Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Dezember 1997 wie folgt abgeändert:
Es wird weiter festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm sowie Herrn J. H. seit dem 17. Februar 1994 dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, daß die Beklagte an den Kläger die Ansprüche auf Erteilung des deutschen Patents im Hinblick auf die Patentanmeldung „…” (Aktenzeichen beim Deutschen Patent- und Markenamt: P …) nicht abgetreten und nicht in die Umschreibung dieser Patentanmeldung in der Patentrolle auf den Kläger als Anmelder eingewilligt hat.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 21/26 und die Beklagte zu 5/26.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war in den Jahren 1990 bis 1994 bei der Beklagten als Versuchstechniker beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein technisch-wissenschaftliches Dienstleistungsunternehmen, das unter anderem auf den Gebieten der Automobil-, Umwelt-, Luft- und Raumfahrt und Informationstechnik testend und beratend tätig ist.
Vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten hatte der Kläger in Zusammenarbeit mit einem Partner, dem Zeugen H., insgesamt fünf Erfindungen auf dem Gebiet der Motorradtechnik gemacht. Im September 1991 entschloß sich die Geschäftsleitung der Beklagten auf Vorschlag des Klägers dazu, mit diesen Erfindungen einen neuen Geschäftsbereich aufzubauen und mit dem Partner des Klägers, dem Zeugen H., einen Beratervertrag zu schließen. In der Folgezeit kam es auf der Grundlage dieser Zusammenarbeit zu fünf Patentanmeldungen.
Im Januar 1992 unterzeichneten der Kläger und der Zeuge H. ein Formblatt mit der Überschrift „Erfindungsanmeldung”, in dem auf § 5 ArbEG Bezug genommen wurde und in dem unter anderem vier der fünf zum Patent angemeldeten Erfindungen aufgeführt waren. Die Beklagte nahm die Erfindungen uneingeschränkt in Anspruch. Sie schlug dem Zeugen H. vor, die Patentanmeldungen in analoger Anwendung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes zu behandeln, womit dieser sich einverstanden erklärte. Die im vorliegenden Revisionsverfahren allein noch weiter interessierende fünfte Erfindung gemäß der Anmeldung P … war nicht Gegenstand der „Erfindungsanmeldung”.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit verlangte der Kläger, dem der Zeuge H. seine Ansprüche abgetreten hatte, von der Beklagten die Übertragung der erteilten Patente und, soweit Patente angemeldet, aber noch nicht erteilt waren, die Abtretung der Ansprüche auf Erteilung der Patente sowie Nutzungsherausgabe und Schadensersatz.
Das Landgericht hat der hierauf gerichteten Klage im wesentlichen stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, soweit sie sich auf die vier in der „Erfindungsanmeldung” genannten Patente bezog, weil die Beklagte diese Erfindungen rechtsgeschäftlich erworben habe.
Die Revision des Klägers hat der Senat insoweit nicht angenommen.
Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der weiteren (fünften) Patentanmeldung der Klage stattgegeben, jedoch den Feststellungsantrag des Klägers zurückgewiesen, mit dem dieser einen Verzugsschaden geltend macht, der die fünfte zum Patent angemeldete Erfindung betrifft und dadurch entstanden ist oder entstehen wird, daß die Beklagte sich geweigert hat, Ansprüche auf Erteilung des Patents an den Kläger abzutreten.
Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag auf Ersatz des Verzugsschadens weiter. Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
In dem Umfang, in dem die Revision angenommen worden ist, hat sie auch Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger insoweit gemäß §§ 284 Abs. 1, 286 BGB zum Ersatz des Verzugsschadens verpflichtet.
Das Berufungsgericht hat angenommen, auch bezüglich der Erfindung „…” (Aktenzeichen P … beim Deutschen Patent- und Markenamt) könne der Kläger keinen Ersatz eines Verzugsschadens verlangen, weil ihm zwar ein Herausgabeanspruch zustehe, dem jedoch ein aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis herzuleitender Verwendungsersatzanspruch der Beklagten gegenüberstehe, der jedenfalls wegen der Patentanmeldegebühren auch begründet sei. Dieser Verwendungsersatzanspruch gebe der Beklagten nach § 1000 BGB das Recht, die Erfüllung des Herausgabeanspruchs des Klägers zu verweigern. Da der Kläger zum Ersatz der Verwendungen nicht bereit gewesen sei, stehe der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu, das den Verzugseintritt ausschließe. Hierauf habe sich die Beklagte auch längst berufen, ohne daß der Kläger gemäß § 273 Abs. 3 BGB Sicherheitsleistung angeboten habe.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zusteht wegen der Kosten, die durch die Patentanmeldung entstanden sind.
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist auch nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, daß es sich um geringfügige Verwendungen handelt. Sie wäre nur dann ausgeschlossen, wenn sie treuwidrig wäre und deshalb gegen § 242 BGB verstieße. Daß das Berufungsgericht dies nicht angenommen hat, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten aus § 994 BGB hergeleitet. Es kann hier unentschieden bleiben, ob sich der Anspruch aus dieser Vorschrift oder aus den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. Tilmann, GRUR 1982, 97 ff.; Ohl, Die Patentvindikation im deutschen und europäischen Recht, 1987, S. 78 f.) oder unmittelbar aus § 812 BGB ergibt (vgl. Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl., S. 220). Denn für die Entscheidung macht es keinen Unterschied, ob das Zurückbehaltungsrecht aus § 1000 BGB oder aus § 273 Abs. 2 BGB herzuleiten ist.
Das Zurückbehaltungsrecht schließt jedoch den Verzug des Schuldners nur aus, wenn es vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird, damit der Gläubiger Gelegenheit hat, von seiner Abwendungsbefugnis nach § 273 Abs. 3 BGB Gebrauch zu machen. Durch das Unterlassen der Leistung allein wird die Einrede nicht geltend gemacht; eine ausdrückliche Erklärung ist vielmehr notwendig (BGH, Urt. v. 05.05.1971 – VIII ZR 59/70, WM 1971, 1020, 1021; MünchKomm/Thode, BGB, 3. Aufl., § 284 Rdn. 16; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 284 Rdn. 17; Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearb. 1995, § 284 Rdn. 14).
Die Beklagte ist mit Zugang des Schreibens des Bevollmächtigten des Klägers vom 16. Februar 1994 in Verzug geraten. Die in diesem Schreiben enthaltene Aufforderung zur Herausgabe der bereits erteilten Patente und zur Abtretung der Anmelderechte ist hinreichend bestimmt und eindeutig. Das Schreiben bringt auch deutlich zum Ausdruck, daß die geschuldete Leistung verlangt wird. Es genügt deshalb den Anforderungen an eine Mahnung im Sinne von § 284 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte hat dem entgegen erstmals mit ihrem Schreiben vom 3. April 1995 zu erkennen gegeben, daß sie die Freigabe der Erfindungen von einem angemessenen Ersatz ihrer Aufwendungen für die Patente abhängig machen wolle. Selbst wenn man dies ohne Angabe der Höhe der Aufwendungen zur Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts ausreichen lassen wollte, so ist diese Erklärung jedenfalls erst nach dem Eintritt des Verzuges abgegeben worden.
Beruft sich der Schuldner erst nach Eintritt des Verzuges auf das ihm zustehende Zurückbehaltungsrecht, wird der bereits eingetretene Verzug nicht beseitigt. Der Schuldner muß vielmehr durch geeignete Handlungen den Verzug beenden, z.B. seine eigene Leistung Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung anbieten (BGH, Urt. v. 25.11.1970 – VIII ZR 101/69, NJW 1971, 421). Die Beklagte hat sich zwar mit Schriftsatz vom 9. August 1995 bereit erklärt, die im Schreiben des Klägers vom 3. April 1995 genannten Erfindungen, darunter auch die jetzt noch in Streit stehende Patentanmeldung freizugeben. Sie hat dies aber von der Übernahme von Kosten abhängig gemacht, die ihr nicht zustanden. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Patentanmeldegebühren zu Recht erhoben hat. Insbesondere ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß nicht ersichtlich ist, inwiefern von der Beklagten verlangte Entwicklungskosten nützliche Verwendungen für die Erfindung „…” sind. Um Verwendungen auf die herauszugebende Schutzrechtsanmeldung handelt es sich insoweit ersichtlich nicht.
Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 15. Dezember 1995 nur noch Patentanmeldekosten von 3.300,– DM im Gegenzug für ihre Bereitschaft zur Rückgabe der Patente verlangt hat, hat sie aber die Rückgabe weiterhin abhängig gemacht von der Übernahme der wegen der nach ihrer Ansicht zurückzugebenden Patente entstandenen Prozeßkosten. Damit hat sie eine Gegenleistung verlangt, die ihr von Rechts wegen nicht zustand.
Der Verzugseintritt ist demnach nicht durch Anbieten der Leistung seitens der Beklagten beendet worden. Die Beklagte hat daher dem Kläger entstandenen oder noch entstehenden Verzugsschaden zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.
Unterschriften
Rogge, Jestaedt, Melullis, Keukenschrijver, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.06.2000 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen