Leitsatz (amtlich)
Die in § 10 Abs. 1 WoBindG beschriebenen formellen Anforderungen an ein Mieterhöhungsverlangen werden durch § 4 Abs. 7 Satz 1 NMV ausgefüllt und konkretisiert. Der von § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG geforderten Erläuterung des Mieterhöhungsverlangens kommt der Vermieter bereits dann ausreichend nach, wenn er die Gründe, aus denen sich die laufenden Aufwendungen erhöht haben, und die auf die einzelnen laufenden Aufwendungen entfallenden Beträge angibt (Bestätigung von BGH, Beschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 294).
Normenkette
WoBindG § 10 Abs. 1 S. 2; NMV § 4 Abs. 7 S. 1
Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 10.08.2020; Aktenzeichen 3 S 17/20) |
AG Mainz (Entscheidung vom 09.01.2020; Aktenzeichen 83 C 254/19) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 10. August 2020 (3 S 17/20) aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte ist Mieterin einer preisgebundenen Wohnung der Klägerin in M..
Rz. 2
Im Anschluss an eine Modernisierung der Wohnung der Beklagten und des Gebäudes, in dem die Wohnung liegt, teilte die von der Klägerin beauftragte Wohnungsverwalterin der Beklagten mit Schreiben vom 9. Juni 2016 mit, dass sich die zu zahlende Grundmiete infolge der Modernisierungsmaßnahmen nach den Vorschriften der II. Berechnungsverordnung sowie des Wohnungsbindungsgesetzes zum 1. Juli 2016 um 59,44 € von 605,37 € auf 664,81 € monatlich erhöhe. Dem Schreiben waren mit "Mietanhebung zum 01.07.2016" bezeichnete Unterlagen beigefügt, in dem die Modernisierungsmaßnahmen und die angefallenen Gesamtbaukosten (679.297,32 € beziehungsweise 182.017,23 €) aufgeführt sind sowie die Mietanhebung berechnet wurde. Dabei wurden unter anderem bei den jährlichen Aufwendungen "1,5152 % AfA von 679.297,32 € Baukosten = 10.292,38 €" sowie "1,5152 € AfA von 182.017,23 € = 2.757,84 €" angesetzt.
Rz. 3
Die Beklagte hält die Mieterhöhungserklärung vom 9. Juni 2016 aus formellen Gründen für unwirksam, weil die Klägerin den Ansatz einer Abschreibung von 1,5152 % der Gesamtbaukosten, die den gesetzlichen Regelsatz der Abschreibung (1 %) übersteigt, in dem Schreiben nicht näher erläutert habe, und zahlte in der Folge den verlangten Erhöhungsbetrag nicht.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 4. März 2019 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit der Beklagten unter Berufung auf einen Mietrückstand in Höhe von 2.085,88 € nebst einer weiteren offenen Forderung von 148,48 € fristlos. In der Klageschrift vom 3. Mai 2019 sprach die Klägerin - gestützt auf einen Gesamtrückstand von inzwischen 3.022,04 € - erneut die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus. Weiter erklärte sie mit Schriftsatz vom 22. August 2019 nochmals die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
Rz. 5
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Räumungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision hat Erfolg.
I.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 8
Ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung bestehe nicht, da weder im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 4. März 2019 noch bei Klageerhebung Mietrückstände bestanden hätten, die eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gerechtfertigt hätten.
Rz. 9
Das Amtsgericht habe zutreffend angenommen, dass die Mieterhöhungserklärung vom 9. Juni 2016 formell unwirksam sei. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin materiell-rechtlich berechtigt gewesen sei, aufgrund der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Miete für die Wohnung der Beklagten zu erhöhen, bedürfe daher im Streitfall keiner Entscheidung.
Rz. 10
Eine - wie hier - auf der Grundlage des § 10 Abs. 1 Satz 1 WoBindG erklärte Mieterhöhung sei nur dann formell wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert werde. An Letzterem fehle es in Bezug auf den in der Mieterhöhungserklärung vom 9. Juni 2016 angeführten Abschreibungssatz von 1,5152 % der Gesamtbaukosten. Die neben einer Berechnung der Mieterhöhung vom Gesetz verlangte Erläuterung erfordere, dass dem Mieter alle notwendigen Umstände mitzuteilen seien, aufgrund derer er überprüfen könne, ob die Mieterhöhung berechtigt sei. Vor diesem Hintergrund hätte es bezüglich des Ansatzes eines von dem in § 25 II. Berechnungsverordnung (im Folgenden: II. BV) genannten regelmäßigen Abschreibungssatz von einem Prozent der Gesamtbausumme abweichenden Abschreibungssatzes von 1,5152 % einer schlagwortartigen Begründung, zumindest aber einer Kenntlichmachung des erhöhten Abschreibungssatzes bedurft.
Rz. 11
Denn die gesetzliche Vorgabe in § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG, die Miet-erhöhung über eine Berechnung hinaus auch zu erläutern, sei dahin zu verstehen, dass dem regelmäßig rechtsunkundigen Mieter zumindest grobe Anhaltspunkte dafür gegeben werden müssten, die es ihm erlaubten, die Mieterhöhung nachzuvollziehen. Nur so verfüge er über eine Grundlage für die Entscheidung, ob er die Mieterhöhungserklärung - gegebenenfalls mit fachkundigem Rat und unter Inanspruchnahme seines Auskunfts- und Einsichtsrechts - hinterfragen wolle.
II.
Rz. 12
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der in Folge der Kündigung wegen Zahlungsverzugs vom 4. März 2019 geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der von der Beklagten angemieteten Wohnung gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht verneint werden.
Rz. 13
1. Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte eine preisgebundene Wohnung angemietet hat, die den Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) unterliegt, und die Klägerin deshalb bei einer einseitigen Mieterhöhung die Voraussetzungen des § 10 WoBindG zu beachten hat. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WoBindG kann der Vermieter dem Mieter gegenüber schriftlich erklären, dass das vom Mieter gezahlte Entgelt um einen bestimmten Betrag bis zur Höhe des zulässigen Entgelts erhöht werden soll, wenn der Mieter (bisher) nur zur Entrichtung eines niedrigeren als des nach diesem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist. Die Erklärung ist nur dann formell wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert ist (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG). Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 WoBindG sind zudem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ein Auszug daraus, der die Höhe der laufenden Aufwendungen erkennen lässt, beizufügen.
Rz. 14
Zum Inhalt und zum Umfang der Erläuterungspflicht des Vermieters enthält § 4 Abs. 7 der aufgrund der Ermächtigung in § 8a Abs. 2, § 28 WoBindG erlassenen Neubaumietenverordnung (im Folgenden: NMV) eine ausfüllende beziehungsweise ergänzende Vorschrift (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2013 - VIII ZR 32/13, NJW 2014, 457 Rn. 14). Nach § 4 Abs. 7 Satz 1 NMV bestimmt sich die Durchführung einer zulässigen Mieterhöhung gegenüber dem Mieter sowie der Zeitpunkt, von dem an sie wirksam wird, nach § 10 WoBindG, soweit nichts anderes vereinbart worden ist. Bei der Erläuterung der Mieterhöhung sind (lediglich) die Gründe anzugeben, aus denen sich die einzelnen laufenden Aufwendungen erhöht haben, und die auf die einzelnen laufenden Aufwendungen entfallenden Beträge (vgl. auch Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 294).
Rz. 15
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, wird das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 9. Juni 2016 diesen gesetzlichen Vorgaben gerecht. Es ist insbesondere nicht deshalb - aus formellen Gründen - unwirksam, weil die Klägerin nicht besonders darauf hingewiesen oder mit näherer Begründung erläutert hat, dass sie in ihrer Berechnung einen - gegenüber dem in § 25 Abs. 2 II. BV genannten Regelsatz von "1 vom Hundert" - erhöhten Abschreibungssatz für die laufenden Aufwendungen beansprucht. Mit seiner gegenteiligen Auffassung überspannt das Berufungsgericht die formellen Anforderungen, die die Vorschrift des § 10 WoBindG an ein Mieterhöhungsverlangen stellt.
Rz. 16
a) Die Vorschriften über die Berechnungs- und Erläuterungspflichten des Vermieters von preisgebundenem Wohnraum bilden zwar das notwendige Gegengewicht zu der dem Vermieter in Abweichung von allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts eingeräumten Möglichkeit, die Pflicht des Mieters zur Mietzahlung durch einseitige Erklärung zu gestalten. Die gesetzlich vorgesehenen Berechnungs- und Erläuterungspflichten erleichtern es dem in der Regel nicht juristisch und wohnungswirtschaftlich vorgebildeten Mieter erheblich, die Berechnung der einseitigen Mieterhöhung nachvollziehen und gegebenenfalls nachprüfen zu können (vgl. BVerfG, WuM 1998, 463; Senatsurteil vom 8. April 2009 - VIII ZR 233/08, NJW-RR 2009, 1021 Rn. 23).
Rz. 17
Jedoch soll der den Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes unterliegende Vermieter durch die formellen Anforderungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG nicht an der Durchsetzung der gesetzlich zulässigen Kostenmiete, die ihm eine angemessene Verzinsung seiner Eigenleistung garantieren soll, gehindert werden (vgl. BVerfG, aaO). Insoweit ist zu beachten, dass die (einseitige) Mieterhöhungserklärung nur ein formelles Wirksamkeitserfordernis für die dem Vermieter von Gesetzes wegen zustehende, seine erhöhten Aufwendungen deckende Kostenmiete darstellt (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 292). Daher ist nach der Rechtsprechung des Senats der Zweckbestimmung der Vorschrift des § 10 WoBindG, dem Mieter die Möglichkeit zur Information und Nachprüfung zu geben, unter Abwägung nicht nur seiner, sondern auch der berechtigten Interessen des Vermieters Rechnung zu tragen (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, aaO).
Rz. 18
aa) Sinn und Zweck der Regelung des § 10 Abs. 1 WoBindG ist es, den Mieter darüber zu informieren, weshalb die Miete erhöht wird (hier: Erhöhung der laufenden Aufwendungen wegen Modernisierung). Aus der dem Mieterhöhungsverlangen beizufügenden Wirtschaftlichkeitsberechnung oder einem die laufenden Aufwendungen des Vermieters ausweisenden Auszug kann der Mieter ersehen, ob sich der Vermieter auch mit der erhöhten Miete noch im Rahmen der ihm durch § 8 Abs. 1 WoBindG auferlegten Verpflichtung hält, die Wohnung nicht gegen ein höheres Entgelt zum Gebrauch zu überlassen, als zur Deckung seiner laufenden Aufwendungen erforderlich ist (Senatsurteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 199/10, NJW-RR 2011, 948 Rn. 11). Mit diesen Angaben sind die Informationsinteressen des Mieters hinreichend gewahrt, denn zur Klärung etwa verbleibender Unsicherheiten oder zur Kontrolle der Angaben des Vermieters zu dessen Aufwendungen auf ihre sachliche Richtigkeit steht dem Mieter nach § 8 Abs. 4 Satz 1 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV ein umfassendes, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes, jederzeit mögliches Auskunfts- und Einsichtsrecht zur Verfügung (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 291, 295; Senatsurteile vom 4. Dezember 2013 - VIII ZR 32/13, NJW 2014, 457 Rn. 14; vom 6. April 2011 - VIII ZR 199/10, aaO).
Rz. 19
bb) Der Umstand, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG die Mieterhöhung nicht nur zu berechnen, sondern auch zu erläutern ist, bedeutet nicht, dass jeder einzelne Schritt der Berechnung so detailliert zu begründen ist, dass der Mieter bereits hierdurch über sämtliche Informationen verfügt, um abschließend prüfen zu können, ob die Mieterhöhung sachlich berechtigt ist. Dies ergibt sich zum einen aus der die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG ausfüllenden Bestimmung des § 4 Abs. 7 Satz 2 NMV, wonach für die Erläuterung im Sinne der erstgenannten Regelung die Angabe der Gründe für die Erhöhung der einzelnen laufenden Aufwendungen und der hierauf entfallenden Beträge ausreichend ist (vgl. auch Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, aaO S. 294). Zum anderen folgt dies daraus, dass das Gesetz in § 8 Abs. 4 Satz 1 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV dem Mieter zur Deckung seines Informationsinteresses zusätzlich ein jederzeitiges, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Auskunfts- und Einsichtsrecht gewährt und der Vermieter im Hinblick auf seine gemäß Art. 14 GG geschützten Interessen an der Erzielung einer zulässigen Kostenmiete nicht vor zu hohe formelle Anforderungen an die Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhung gestellt werden darf (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, aaO, S. 291; Senatsurteil vom 12. Januar 1966 - VIII ZR 175/64, WM 1966, 225 unter B II 2 a; vgl. ferner Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. September 1982 - VIII ARZ 1/82, BGHZ 84, 392, 396 [zu einer Mieterhöhung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 MHRG]).
Rz. 20
b) Den danach zu stellenden Erläuterungsanforderungen werden das Schreiben der Klägerin vom 9. Juni 2016 und die ihm angefügten Unterlagen gerecht.
Rz. 21
aa) Der Beklagten wird in dem genannten Schreiben mitgeteilt, dass Grundlage der Mieterhöhung durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen in der von der Beklagten angemieteten Wohnung sowie des Gebäudes sind. In den beigefügten, mit "Mietanhebung zum 01.07.2016" bezeichneten Unterlagen werden die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen (Fassadendämmung, Kellerdeckensanierung, wärmegedämmte Fenster in Treppenhaus und Wohnungen, wärmegedämmte Haustüren, Wärmedämmung Flachdach) im Einzelnen bezeichnet und die hierfür aufgewendeten Gesamtbaukosten genannt. Sodann werden die Kosten für Instandhaltung des Objekts herausgerechnet und im Anschluss daran die durchschnittliche Mietanhebung pro qm Wohnfläche im Monat berechnet. Hierbei werden unter anderem - mit Zinssätzen und in absoluten Beträgen - die für die Bereitstellung von Eigenkapital für die bei der Modernisierung angefallenen Gesamtbaukosten von 679.297,32 € beziehungsweise von 182.017,23 € entfallenden Zinsen angegeben und weiter ein Satz für die Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von jeweils 1,5152 % der Gesamtbaukosten sowie die sich hieraus ergebende Beträge (10.292,38 € und 2.757,84 €) angeführt. Die Mieterhöhung wird dann mit 0,753 €/m2 sowie mit 0,203 €/m² monatlich berechnet, und es wird (jeweils) weiter darauf hingewiesen, dass dieser Erhöhungsbetrag mit der Wohnfläche der Beklagten zu multiplizieren ist. Hinsichtlich der sich daraus ergebenden Mietveränderung wird auf das Mieterhöhungsschreiben verwiesen, in dem der Mieterhöhungsbetrag für die Wohnung der Beklagten mit 59,44 € im Monat angegeben wird.
Rz. 22
bb) Damit hat die Klägerin der Beklagten alle gesetzlich notwendigen Angaben übermittelt. Zu einer weiteren Erläuterung dieser Angaben war sie nicht verpflichtet, insbesondere auch nicht dazu, dass und warum sie einen gegenüber dem Regelsatz von 1 % der Gesamtkosten (§ 25 Abs. 2 II. BV) erhöhten Abschreibungssatz in Anspruch genommen hat. Sie hat im Einklang mit § 4 Abs. 7 Satz 2 NMV die Gründe angegeben, aus denen sich die einzelnen laufenden Aufwendungen erhöht haben (insbesondere Zinsen auf Eigenkapital, Abschreibung auf Abnutzung), und sie hat zudem die auf die einzelnen laufenden Aufwendungen entfallenden Beträge aufgeführt.
Rz. 23
Ein Hinweis auf die Abweichung des Satzes für die Absetzung für Abnutzung (AfA) von dem gesetzlichen Regelsatz oder gar eine nähere Begründung für die Inanspruchnahme eines höheren Abschreibungssatzes war weder nach dem Wortlaut der Vorschriften des § 10 WoBindG, § 4 Abs. 7 NMV noch aufgrund der nach der Zielsetzung dieser Bestimmungen gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen geboten. Davon abgesehen, dass - wie die Revision zu Recht geltend macht - der bloße Umstand einer Abweichung vom Regelsatz noch nicht mit einem wirklichen Erkenntnisgewinn verbunden ist, weil er nichts darüber besagt, ob die Inanspruchnahme eines höheren Satzes berechtigt ist, kann die vom Berufungsgericht vermisste weitere Aufklärung der Beklagten ohne Weiteres durch Geltendmachung des ihr jederzeit eröffneten Auskunfts- und Einsichtsrechts (§ 8 Abs. 4 Satz 1 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV) erfolgen. Das Gesetz verlangt dem Mieter insoweit eine gewisse Eigeninitiative ab (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 11. Januar 1984 - VIII ARZ 10/83, BGHZ 89 284, 296). Wollte man die vom Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Erläuterung der Mieterhöhung geforderte sachliche Begründung für den Ansatz einer vom Regelsatz abweichenden Abschreibung beziehungsweise die Erteilung eines Hinweises hinsichtlich des Ansatzes eines höheren Abschreibungsgrundsatz zu den Anforderungen an die formelle Wirksamkeit der Mieterhöhung erheben, würde dem Vermieter die Durchsetzung seines Anspruchs auf eine gesetzlich zulässige Erhöhung der Kostenmiete erschwert, ohne dass dies zum Schutz des Informationsinteresses des Mieters gerechtfertigt wäre.
Rz. 24
Die vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht erörterte Frage, ob die Klägerin die in den der Mieterhöhungserklärung beigefügten Beiblättern ausgewiesene AfA von 1,5152 % der Gesamtbausumme zu Recht angesetzt hat, ist (allein) eine Frage der materiellen Berechtigung des Erhöhungsverlangens. Diese bislang unterlassene Prüfung wird nachzuholen sein. Denn erst im Anschluss daran kann eine Entscheidung über das - auf mehrere Kündigungen gestützte - Räumungs- und Herausgabebegehren der Klägerin getroffen werden.
III.
Rz. 25
Nach allem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Dr. Fetzer |
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Dr. Schneider |
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Dr. Bünger |
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Kosziol |
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Dr. Schmidt |
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Fundstellen
Haufe-Index 15171821 |
NJW 2022, 2400 |
NJW 2022, 8 |
NJW-RR 2022, 950 |
NZM 2022, 800 |
ZAP 2022, 712 |
ZMR 2022, 11 |
ZMR 2022, 696 |
JZ 2022, 393 |
MDR 2022, 881 |
WuM 2022, 357 |
MietRB 2022, 195 |
NJW-Spezial 2022, 450 |
BBB 2022, 52 |