Leitsatz (amtlich)
Eine Bankauskunft ist korrekt, wenn sie dem tatsächlichen Informationsstand der Bank entspricht und das vorhandene Wissen bei Formulierung der Auskunft zutreffend umgesetzt worden ist. Eine ins einzelne gehende Angabe der zur Verfügung stehenden und berücksichtigten Informationsquellen ist nicht erforderlich.
Normenkette
BGB § 676
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Oktober 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der beklagten Bank 103.801 DM Schadensersatz wegen einer von deren Rechtsvorgängerin erteilten angeblich falschen Auskunft, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils an einer Immobilienfonds Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dem liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Die D. Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau mbH (im folgenden: D.), deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer W. Gr. war, warb als Initiatorin mit einem im August 1992 herausgegebenen Emissionsprospekt für die Beteiligung an einem als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgestalteten geschlossenen Immobilienfonds. Der Prospekt enthielt als Seite 48 den Abdruck folgenden Schreibens der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B.-Bank vom 23. Juli 1992 an Gr.:
„Sehr geehrter Herr Gr.,
gerne erteilen wir Auskunft über Sie und Ihre Firma D. … zur Vorlage bei den Gesellschaftern der G. Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs-GbR …:
‚Herr Gr. steht mit uns seit über 10 Jahren in sehr angenehmer und umfangreicher Geschäftsverbindung.
Wir führen Konten sowohl für ihn persönlich als auch für seine Firma D. … Geschäftskapital: DM 300.000. Geschäftsführer und Alleingesellschafter: W. Gr..
Die mit uns getätigten Umsätze erreichen eine mittlere 8-stellige Zahl. Wir stehen mit größerem Kredit zur Verfügung, der vereinbarungsgemäß bedient wird.
Alle über uns gelaufenen Verpflichtungen wurden stets prompt erfüllt. Nachteiliges – auch von dritter Seite – wurde uns in keiner Weise bekannt. Herr Gr. persönlich verfügt über umfangreichen – teilweise belasteten – Immobilienbesitz.
Seine uns bekannten Vermögensverhältnisse sind wohlgeordnet. Eine Geschäftsverbindung kann sowohl mit Herrn Gr. persönlich als auch mit seiner Firma empfohlen werden.’
Banküblichen Usancen zufolge erteilen wir obige Auskunft ohne unser Obligo.”
Die Kläger beteiligten sich im Oktober 1992 mit einer Einlage von 60.000 DM zuzüglich 3.000 DM Agio an der G. Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR.
Sie haben behauptet, diese Beteiligung sei im Vertrauen auf die im Prospekt wiedergegebene günstige Auskunft der B.-Bank erfolgt. Die Auskunft sei falsch gewesen. Die D. sei schon 1992 überschuldet gewesen. Das habe die B.-Bank gewußt, ebenso daß Gr. der D. als Geschäftsführer einer anderen Immobilienfonds GbR ungesicherte und unverzinsliche Kredite in Höhe von 300.000 DM eingeräumt habe.
Die Kläger verlangen – Zug um Zug gegen Übertragung ihres Gesellschaftsanteils – die Rückerstattung ihrer Einlage zuzüglich Agio von insgesamt 63.000 DM und den Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 40.801 DM. Diese seien entstanden, weil sie die Einlage durch einen Kredit der BfG finanziert hätten.
Die Beklagte hat demgegenüber u.a. behauptet, die B.-Bank habe Gr. das Schreiben vom 23. Juli 1992 mit dem Hinweis gegeben, es nicht in einem Werbeprospekt zu veröffentlichen. Der Inhalt der erteilten Auskunft sei zutreffend. Insbesondere hätten aufgrund aller der B.-Bank seinerzeit zur Verfügung stehenden Unterlagen keine Zweifel an der Bonität der D. bestanden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat – unter Zurückweisung der Berufung der Kläger im übrigen – die Beklagte zur Zahlung von 63.000 DM zuzüglich Zinsen verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf – vollständige – Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Kläger erstreben mit der Anschlußrevision die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit ihre Berufung zurückgewiesen worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision und die Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit es der Klage stattgegeben hat – im wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte hafte den Klägern aus positiver Vertragsverletzung des zwischen der B.-Bank einerseits und Gr. und der D. andererseits geschlossenen Auskunftsvertrages. In dessen Schutzbereich seien die Kläger als Anlageinteressenten einbezogen. Auch wenn Gr. nach der Behauptung der Beklagten angewiesen gewesen sei, das Auskunftsschreiben nicht in eine Werbeschrift einzufügen, schließe das die Haftung nicht aus. Nicht die Form der Übermittlung sei entscheidend, sondern der Umstand, daß die Auskunft Anlageinteressenten als Grundlage für die Beurteilung des Bonitätsrisikos der D. und des Geschäftsführers Gr. habe dienen sollen.
Die erteilte Auskunft sei unzutreffend, weil sie hinsichtlich der D. uneingeschränkt sei und nicht deutlich mache, daß als Beurteilungsgrundlage Mitte 1992 der Jahresabschluß 1990 noch nicht vorgelegen habe, und daß die B.-Bank ihre Beurteilung allein aufgrund der Bilanz 1989 und der betriebswirtschaftlichen Auswertungen der GmbH samt persönlichem Gespräch mit dem Geschäftsführer – selbstverständlich auch unter Heranziehung des Geschäftsverkehrs – abgegeben habe. Eine solche klarstellende Einschränkung sei geboten gewesen, weil mit der Auskunft der Eindruck erweckt worden sei, als sei ein abschließendes Bonitätsurteil möglich.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision der Beklagten nicht stand.
a) Von Rechtsirrtum beeinflußt ist die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen der B.-Bank einerseits und Gr. und der D. andererseits sei ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, in dessen Schutzbereich die Kläger einbezogen seien.
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen – auch die Kläger sehen das nicht anders – hat Gr. der B.-Bank keine Auskunft abverlangt, die ihm oder der D. als Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen hätte dienen sollen (vgl. Senatsurteile BGHZ 133, 36, 42 und vom 7. Juli 1998 – XI ZR 375/97, WM 1998, 1771). Er hat das Schreiben vom 23. Juli 1992 vielmehr erbeten, damit er es als Auskunftüber seine Bonität und die der D. Anlageinteressenten vorlegen konnte.
b) Stattdessen ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen – was dieses allerdings nicht in Betracht gezogen hat – ein stillschweigender Auskunftsvertrag zwischen der B.-Bank und den Klägern geschlossen worden.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Kreditinstitut, das einem Kunden durch Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung die Möglichkeit eröffnet, Dritte durch bestimmungsgemäße Vorlage der Bescheinigung zu einer Vermögensdisposition zu veranlassen, wegen schuldhafter Erteilung einer falschen Auskunft auf Schadensersatz haften. Zwischen dem Kreditinstitut und dem Dritten kommt mit der Vorlage einer solchen Bescheinigung ein Auskunftsvertrag zustande, wenn die dem Kunden zur Verfügung gestellte Bescheinigung für den Dritten bestimmt und der Bank bewußt ist, daß sie für ihn von erheblicher Bedeutung sein und er sie unter Umständen zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen werde (BGHZ 133, 36, 42; Senatsurteil vom 7. Juli 1998 aaO S. 1771 f., jeweils m.w.Nachw.).
So liegt es hier. Das Schreiben war – wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat – als Bonitätsauskunft für Anleger und Anlageinteressenten bestimmt. Eine Haftung der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt ist, anders als die Revision meint, nicht deshalb zu verneinen, weil das Schreiben die Klausel „ohne unser Obligo” enthält und gegen den Willen der B.-Bank in den Werbeprospekt eingefügt worden war. Das Berufungsgericht hat diese Umstände zu Recht für unbeachtlich gehalten.
Auf welche Weise das Schreiben den Klägern als Anlageinteressenten zur Kenntnis gebracht wurde, ist für die Frage der vertraglichen Bindung rechtlich unerheblich. Die Klausel „ohne unser Obligo” ist nicht geeignet, die Haftung der Beklagten für eine schuldhaft falsche Auskunft auszuschließen. Aus einem Auskunftsvertrag schuldet die Bank die Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft als Kardinalpflicht. Davon kann sie sich nicht freizeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 – III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429).
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die von der B.-Bank erteilte Auskunft allerdings nicht deshalb objektiv unrichtig, weil sie keinen Hinweis enthielt, daß ihr seinerzeit der Jahresabschluß für 1990 noch nicht vorlag. Eine Bankauskunft ist korrekt, wenn sie dem tatsächlichen Informationsstand der Bank entspricht und das vorhandene Wissen bei der Formulierung der Auskunft zutreffend umgesetzt worden ist (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rdn. 2.204; Weber, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis Rdn. 1/59). Eine ins einzelne gehende Angabe der zur Verfügung stehenden und berücksichtigten Informationsquellen ist nicht erforderlich.
Die B.-Bank hat, wie in dem Schreiben vom 23. Juli 1992 einleitend zum Ausdruck kommt, Auskunft über ihre Geschäftsverbindung mit Gr. und der D. und die dabei gewonnenen Erkenntnisse gegeben. Sie hat dafür – wie die Beklagte behauptet – die ihr bekannten maßgeblichen Unterlagen ausgewertet und das Ergebnis in knapper Form wiedergegeben. Ob diese Auskunft tatsächlich dem Informationsstand der B.-Bank entsprach, oder ob ihr – wie die Kläger behaupten – schon bekannt war, daß die D. seinerzeit bereits überschuldet war, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht festgestellt.
II.
Die Anschlußrevision der Kläger, mit der sie eine Verurteilung der Beklagten auch in Höhe der vom Berufungsgericht aberkannten weiteren Aufwendungen von 40.801 DM erstreben, ist ebenfalls begründet.
1. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Nicht hinreichend dargetan sei von den Klägern, daß und in welcher Höhe sie Aufwendungen durch einen Kredit zur Finanzierung der Geldanlage gehabt hätten. Ihrem Vortrag sei nicht zu entnehmen, wann aus dem behaupteten Kredit Zahlungen erbracht worden seien, wann welche Zinsen gezahlt worden seien und mit welchem Saldo inklusive Disagio und Kosten das Darlehen als zur Rückzahlung geschuldet von der BfG festgestellt worden sei.
2. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegungslast der Kläger überspannt.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1998 – II ZR 131/97, WM 1998, 1779 m.w.Nachw.). Dem genügt der Vortrag der Kläger.
Sie haben zu den von ihnen als Schadensersatz geltend gemachten Aufwendungen bereits mit der Klageschrift einen Abdruck des von ihnen mit der BfG geschlossenen Darlehensvertrages vorgelegt. Aus diesem ergeben sich die von den Klägern beanspruchten einzelnen Posten: ein Disagio von 7.100 DM, eine Vermittlungsprovision von 710 DM und monatliche Zinsraten ab 1. Oktober 1992 in Höhe von 485,17 DM. Angesichts dieses konkreten und durch den Darlehensvertrag belegten Sachvortrags ist der vom Berufungsgericht erhobene Vorwurf mangelnder Substantiierung verfehlt. Zumindest hätte das Berufungsgericht den Klägern durch Hinweis, weshalb es den Vortrag als nicht ausreichend ansah, Gelegenheit geben müssen, ihren Sachvortrag zu ergänzen und Beweis anzutreten (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 – X ZR 116/97, NJW 1999, 418, 421).
III.
Das Berufungsurteil war daher insgesamt aufzuheben (§ 564 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Die Frage, ob – wie die Kläger behaupten – der B.-Bank bei Auskunftserteilung eine Überschuldung der D. bekannt war und sie von Veruntreuungen durch Gr. wußte (GA 59, 109, 111), ist noch nicht geklärt. Sollte dies zutreffen, so hätte eine Auskunft des Inhalts, die Vermögensverhältnisse seien wohlgeordnet und eine Geschäftsverbindung könne empfohlen werden, nicht erteilt werden dürfen. Soweit sich danach ein Auskunftsverschulden ergeben sollte, ist über die Erstattung etwaiger Aufwendungen der Kläger infolge der Kreditaufnahme bei der BfG zu entscheiden.
Unterschriften
Nobbe, Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.12.2000 durch Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 507863 |
BB 2001, 226 |
DStR 2001, 95 |
DStZ 2001, 138 |
BGHR 2001, 78 |
BauR 2001, 1300 |
NJW-RR 2001, 768 |
EWiR 2001, 221 |
NZM 2001, 437 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 134 |
WuB 2001, 249 |
WuB 2001, 251 |
ZIP 2001, 108 |
MDR 2001, 341 |
VersR 2002, 1245 |
RdW 2001, 113 |
ZBB 2001, 31 |