Leitsatz (amtlich)
a) Bei der in § 1 Abs. 1 Satz 2 des Zinsanpassungsgesetzes vom 24. Juni 1991 (BGBl. I S. 1314 ff.) vorgesehenen Frist zur Ausübung des Zinsanpassungsrechts handelt es sich um eine Ausschlußfrist. Das gilt auch für Zinsanpassungen für die Zukunft.
b) Auch die inhaltsgleichen Anpassungsrechte im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 der von der DDR-Änderungsverordnung vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR I S. 509, 512) konnten nur innerhalb der gesetzlichen Ausschlußfrist wirksam ausgeübt werden.
Normenkette
Zinsanpassungsgesetz § 1; DDR:Änderungsverordnung § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 306/95) |
KG Berlin (Aktenzeichen 24 U 4921/96) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 14. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 2. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts im Zinsausspruch verurteilt, auf den Betrag von 2.430.497,80 DM an die Klägerin folgende Zinsen zu zahlen:
- 6,75% Zinsen vom 24. Juni 1995 bis 6. August 1995,
- 6,50% Zinsen vom 7. August 1995 bis 30. Januar 1996,
- 6,25% Zinsen vom 31. Januar 1996 bis 14. April 1996,
- 5,75% Zinsen vom 15. April 1996 bis 30. Oktober 1996,
- 5% Zinsen vom 31. Oktober 1996 bis 29. Januar 1997,
- 4% Zinsen vom 30. Januar 1997 bis 17. April 1997,
- 4,60% Zinsen vom 18. April 1997 bis 11. März 1998,
- 4,30% Zinsen vom 12. März 1998 bis 27. August 1998 und 4% Zinsen seit 28. August 1998.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Zinsanpassungen bei DDR-Altkrediten. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Treuhandanstalt, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, verwaltete das Vermögen in der damaligen DDR belegener und nach deren Vorschriften unter staatlicher Verwaltung stehender Unternehmen: Papierfabrik P., K. GmbH und Ka. AG.
Aufgrund des Kaufvertrags vom 17. August 1992 erwarb die Treuhandanstalt am 15. September 1992 alle Geschäftsanteile der K. GmbH. Später wurden an sie auch sämtliche Aktien der Ka. AG verkauft und im Dezember 1993 übertragen. In der Folgezeit wurden für die K. GmbH die DM-Liquidations-Eröffnungsbilanz und für die Ka. AG die DM-Eröffnungsbilanz festgestellt. Die Papierfabrik P. mußte keine DM-Eröffnungsbilanz erstellen.
In den Jahren 1955 bis 1968 hatten Banken der damaligen DDR den vorgenannten Unternehmen verschiedene durch Hypotheken gesicherte Kredite zu einem festen Zinssatz von jeweils 4,75% p.a. eingeräumt. Im Wege der Rechtsnachfolge ist die Beklagte an die Stelle der kreditgebenden Banken getreten.
Im Zuge der Anpassung der in der damaligen DDR geschlossenen Kreditverträge an Prinzipien eines freien Geld- und Kapitalmarktes wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 10. September 1991 an die Treuhandanstalt, gab den gesamten Altkreditbestand am 30. Juni 1991 mit 3.116.000.000 DM an und verlangte für diesen Betrag zukünftig eine Verzinsung in Höhe von 10,4% p.a. Ab 17. Januar 1992 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Treuhandanstalt in monatlichen Berichten einen jeweils aktualisierten Zinssatz für die Kredite der von ihr verwalteten Unternehmen mit, „bei denen die DM-Eröffnungsbilanz noch nicht festgestellt ist”. Als die Treuhandanstalt Interesse an einer Ablösung der gegen die vorgenannten Betriebe gerichteten Darlehensrestforderungen zeigte, nannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten bestimmte Beträge unter Berücksichtigung der seit 1. Juli 1990 marktüblichen Zinsen. Die Treuhandanstalt erkannte die Zinsanhebungen nicht an, zahlte am 30. April 1994 aber den geforderten Gesamtbetrag, nachdem sie sich mit Schreiben vom 14. April 1994 eine Rückforderung der streitigen Zinsdifferenz von 2.430.497,80 DM ausdrücklich vorbehalten hatte.
Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung von 2.430.497,80 DM zuzüglich Prozeßzinsen in Anspruch. Seit dem Berufungsverfahren macht die Klägerin einen Verzugsschaden in Höhe von 4% bis 6,75% p.a. geltend und beruft sich insoweit darauf, daß sie seit dem 1. Januar 1995 in den Bundeshaushalt eingebunden sei und die Bundesrepublik Deutschland ab Rechtshängigkeit der Klage Kredite zu Zinsen zwischen 6,75% bis 4% aufgenommen habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht sie unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen und der Anschlußberufung der Klägerin nur zur Zahlung von 2.010.450,51 DM nebst 4% Prozeßzinsen verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt zudem ihren abgewiesenen Zinsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet.
I.
Das Kammergericht hat die Erklärungen der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zum Teil für wirksame einseitige Zinsanhebungen gehalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Allerdings sei es nicht aufgrund von § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 der von der DDR-Regierung erlassenen Verordnung über die Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR I, S. 509, 512, nachfolgend: Änderungsverordnung) zu einer Abänderung der streitgegenständlichen Zinsvereinbarungen gekommen. Diese Regelungen seien nämlich durch das Gesetz über die Anpassung von Kreditverträgen an Marktbedingungen sowie über Ausgleichsleistungen an Kreditnehmer vom 24. Juni 1991 (BGBl. I S. 1314 ff., nachfolgend: Zinsanpassungsgesetz) ersetzt worden. Die als Zinsanpassungsbegehren in Betracht kommenden Erklärungen seien der Treuhandanstalt zwar nicht, wie in § 1 Abs. 1 Satz 2 Zinsanpassungsgesetz vorgesehen, bis zum 30. September 1991 zugegangen. Im Hinblick hierauf sei jedoch nicht das Zinsanpassungsrecht im Ganzen, sondern nur die nach dem Gesetz vorgesehene Möglichkeit entfallen, den vertraglich festgelegten Zinssatz durch einseitige Erklärung mit Rückwirkung zum 3. Oktober 1990 marktüblichen Konditionen anzupassen.
Daß die Zinsanpassungserklärungen grundsätzlich an die Geschäftsleitung der betroffenen Unternehmen hätten gerichtet werden müssen, stelle ebenfalls kein Wirksamkeitshindernis dar. Denn abgesehen davon, daß die Treuhandanstalt mit dem am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen § 11 b Abs. 2 Satz 2 VermG die gesetzliche Vertreterin der bis dahin staatlich verwalteten Betriebe geworden sei, sei sie aufgrund des Erwerbs aller Geschäftsanteile der K. GmbH in bezug auf diese Gesellschaft schon zu einem früheren Zeitpunkt die zuständige Erklärungsempfängerin gewesen.
Die seit dem 17. Januar 1992 der Treuhandanstalt gegenüber gemachten monatlichen Angaben über die damals marktüblichen Zinsen ließen schließlich auch den Willen zur Vornahme einer einseitigen Zinsanpassung deutlich genug erkennen. Da diese Willenserklärungen aber ausdrücklich nur für die Unternehmen bestimmt gewesen seien, bei denen noch keine DM-Eröffnungsbilanz festgestellt worden sei, und für die Papierfabrik P. keine entsprechende Bilanzierungspflicht bestanden habe, sei sie von den Zinsanpassungen nicht betroffen. Dagegen hätten die K. GmbH ab 1. Oktober 1992 und die Ka. AG ab 1. Februar 1993 die allgemein üblichen Zinsen bezahlen müssen.
Die Klägerin könne von der Beklagten ab Rechtshängigkeit der Klage auch keine über 4% p.a. hinausgehenden Zinsen verlangen. Denn da die Klägerin für ihren eigenen Finanzbedarf keine Kredite aufnehmen müsse, sondern die notwendigen Gelder aus dem Bundeshaushalt erhalte, habe allenfalls die Bundesrepublik Deutschland durch den Zahlungsverzug der Beklagten einen den gesetzlichen Zinssatz übersteigenden Schaden erlitten. Eine Schadensliquidation im Drittinteresse komme nicht in Betracht, weil es jedenfalls an einer zufälligen Schadensverlagerung fehle.
II.
Diese Rechtsausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB) in der geltend gemachten Höhe zu.
Aus den Regelungen des § 1 Abs. 1 Zinsanpassungsgesetz ergab sich für die Rechtsnachfolger der Banken der damaligen DDR nur das Recht, die nicht marktkonformen Zinsvereinbarungen bis zum Stichtag des 30. September 1991 gegen den Willen des Vertragsgegners allgemein üblichen Konditionen anzupassen. Da die Ausschlußfrist nach ihrer Zielsetzung auch die Anpassungsrechte im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Änderungsverordnung erfaßt, entfalten die erst später abgegebenen Erklärungen der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten keine rechtlichen Wirkungen.
a) Dem Kammergericht kann nicht gefolgt werden, soweit es der Auffassung ist, das in § 1 Abs. 1 Zinsanpassungsgesetz normierte Gestaltungsrecht habe auch noch nach dem 30. September 1991 mit einer bloßen ex nunc-Wirkung gegenüber dem einzelnen Kreditschuldner wirksam ausgeübt werden können.
Für die Zeit nach Inkrafttreten des Zinsanpassungsgesetzes konnte der Zinssatz für Kredite, die von den Kreditinstituten der damaligen DDR bis zum 30. Juni 1990 gewährt worden waren, durch einseitige Erklärung gegenüber dem Schuldner mit Rückwirkung auf den 3. Oktober 1990 dem Marktzinssatz angepaßt werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Zinsanpassungsgesetz bestand diese Möglichkeit jedoch ausdrücklich nur unter der Voraussetzung, daß „die Anpassung nicht bereits aufgrund von Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik zulässig war oder ist”. Da nach Satz 2 die Zinsanpassungserklärung des Kreditgebers dem Vertragspartner bis zum 30. September 1991 gemäß § 130 BGB zugegangen sein mußte, unterlag das Gestaltungsrecht auch einer zeitlichen Beschränkung.
Diese Frist ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut als Ausschlußfrist konzipiert. Zwar mag es dem Gesetzgeber hierbei auch um einen Ausgleich dafür gegangen sein, daß der Zinssatz für einen zurückliegenden Zeitraum erhöht werden konnte und damit zu Lasten der betroffenen Kreditnehmer in Tatbestände eingegriffen wurde, die in der Vergangenheit lagen. Diese unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstandende Ausgestaltung des Anpassungsrechts (siehe dazu BVerfGE 88, 384 ff.) war aber für die Festlegung der Ausschlußfrist nicht maßgebend. Vielmehr hat der Gesetzgeber (BT-Drucks. 12/581, S. 19; vgl. auch Schubert WM 1992, 45, 47) diesen Weg in erster Linie aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gewählt. Er hat damit zugleich die Interessen der Schuldner in einer Weise berücksichtigt, die zwar für den Gläubiger im Falle der Fristversäumung eine gewisse Härte mit sich bringen kann, aber letztlich für keinen der jeweils Beteiligten als unzumutbar anzusehen ist. Nichts spricht daher dafür, daß eine – wenn auch lediglich für die Zukunft wirkende – einseitige Zinsanpassung entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut noch nach dem Stichtag des 30. September 1991 zulässig sein sollte.
b) Anders als vom Kammergericht angenommen, haben zwar die Anpassungsrechte im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Änderungsverordnung ihre Gültigkeit mit Inkrafttreten des Zinsanpassungsgesetzes nicht verloren. Nach dem Normzweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 Zinsanpassungsgesetz und der Interessenlage konnten aber auch die nach der Änderungsverordnung begründeten Gestaltungsrechte nur bis zum 30. September 1991 gegenüber dem Vertragspartner wirksam ausgeübt werden.
aa) Verbunden mit der Schaffung eines freien Geld- und Kapitalmarktes auf dem Gebiet der neuen Bundesländer enthielt der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR am 18. Mai 1990 geschlossene Staatsvertrag (Kapitel II, Art. 10 Abs. 4) den Auftrag an die DDR, die Voraussetzungen für eine nicht reglementierte Zinsbildung an den Finanzmärkten zu schaffen (Schubert aaO S. 45). Nach Anlage III, Abschnitt I, Nr. 4 zum Staatsvertrag hatte die DDR dem Kreditgeber das Recht einzuräumen, durch einseitige Erklärung gegenüber dem Schuldner den Zinssatz für Kredite in marktüblicher Höhe festzusetzen. Die Umsetzung dieser Vereinbarung erfolgte durch das Gesetz über die Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der DDR zum 28. Juni 1990 (GBl. DDR I, S. 483 ff.). In Ergänzung dazu wurde am selben Tage die Änderungsverordnung mit dem in § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 enthaltenen Recht zur Zinsanpassung durch einseitige Erklärung erlassen.
Wenngleich die Regierung der DDR mit diesen Maßnahmen ihre Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag im wesentlichen erfüllt hatte, war die Zinsreglementierung für einige Kredite nicht beseitigt. Bei Erlaß des Zinsanpassungsgesetzes konnte der Gesetzgeber nicht klar erkennen, um welche Kreditverträge es sich hierbei im einzelnen handelte. Er hat deshalb die einer freien Zinsbildung entgegenstehenden Verordnungen der damaligen DDR aufgehoben und flankierend zu den lückenhaften und auch aus Gründen der Rechtssicherheit ergänzungsbedürftigen Regelungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Änderungsverordnung ein weiteres Anpassungsrecht geschaffen.
bb) Indes ist die Funktion des Zinsanpassungsgesetzes nicht auf eine Ergänzung der Änderungsverordnung beschränkt, vielmehr sollten auch deren Anpassungsrechte der Ausschlußfrist des § 1 Abs. 1 Satz 2 Zinsanpassungsgesetz unterliegen.
Zwar enthalten weder der Gesetzeswortlaut noch die Materialien einen konkreten Hinweis darauf, daß auch die Gestaltungsrechte der Änderungsverordnung nach dem 30. September 1991 ihre Gültigkeit verlieren sollten. Es wäre aber nicht nur mit der Zielsetzung der Ausschlußfrist, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, unvereinbar, wenn die Kreditnehmer weiterhin mit einer einseitigen Vertragsänderung hätten rechnen müssen und darüber hinaus mit der Ungewißheit über Umfang und Tragweite der in § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Änderungsverordnung vorgesehenen Anpassungsrechte belastet worden wären. Vielmehr stünde eine unterschiedliche Geltungsdauer der Gestaltungsrechte auch im krassen Widerspruch dazu, daß der Gesetzgeber mit Hilfe des Zinsanpassungsgesetzes „gleiche Rechtsverhältnisse für alle bis zum 30. Juni 1990 in der damaligen DDR abgeschlossenen Kreditverträge” schaffen wollte (BT-Drucks. 12/581, S. 19). Die Interessenabwägung, die der Ausschlußfrist zugrunde liegt, trifft in vollem Umfang auch für die Anpassungsrechte der Änderungsverordnung zu; den schon längere Zeit über ein Anpassungsrecht verfügenden Gläubigern war eine zeitliche Beschränkung ihrer Rechte sogar eher zuzumuten als denen, die erst durch das Zinsanpassungsgesetz die Möglichkeit einer einseitigen Abänderung der nicht marktkonformen Zinsbedingungen erhielten.
Zwar ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Naumburg ZIP 1996, 931, 933 und ZIP 1996, 1271, 1275) die Auffassung vertreten worden, die Banken könnten die Kreditkonditionen durch einseitige Willenserklärung den sich laufend ändernden Refinanzierungskosten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Änderungsverordnung mehrfach anpassen. Hierbei ist aber unberücksichtigt geblieben, daß sich der Gesetzgeber für die Ausschlußfrist entschieden und den Gläubigern in § 1 Abs. 2 Zinsanpassungsgesetz auch die Möglichkeit gegeben hat, fest verzinsliche Kredite nachträglich in solche mit variabler Verzinsung oder zeitlich befristeter Zinsbindung umzuwandeln (BT-Drucks. 12/221, S. 16; Lellek DtZ 1991, 368, 369).
c) Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten haben es versäumt, vor Ablauf der Ausschlußfrist am 30. September 1991 ein wirksames Zinsanpassungsbegehren zu stellen. Das Schreiben vom 10. September 1991 erfüllt nach seinem Inhalt nicht die an die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu stellenden strengen Anforderungen.
Da durch die einseitige Anpassung der Zinsen oder Zins- und Tilgungsmodalitäten an die marktüblichen Konditionen unmittelbar in die Rechtsstellung des Vertragsgegners eingegriffen wird, ist zu verlangen, daß sich die beabsichtigte Rechtsänderung klar und unzweideutig aus der Willenserklärung des Rechtsinhabers ergibt. Es genügte daher nicht, daß die Treuhandanstalt lediglich über den gesamten Altkreditbestand von 3.116.000.000 DM der von ihr verwalteten Unternehmen informiert und in diesem Zusammenhang eine Verzinsung des angegebenen Betrages in Höhe von 10,4% p.a. verlangt wurde. Daß die Treuhandanstalt als sorgfältige Erklärungsempfängerin aus diesen allgemeinen Angaben auf ein sich auf die vorliegenden Darlehensverträge beziehendes Zinsanpassungsbegehren schließen mußte, wird auch von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von der Beklagten nach §§ 284, 286 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in Höhe von 6,75% bis 4% p.a. ab Rechtshängigkeit der Klage verlangen.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein über 4% hinausgehender Anspruch der Bundesrepublik Deutschland auf Verzugszinsen nicht notwendigerweise voraus, daß sie gerade wegen der geschuldeten Forderung einen entsprechenden Kredit aufgenommen hat oder bei pünktlichem Eingang der Zahlung diese unmittelbar zur Rückführung bestehender Kredite verwendet hätte. Vielmehr genügt es, daß sich die Verzögerung von Zahlungseingängen im Haushalt niederschlägt und zu einem laufenden, der jeweiligen Lage am Kapitalmarkt entsprechenden Zinsaufwand führt (siehe Urteile vom 17. April 1978 – II ZR 77/77, WM 1978, 616, 617 und vom 18. Oktober 1988 – VI ZR 223/87, NJW-RR 1989, 670, 672). Gemessen an diesen Grundsätzen steht der Annahme eines Verzugsschadens der Klägerin im geltend gemachten Umfang kein Hinderungsgrund entgegen.
Allerdings geht das Kammergericht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, daß sich die Klägerin im Hinblick auf die fortlaufenden finanziellen Zuwendungen aus dem Haushalt der Bundesrepublik Deutschland im Ergebnis nicht schlechter steht, als es bei einer Erfüllung des Bereicherungsanspruchs vor Klageerhebung der Fall sein würde. Dieser Umstand weist aber deutliche Parallelen zum Verhältnis eines Unterhaltsverpflichteten zum Unterhaltsberechtigten im Sinne der §§ 843 Abs. 4, 844 Abs. 2 Satz 1, 618 Abs. 3 BGB, § 9 Abs. 2 ProdHaftG, § 8 Abs. 2 HaftPflG, § 14 Abs. 2 UmweltHG und § 13 Abs. 2 StVG auf. Nach diesen Vorschriften wird der Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen bzw. gemindert, daß ein anderer dem Verletzten kraft Gesetzes Unterhalt zu gewähren hat. Da dieser Entscheidung des Gesetzgebers ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip des versagten Vorteilsausgleichs zugrunde liegt (vgl. etwa Büdenbender JZ 1995, 920, 921 m.w.Nachw.) und damit die Eingliederung der Klägerin in den Bundeshaushalt wertungsmäßig ohne weiteres zu vergleichen ist, ist ihr Schadensersatzbegehren gerechtfertigt, ohne daß es eines Rückgriffs auf die Regeln über die Drittschadensliquidation bedarf.
III.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Unterschriften
Nobbe, Dr. Schramm, Dr. van Gelder, Dr. Müller, Dr. Joeres
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 04.04.2000 durch Bartholomäus, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539501 |
BGHZ |
BGHZ, 151 |
NJW 2000, 3062 |
EWiR 2000, 1035 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 1536 |
ZAP-Ost 2000, 496 |
ZIP 2000, 1333 |
NJ 2001, 201 |
ZBB 2000, 270 |
ZBB 2000, 336 |