Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. Dezember 1997 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger macht einen Werklohnanspruch geltend. Er wurde am 1. November 1990 von der Beklagten mündlich mit der Anfertigung von acht Wärmeschränken („Waiter-Ständen”) für eine Bar auf dem Passagierschiff „…” beauftragt, nachdem er im Oktober 1990 von der Beklagten Planungsunterlagen erhalten hatte. Bei der Auftragserteilung wurde dem Kläger eine Zeichnung vorgelegt, die u.a. den Vermerk „All units to conform to current United States Public Health Requirement” aufweist. Zwischen den Parteien ist streitig, ob bei dieser Gelegenheit vereinbart wurde, daß die Wärmeschränke den Anforderungen der Gesundheitsbehörden der Vereinigten Staaten von Amerika zu entsprechen haben, wie dies die Beklagte behauptet. Die durch den Kläger hergestellten Wärmeschränke entsprachen den genannten Anforderungen nicht in vollem Umfang; dies betrifft insbesondere die nicht ganzflächig, sondern nur punktförmig erfolgte Verschweißung von Einlegeböden sowie Einzelheiten der Kantenbearbeitung. Am 30. November 1990 besuchte ein Mitarbeiter der Beklagten den Betrieb des Klägers und beanstandete bei dieser Gelegenheit einen anderen Mangel, nämlich den Einbau von Klapptüren anstatt von Schiebetüren, der daraufhin beseitigt wurde; zwischen den Parteien ist streitig, ob bei dieser Gelegenheit eine Abnahme erfolgt ist. Die Schränke wurden Anfang Dezember 1990 in Hamburg zur Montage angeliefert, wo sich das Schiff zu einer Werftüberholung befand. Hier kam es zu Wartezeiten für die Leute des Klägers. Die Beklagte beanstandete nunmehr die Nichteinhaltung der US-Gesundheitsvorschriften. Nachdem der Kläger gedroht hatte, die Schränke wieder mitzunehmen, ordnete ein Mitarbeiter der Beklagten deren Einbau an; es ist streitig, ob dabei ein Vorbehalt in bezug auf die Mängel erklärt wurde. Die Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 18. Dezember 1990 unter Nachfristsetzung und Ankündigung des Rücktritts bzw. von Schadensersatzforderungen die Bezahlung des vom Kläger in Rechnung gestellten Werklohns (unter Einschluß eines Betrags von 4.880,– DM für den nachträglichen Einbau von Schiebetüren) wie auch in der Folgezeit die Vergütung von Wartezeiten wegen verspätet begonnener Montage. Sie beauftragte ein Drittunternehmen in Southampton mit der Demontage der Wärmeschränke und der Herstellung und Lieferung neuer Schränke; mit den insoweit aufgewendeten Kosten, die nach ihren Angaben die Klageforderung übersteigen, hat sie die Aufrechnung erklärt.
Die auf Zahlung von 99.531,12 DM nebst Zinsen gerichtete, die Werklohnforderung und Ansprüche wegen der Wartezeiten in Hamburg einschließende Klage hat das Landgericht durch Schlußurteil abgewiesen; ebenso hat es durch Versäumnisurteil eine Widerklage der Beklagten als unzulässig abgewiesen. Während im Umfang der Widerklage der Rechtsstreit in der ersten Instanz anhängig blieb, hat der Kläger gegen das Schlußurteil Berufung eingelegt und die Klage hinsichtlich der Zinsforderung erweitert. Insoweit hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 99.531,12 DM nebst gestaffelten Zinsen verurteilt; das Berufungsurteil ist in OLG-Report Hamburg 1998, 61 und in NJWE-VHR 1997, 256 veröffentlicht. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, mit der sie in erster Linie das Begehren verfolgt, die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision hat Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung in der Hauptsache in Höhe von 94.998,48 DM als Werklohnforderung als begründet angesehen. Der Werklohnforderung habe die Beklagte nichts als ihre Aufrechnungsforderung entgegengesetzt, die sich deshalb als Primäraufrechnung darstelle.
2. Dies greift die Revision ohne Erfolg an. Sie stützt sich im Umfang eines Teilbetrags von 4.880,– DM darauf, daß sie die Berechtigung der Mehrkosten für die Schiebetüren in dieser Höhe schon in erster Instanz geleugnet und sich in der Berufungsinstanz in zulässiger Weise hierauf bezogen habe. Dies genügt indessen nicht, um dem Ergebnis des landgerichtlichen Urteils, daß auch insoweit ein fälliger, wenngleich infolge der Aufrechnung erloschener Werklohnanspruch gegeben sei, die Grundlage zu entziehen. Ein Urteil, das das ursprüngliche Bestehen der Klageforderung und der Gegenforderung bejaht, enthält insoweit zwei prozessual selbständige Elemente des Streitstoffs. Dementsprechend kann die Überwälzung des Streitstoffs in die Rechtsmittelinstanz auf jedes der beiden Elemente beschränkt werden; die Devolution eines solchen abtrennbaren Teils des Streitstoffs setzt je für sich die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels durch die beschwerte Partei voraus (BGHZ 109, 179, 189). Hierzu genügte eine allgemeine Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten nicht.
II. Soweit sich die Revision gegen die Anerkennung einer weiteren Klageforderung in Höhe von 4.532,64 DM als Schadensersatzforderung aus positiver Vertragsverletzung wegen der Wartezeiten richtet, kann das angefochtene Urteil auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, daß die Beklagte eine vertragliche Nebenpflicht traf, Wartezeiten bei den Leuten des Klägers zu vermeiden, und daß die Beklagte eine solche Nebenpflicht in schuldhafter Weise verletzt hat.
Sofern eine solche Nebenpflicht bestand und schuldhaft verletzt wurde, was das Berufungsgericht zu klären haben wird, erweisen sich die weiteren Überlegungen im Berufungsurteil allerdings als zutreffend. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, seine Leute hätten zwei Tage in Hamburg warten müssen. Vorzutragen, ob und in welchem Umfang die Arbeitskraft der Leute des Klägers anderweitig hätte eingesetzt werden können, war, nicht Sache des Klägers, sondern der Beklagten (vgl. BGHZ 91, 243, 260). Die angefallene Stundenzahl war nach der tatbestandlichen Feststellung des Berufungsgerichts unstreitig (BU S. 9) und bedurfte daher keiner weiteren Begründung (§ 314 ZPO).
Unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verstoßes gegen die dem Kläger obliegende Schadensminderungspflicht erweist sich allerdings das Argument der Beklagten grundsätzlich als beachtlich, daß ihre Beweisangebote dahin, daß die Leute des Klägers anderweitig gut hätten eingesetzt werden können, was sie aber abgelehnt hätten, übergangen worden seien. Jedoch hat die Beklagte bisher nicht ausreichend dargelegt, wem gegenüber sie eine derartige Möglichkeit eröffnet hat und daß die eröffneten Möglichkeiten für den Kläger und seine Leute zumutbar waren. Derartige, zur Substantiierung ihres Vortrags erforderliche Angaben hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht gemacht, soweit dies aus revisionsrechtlicher Sicht beurteilt werden kann.
III. 1. Das Berufungsgericht hat das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung verneint. Ein Schadensersatzanspruch scheide schon deshalb aus, weil sich die Mangelhaftigkeit der Werkleistung nicht feststellen lasse, für die infolge der Abnahme der Werkleistung und mangels eines dabei erfolgten Vorbehalts, aber auch ohne einen solchen, die Beklagte beweisbelastet sei.
a) Dabei hat es das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Streitstoffs als nicht erwiesen angesehen, daß die US-Gesundheitsbestimmungen (USPH) Vertragsinhalt geworden sind. Soweit die Beklagte dem ihre abweichende Auffassung entgegensetzt, kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden.
b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision auch nicht unter Verstoß gegen die Bestimmung des § 398 ZPO die Aussage des Zeugen G. anders gewertet als das Landgericht. Auch dieses war nicht auf Grund der Aussage dieses Zeugen davon überzeugt, daß diese Bestimmungen Vertragsinhalt geworden sind. Es ist zu seiner abweichenden Beurteilung vielmehr deshalb gekommen, weil es von einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen ist als das Berufungsgericht. Bei seiner (erstmaligen) Würdigung der Aussage dieses Zeugen hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Auffassung des Landgerichts in Widerspruch gesetzt. In einem solchen Fall stellt das Unterlassen erneuter Vernehmung jedenfalls dann keine Ermessensüberschreitung dar, wenn sich das Berufungsgericht mit gleichlaufenden Überlegungen wie das Landgericht auf die äußeren Umstände stützt, wie das vorliegend der Fall war (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1987 – I ZR 164/85, NJW-RR 1988, 829).
c) Soweit sich die Revision darauf stützt, daß sich die Zugrundelegung der US-Gesundheitsvorschriften aus den Umständen ergebe, wird sich das Berufungsgericht als Tatrichter mit diesem Argument auseinanderzusetzen haben. Dabei wird allerdings zu beachten sein, daß aus der bloßen Kenntnis der Klägerin von der Existenz eines solchen Regelwerks nicht notwendig auf dessen pauschale Einbeziehung in den Vertrag zu schließen ist.
2. a) Das Berufungsgericht hat spezifizierten Vortrag zu Mängeln, die unabhängig von der Einbeziehung der US-Gesundheitsvorschriften bestehen, vermißt. Auch der Sachverständige C. habe solche anderen Mängel nicht ermittelt. Die Revision kann demgegenüber im wesentlichen nur auf die Mängel verweisen, die nach dem Referat des Vortrags der Beklagten im Tatbestand des Berufungsurteils, dem die Revision nichts entgegenzusetzen hat, den Verstoß gegen die US-Gesundheitsvorschriften begründen sollen, nach der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen aber nicht unabhängig von diesen Vorschriften als relevant zu berücksichtigen sind. Der gerügte Verstoß gegen die Bestimmung des § 286 ZPO läßt sich mithin insoweit nicht feststellen.
b) Anders verhält es sich allerdings mit der Rüge, das Berufungsgericht sei dem unter Beweis gestellten Vortrag nicht nachgegangen, daß die Wärmeschränke sich verzogen hätten. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen; die zum Beweis dieser Behauptung benannten Zeugen B. und Ga. sind nicht vernommen worden. Somit liegt insoweit der gerügte Verstoß gegen die Bestimmung des § 286 ZPO vor.
3. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Abnahme der Werkleistung des Klägers sei spätestens mit dem Einbau der Wärmeschränke auf dem Schiff im Dezember 1990 erfolgt. Es hat sich insoweit auf die Aussagen der Zeugen Bü., K. und Ko. jun. gestützt. Danach habe der Kläger erklärt, die Schränke müßten so abgenommen werden, wie sie seien, andernfalls werde er sie wieder mit zurücknehmen, worauf die Beklagte den Einbau verlangt habe. Hieraus konnte das Berufungsgericht folgern, daß eine Abnahme im Sinn des § 640 BGB erfolgt sei.
b) Die Revision rügt indessen mit Erfolg, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung relevanten Prozeßstoff unberücksichtigt gelassen hat. Sie verweist mit Recht darauf, daß der Zeuge A. nicht vernommen worden ist, den die Beklagte zum Beweis dafür benannt hatte, die Wärmeschränke hätten unter Hinweis darauf, daß die Werkleistung nicht abgenommen werde, nur provisorisch eingebaut werden sollen, um überhaupt eine Leistung abliefern zu können. Das war ausreichend substantiiertes und erhebliches Vorbringen, das das Berufungsgericht nicht übergehen durfte. Zur weiteren Erläuterung hatte die Beklagte in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß die – provisorische – Montage ausschließlich zur Schadensbegrenzung erfolgt sei.
4. Mangels verfahrensfehlerfrei festgestellter Abnahme ist somit für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Darlegungs- und Beweislast für die Mängelfreiheit des Werks beim Kläger verblieb (BGH, Urt. v. 24.10.1996 – VII ZR 98/94, NJW-RR 1997, 339 f.). Auf das vom Berufungsgericht angeschnittene Problem einzugehen, ob der Unternehmer im Fall eines Mangelvorbehalts die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels auch dann trägt, wenn der Besteller das Vorhandensein eines Mangels substantiiert vorträgt, besteht derzeit kein Anlaß.
IV. Nach alledem kann jedenfalls das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Beklagten nach § 635 BGB im Revisionsverfahren nicht verneint werden. Dies entzieht der angefochtenen Entscheidung die Grundlage. Diese ist daher aufzuheben und die Sache ist zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Melullis, Keukenschrijver, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.06.2000 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen