Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage, welchen Einfluß der Wegfall des Tarifzwangs im Güterkraftverkehr zum 1. Januar 1994 auf bestehende Dauerschuldverhältnisse hat.
b) Zur Frage der fristlosen Kündigung eines Rahmenvertrages.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. April 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, ein Speditionsunternehmen, nimmt die Beklagte, die Milcherzeugnisse herstellt und vertreibt, auf Zahlung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Rahmenvertrages über Speditions- und Transportleistungen in Anspruch.
Zwischen den Parteien bestanden auf der Grundlage eines auf unbestimmte Dauer geschlossenen Rahmenvertrages vom 22. Dezember 1986/21. Januar 1987 laufende Geschäftsbeziehungen, innerhalb deren die Klägerin regelmäßig Speditions- und Transportleistungen für die Beklagte erbrachte. Das Vertragsverhältnis konnte gemäß § 6 des Rahmenvertrages von beiden Parteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund mußte ebenfalls mit eingeschriebenem Brief – nach vorhergehender zweimaliger Abmahnung – erfolgen.
Nach § 4 des Rahmenvertrages galten die jeweiligen gesetzlichen Mindesttarife als vereinbart. Bereits im Jahre 1993 – vor Aufhebung des Tarifzwangs durch das Tarifaufhebungsgesetz vom 13. August 1993 – verhandelten die Parteien über kostendeckende Lösungen für die künftige Zusammenarbeit nach Wegfall des Tarifzwangs zum 1. Januar 1994. Während die Klägerin als Ergebnis der Verhandlungen eine neue bindende Preisabsprache behauptete, die sie in einem Telefax vom 26. Oktober 1993 bestätigt haben will, stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, es seien im Juli 1993 bindende niedrigere Preise vereinbart worden (sog. Preisstand 1.9.1993). Diese Preise bezahlte die Beklagte auch bis zum 17. Februar 1994 für die von der Klägerin durchgeführten Transporte.
Im Verlaufe der Auseinandersetzungen zwischen den Parteien übersandte die Beklagte der Klägerin am 10. Januar 1994 ein Telefax, das u.a. folgenden Wortlaut hat:
„Ihr Einsatz im Fernverkehr erfolgt auf der Basis der getroffenen Preisvereinbarungen Stand 1.10.93, die wir Ihnen nachfolgend noch einmal beifügen.
…
Um Meinungsverschiedenheiten zu einem späteren Zeitpunkt zu vermeiden, bitten wir um definitive Mitteilung, ob Sie diese Preise nunmehr akzeptieren.
Sollten wir bis 14.00 Uhr nichts von Ihnen hören, werten wir dies als Zustimmung. Im Falle der Ablehnung bitten wir um Verständnis, wenn wir Sie aufgrund fehlender Preisvereinbarungen solange nicht mehr einsetzen können, bis eine Einigung herbeigeführt werden konnte.
…”
Die Klägerin lehnte die Preisvorstellung der Beklagten ab und bot ihr – nach vorangegangenem weiteren Schriftwechsel – schließlich mit Telefax vom 15. Februar 1994 an, daß sich beide Parteien bezüglich der ab 1. Januar 1994 geltenden Preise dem Spruch in einem Schiedsverfahren unterwerfen. Die Beklagte ging hierauf nicht ein, sondern forderte die Klägerin mit Telefax vom 16. Februar 1994 „letztmalig” auf, „bis zum 17.2.1994, 12.00 Uhr verbindlich und schriftlich zu erklären, daß die Konditionen, die ab 1.9.1993 angewandt werden, Gültigkeit haben”. Für den Fall der Ablehnung kündigte sie der Klägerin an, daß sie nicht mehr eingesetzt werde. Am 17. Februar 1994 teilte die Beklagte der Klägerin dann telefonisch mit, daß ihr kein Auftrag mehr erteilt werde, was ab dem 18. Februar 1994 auch nicht mehr geschah. Die Beklagte hat den Rahmenvertrag im April 1994 ordentlich zum 31. Dezember 1994 gekündigt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr Schadensersatz wegen Nichterfüllung des in Rede stehenden Rahmenvertrages, weil sie ihre vertraglichen Verpflichtungen seit dem 18. Februar 1994 durch den Entzug sämtlicher Aufträge nicht mehr erfüllt habe. Die Vergütungsvereinbarung in § 4 des Rahmenvertrages sei durch eine neue Preisvereinbarung zwischen den Parteien ersetzt worden, die sie, die Klägerin, mit ihrem Telefax vom 26. Oktober 1993 ordnungsgemäß bestätigt habe; zumindest gelte der in § 4 des Rahmenvertrages zugrunde gelegte Mindesttarif weiter, hilfsweise die übliche Vergütung.
Die Klägerin ist ferner der Ansicht, der Rahmenvertrag habe bis zum 31. Dezember 1994 weiter gegolten. Eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt wirksam ausgesprochen, da es sowohl an der nach § 6 notwendigen zweimaligen Abmahnung als auch an dem Erfordernis einer schriftlichen Kündigungserklärung mit eingeschriebenem Brief fehle.
Die Klägerin hat ihren Nichterfüllungsschaden auf der Grundlage der Gesamttonage des Jahres 1993 berechnet und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.480.694,– DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem nach Grund und Höhe entgegengetreten und hat geltend gemacht, der streitgegenständliche Rahmenvertrag sei mit Aufhebung des Tarifzwangs zum 1. Januar 1994 beendet worden, da die Höhe der Vergütung als wesentliches Vertragselement nicht mehr geregelt gewesen sei; zumindest sei aber die Geschäftsgrundlage für den Rahmenvertrag entfallen. Da die Bemühungen der Parteien um eine Preisanpassung im Februar 1994 endgültig gescheitert seien, sei es ihr nicht mehr zumutbar gewesen, an dem Vertragsverhältnis mit der Klägerin festzuhalten mit der Folge, daß sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen sei. Diese habe sie am 16. Februar 1994 – nach zweimaliger Abmahnung mit Schreiben vom 10. und 26. Januar 1994 – schriftlich und am darauffolgenden Tag nochmals telefonisch erklärt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben (OLG München TranspR 1997, 338).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Nichterfüllung des streitgegenständlichen Rahmenvertrages verneint, weil die Beklagte das Vertragsverhältnis am 17. Februar 1994 wirksam fristlos gekündigt habe. Dazu hat es ausgeführt:
Durch die Aufhebung des Tarifzwangs ab 1. Januar 1994 sei die Geschäftsgrundlage für den in Rede stehenden Rahmenvertrag entfallen. Dies sei beiden Parteien auch bewußt gewesen, da sie bereits im Jahre 1993 Verhandlungen über die künftig geltenden Preise geführt hätten.
Der Wegfall der Geschäftsgrundlage habe aber nicht zur unmittelbaren Beendigung des Rahmenvertrages, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis gehandelt habe, geführt. Bei einem auf Dauer angelegten Vertragsverhältnis sei zu dessen Beendigung im allgemeinen ein Gestaltungsakt in Form einer Kündigung üblich und notwendig; zudem müsse bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich vorrangig die Anpassung des Vertrages an die geänderten Verhältnisse geprüft werden, da eine Vertragsaufhebung nur als ultima ratio in Betracht komme.
Im Streitfall sei eine Vertragsanpassung durch die Parteien nicht erfolgt. Die von der Beklagten behaupteten Preise „Stand September 1993” seien nicht vereinbart worden, da die Klägerin stets bestritten habe, daß diese ab 1. Januar 1994 Gültigkeit hätten haben sollen. Es sei aber auch keine Einigung auf die von der Klägerin mit Telefax vom 26. Oktober 1993 mitgeteilten Preise erzielt worden. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut des genannten Telefaxes. Überdies hätten die in erster Instanz vernommenen Zeugen übereinstimmend ausgesagt, daß es hinsichtlich der ab 1. Januar 1994 geltenden Preise zu keiner konkreten Preisvereinbarung gekommen sei. Es könne schließlich auch nicht festgestellt werden, daß die Parteien sich auf eine verbindliche Festsetzung der Preise durch einen Dritten verständigt hätten.
Eine richterliche Anpassung des Rahmenvertrages an die geänderten Verhältnisse – entsprechend § 315 Abs. 3, § 319 Abs. 1 BGB – könne nicht erfolgen und widerspreche auch der Absicht des Gesetzgebers. Insbesondere würde eine Vertragsanpassung in der Weise, daß § 4 des Rahmenvertrages auch nach Aufhebung des Tarifzwanges Gültigkeit haben sollte, die gesetzgeberische Absicht, den freien Wettbewerb zu ermöglichen, durchkreuzen. Ebensowenig könne das Gericht eine übliche Vergütung festsetzen, da sich Anfang des Jahres 1994 noch kein üblicher Tarif gebildet gehabt habe und die Klägerin zudem keinerlei Kalkulationsgrundlagen vorgelegt habe, anhand deren das Gericht – mit Hilfe eines Sachverständigen – überhaupt eine Tarifberechnung hätte vornehmen können.
Da eine Anpassung des Rahmenvertrages an die geänderten Verhältnisse seitens der Parteien gescheitert sei und eine richterliche Anpassung ausscheide, habe die Beklagte das in Rede stehende Vertragsverhältnis fristlos kündigen können, weil ihr eine weitere Beauftragung der Klägerin mangels Kenntnis der geschuldeten Transportvergütung nicht zumutbar gewesen sei. Es komme hinzu, daß die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien durch die ständigen Streitigkeiten über den neuen Tarif zerstört worden sei. Die Beklagte treffe kein überwiegendes Verschulden am Scheitern einer Vertragsanpassung, so daß sie aus diesem Grunde nicht an einer fristlosen Kündigung gehindert gewesen sei. Diese habe sie auch wirksam erklärt. Die Beklagte habe in ihren an die Klägerin gerichteten Telefaxen vom 10. Januar und 16. Februar 1994 deutlich klargestellt, daß sie der Klägerin die Aufträge entziehen werde, wenn diese sich nicht an die zuletzt gezahlten und den Aufträgen zugrundeliegenden Preise halte. Darin sei eine zweimalige Abmahnung zu sehen. Die fristlose Kündigung sei zwar nicht mit eingeschriebenem Brief erklärt worden. Das stehe ihrer Wirksamkeit jedoch nicht entgegen, weil es sich bei diesem Formerfordernis nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigungserklärung handele.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin für die Zeit vom 18. Februar bis 31. Dezember 1994 dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu, da der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag vom 22. Dezember 1986/21. Januar 1987 nicht bereits durch die fristlose Kündigung der Beklagten im Februar 1994, sondern erst aufgrund ihrer ordentlichen Kündigung im April 1994 zum 31. Dezember 1994 beendet worden ist und die Beklagte sich ab dem 18. Februar 1994 geweigert hat, der Klägerin weiterhin Transportaufträge zu erteilen.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unbeanstandet angenommen, daß die Aufhebung des Tarifzwangs zum 1. Januar 1994 keine unmittelbare Auswirkung auf den Bestand des in Rede stehenden Rahmenvertrages, bei dem es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, gehabt hat.
2. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist aber auch nicht durch die von der Beklagten im Februar 1994 erklärte fristlose Kündigung beendet worden, da es sowohl an der Einhaltung der erforderlichen Form für die Kündigungserklärung als auch an einem Grund für eine außerordentliche Kündigung gefehlt hat.
a) In § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages ist vorgesehen, daß eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen hat, und zwar nach vorangegangener zweimaliger Abmahnung. Damit haben sich die Parteien darauf verständigt, daß eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund der Schriftform i.S. von § 127 Satz 1 BGB bedurfte, die von der Beklagten im Streitfall jedoch nicht eingehalten worden ist. Der Senat hat auf die Möglichkeit einer solchen Beurteilung in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.
Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt (BU 4, 13 f.), daß die Beklagte die Klägerin mit Telefaxschreiben vom 10. Januar und 16. Februar 1994 – wie in § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages vorgesehen – zweimal abgemahnt hat und daß der Klägerin anschließend am 17. Februar 1994 telefonisch erklärt worden ist, ihr würden keine Aufträge mehr erteilt, was ab dem 18. Februar 1994 auch nicht mehr geschehen ist. In der letztgenannten Mitteilung und dem anschließenden Verhalten der Beklagten hat das Berufungsgericht zutreffend die Erklärung der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund erblickt. Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin beigetreten werden, es habe sich bei dem in § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages vereinbarten Formerfordernis nicht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die fristlose Kündigung gehandelt, so daß die Kündigung auch mündlich habe wirksam erklärt werden können.
