Leitsatz (amtlich)
›Für eine Berufung auf § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist dann kein Raum, wenn der Besteller das Werk endgültig als mangelhaft zurückweist, weil auch aus seiner Sicht eine Abnahme der Werkleistung nicht nur vorübergehend, sondern überhaupt nicht mehr in Betracht kommt.‹
Verfahrensgang
LG Darmstadt |
OLG Frankfurt am Main |
Tatbestand
Die Klägerin, eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, nimmt die Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns in Anspruch.
Die Beklagten zu 1 und 3, deren persönlich haftende Gesellschafter die Beklagten zu 2 und 4 sind, sind Schwesterunternehmen und befassen sich mit dem Druck und dem Binden von Büchern.
Im April 1990 erteilten die Beklagten der Klägerin den Auftrag, die im Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 3 vorhandenen Buchstraßen, nämlich die sogenannte Einhänge- und die Packstraße mit einer Maschine zu verbinden, um das manuelle Abstapeln der Bücher am Ende der Einhängestraße und das Zulegen auf die Packstraße entfallen zu lassen und einen automatischen Betriebsablauf zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte gewährleistet sein, daß bei Störungen im Bereich der Packstraße die von der Einhängestraße herangeführten Bücher automatisch von einem Stauband aufgenommen und nach Behebung der Störung von dort wieder taktweise, bei einem störungsbedingten Stillstand der Einhängestraße kontinuierlich, auf die Packstraße eingeschleust werden. Auftraggeber hinsichtlich der Maschinenteile war die Beklagte zu 1, hinsichtlich der notwendigen Installationen und sonstigen Dienstleistungen die Beklagte zu 3. Die Vergütung sollte in drei Raten, nämlich 10 % bei Auftragserteilung, 60 % bei Lieferung und 30 % innerhalb von 30 Tagen nach Abnahme der gesamten Anlage, zahlbar sein. Mit Schreiben vom 4. April 1990 bestätigte die Klägerin den ihr erteilten Auftrag zum Preis von 589.400,-- DM und lieferte im Juli 1990 die Anlage, die im August 1990 bei der Beklagten zu 3 in Betrieb genommen wurde.
Unter dem 13. und 30. August 1990 erteilte die Klägerin der Beklagten zu 1 Rechnungen für die Maschine über insgesamt 556.060,-- DM; hierauf leistete die Beklagte zu 1 bisher 372.900 M, so daß noch 183.160,-- DM offen sind. Am 28. Dezember 1990 stellte die Klägerin der Beklagten zu 3 insgesamt 90.650,-- DM für die von ihr erbrachten Leistungen in Rechnung; Zahlungen hierauf erfolgten nicht.
Bereits zuvor hatte die Beklagte zu 3 mit Schreiben vom 31. August 1990 verschiedene Mängel der Anlage gerügt, um deren Behebung sich die Klägerin in der Folgezeit bemühte. Am 6. Februar 1991 erstellte die Beklagte zu 3 nach gemeinsamer Besichtigung ein Mängelprotokoll. Außerdem vereinbarten die Beklagte zu 3 und die Klägerin, daß sich die Beklagte zu 3 an den erhöhten Montagekosten hälftig beteiligt und weitere Leistungen der Klägerin separat vergütet. Nach einer weiteren Mängelrüge der Beklagten zu 3 führte die Klägerin in der Zeit vom 15. bis 20. April 1991 im Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 3 weitere Nachbesserungen durch. In dem daraufhin für den 22. bis 24. April 1991 vereinbarten Abnahmetermin verweigerten die Beklagten die Abnahme der Anlage. Die Beklagten zu 1 und 3 stellten ihren Geschäftsbetrieb zum 30. September 1991 ein und veräußerten im Zuge ihrer Liquidation Anfang 1992 einen erheblichen Teil der von der Klägerin gelieferten Maschinen und Maschinenteile.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Zahlung der noch offenstehenden Vergütungsbeträge, und zwar 183.160,-- DM von den Beklagten zu 1 und 2 sowie weitere 90.650,-- DM von den Beklagten zu 3 und 4. Nach Klageerhebung haben die Parteien die Geltung deutschen Rechts vereinbart.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe ihre Maschine ordnungsgemäß und mangelfrei hergestellt. Wenn es zu Stoppern gekommen sei, so beruhe dies ausschließlich auf unsachgemäßer Wartung und Bedienung durch das Personal der Beklagten. Sie habe nie behauptet, daß nach Einbau ihrer Anlage keine Hilfspersonen mehr nötig seien. Mit einer sogenannten Fallgrube seien die Beklagten einverstanden gewesen.
Die Beklagten haben erwidert, der Werklohn sei nicht fällig. Die Klägerin habe die Lieferung einer Anlage zugesagt, die jede Hilfskraft an der Verkettung der Einhängestraße mit der Packstraße entbehrlich mache. Außerdem sei die Anlage bis auf einen Teil des Karussells, das die Klägerin zurücknehmen könne, bezahlt. Die zahlreichen gerügten Mängel seien immer noch vorhanden. Wegen dieser Mängel seien sie zur Minderung berechtigt. Da die Maschine nicht ordnungsgemäß funktioniert habe, seien wesentliche Teile der Buchbindearbeiten von Drittunternehmen durchgeführt worden, wodurch Mehrkosten entstanden seien.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Sie rügen Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revisionen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Rechtsbeziehungen der Parteien nach deutschem Recht beurteilt. Gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sind die Parteien bei Schuldverträgen in der Wahl des anzuwendenden Rechts frei. Diese Rechtswahl kann auch nach Vertragsschluß und unter Änderung einer früheren Bestimmung vorgenommen werden (Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Dabei haben die Parteien nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten das CISG ausgeschlossen und sind in der Folge entsprechend verfahren (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1980 - VIII ZR 261/79, NJW 1981, 1156).
Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler den Vertrag der Parteien als Werklieferungsvertrag über nicht vertretbare Sachen angesehen und das Vertragsverhältnis nach werkvertraglichen Grundsätzen behandelt (§§ 651 Abs. 1, 631 BGB). Nach den getroffenen Absprachen schuldete die Klägerin nicht nur die Lieferung einzelner Maschinenteile, sondern die Installation einer für die bei der Beklagten zu 3 bereits vorhandenen Fertigungsstraßen eigens konstruierten Transportbänderanlage.
Das Berufungsgericht hat die Vergütungshöhe und den sich nach Abzug der geleisteten Teilzahlungen daraus ergebenden restlichen Werklohnanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 183.160,-- DM und gegenüber den Beklagten zu 3 und 4 in Höhe von 90.650,-- DM als unstreitig behandelt. Die Revisionen erheben dagegen keine Einwände.
2. Das Berufungsgericht hat die Werklohnforderungen der Klägerin als fällig angesehen, weil die Beklagten die Werkleistung der Klägerin abgenommen hätten (§§ 640, 641 BGB). Es hat angenommen, daß die Beklagten die Abnahme des Werks zwar nicht ausdrücklich, wohl aber durch schlüssiges Verhalten gegenüber der Klägerin erklärt haben, indem sie wesentliche Maschinenteile im Wert von 485.560,-- DM Anfang 1992 an Dritte veräußerten und nur die nicht veräußerbaren Teile behielten. Mit dem Verkauf dieser Teile hätten sie die Abnahme des Gesamtwerks zum Ausdruck gebracht.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revisionen nicht stand.
a) Die Abnahme im Sinne des § 640 BGB besteht darin, daß der Besteller das Werk körperlich entgegennimmt und zu erkennen gibt, er wolle die Leistung als in der Hauptsache dem Vertrag entsprechend annehmen (BGHZ 48, 257, 262). Mit Rücksicht auf die weitreichenden Rechtsfolgen der Abnahme dürfen an die tatsächlichen Voraussetzungen der Abnahme allerdings keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (Sen.Urt. v. 16.11.1993 - X ZR 7/92, NJW 1994, 942 u. v. 29.6.1993 - X ZR 60/92, NJW-RR 1993, 1461, 1462). Das gilt vor allem, wenn ein tatsächliches Verhalten zur Beurteilung steht (Ingenstau/Korbion, VOB, 12. Aufl., B § 12 Rdn. 55), das nach der Rechtsprechung des Senats (Sen.Urt. v. 28.4.1992 - X ZR 27/91, WM 1992, 1579, 1580) nur dann als schlüssige Abnahmeerklärung aufzufassen ist, wenn der Unternehmer aus ihm nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) schließen konnte und durfte, der Besteller billige seine Leistung als in vollem Umfang oder doch im wesentlichen vertragsgerecht. Dieser Erklärungsinhalt kann zwar grundsätzlich auch der Weiterveräußerung des Werks durch den Besteller zukommen (Staudinger/Peters, BGB, 12. Aufl., § 640 Rdn. 28 a.E.; MünchKomm/Soergel, BGB, 2. Aufl., § 640 Rdn. 11; BGB-RGRK/Glanzmann, 12. Aufl., § 640 Rdn. 8; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 7. Aufl., Rdn. 1173); maßgebend sind jedoch stets die konkreten Umstände des Einzelfalls.
