Leitsatz (amtlich)
Stillschweigende kollisionsrechtliche Verweisung auf eine Rechtsordnung, deren Anwendung zur Formnichtigkeit des materialrechtlichen Vertrags führt, ist auch bei Kenntnis der Vertragsparteien von dieser Folge jedenfalls dann nicht auszuschließen, wenn die Parteien auf die Einhaltung der beiderseitigen Verpflichtungen vertraut haben (Ergänzung zu BGHZ 52, 239).
Verfahrensgang
OLG Köln (Entscheidung vom 15.11.1966) |
LG Köln |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Köln vom 15. November 1966 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien schlossen am 16. September 1965 in Köln über eine dem Kläger und seiner Ehefrau gehörende, in Z./Holland gelegene Dreizimmerwohnung (Eigentumswohnung) mit Einrichtung handschriftlich den nachstehend auszugsweise wiedergegebenen "vorläufigen Kaufvertrag":
"Der endgültige Kaufvertrag wird durch einen Notar in Holland abgeschlossen.
Herr ... (der Beklagte) kauft von Herrn (Kläger) und seiner Ehefrau eine 3 Zimmerwohnung in ... für den vereinbarten Kaufpreis von 88.000 DM, ... .
Bedenken oder Verbote seitens der holländischen Behörden gegen den Kaufvertrag dürfen nicht bestehen und sind gegebenenfalls zu behoben."
Der Kläger begehrt von dem Beklagten, der die Erfüllung der Vereinbarung vom 16. September 1965 verweigert, Abschluß eines notariellen Kaufvertrages über die in der Urkunde vom 16. September 1965 bezeichnete Wohnung zum Gesamtpreis von 88.000 DM, Auflassung und Einwilligung in die Übertragung des Stockwerkeigentums an dieser Wohnung sowie Zahlung des restlichen Kaufpreises von 87.500 DM nebst Kosten der Beurkundung und der Eigentumsübertragung.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er ist der Meinung, daß sich zwar beide Parteien mit der Vereinbarung vom 16. September 1965 hatten binden wollen, diese sei jedoch mangels der Form des § 313 BGB nichtig.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagbegehren weiter; der Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht erblickt in der Vereinbarung vom 16. September 1965 einen Vorvertrag, der die Verpflichtung beider Parteien zum Abschluß eines formbedürftigen Grundstückskauf Vertrages enthalte. Diesen Vorvertrag halt das Berufungsgericht mangels der Form des § 313 BGB für nichtig (§ 125 BGB).
Der "vorläufige Kaufvertrag" sei nicht nur auf die Begründung einer einseitigen Verpflichtung des Beklagten zum Erwerb des Stockwerkseigentums gerichtet gewesen, die nach ständiger Rechtsprechung keiner Form bedurft hätte, sondern habe eine Verpflichtung auch des Klägers zur Veräußerung dieses Stockwerkseigentums begründen sollen. Den Verpflichtungswillen des Klägers entnimmt das Oberlandesgericht dem Wortlaut des Vertragen und den sonstigen Umständen.
Die Parteien hätten für die Form ihrer vertraglichen Abmachung deutsches Recht gelten lassen wollen. Dieses schreibe für einen Vorvertrag auf Abschluß eines formbedürftigen Hauptvertrages die Form des Hauptvertrages, hier gerichtliche oder notarielle Beurkundung (§ 313 BGB) vor. Dieser Form entbehre die Vereinbarung vom 16. September 1965. Die Berufung des Beklagten auf den PFormmangel sei keine unzulässige Rechtsausübung.
II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
1.
a)
Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der vorläufige Kaufvertrag nicht nur eine einseitige Ankaufsverpflichtung des Beklagten, sondern auch eine Verkaufsverpflichtung des Klägers enthalte, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Bei der nach § 157 BGB gebotenen Auslegung von Verträgen hat der Tatrichter den sich aus den Vertragserklarungen unmittelbar ergebenden Vertragsinhalt unter Berücksichtigung seines Sinnes und Zwecks und des Parteiwillens festzustellen. Entgegen der Meinung der Revision hat sich das Oberlandesgericht bei der Auslegung der Vereinbarung vom 16. September 1965 in diesem Rahmen gehalten. Dabei durfte es nicht nur vom Vertragswortlaut ausgehen, denn bei der Auslegung von Urkunden ist das gesamte Verhalten der Erklärenden einschließlich aller nebenumstände zu berücksichtigen; auch bei der Auslegung einer einzelnen Vertragsbestimmung ist der Inhalt des ganzen Vertrags heranzuziehen (Senatsurteile vom 8. Juli 1964, V ZR 178/63, WM 1964, 906, und vom 26. April 1968, V ZR 67/65, WM 1968, 755/756).
Wie die Ausführungen des Berufungsgerichts (BU S. 6) zeigen, hat es - entgegen dem Vortrag der Revision - gerade nicht übersehen, daß die Vertragsurkunde zwar die Formulierung "kauft" aber nicht "verkauft" enthält. Das Berufungsgericht hat aber auch zutreffend den übrigen Wortlaut der Urkunde vom 16. September 1965 und die sonstigen Umstände zur Erforschung des beiderseitigen Parteiwillens herangezogen. Dabei hat es die in der Urkunde mehrfach enthaltene Bezeichnung "Kaufvertrag" sowie die Entgegennahme einer Anzahlung durch den Kläger in rechtlich unangreifbarer Weise als Ausdruck des Bindungswillens auch des Klägers gewertet.
Das Erfordernis der Berücksichtigung des gesamten Verhaltens der Erklärenden einschließlich aller Nebenumstände gebot dem Berufungsgericht, bei der Ermittlung des Parteiwillens auch die Schreiben des Klägers und seiner Ehefrau vom 14. Oktober 1965 und den Brief der Ehefrau des Klägers an den Beklagten vom 23. September 1965 zu würdigen. Auch hierbei sind dem Berufungsgericht keine Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze unterlaufen.
Entgegen der Meinung der Revision brauchte das Berufungsgericht aus der Ablehnung eines Kölner Notars durch den Beklagten nicht zu folgern, daß nur der Beklagte seine Ankaufsverpflichtung in dem von ihm selbst niedergelegten Vertrag zum Ausdruck gebracht hat.
b)
Die Würdigung des "vorläufigen Kaufvertrages" vom 16. September 1965 als Vorvertrag ist nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die sich die Revision zu eigen macht, wollte jedenfalls der Beklagte vor einem holländischen Notar beurkundet haben; ein solcher stand in Köln nicht zur Verfügung, so daß es am 16. September 1965 nur zum Abschluß des Vorvertrages kommen konnte, Nach gefestigter Rechtsprechung bedarf ein solcher Vorvertrag der Form des Hauptvertrages, hier also der notariellen oder gerichtlichen Beurkundung (§ 313 BGB).
2.
Die Revision greift ohne Erfolg die Feststellung des Berufungsgerichts an, die Parteien hätten für die Form ihrer vertraglichen Abmachung deutsches Recht gelten lassen wollen.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß nach ständiger Rechtsprechung das für einen schuldrechtlichen Vertrag maßgebende Recht in erster Linie durch ausdrücklich oder auch nur stillschweigend erklärten Willen der Parteien bestimmt wird (Senatsurteil BGHZ 52, 239, 241 = NJW 1969, 1760 mit weiteren Nachweisen). Da das Berufungsgericht nicht nur bei der Prüfung der für den wirksamen Abschluß erforderlichen Form, sondern auch ohne weitere Erwähnung anderweitiger kollisionsrechtlicher Verweisungen zur Auslegung des Vertragsinhalts und zur Prüfung der rechtsmißbräuchlichen Berufung auf einen Formmangel (§ 242 BGB) deutsches Recht heranzieht, sind die Ausführungen des Berufungsgerichts in ihrem Zusammenhang dahin zu verstehen, daß die Parteien deutsches Recht allgemein als Geschäftsstatut und damit auch für die Formfrage als maßgebend bestimmen wollten. Der kollisionsrechtliche Verweisungsvertrag seinerseits, mag man ihn der lex fori (Raape, Internationales Privatrecht 5. Aufl. § 40 II 2 S. 459; Haudek, Die Bedeutung des Parteiwillens im internationalen Privatrecht, S. 81 ff) oder aber dem vereinbarten Recht unterstellen (Soergel/Kegel, BGB 9. Aufl., vor Art. 7 BGBGB Nr. 179; Rabel, The Conflict of Laws, S. 367), bedarf hier keiner Form.
Mangels einer ausdrücklichen Regelung des Geschäftsstatuts stellt das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Inhalts des Vertrags und der Umstände seines Zustandekommens eine stillschweigende Übereinkunft beider Parteien fest. Es stellt dabei darauf ab, daß beide Parteien Deutsche sind, der Vorvertrag in Deutschland abgeschlossen worden ist und das Kaufobjekt im Eigentum eines Deutschen stände Weiter weist das Berufungsgericht auf die Klausel hin, nach welcher Bedenken oder Verbote seitens der holländischen Behörde gegebenenfalls zu beheben seien, da diese Bestimmung nicht vonnöten gewesen wäre, wenn die Parteien für ihre Abmachungen holländisches Recht hätten gelten lassen wollen. Schließlich entnimmt es daraus, daß die Parteien für den endgültigen Kaufvertrag die notarielle Beurkundung vereinbart haben, also die nach deutschem Recht für einen rechtswirksamen Vertrag erforderliche Form, einen Hinweis auf das vereinbarte Formstatut.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei dieser Auslegung wesentlichen Sachvortrag übersehen (§ 286 ZPO), in erster Linie den Umstand, daß die Parteien, und zwar auch der Beklagte, selbstverständlich einen wirksamen Vertrag hatten schließen wollen. Wenn aber, wie behauptet worden sei, die Möglichkeit bestanden habe, nach niederländischem Recht ohne notarielle Beurkundung einen wirksamen Vorvertrag zu vereinbaren, so könne nicht zweifelhaft sein, daß die Parteien dann niederländisches Recht hätten angewendet wissen wollen. Der Wille zur wirksamen Bindung des Beklagten ergebe sich aus dem Vortrag im Schriftsatz vom 28. Juni 1966 (S. 9 = Bl. 48 GA).
Hierzu ist vorweg auf die Feststellung hinzuweisen, die das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Einwendung mißbräuchlicher Rechtsausübung getroffen hat, daß nämlich auch der Kläger sich über die Formbedürftigkeit eines beiderseits verpflichtenden Kauf-Vorvertrags (nach deutschem Recht) im klaren war und sein Verhalten ein von ihm vorher abzusehendes Risiko dargestellt habe. Dafür, daß das Berufungsgericht den von der Revision angeführten Vortrag des Klägers über sein Interesse an einer wirksamen Bindung übersehen hätte, liegen keine Anhaltspunkte ver. Dasselbe gilt für den weiter als übergängen gerügten Vortrag, daß "sich auch der Beklagte insoweit absolut festgelegt" und 500 DM Anzahlung geleistet habe. Nach diesem Vortrag läßt sich jedenfalls nicht ausschließen, daß beide Parteien beim Abschluß des Vertrags auf die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen durch den Vertragsgegner nur vertraut haben. Aus den festgestellten Sachverhalt muß daher nicht zwingend gefolgert werden, daß beide Parteien aus Gründen des Formerfordernisses ihre rechtlichen Beziehungen niederländischem Recht unterstellen wollten, und zwar auch dann nicht, wenn nach diesem Recht ein Vorvertrag über ein Grundstück formlos rechtswirksam sein sollte.
Im übrigen hätte das Berufungsgericht weiter das Verhalten des Klägers im Prozeß zur Auslegung seines Willens heranziehen können (BGH NJW 1962, 1005; AWD 1958, 33; Soergel/Kegel a.a.O. Anm. 183). Es spricht dafür, daß jedenfalls bei Abcchluß des Vorvertrags auch sein Wille nicht darauf gerichtet war, diesen Vertrag niederländischen Recht zu unterstellen. Weder in der ersten Instanz noch in der Berufungsbegründung ist der Kläger dem Vortrag des Beklagten, deutsches Recht sei anzuwenden, entgegengetreten. Noch im Schriftsatz vom 27. September 1966 ist erklärt (Bl. 63 GA), es sei noch nicht zu überblicken, ob holländisches Recht hier zur Anwendung kommen müsse.
Der Tatrichter hat bei der Ermittlung des tatsächlichen Willens der Parteien freilich alle Umstände in Betracht zu ziehen, insbesondere auch die Beziehung eines Grundstückskaufvertrags und dementsprechend eines Vorvertrags, der im Lande der belegenen Sache erfüllt werden sollte, zum Recht des Staates, in dem das Grundstück belegen ist (vgl. Soergel/Kegel a.a.O. Anm. Nr. 200 mit Rechtsprechung in Anmerkung 70; Haudek a.a.O. S. 88 ff; Raape a.a.O. § 62, I, 1 S. 627; II, 1 S. 629; S. 481 Anm. 40). Das angefochtene Urteil enthält indessen keine Anhaltspunkte dafür, daß das Berufungsgericht bei der Auslegung des stillschweigend abgeschlossenen Verweisungsvertrags dies nicht in Betracht gezogen hätte, insbesondere daß die Eigentumswohnung in Holland liegt und der Hauptvertrag vor einem Notar in Holland hätte abgeschlossen werden sollen. Denkgesetzlich ist die Verweisung auf eine Rechtsordnung, deren Anwendung in Kenntnis der Parteien zur Formnichtigkeit des materiellrechtlichen Vertrags führt, jedenfalls in einem solchen Fall möglich, der sich auch im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht selten ereignet, wenn nämlich die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen vertraut haben. Dies gilt insbesondere wenn, wie hier, der Abschluß eines formgültigen Vertrags in verhältnismäßig kurzer Zeit nachgeholt werden sollte.
Soweit das Berufungsgericht seine Auslegung auf die Klausel stützt, daß Bedenken oder Verbote seitens holländischer Behörden gegebenenfalls zu beheben seien, und weiter auf die Vereinbarung einer notariellen Beurkundung des Kaufvertrags in Holland, will die Revision anstelle einer möglichen Auslegung im Rahmen tatrichterlicher Würdigung ihre eigene Auslegung setzen. Dieser Angriff ist im Hinblick auf die Bindung des Revisionsrichters an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unzulässig.
Entgegen der Meinung der Revision handelt es sich bei den vorliegenden Vorvertrag nicht um ein sachenrechtliches, sondern um ein schuldrechtliches Geschäft, das deutschem Recht und damit auch § 313 BGB unterstellt werden konnte. Die Frage, ob § 313 BGB sich nur auf den Verkauf inländischer Grundstücke bezieht, also eine spezielle Kollisionsnorm für Kaufverträge über Grundstücke darstellt, hat der Senat schon im Urteil vom 4. Juli 1969 entschieden und sich darin mit dem Urteil des Reichsgerichts vom 3. März 1906 (RGZ 63, 18 = JW 1906, 219) sowie dem Schrifttum auseinandergesetzt. Wengler (KJW 1969, 2237), dessen Ausführungen sich die Revision zu eigen macht, verteidigt demgegenüber die Ansicht, § 313 BGB gelte nur für den Verkauf deutscher Grundstücke, Er begründet diese Ansicht vor allem damit, diese Vorschrift bezwecke nicht, den Verkäufer vor einer übereilten Veräußerung von irgendwelchen Grundstücken zu schützen, als vielmehr beide Teile angesichts der Komplikation des deutschen Grundstücksrechts gegen eine fehlerhafte Abfassung des Vertrags zu sichern, Wenn das ausländische Recht so "volksnah" abgefaßt sein sollte, daß es die Sicherung bei Geschäften über Grundstücke für unnötig hält, führt Wengler dazu aus, so hätte ein deutsches Gericht keine Veranlassung, den deutschen Erwerber eines ausländischen Grundstücks, der dieses zufällig von einem Deutschen in Deutschland erworben hat, durch Anwendung der deutschen Formvorschriften mehr zu schützen als etwa den deutschen Erwerber von ausländischen Investmentfonds-Anteilen. Nach ständiger Rechtsprechung (RGZ 169, 185, 189; BGHZ 16, 334, 335; Senatsurteil vom 10. Juli 1963 - V ZR 181/61, WM 1963, 1066, 1068) ist jedoch in Übereinstimmung mit dem Schrifttum davon auszugehen, daß § 313 BGB beide gesetzgeberische Motive (Schutz vor übereiltem Verkauf sowie sachgemäße Beratung und Abfassung des Vertrags) zugrunde liegen, wenn auch das Bedürfnis des Verkäufers, die Bedeutung des Grundstücksverkaufs vor Augen zu haben und ihn vor Übereilung zu schützen, nicht etwa tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift in Einzelfall ist (BGH a.a.O.). Angesichts des Wortlauts des § 313 BGB müßten triftige Gründe dafür vorliegen, Verpflichtungsgeschäfte über Grundstücke im Ausland von der darin getroffenen Regelung auszunehmen. Ausländisches Grundstückseigentum kann nach seinem Gebrauch und nach seiner Bedeutung unter dem hier entscheidenden Gesichtspunkt nicht allgemein dem Recht aus Investmentfonds-Anteilen gleichgestellt werden.
3.
a)
Die Meinung der Revision, die Formvorschrift des § 313 BGB sei nur zugunsten eines Vertragspartners, nämlich des Verkäufers, bestimmt, ist rechtsirrtümlich.
Auch kann dem von der Revision hieraus gezogenen Schluß, daß der Beklagte gegen Treu und Glauben verstoße, wenn er für sich einen Schutz in Anspruch nehme, der ihm nicht zustehe, während der Kläger, zu dessen Gunsten der Schutz bestehe, sich auf ihn gar nicht berufe, nicht gefolgt werden. Die Revision verkennt die Tragweite der von ihr angeführten Zweckbestimmung des Formzwanges, wenn sie sie zur Richtschnur für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben machen will. Der Schutz war nur das gesetzgeberische Motiv dieser Vorschrift, nicht aber ihre tatbestandliche Voraussetzung. Formzwang besteht also auch dann, wenn ein Schutz des Veräußerers nicht erforderlich ist. Daß dieser Schutt auch ohne Einhaltung der Form im Einzelfall gewährleistet erscheint, rechtfertigt noch nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (Senatsurteil vom 9. März 1965, V ZR 97/62, LM BGB § 313 Nr. 23 = BB 65, 474).
b)
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, nach denen die Berufung des Beklagten auf den Formmangel keine unzulässige Rechtsausübung darstellt, werden durch die Revision nicht erschüttert. Sie zeigen vielmehr, daß das Oberlandesgericht den von der Revision als übergangen gerügten Sachvortrag gewürdigt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats genügen allgemeine Billigkeitserwägungen (§ 242 BGB) nicht, gesetzliche Formvorschriften außer acht zu lassen. Ausnahmen sind nur in besonders liegenden Fällen statthaft, nämlich, wenn die Nichtanerkennung des formnichtigen Vertrages zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (BGHZ 45, 179, 184 f; 48, 396, 398mit weiteren Nachweisen; Senatsurteil vom 11. Oktober 1968, V ZR 181/65). Diese Voraussetzungen behauptet aber auch die Revision nicht. Mach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem als übergangen gerügten Vortrag des Klägers hat bei ihm ein Irrtum über die rechtliche Notwendigkeit der Form nicht vorgelegen. Seinem Vorbringen ist auch nicht zu entnehmen, daß er von dem Beklagten getäuscht worden ist (vgl. RGZ 117, 121, 124). Die Gründe, die den Beklagten bewegen, nicht vor einem deutschen Notar abzuschließen, waren dem Kläger nach seinem eigenen Vortrag bekannt. Der Beklagte hat sich hiernach nicht geweigert, notariell beurkunden zu lassen, sich hierzu vielmehr - wenn auch vor einem holländischen Notar - ausdrücklich bereiterklärt. Die Anrufe des Beklagten im August und September 1965 sind schon deshalb ohne Bedeutung, weil der "vorläufige Kaufvertrag" erst am 16. September 1965 abgeschlossen worden ist. Der dem Kläger durch die Absage des Beklagten entstandene Schaden mag den Kläger wirtschaftlich treffen, zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führt die Nichtanerkennung des Vertrages jedoch nicht. Deshalb kommt es auch auf das Motiv des Beklagten, sich auf den Formmangel zu berufen, nicht an.
III.
Da das angefochtene Urteil sonach keinen Fehler zum Nachteil des Klägers erkennen läßt, war dessen Revision mit der Kostenfolge des § 97 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018657 |
BGHZ 53, 189 - 195 |
BGHZ, 189 |
DB 1970, 1971 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1970, 999-1002 (Volltext mit amtl. LS) |
DNotZ 1970, 492 |
DNotZ 1970, 492-495 |
MDR 1970, 404 (Volltext mit amtl. LS) |
IPRspr. 1970, 10 |