehen wollte, sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, daß eine Weitervermietung als Wohnraum im Rahmen der satzungsmäßigen Aufgabe des Beklagten zu 1 Vertragszweck war und der Beklagte zu 1 dabei gegenüber seinen Mietern an die Kündigungsschutzvorschriften gebunden sein konnte, genügt dafür allein nicht.
c) Sie läßt die Kündigung des Hauptmietverhältnisses durch den Kläger entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1 auch nicht als rechtsmißbräuchlich erscheinen. Das Berufungsgericht hat das Bestreben des Klägers, eine langjährige Rechtsbeziehung zu beenden, zu Recht nicht als Mißbrauch einer aus der Vertragskonstruktion erworbenen formalen Rechtsposition angesehen, ohne daß es darauf ankommt, ob der vom Kläger dafür genannte Grund – Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot – vorliegt.
2. Soweit der Kläger die Beklagte zu 2) gemäß § 556 Abs. 3 BGB auf Herausgabe und Räumung der gemieteten Wohnung in Anspruch nimmt, hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß eine unmittelbare Anwendbarkeit von § 549 a BGB ausscheidet, wenn es sich bei dem Zwischenmieter wie hier um einen karitativen Verein handelt (so auch Bub/Treier/Reinstorf, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete,
2. Aufl., Nachtrag 1994 zu I Rdnr. 131; Bub/Treffer/Grapentin, aaO, Nachtrag 1994 zu IV Rdnr. 55; Franke, in FischerDieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht BGB § 549a Anm. 3.3; MünchKomm/Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 549 a Rdnr. 5; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Aufl., § 549a Rdnr. 3; Schilling, Neues Mietrecht 1993, S. 57 f; Schilling/Meyer, ZMR 1994, 497, 502 f; LG Hamburg WuM 1993, 738, 739; a.A. Beuermann, Grundeigentum 1993, 1068, 1075).
Nach dem Wortlaut des § 549 a BGB findet die Vorschrift nur Anwendung, wenn der Zwischenmieter den Wohnraum gewerblich weitervermietet. Die Entstehungsgeschichte zeigt, daß der Gesetzgeber auch allein den Fall der gewerblichen Weitervermietung im Sinne einer geschäftsmäßigen, auf Dauer gerichteten, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübten Vermietungstätigkeit des Zwischenvermieters regeln wollte. Denn durch die Einfügung des § 549 a BGB sollte nicht Kündigungsschutz im Verhältnis zwischen Eigentümer/Hauptvermieter und Untermieter neu begründet werden, sondern es sollten ausschließlich die mietrechtlichen Konsequenzen der zum Bauherrenmodell ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1991 (BVerfGE 84, 197) klargestellt werden, nach welcher gemäß Art. 3 GG auch einem Mieter, der Wohnraum von einem gewerblichen Zwischenmieter gemietet hat, der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zusteht (vgl. Bundesrats-Drucks. 350/92 S. 32 f; Bundesrats-Drucks. 396/93 S. 13 f).
3. Ob auch eine analoge Anwendung des § 549 a BGB für Fälle der vorliegenden Art auszuscheiden hat, wie das Berufungsgericht meint, kann offenbleiben. Eine der gewerblichen Weitervermietung vergleichbare Interessenlage, die eine Analogie rechtfertigen könnte, kommt allenfalls in den Fällen in Betracht, in denen Art. 3 GG ebenso wie im Falle der gewerblichen Zwischenvermietung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 84, 197; Beschluß vom 6. August 1993 – 1 BvR 596/93 = NJW 1993, 2601; Beschluß vom 3. Februar 1994 – 1 BvR 2195/93 = NJW 1994, 848) eine einschränkende Auslegung von § 556 Abs. 3 BGB im Verhältnis zwischen Endmieter und Eigentümer/Hauptvermieter gebietet.
Ein solcher Fall liegt hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor.
a) Im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte ist die Reichweite der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über die typische gewerbliche Zwischenvermietung hinaus umstritten. Ihr Anwendungsbereich wird einerseits streng auf die Fälle der gewerblichen Zwischenvermietung zu Wohnraumzwecken beschränkt (Staudinger/Emmerich, aaO, § 549 Rdnr. 117), andererseits auf sämtliche Fälle der Zwischenvermietung zu Wohnraumzwecken außerhalb der klassischen Untermietverhältnisse erstreckt (Blank, WuM 1993, 573, 574; Derleder, WuM 1991, 641, 643 f, 648; LG Berlin Grundeigentum 1993, 45, 47; AG Frankfurt/M., WuM 1994, 276 mit zustimmender Anmerkung Eisenhardt). Davon ausgenommen werden teilweise (Franke, in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, aaO, BGB § 556 Anm. 8.7; Schilling, aaO, S. 57 f; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts, 7. Aufl., Rdnr. 1361; LG Hamburg NJW-RR 1992, 842 unter 2 a; vgl. auch OLG Hamburg, Rechtsentscheid vom 16. April 1993 – 4 U 243/92 = RES IX BGB § 556 Nr. 7 = NJW 1993, 2322 unter III; LG Hamburg WuM 1993, 738, 739) generell Fälle der Zwischenvermietung, die nicht im Interesse des Eigentümers, sondern im Interesse des Zwischen- oder des Endmieters erfolgen, teilweise (BayObLG, Rechtsentscheid vom 28. Juli 1995 – RE Miet 4/94 = BayObLGZ 1995, 256 = NJW-RR 1996, 73 unter 3 d; Rechtsentscheid vom 30. August 1995 – REMiet 5/94 = BayObLGZ 1995, 282 = NJW-RR 1996, 71 unter 2; Langenberg, MDR 1993, 102, 104) speziell die Fälle der Zwischenvermietung an einen gemeinnützigen Verein, der in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben an von ihm betreute Personen oder Mitarbeiter Wohnraum weitervermietet.
b) Nach Auffassung des Senats unterscheidet sich die Interessenlage jedenfalls bei der letztgenannten Fallgestaltung, über die hier zu entscheiden ist, maßgeblich sowohl von derjenigen bei einstufigen Wohnraummietverhältnissen als auch von derjenigen bei der typischen gewerblichen Zwischenvermietung, so daß Art. 3 GG nicht gebietet, dem Endmieter den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zu gewähren, und § 556 Abs. 3 BGB daher uneingeschränkt Anwendung findet.
aa) Zwar steht danach der Endmieter, der von einem karitativen Verein mietet, welcher seinerseits nur Zwischenmieter ist und die Weitervermietung in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben vornimmt, bei Kündigung des Hauptmietverhältnisses schlechter als der Mieter, der entweder vom Eigentümer selbst oder von einem gewerblichen Zwischenmieter im Sinne von § 549 a BGB mietet, weil er anders als dieser im Verhältnis zum Eigentümer/Hauptvermieter keinen Kündigungsschutz genießt. Das Berufungsgericht weist auch zu Recht darauf hin, daß das Schutzbedürfnis der hier betroffenen Personengruppe nicht geringer ist als das Schutzbedürfnis derjenigen Mieter, für die der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts gilt.
bb) Dennoch ist die Ungleichbehandlung der Endmieter in diesen Fällen sachlich gerechtfertigt.
aaa) Zum einen besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Ähnlichkeit mit den typischen Untermietverhältnissen, in denen auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Endmieter nur eingeschränkten Kündigungsschutz genießt (BVerfGE 84, 197, 202; Beschluß vom 3. Februar 1994 aaO unter II 2 a). Diese typischen Untermietverhältnisse sind gegenüber der gewerblichen Zwischenvermietung geprägt von einer wesentlich engeren Beziehung zwischen Hauptmieter und Untermieter, weil der Hauptmieter die Wohnung selbst nutzt und der Untermieter an dieser Nutzung nur im Rahmen des zwischen Eigentümer und Hauptmieter bestehenden Mietverhältnisses beteiligt wird.
Im vorliegenden Fall wird eine enge Beziehung zwischen Hauptmieter und Endmieter zwar nicht durch eine gemeinsame Wohnnutzung der gemieteten Räume hergestellt, sie wird aber durch die besonderen Vereinbarungen in § 7 des Untermietvertrages begründet, die der Aufrechterhaltung und Durchführung des Betreuungsverhältnisses zwischen den Beklagten dienen. Danach vermietet der Beklagte zu 1, wie die Revision zu Recht geltend macht, nur unter der Voraussetzung, daß der Untermieter bereit ist, die Betreuung durch Mitarbeiter des Beklagten zu 1 in Anspruch zu nehmen, die auch für Notfälle einen Schlüssel zu der vermieteten Wohnung haben. Diese Vereinbarungen machen deutlich, daß die Weitervermietung im Verhältnis der Beklagten untereinander anders als bei der typischen gewerblichen Zwischenmiete nicht Selbstzweck, sondern ähnlich wie bei der klassischen Untermiete dem von dem Hauptmieter mit der Anmietung der Wohnung verfolgten eigenen Zweck – bei der Untermiete der eigenen Wohnnutzung, hier dem Vereinszweck einer Betreuung von Jugendlichen – untergeordnet ist. Der als Endmieter betroffene Jugendliche kann deshalb nicht davon ausgehen, daß er Mieterschutz auch außerhalb des Betreuungsverhältnisses zum Beklagten zu 1 genießt.
bbb) Ob eine Schlechterstellung einer bestimmten Mietergruppe durch Gründe gerechtfertigt ist, die vor Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben, kann zum andern nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 6. August 1993 aaO unter III 2) nur mit einem Blick auch auf die Interessen des Eigentümers beantwortet werden, weil der Gesetzgeber mit den Vorschriften des sozialen Mietrechts die schutzwürdigen Interessen sowohl des Mieters als auch des Vermieters in gleicher Weise berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis, also zu einem gerechten Ausgleich bringen wollte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stehen danach sozialer Mieterschutz und entgegenstehende Interessen des Eigentümers nicht in einem Regel-Ausnahmeverhältnis zueinander, sondern sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen.
Bei der typischen gewerblichen Zwischenvermietung fehlt es an einem dem sozialen Mieterschutz entgegenstehenden Interesse des Eigentümers, weil dieser lediglich aus eigenen Interessen, sei es an Steuervorteilen, sei es an einer Verwaltungsvereinfachung, den Weg der gewerblichen Zwischenvermietung wählt und seine Wohnung ebenso dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellt wie bei einer unmittelbaren Vermietung an den Endmieter.
Die Vermietung an einen Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Versorgung von betreuungsbedürftigen Jugendlichen mit Wohnraum gehört, mag ebenfalls den Interessen des Eigentümers entgegenkommen, der mit dem Verein einen zuverlässigen und zahlungskräftigen Mieter erhält. Überläßt – wie im vorliegenden Fall – der Eigentümer dem Verein die Auswahl der Person des Endmieters und die Vereinbarung der Bedingungen, die im Verhältnis des Vereins zum Endmieter gelten sollen, dient sie jedoch mindestens gleichgewichtig originären Interessen des Vereins, der durch solche Mietverhältnisse erst die Möglichkeit erhält, seine satzungsmäßige Aufgabe der Betreuung von Jugendlichen zu erfüllen. Sie liegt weiter im Interesse der betreuten Personengruppe, die auf dem freien Wohnungsmarkt erfahrungsgemäß eher geringe Chancen hat, Wohnraum zu finden. Letzteres ist zugleich ein Indiz dafür, daß der Eigentümer ohne Zwischenschaltung des Vereins nicht an den betroffenen Endmieter vermietet hätte. Vielmehr bildet die Einschaltung des Vereins regelmäßig die Grundlage dafür, daß der Eigentümer bereit ist, seine Wohnung gezielt einem auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt eher benachteiligten Personenkreis zur Verfügung zu stellen (BayObLG, Rechtsentscheid vom 28. Juli 1995 a.a.O. unter 3d bb; Langenberg a.a.O.). Der Eigentümer hat deshalb ein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, die Nutzung der Wohnung durch vom Verein betreute Personen an den Fortbestand des Hauptmietverhältnisses zu binden. Diese Umstände rechtfertigen es, im Unterschied zu anderen Fällen der Zwischenvermietung dem Endmieter hier gegenüber dem Eigentümer den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zu versagen.
Daß diese Wertung im Einklang steht mit dem sozialen Mietrecht, zeigt die Regelung des § 564b Abs. 7 Nr. 5 BGB, mit der der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Anmietung von Wohnraum speziell für einen auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt besonders benachteiligten Personenkreis grundsätzlich für geeignet hält, kündigungsschutzrechtliche Nachteile für die betroffenen Einzelpersonen zu rechtfertigen. Im Fall des § 564b Abs. 7 Nr. 5 BGB sieht auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 84, 197, 201) sachliche Gründe für eine Einschränkung des Mieterschutzes gegeben.
cc) Dem Kläger ist die Berufung auf sein dem sozialen Mieterschutz entgegenstehendes Interesse im vorliegenden Fall auch dann nicht verwehrt, wenn – wie er selbst vorträgt – die gemieteten Räume dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum nach § 12 WoBindG unterliegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 6. August 1993 a.a.O. unter III 2 b) sind zwar die Interessen des Eigentümers an einer uneingeschränkten Wiedererlangung der vermieteten Räume nicht schutzwürdig, wenn er diese entgegen einem Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum zur gewerblichen Nutzung vermietet und der Mieter die Räume entgegen dem Willen des Eigentümers als Wohnraum weitervermietet hat, weil andernfalls der gesetzwidrig handelnde Eigentümer besser stünde als der Eigentümer, der sich rechtmäßig verhält.
Im hier zu entscheidenden Fall ist aber schon zweifelhaft, ob die Vermietung der Räume an die Beklagte zu 1 „zur Benutzung als Wohnung” durch von diesem betreute Jugendliche überhaupt eine Zweckentfremdung im Sinne von § 12 WoBindG darstellt, weil damit weder die objektive Eignung noch die subjektive Bestimmung der Räume zu Wohnzwecken aufgegeben worden sind (vgl. Bellinger, in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, a.a.O., § 12 WoBindG Anm. 4). Selbst wenn man indes – wie das Bezirksamt Kreuzberg von Berlin in bezug auf eine andere Wohnung, die der Kläger an den Beklagten zu 1 vermietet hatte – von einer Zweckentfremdung ausgeht, ist diese jedenfalls gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 WoBindG genehmigungsfähig. Denn an der Erfüllung der satzungsmäßigen Aufgaben der Beklagten zu 1 besteht ein öffentliches Interesse, und das von § 12 Abs. 3 Satz 1 WoBindG der zuständigen Behörde eingeräumte Ermessen ist dadurch gebunden, daß das Bezirksamt Kreuzberg für die Vermietung der oben genannten weiteren Wohnung des Klägers an den Beklagten zu 1 eine Zweckentfremdungsgenehmigung unter Verzicht auf eine Ausgleichsabgabe erteilt hat. Eine ungerechtfertigte Besserstellung eines gesetzwidrig handelnden Eigentümers im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (aaO) liegt deshalb im Falle des Klägers nicht vor.
III. 1. Auf die Revision des Klägers war daher die Entscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht in Betracht, so daß der Senat in der Sache selbst entscheiden konnte (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Der Kläger hat Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Wohnung gegenüber der Beklagten zu 2 aus § 556 Abs. 3 BGB und gegenüber dem Beklagten zu 1 aus § 556 Abs. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 56, 308, 310 f; 119, 300, 304; Rechtsentscheid vom 22. November 1995 – VIII ARZ 4/95, zur Veröffentlichung in BGHZ 131, 176 ff vorgesehen = WM 1996, 212 = NJW 1996, 515 unter III 2 b) geht der Anspruch aus § 556 Abs. 1 BGB nicht dadurch unter, daß der Mieter die Sache einem Dritten überläßt, solange die Möglichkeit besteht, daß er zumindest durch eine tatsächliche Einwirkung auf den Dritten die Rückgabe der Mietsache bewirken kann.
2. Da danach der Kläger mit seinem Hauptantrag Erfolg hat, war von Amts wegen die Entscheidung des Berufungsgerichts auch insoweit aufzuheben, als es dem Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1 stattgegeben hat, weil diese Entscheidung unter der auflösenden Bedingung ergangen ist, daß der Hauptantrag abgewiesen wird (BGHZ 21, 13, 16; 106, 219, 221; 112, 229, 232; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1992 – IV ZR 221/91 = WM 1993, 345 unter III).
Damit ist zugleich die verfahrensrechtliche Grundlage für die Anschlußrevision wegen des Hilfsantrags entfallen, so daß darüber nicht mehr zu entscheiden war.
Fundstellen
Haufe-Index 542360 |
BGHZ |
BGHZ, 142 |
NJW 1996, 2862 |
Nachschlagewerk BGH |