Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksschenkung
Leitsatz (amtlich)
Ein im Zusammenhang mit einem notariellen Schenkungsvertrag über ein Grundstück abgegebenes Rückschenkungsversprechen ist kein Rechtsgeschäft, das als Teil eines einheitlichen Vertrages dessen Nichtigkeit begründen könnte.
Tatbestand
Die Parteien lebten von 1983 bis 1989 in der ehemaligen DDR zusammen. Durch notariellen Schenkungsvertrag vom 17. November 1989 übertrug die Klägerin ihr Eigentum an dort belegenen Grundstücken auf den Beklagten und verließ am 6. Dezember 1989 mit einem Sohn aus ihrer geschiedenen Ehe die ehemalige DDR. Nach einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kehrte sie am 6. Januar 1990 an den früheren Wohnort zurück. Der Beklagte wurde am 6. Februar 1990 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Unter dem 23. Januar 1991 machte die Klägerin erstmals Ansprüche gegen den Beklagten schriftlich geltend und erhob am 11. März 1991 gegen ihn Klage. Eines der auf ihn übertragenen Grundstücke, die nach den insoweit übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien nun einen Wert von insgesamt etwa 70.000 DM haben sollen, verkaufte der Beklagte durch notariellen Vertrag vom 26. März 1991 an einen Dritten für 8.076 DM (3 DM/qm). In das Grundbuch ist für diesen eine Auflassungsvormerkung und für die Klägerin am 12. April 1991 ein Widerspruch gegen die Eintragung des Beklagten eingetragen worden.
Die Klägerin hat vom Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich aller Grundstücke in der Weise verlangt, daß sie als Eigentümerin eingetragen wird, hilfsweise dies mit Ausnahme des verkauften Grundstücks, aber der Zahlung des dafür erzielten Erlöses.
Das Kreisgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Bezirksgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie hilfsweise die Rückübertragung der Grundstücke erreichen will. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Berichtigungs- und einen Rückübertragungsanspruch der Klägerin abgelehnt, weil der Schenkungsvertrag vom 17. November 1989 wirksam sei. Der Beklagte habe sich zwar - vor und nach dem Vertragsabschluß und unmittelbar vor der Abreise der Klägerin - bereiterklärt, die Grundstücke der Klägerin im Falle ihrer Rückkehr zurückzugeben. Darin liege aber keine die Nichtigkeit des Vertrages herbeiführende Bedingung. Selbst wenn in der Bereitschaft des Beklagten zur Rückgabe ein künftiges Schenkungsversprechen für den Fall ihrer Rückkehr gesehen werden könnte, seien daraus keine Ansprüche herzuleiten.
II.
Dies hält im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung stand.
1.
Rechtlich zutreffend ist die Ausgangsüberlegung des Berufungsgerichts, auf die Schenkung und die damit verbundene Eigentumsübertragung das Recht der ehemaligen DDR anzuwenden. Ein Anspruch der Klägerin auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB, Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB) setzt voraus, daß der Beklagte das Eigentum an den Grundstücken nicht wirksam erworben hat. Gleiches gilt für einen Anspruch auf Rückübertragung. Die Wirksamkeit des Schenkungsvertrages beurteilt sich nach dem Recht der ehemaligen DDR (Art. 232 § 1, 233 § 2 Abs. 1 EGBGB, § 282 ZGB; vgl. Palandt/Bassenge, BGB 52. Aufl. Art. 233 § 2 EGBGB Rdn. 2).
a)
Nach § 282 Abs. 2 ZGB durfte eine Schenkung nicht von einer Bedingung oder Auflage abhängig gemacht werden. Eine solche Nebenbestimmung führte zur Nichtigkeit des ganzen Geschäftes nach § 68 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB (vgl. Kommentar zum Zivilgesetzbuch der DDR, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 1985, § 282 Anm. 2). § 282 Abs. 2 ZGB sollte nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers des ZGB klare Rechtsverhältnisse schaffen und Bedingungen oder Auflagen im Sinne des bürgerlichen Rechts ausschließen. Die Regelung entspricht "dem Charakter der Schenkung als Ausdruck gegenseitiger Zuneigung und Achtung und begegnet überholten Anschauungen, mit einer Schenkung Abhängigkeit zu schaffen oder aufrechterhalten zu wollen" (ZGB-Komm. aaO).
Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu der Auslegung gelangt, daß eine Bedingung zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht vereinbart war. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 561 Abs. 2 ZPO) hatte sich der Beklagte vor der Abreise der Klägerin bereiterklärt, die Grundstücke im Fall ihrer Rückkehr zurückzugeben. Dies war jedoch - wie das Berufungsgericht nach rechtsfehlerfreier Auslegung festgestellt hat - keine Bedingung für die Wirksamkeit der Schenkung, sondern allenfalls die Bereitschaft zu einer künftigen (Rück-) Schenkung, die als mögliches Schenkungsversprechen, unabhängig von ihrer Form, nach dem Recht der früheren DDR keinerlei Wirksamkeit hatte (§ 282 Abs. 3 ZGB; vgl. ZGB-Komm. § 282 Anm. 3). Soweit die Revision geltend macht, die Erklärung in dem notariellen Vertrag, daß Nebenabreden nicht getroffen wurden, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine "Zwecklüge" gewesen und deshalb sei davon auszugehen, daß die Schenkung unter einer Bedingung vorgenommen wurde, versucht sie lediglich, die Auslegung dieser mündlichen Vereinbarung durch das Berufungsgericht durch eine eigene Auslegung zu ersetzen, ohne insoweit Rechts- oder Verfahrensfehler aufzuzeigen.
Damit ist entgegen der Meinung der Revision auch für die Annahme einer Treuhandvereinbarung kein Raum. Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Parteien insoweit ausreichend berücksichtigt. Auf eine entsprechende Treuhandvereinbarung hatte sich die Klägerin nach ihrer Rückkehr zunächst nicht berufen, sondern erst Anfang 1991 konkrete Forderungen gegen den Beklagten erhoben. Ferner hat sie vom Beklagten nicht Rückübertragung, sondern mit dem Klageantrag die Berichtigung des Grundbuchs verlangt. Die Rüge der Revision aus § 139 ZPO greift in diesem Zusammenhang nicht. § 139 ZPO verpflichtet das Gericht, auf die Beibringung des im Rahmen der gestellten Anträge zur Rechtsfindung notwendigen Tatsachen- und Beweismaterials (Zöller/Greger, ZPO 18. Aufl. § 139 Rdn. 1), nicht aber auf einen völlig neuen und auch auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützten Antrag hinzuwirken.
b)
Die Auffassung der Revision, der Vertrag sei gemäß § 68 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB nichtig, weil es mit den Grundsätzen der "sozialistischen Moral" unvereinbar gewesen sei, Grundstücke einem Zugriff des Staates entziehen zu wollen, ist nicht zutreffend. Eine Grundstücksschenkung war auch nach dem Recht der früheren DDR zulässig. Das Motiv der Schenkung wird von den Parteien in diesem Rechtsstreit unterschiedlich gesehen. Der Beklagte empfindet sie als Dank für das lange Zusammenleben, die Klägerin sieht den Grund in einem drohenden staatlichen Zugriff (durch das Vorerwerbsrecht des Staates nach §§ 11 ff der Grundstücksverkehrsordnung i.d.F. v. 15. Dezember 1977 - GBl/DDR I 73). Näheres ist hierzu aber nicht vorgetragen worden. Die Klägerin hat nicht behauptet, staatliche Stellen hätten deutlich gemacht, daß sie in den Besitz des Grundstücks kommen wollten, oder ihre Abreise über die seit dem 9. November 1989 offene Grenze sei von dem Vertrag abhängig gewesen.
2.
Das Berufungsgericht nimmt an, daß bei dem notariellen Vertrag und den mündlichen Vereinbarungen der Parteien von einer notariell beurkundeten Schenkung und einem (Rück) Schenkungsversprechen auszugehen sei. Die Revision rügt ohne Erfolg, daß damit dem Vortrag der Parteien zu der Frage, wie diese Vereinbarungen zu werten sind, nicht hinreichend Rechnung getragen sei. Die Klägerin hat zwar vorgebracht, sie hätte den Schenkungsvertrag ohne die Rückgabevereinbarung nicht abgeschlossen. Es liege somit ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, das in dieser Form aber nicht beurkundet worden und daher nichtig sei. Nach ihrer Rückkehr habe sie vom Beklagten die Rückübertragung der Grundstücke verlangt. Diese vom Beklagten bestrittene Behauptung hat sie mit ihrem neuen Lebensgefährten als Zeugen unter Beweis gestellt. Das Berufungsgericht hat die Frage eines einheitlichen Rechtsgeschäfts weder festgestellt noch verneint, sondern ist davon ausgegangen, daß aus dem Schenkungsversprechen keine Ansprüche hergeleitet werden könnten.
a)
Nicht zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die beiden Vereinbarungen der Parteien unterschiedliche Voraussetzungen haben (§§ 282 Abs. 1, 297 und § 282 Abs. 3 ZGB). Das Berufungsgericht hat in den mündlichen Erklärungen des Beklagten ein "künftiges Schenkungsversprechen zugunsten der Klägerin" gesehen, und, ein solches unterstellt, auch für diesen Fall Ansprüche der Klägerin abgelehnt. Es bestand kein Anlaß, die Möglichkeit von Ansprüchen aus den Art. 232 § 1 EGBGB, §§ 68 Abs. 2, 69 Abs. 1 ZGB zu prüfen, weil ein Schenkungsversprechen nach § 282 Abs. 3 ZGB kein Rechtsgeschäft ist. Nach § 68 Abs. 2 ZGB ist zwar ein Vertrag teilweise nichtig, wenn sich der Nichtigkeitsgrund nur auf einen Teil des Vertrages bezieht und der Vertrag auch ohne diesen Teil abgeschlossen worden wäre. Diese Regelung entspricht inhaltlich § 139 BGB. Es bestünden daher keine Bedenken, auch insoweit entscheidend auf den Einheitlichkeitswillen der Parteien zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen. Aus ihren Erklärungen müßte sich unter Berücksichtigung ihrer Interessen und der Verkehrssitte der Wille ergeben, daß möglicherweise äußerlich getrennte Rechtsgeschäfte miteinander "stehen und fallen" sollen.
b)
§ 68 Abs. 2 ZGB setzt aber voraus, daß ein Teil des einheitlichen Vertrages als Rechtsgeschäft nichtig ist. Ein Schenkungsversprechen hat jedoch nach § 282 Abs. 3 ZGB - unabhängig von der Form - keinerlei Wirksamkeit, ohne daß es auf einen Nichtigkeitsgrund ankäme. Rechte und Pflichten entstehen erst mit dem Vollzug einer Schenkung (ZGB-Komm. § 282 Anm. 3). Aus einem Schenkungsversprechen können auf keinen Fall Ansprüche hergeleitet werden. Damit handelt es sich um eine "Verbindlichkeit", die zwar freiwillig erfüllt, aber nicht gegen den Willen des Schuldners durchgesetzt werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs, Einl. v. § 241 Rdn. 15) und somit nicht um einen Vertrag im Sinne der §§ 68, 43 ff ZGB, der Rechte und Pflichten begründet und - weil er ein Grundstück betraf - zu seiner Wirksamkeit der Beurkundung (§ 297 Abs. 1, § 66 Abs. 2 ZGB) bedurft hätte.
3.
Auf die von der Revisionserwiderung aufgeworfene Frage, ob im vorliegenden Fall zivilrechtliche Ansprüche bereits durch das Vermögensgesetz ausgeschlossen sind, kommt es damit nicht mehr an.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1456093 |
DNotZ 1994, 297 |