b) Das Berufungsgericht hat die Billigung des Werks allein aus dem Umstand gefolgert, daß die Beklagten die wesentlichen Teile der von der Klägerin gelieferten Anlage Anfang 1992 veräußert haben. Es hat hierbei, wie die Revisionen mit Recht rügen (§ 286 ZPO), nicht berücksichtigt, daß die Beklagten eine Abnahme der Werkleistung bereits am 24. April 1991 ausdrücklich mit der Begründung verweigert hatten, die Anlage funktioniere nicht, und verlangt hatten, daß die Klägerin die gelieferte Anlage zurücknimmt. Daß die Beklagten dieses Verlangen in der Folgezeit aufgegeben hätten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hätte es aufgrund des bisherigen Vortrags der Parteien auch nicht können. Denn aus dem vorgelegten Schriftwechsel ergibt sich, daß die Beklagte zu 3 mit Schreiben vom 10. Mai 1991 gegenüber der Klägerin nochmals ihren Standpunkt bekräftigt hat, die Transportbänderanlagen seien entgegen den vertraglichen Absprachen nicht in der Lage, aufgestaute Bücher vom Stauband bis zur maximalen Geschwindigkeit der Packstraße einzuschleusen; im Störfall sei darüber hinaus auch ein vollautomatischer Betriebsablauf nicht gewährleistet, sondern weiterhin der Einsatz von Hilfskräften erforderlich, die mit Hilfe der gelieferten Anlage hätten eingespart werden sollen; die Klägerin solle deshalb die von ihr, der Beklagten zu 3, nicht verwendbaren Teile der Anlage zurücknehmen und die Maschinenverbindung zwischen der Einhängestraße und der Packstraße in einfacherer Form neu herstellen. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 15. Mai 1991 dem widersprochen hatte, unterbreiteten die Beklagten der Klägerin im Rahmen des Vergleichsangebots abermals den Vorschlag, die Transportbänderanlage ohne Stapler zurückzugeben, was die Klägerin mit Schreiben vom 2. August 1991 zurückwies.
Bei dieser Sachlage konnte für die Klägerin kein vernünftiger Zweifel darüber bestehen, daß die Beklagten auch weiterhin nicht bereit waren, die gelieferten Anlagen als vertragsgemäß zu billigen. Allein der Umstand, daß die Beklagten zu 1 und 3 im Zuge ihrer Liquidation später wesentliche Teile der Anlage veräußerten, hat daran nichts geändert (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1978 - VII ZR 29/78, NJW 1979, 549, 550; Werner/Pastor, aaO., Rdn. 1174). Abgesehen von ihrer ausdrücklich erklärten, wiederholt bekräftigten und deshalb fortbestehenden Weigerung, die Werkleistung als vertragsgerecht hinzunehmen, durfte die Klägerin das Verhalten der Beklagten auch deshalb nicht als Abnahmeerklärung werten, weil die gelieferte Transportbänderanlage nicht im Rahmen eines gewöhnlichen Weiterverkaufs veräußert, sondern von den Beklagten zerlegt worden ist, um im Rahmen der Liquidation verkaufsfähige Standardelemente zu erhalten.
c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, mangelnde Fälligkeit stehe dem Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 631 BGB nicht entgegen, erweist sich allerdings aus einem anderen Grunde als richtig. Den Beklagten ist es verwehrt, sich auf mangelnde Fälligkeit zu berufen. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 58, 173, 176; 69, 381, 383; 171, 297, 301) war bereits anerkannt, daß ein Besteller, der die Abnahme des geschuldeten Werks endgültig abgelehnt hat und seinerseits die Bezahlung des Werklohns verweigert, der Klage auf Vergütung nicht mit der Einrede des nicht erfüllten Vertrags oder dem Einwand der fehlenden Fälligkeit (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB) begegnen kann, sondern nur noch solche Einwendungen geltend machen darf, die eine endgültige Regelung des Rechtsverhältnisses ermöglichen. Dieser Auffassung hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (Urt. v. 14.4.1960 - VII ZR 63/59; Urt. v. 29.6.1967 - VII ZR 54/65; Urt. v. 16.5.1968 - VII ZR 40/66; BGHZ 50, 175, 177). Schon begrifflich setzt der verzögerliche Einwand, der Werklohn sei derzeit mangels Abnahme der Werkleistung nicht fällig, voraus, daß das Hindernis behoben werden, das heißt, die Abnahme noch erfolgen kann. Für eine Berufung auf § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist deshalb dann kein Raum, wenn der Besteller das Werk endgültig als mangelhaft zurückweist, weil auch aus seiner Sicht eine Abnahme der Werkleistung nicht nur vorübergehend, sondern überhaupt nicht mehr in Betracht kommt.
Das ist vorliegend der Fall. Nachdem die Beklagten wegen der Liquidation wesentliche Teile der gelieferten Transportbänderanlage veräußert und dadurch jede weitere Nachbesserung durch die Klägerin vereitelt haben, kann das geschuldete Werk nicht mehr in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt und der Fälligkeitsmangel infolge der fehlenden Abnahme endgültig nicht mehr beseitigt werden. Im Rechtsstreit kann es daher auch vom Standpunkt der Beklagten aus nicht mehr darum gehen, die Klägerin zur Herstellung des abnahmefähigen Werks zu veranlassen, sondern nur darum, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Werklohnanspruch endgültige Hindernisse, insbesondere Rechte aufgrund der gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften entgegenstehen. Nur diese können folglich von den Beklagten dem Klageanspruch noch entgegengehalten werden.
3. Das Berufungsgericht hat Gewährleistungsansprüche der Beklagten verneint. Es hat ausgeführt: Die Voraussetzungen der Wandelung, insbesondere eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nach § 634 BGB, lägen nicht vor. Die Beklagten hätten nicht bewiesen, daß die Werkleistung der Klägerin noch mängelbehaftet gewesen sei. Die Frage, auf welchen Ursachen die Betriebsstörungen an der Maschine beruhten, vor allem ob diese auf Mängel der Werkleistung der Klägerin, auf Fehler anderer Maschinen oder auf fehlerhafte Bedienung durch die Beklagte zu 3 zurückgingen, lasse sich durch den vom Landgericht erhobenen Zeugenbeweis nicht feststellen. Diese Frage könne nur durch Sachverständigengutachten geklärt werden. Ein Gutachten könne aber nicht mehr eingeholt werden, weil die Beklagten wesentliche Teile der Maschine verkauft hätten, so daß sie für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stünden. Da die Beklagten die Maschinenteile verkauft hätten, müsse der fehlende Beweis des Mangels zu ihren Lasten gehen.
Die Revisionen greifen dies mit Recht an.
a) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der bestehende Werklieferungsvertrag sei nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden, da die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wandelung nicht vorlägen, gehen seine Ausführungen schon deshalb fehl, weil die Beklagten die Wandelung des Vertrages nicht geltend gemacht haben. Nachdem erhebliche Teile der gelieferten Anlage von ihnen veräußert worden sind, wären die Beklagten zu einer Rückabwicklung des Vertrages auch nicht mehr in der Lage.
b) Die Beklagten haben sich auf Minderung des Werklohns im Umfang der einbehaltenen Vergütungsbeträge berufen. Mit ihrem Minderungsverlangen sind sie nicht gemäß § 640 Abs. 2 BGB ausgeschlossen; eines Vorbehaltes von Gewährleistungsrechten bei der Abnahme bedurfte es hier schon deshalb nicht, weil die Beklagten - wie ausgeführt - die Werkleistung der Klägerin nicht abgenommen haben. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin zu beweisen, daß sie ihre Werkleistung vertragsgemäß und ohne Fehler erbracht hat.
c) Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, daß eine Fristsetzung gemäß § 634 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Es hat aber unterlassen zu prüfen, ob wegen des Schreibens der Klägerin vom 2. Mai 1991 oder aus sonstigen Gründen hier eine Fristsetzung entbehrlich war.
d) Mit Recht rügen die Revisionen eine Verletzung des § 398 ZPO, weil das Berufungsgericht die vom Landgericht gehörten Zeugen nicht entsprechend dem Antrag der Parteien erneut vernommen hat. Zwar steht es grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut hören will. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist jedoch anerkannt, daß dieses (pflichtgebundene) Ermessen unter bestimmten Umständen Einschränkungen unterliegt. Eine erneute Vernehmung ist danach u.a. geboten, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als der Richter der Vorinstanz (BGH, Sen.Urt. v. 29.1.1991 - X ZR 76/90, WM 1991, 963, 964; Urt. v. 11.11.1991 - VI ZR 369/90, NJW 1992, 741, 742; Urt. v. 24.11.1992 - XI ZR 86/92, BGHR ZPO § 398 Abs. 1 - Ermessen 17). Dies ist hier der Fall.
Das Landgericht hat aufgrund der von ihm vernommenen Zeugen Rö., Rit., M., K. und Ri. festgestellt, daß die von der Klägerin gelieferte Anlage nicht ordnungsgemäß lief, die Packstraße extrem störanfällig war und daß diese Mängel nicht auf schlechter Wartung oder Einsatz von unqualifiziertem Personal beruhten. Das Berufungsgericht hat sich hingegen mit den Aussagen der Zeugen nicht erkennbar befaßt. Es hat den Zeugenaussagen keine streitentscheidende Bedeutung beigemessen und die Aussagen der Zeugen anders gewürdigt als das Landgericht. Es hätte deshalb die auch im Berufungsrechtszug von beiden Parteien angebotenen Zeugen - mit Ausnahme des Zeugen Ri., der wegen seiner Stellung als gesetzlicher Vertreter der Klägerin nicht als Zeuge in Betracht gekommen wäre - selbst erneut vernehmen und eingehend befragen müssen, wenn es sich aufgrund der erstinstanzlich protokollierten Zeugenaussagen außerstande sah, zuverlässige Erkenntnisse über das Vorliegen, Art, Ausmaß und Ursache der behaupteten Mängel zu gewinnen.
e) Das Berufungsgericht hat ferner verfahrensfehlerhaft angenommen, nach dem Verkauf der wesentlichen Teile der Anlage könne ein Sachverständigenbeweis nicht mehr erhoben werden (§§ 402, 144, 286 ZPO). Da das Berufungsgericht davon ausgeht, daß die streitige Ursache der Betriebsstörungen nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden kann, hätte es im Rahmen des § 144 Abs. 1 ZPO in eine Aufklärung durch Sachverständigengutachten auch über die Beweisanträge der Parteien hinaus eintreten müssen (vgl. Sen.Urt. v. 12.10.1993 - X ZR 65/92, WM 1994, 758, 761). Daß Teile der Transportbänderanlage veräußert worden sind, schließt eine sachverständige Begutachtung nicht zwingend aus. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die veräußerten Vorrichtungsteile nicht mehr vorhanden, grundlegend umgestaltet oder deren Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen vom Erwerber abgelehnt worden ist. Bis dahin durfte die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht als von vornherein aussichtslos angesehen werden. Auch wenn der Sachverständige die Transportbänderanlage nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gesamtheit hätte begutachten können, läßt sich allein daraus noch nicht der Schluß ziehen, eine Beweiserhebung wäre für die hier zu erörternden Beweisfragen ohne verwertbares Ergebnis geblieben. Nach der Lebenserfahrung ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß der Sachverständige aufgrund der Planungsunterlagen, die noch zur Verfügung stehen, und der Zeugenaussagen die Frage hätte beantworten können, worauf die Störungen der Anlage zurückzuführen waren.
4. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht aus einem anderen rechtlichen Grund als richtig dar (§ 563 ZPO). Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zunächst die Zeugen - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen von Amts wegen - zu vernehmen haben. Sollte sich aufgrund der Beweisaufnahme ergeben, daß die Transportbänderanlage mangelhaft war, so wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die weiteren Voraussetzungen des Minderungseinwands nach § 634 BGB gegeben waren. Sofern bei der nachzuholenden Beweiserhebung Zweifel bleiben sollten, hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob dann zugunsten der Klägerin die Grundsätze der Beweisvereitelung zum Tragen kommen, die Beweiserleichterungen zugunsten derjenigen Partei ermöglichen, deren Beweisführung vom Gegner dadurch vorwerfbar vereitelt oder erschwert wird, daß er vorhandene Beweismittel vernichtet oder sonstwie deren Benutzung verhindert. Im Streitfall könnte eine Anwendung dieser Regeln in Betracht kommen, wenn sich herausstellen sollte, daß die Sachaufklärung hinsichtlich der behaupteten Mängel deshalb nicht mehr möglich ist, weil die Transportbänderanlage von den Beklagten zerlegt und zum Teil verändert worden ist. Die dadurch bedingte Beweisnot der Klägerin wäre unter Umständen von den Beklagten schuldhaft verursacht, weil im Zeitpunkt der Veräußerung Anfang 1992 bereits der vorliegende Rechtsstreit anhängig und für die Beklagten deshalb absehbar war, daß eine sachverständige Begutachtung der gelieferten Anlage erforderlich werden konnte. In dieser Situation hätten die Beklagten der Klägerin ihre Absicht, Teile der Anlage zu veräußern, so rechtzeitig ankündigen müssen, daß die Klägerin zumindest beweissichernde Maßnahmen hätte ergreifen können.
Fundstellen
Haufe-Index 2993408 |
BB 1996, 2488 |
DB 1996, 1617 |
DRsp I(138)757d (Ls) |
NJW-RR 1996, 883 |
WM 1996, 1646 |
MDR 1996, 1108 |
IPRspr. 1996, 33 |