Bei einer Einschreibebrief-Klausel, wie sie in § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages vorgesehen ist, kommt der gewillkürten Übermittlungsform im Zweifel zwar nur Beweisfunktion zu; ausbedungen ist jedoch zugleich die – konstitutiv wirkende – Schriftform des § 127 Satz 1 BGB (vgl. RGZ 77, 70; BAG, Urt. v. 20.9.1979 – 2 AZR 967/77, AP Nr. 8 zu § 125 BGB; Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 125 Rdn. 12). Zur Einhaltung der rechtsgeschäftlich vereinbarten Schriftform reicht daher regelmäßig wohl eine Telefaxmitteilung aus; dagegen wird die Form nicht – wie im Streitfall – durch ein Ferngespräch oder gar schlüssiges Verhalten gewahrt (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; Palandt/Heinrichs aaO, § 127 Rdn. 2). Gemäß § 125 Satz 2 BGB hat die Nichteinhaltung der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form im Zweifel die Nichtigkeit der Erklärung zur Folge.
b) Darüber hinaus war die Beklagte aber auch nicht berechtigt, das in Rede stehende Vertragsverhältnis fristlos zu kündigen, da es hierfür eines wichtigen Grundes bedurft hätte (vgl. auch § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages), der jedoch fehlte.
aa) Das Berufungsgericht hat ein Recht zur fristlosen Kündigung vor allem daraus hergeleitet, daß mit der Aufhebung des Tarifzwangs ab 1. Januar 1994 die Geschäftsgrundlage für den Rahmenvertrag entfallen und eine Vertragsanpassung an die geänderten Verhältnisse fehlgeschlagen sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
(1) Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluß aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1990 – I ZR 233/88, GRUR 1990, 1005, 1006 – Salome I; BGHZ 131, 209, 214; 133, 281, 293 – Klimbim). Soweit das Berufungsgericht die ständige Rechtsprechung unter Berufung auf die Entscheidung BGHZ 25, 390, 392 verkürzt wiedergegeben hat, hat es unberücksichtigt gelassen, daß es dort auf die vollständige Wiedergabe nicht ankam. Im Streitfall ist aber zu berücksichtigen, daß bloß solche Vorstellungen der Parteien als Geschäftsgrundlage in Betracht kommen, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhoben worden sind.
(2) Danach hat die Aufhebung des Tarifzwangs ab 1. Januar 1994 nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage für den in Rede stehenden Rahmenvertrag geführt. Das Berufungsgericht hat bei seiner gegenteiligen Annahme nicht berücksichtigt, daß die Vertragsparteien in § 4 des Rahmenvertrages hinsichtlich des Entgelts für die von der Klägerin zu erbringenden Speditions- und Transportleistungen eine klare Regelung getroffen haben. Es sollten die jeweiligen gesetzlichen Mindesttarife gelten. Sie waren Gegenstand des rechtsgeschäftlichen Willens der Vertragsschließenden, auch wenn die Preisgestaltung aufgrund der Tarifbindung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Einschränkungen unterlag. Die Parteien haben lediglich von einer genauen Bezifferung der geschuldeten Vergütung abgesehen. Diese war aber auch nicht erforderlich, weil die Höhe ohne weiteres bestimmt werden konnte, solange im gewerblichen Güterkraftverkehr Preisvorschriften galten.
Durch die Aufhebung des Tarifzwangs ist es im Streitfall zudem nicht zu den bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage typischen Störungen des Vertragsverhältnisses gekommen. Die Beklagte benötigte weiterhin Speditions- und Transportleistungen, so daß eine Zweckverfehlung hinsichtlich des von der Klägerin geschuldeten Vertragsgegenstandes nicht gegeben war. Eine Äquivalenzstörung (vgl. dazu BGH GRUR 1990, 1005, 1007 – Salome I) schied ebenfalls aus, weil ein aktueller Mindesttarif, auf den § 4 des Rahmenvertrages Bezug nimmt, seit dem 1. Januar 1994 nicht mehr existierte. Es ist vielmehr nachträglich eine Lücke in den vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien entstanden, die unter Fortgeltung des Vertrages nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung hätte geschlossen werden können, was das Berufungsgericht verkannt hat. Hierfür spricht auch die Bestimmung des § 32 Abs. 1 D-Markbilanzgesetz 1990 (DMBilG). Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger durch Erklärung gegenüber dem zur Zahlung Verpflichteten den Preis bestimmen, wenn Verträge, die erst nach dem 30. Juni 1990 zu erfüllen sind, auf Preise verweisen, die bisher nach staatlichen Preisvorschriften festgesetzt wurden, fortan aber einer Preisbindung nicht mehr unterliegen, sofern eine Preisfestsetzung bis zum 30. Juni 1990 nicht stattgefunden hat. Aus dieser Regelung ergibt sich, daß der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgegangen ist, daß die Aufhebung von Preisvorschriften bei längerfristigen Verpflichtungsgeschäften, die keine konkrete Preisvereinbarung ausweisen, zu einer formalen Vertragslücke und nicht zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führt (vgl. auch BGHZ 122, 32, 38).
bb) Ein Recht zur fristlosen Kündigung des Rahmenvertrages ergab sich auch nicht daraus, daß eine Schließung der durch die Aufhebung des Tarifzwangs entstandenen Lücke in den vertraglichen Regelungen der Parteien von vornherein nicht möglich war. Die vom Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Vertragsanpassung getroffenen Feststellungen stehen dem nicht entgegen. Einer Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung stand insbesondere nicht entgegen, daß es Anfang 1994 noch keine übliche Vergütung (vgl. § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB) gegeben hat. Der als üblich anerkannte Preis muß zwar grundsätzlich in den beteiligten Verkehrskreisen eine allgemeine Verkehrsgeltung erlangt haben (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1969 – VII ZR 108/67, NJW 1970, 699, 700; Palandt/Sprau aaO, § 632 Rdn. 8). Bei fehlender Verkehrsgeltung bestimmter Preise kann die Vertragslücke im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung jedoch u.a. durch einen Rückgriff auf die „Angemessenheit” der Vergütung geschlossen werden (vgl. BGHZ 94, 98, 101, 103 f. m.w.N. zur Maklervergütung). Bei der Festsetzung des angemessenen Entgelts kommt es auf in der Branche anzutreffende, marktgerechte Preise, nicht hingegen auf denjenigen Preis an, der dem Speditions- und Transportunternehmen unter Berücksichtigung seiner konkreten betriebswirtschaftlichen Situation ein rentables Wirtschaften ermöglicht. Im Streitfall hätte es daher nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, der Vorlage von Kalkulationsunterlagen der Klägerin bedurft, sondern einer Marktübersicht, zu der die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen hat. Schließlich hätte die Möglichkeit bestanden, das für die Transportleistungen der Klägerin geschuldete Entgelt gemäß §§ 315, 316 BGB gerichtlich bestimmen zu lassen, wie es der Gesetzgeber auch in § 32 Abs. 1 DMBilG vorgesehen hat.
cc) Ein hinreichender Grund zur fristlosen Kündigung des Rahmenvertrages ergab sich auch nicht aus der vom Berufungsgericht angestellten weiteren Erwägung, die Vertrauensgrundlage zwischen den Vertragspartnern sei durch die ständigen Streitereien über den neuen Tarif zerstört worden.
Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigungsmöglichkeit nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.5.1991 – I ZR 184/89, GRUR 1992, 112, 114 – pulp-wash; Urt. v. 14.12.1995 – III ZR 5/95, BGHR BGB § 242 – Kündigung, wichtiger Grund Nr. 11). Ob ein bestimmtes Verhalten als wichtiger Grund für eine Kündigung zu werten ist, ist in erster Linie eine tatrichterliche Frage. Aufgabe des Revisionsgerichts ist es zu überprüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt und insbesondere wesentliche Tatsachen außer acht gelassen oder nicht vollständig gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1992, 112, 114 – pulp-wash). Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.
Das Berufungsgericht hat die Ursache für die Zerstörung der Vertrauensgrundlage und die Unsicherheit hinsichtlich der Preisgestaltung in dem Telefax der Klägerin vom 26. Oktober 1993 erblickt, weil die Klägerin sich darin gegenüber der Beklagten auf eine maßgebliche Einigung über die künftigen Preise berufen habe, obwohl diese bei den vorausgegangenen Gesprächen tatsächlich nicht erzielt worden sei. Die ungerechtfertigte Forderung der Klägerin nach höheren Preisen, so hat das Berufungsgericht gemeint, sei der eigentliche Anlaß für die fehlgeschlagene Vertragsanpassung gewesen. Die Beklagte treffe hieran nicht das überwiegende Verschulden.
Dies reicht nicht aus für die Annahme, die Klägerin habe schuldhaft die Neufestsetzung der Vergütung ab dem 1. Januar 1994 verhindert und damit die Vertrauensgrundlage zerstört, so daß die Beklagte berechtigt gewesen sei, das Vertragsverhältnis durch fristlose Kündigung sofort zu beenden. Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht wesentliches Vorbringen und maßgebliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat.
Die Parteien haben in § 6 Abs. 4 des Rahmenvertrages vereinbart, daß eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund insbesondere möglich sein sollte bei Vorliegen von grober Fahrlässigkeit oder groben Pflichtverletzungen des anderen Vertragsteils. Die fristlose Kündigung erforderte mithin eine schwerwiegende Vertragsverletzung durch einen der Vertragspartner. Diese kann in dem vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Verhalten der Klägerin nicht erblickt werden.
Das Berufungsgericht hätte zunächst stärker berücksichtigen müssen, daß der eigentliche Grund für die unsichere Vertragslage in der Aufhebung der gesetzlichen Mindesttarife lag und daher weder in die Sphäre der Klägerin noch der Beklagten fiel. Die Gründe, auf die eine außerordentliche Kündigung gestützt werden kann, müssen aber im allgemeinen in der Sphäre des Kündigungsgegners liegen (vgl. BGHZ 133, 316, 320 f. – Altunterwerfung I, m.w.N.).
Die Klägerin wußte bei einer weiteren Beauftragung ebensowenig wie die Beklagte, zu welchen Preisen ihre Transportleistungen letztlich abgerechnet werden würden. Ungeachtet der für beide Seiten gegebenen Unsicherheit, hätten als Anhaltspunke für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung indes der bisherige Mindesttarif, die während der Verhandlungen von den Parteien geäußerten Preisvorstellungen sowie die Angebote konkurrierender Spediteure und Frachtführer herangezogen werden können. Die Beklagte brauchte nicht ernsthaft zu befürchten, eine höhere als die übliche oder angemessene Vergütung zahlen zu müssen, da ein durch gerichtliches Urteil bestimmter Preis grundsätzlich nicht darüber hinausgegangen wäre. Denn eine Vergütung, die allein oder überwiegend die Belange des Transportunternehmens zur Grundlage hat, entspricht in aller Regel nicht billigem Ermessen. Unangemessene finanzielle Härten brauchte die Beklagte daher nicht zu befürchten, wenn sie die Transportleistungen zunächst bis zur endgültigen Klärung nach den von der Klägerin im Telefaxschreiben vom 26. Oktober 1993 genannten Preisen, die unstreitig noch unter dem seinerzeit gültigen Mindesttarif lagen, abrechnete. Im übrigen hat die Klägerin der Beklagten mit Telefaxschreiben vom 15. Februar 1994 vorgeschlagen, daß sich beide Parteien bezüglich der ab 1. Januar 1994 geltenden Preise dem Spruch in einem Schiedsverfahren unterwerfen. Sie hat damit zu erkennen gegeben, daß sie nicht unbedingt mehr an den im Telefaxschreiben vom 26. Oktober 1993 genannten Vergütungssätzen festhalten wollte.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht das Angebot der Klägerin, ein Schiedsverfahren durchzuführen, nicht umfassend gewürdigt. Soweit es die Zumutbarkeit einer Vertragsfortsetzung deshalb verneint hat, weil der Vorschlag erst sechs Wochen nach dem Ablauf der Preisbindung geäußert worden sei, hat es nicht genügend beachtet, daß die Klägerin dem Spruch des Schiedsgutachters rückwirkende Geltung zum 1. Januar 1994 beimessen wollte. Auch die weitere Argumentation des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine Verlängerung des unsicheren Rechtszustandes bis zum Abschluß eines Schiedsverfahrens nicht zuzumuten gewesen, bleibt unvollständig. Denn es darf nicht übersehen werden, daß sich die Klägerin im Telefax vom 15. Februar 1994 bereit erklärte, die Transporte bis zum Abschluß des Schiedsverfahrens zunächst zu den von der Beklagten anerkannten Preisen durchzuführen; der Differenzbetrag zu der nach Auffassung der Klägerin geschuldeten Vergütung sollte auf einem Treuhandkonto hinterlegt werden. Bei dieser Sachlage waren die Nachteile des für einen längeren Zeitraum unsicheren Rechtszustandes für die Klägerin zumindest nicht geringer, da sie das Risiko auf sich nahm, die Transporte bis zum Abschluß eines Schiedsverfahrens zu einem nicht marktgerechten und damit überhöhten Preis durchzuführen.
Die Revision rügt auch mit Recht, daß das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin in dem genannten Telefax geforderten Preise ungerechtfertigt hoch waren.
Überdies ist zu berücksichtigen, daß eine von den Parteien im Juli 1993 getroffene Preisabsprache (der sog. Preisstand September 1993) unterhalb des damaligen Mindesttarifs lag. Eine derartige Preisvereinbarung war nach der seinerzeitigen Gesetzeslage unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1995 – I ZR 118/94, TranspR 1996, 66 = VersR 1996, 259, betreffend den Güterfernverkehr; Urt. v. 5.6.1997 – I ZR 27/95, TranspR 1997, 420 = VersR 1998, 210, betreffend den Güternahverkehr). Geschuldet wurde der gesetzlich vorgeschriebene Tarif. Wenn die Beklagte seinerzeit gleichwohl auf dem im Juli 1993 vereinbarten untertariflichen Entgelt beharrte, so kann das – anders als es das Berufungsgericht gesehen hat – nicht als Ausdruck von Vertragstreue gewertet werden.
Die andauernde Unsicherheit über die maßgeblichen Preise, auf die das Berufungsgericht maßgeblich abgehoben hat, stellt ebenfalls keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Dem steht entgegen, daß der Rahmenvertrag Anfang 1994 bereits mehr als sieben Jahre Bestand hatte und daß beide Vertragspartner einen nicht unerheblichen Teil ihres Gesamtbedarfs (an Transportleistungen bzw. – aufträgen) bei der jeweils anderen Seite gedeckt haben. Zudem hatte die Beklagte nach § 6 Abs. 2 des Rahmenvertrages die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis zum 31. Dezember 1994 durch ordentliche Kündigung zu beenden; es war ihr unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der langen Vertragsdauer, zuzumuten, bis zu diesem Zeitpunkt am Rahmenvertrag festzuhalten, da sie – wie oben dargelegt – nicht zu befürchten brauchte, eine höhere als die übliche oder angemessene Vergütung zahlen zu müssen.
Aus alledem ergibt sich, daß die Beklagte nicht berechtigt war, das Vertragsverhältnis mit Wirkung vom 18. Februar 1994 fristlos zu kündigen und der Klägerin anschließend keine Aufträge mehr zu erteilen.
3. Da es für die von der Beklagten erklärte fristlose Kündigung an einem ausreichenden Kündigungsgrund fehlte, trat die Gestaltungswirkung der Kündigung nicht ein. Der in Rede stehende Rahmenvertrag hatte weiterhin Bestand. Er ist erst durch die von der Beklagten im April 1994 erklärte ordentliche Kündigung mit Ablauf des 31. Dezember 1994 beendet worden. Dementsprechend hatte die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt aus dem fortbestehenden Vertragsverhältnis – insbesondere aus § 1 des Rahmenvertrages – noch Anspruch auf Erteilung von Speditions- und Transportaufträgen. Die Beklagte hat sich jedoch unstreitig geweigert, der Klägerin ab dem 18. Februar 1994 weitere Aufträge zu erteilen. Sie hat dadurch ihre Vertragspflichten gegenüber der Klägerin verletzt.
Auch bei der Verletzung eines Rahmenvertrages kommen grundsätzlich Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.1967 – VIII ZR 175/65, LM § 157 (B) Nr. 7, Bl. 2 f.; Urt. v. 30.4.1992 – VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978). Es ist zudem anerkannt, daß die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs bei Dauerschuldverhältnissen dann gegeben sind, wenn eine Kündigung schuldhaft ohne Grund erfolgt (vgl. BGHZ 89, 296 ff. zur Kündigung eines Mietverhältnisses; BGH, Urt. v. 14.1.1988 – IX ZR 265/86, NJW 1988, 1268, 1269 zur Kündigung eines Pachtvertrages). So liegt es auch hier.
Das Verschulden der Beklagten ergibt sich im Streitfall schon daraus, daß die fristlose Kündigung unberechtigt war. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe sich für berechtigt gehalten, das Vertragsverhältnis durch eine fristlose Kündigung sofort beenden zu können. Sie befand sich hierbei in einem Rechtsirrtum. Das Risiko, die Rechtslage unzutreffend zu beurteilen, trägt grundsätzlich der Schuldner (vgl. BGHZ 89, 296, 303). Der Vorwurf einer fahrlässig begangenen positiven Vertragsverletzung würde nur dann entfallen, wenn die Beklagte unverschuldet zu der irrtümlichen Beurteilung des Kündigungsrechts gelangt wäre. Bei der Beurteilung dieser Frage sind strenge Maßstäbe anzulegen (BGHZ 89, 296, 303; BGH, Urt. v. 14.6.1994 – XI ZR 210/93, NJW 1994, 2754, 2755). Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage, in der sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat und die insbesondere nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt ist, geht das Sorgfaltserfordernis zwar nicht so weit, daß aus der Sicht des rechtsirrig Handelnden die Möglichkeit einer für ihn ungünstigen gerichtlichen Klärung undenkbar gewesen sein müßte. Durch strenge Anforderungen an seine Sorgfalt muß indessen verhindert werden, daß er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muß (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1999 – I ZR 199/96, GRUR 1999, 923, 928 = WRP 1999, 831 – Tele-Info-CD, m.w.N.). Im Streitfall durfte die Beklagte angesichts der Unsicherheit der durch den Wegfall des Tarifzwangs eingetretenen Rechtslage und der in tatsächlicher Hinsicht am Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Kündigung bestehenden Zweifel nicht darauf vertrauen, daß ihre Einschätzung die richtige war.
4. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung erweist sich das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO). Die Revisionserwiderung meint, der Streitfall sei nur nach § 615 BGB, dessen Voraussetzungen die Klägerin nicht einmal vorgetragen habe, zu beurteilen. Dem kann nicht beigetreten werden. Selbst wenn die Vorschriften über den Dienstvertrag – woran Zweifel bestehen – grundsätzlich zur Anwendung kämen, würde dies der Beklagten nicht weiterhelfen.
Bei dem streitgegenständlichen Vertrag handelt es sich um einen auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichteten Rahmenvertrag. Aus der Rechtsnatur dieses Vertrages folgt, daß zwar mangels Bestimmtheit der Einzelverträge nicht auf Abschluß eines konkreten Transportvertrages geklagt werden kann. Gleichwohl vermag das Nichtabschließen von Einzelverträgen jedenfalls dann Schadensersatzansprüche aus dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung auszulösen, wenn der vom Vertrag Abstandnehmende den Abschluß von Einzelverträgen ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, Urt. v. 30.4.1992 – VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978; Staudinger/Bork, BGB, 13. Bearbeitung, vor § 145 Rdn. 54; Henrich, Vorvertrag, Optionsvertrag und Vorrechtsvertrag, 1965, S. 195 f.). An die Ernsthaftigkeit der Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie ist in der Regel nur dann gegeben, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, daß er seinen Vertragspflichten nicht nachkommen werde (BGHZ 104, 6, 13; BGH, Urt. v. 12.1.1993 – X ZR 63/91, NJW-RR 1993, 882, 883). So liegt es hier.
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Kündigung getroffenen Feststellungen vermag der Senat die Frage der Erfüllungsverweigerung, zu der sich das Berufungsgericht nicht geäußert hat, abschließend zu beantworten. Die Beklagte hat mit Telefaxschreiben vom 10. Januar und 16. Februar 1994 sowie dem Telefonat vom 17. Februar 1994 in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß sie zu einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht bereit war. Entsprechend hat sie sich auch ab 18. Februar 1994 verhalten. Eines ausdrücklichen Leistungsangebots seitens der Klägerin bedurfte es unter diesen Umständen nicht mehr.
III. Nach alledem ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt. Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang nicht getroffen. Insoweit bedarf es einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung.
Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, RiBGH Prof. Dr. Mees ist infolge Ausscheidens an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 03.11.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556168 |
NJW-RR 2000, 1560 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 1198 |
MDR 2000, 1083 |
VRS 2000, 5 |
VersR 2000, 913 |