Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. März 1997 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte nach Ziffer 1a des Urteilsausspruchs zur Unterlassung verurteilt worden ist und die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz nach Ziffer 2 sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung nach Ziffer 3 auf die in Ziffer 1a beschriebenen Handlungen rückbezogen sind.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 8. März 1996 auf die Berufung der Beklagten abgeändert. Die Klage wird in diesem Umfang ebenfalls abgewiesen.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin 11/13, die Beklagte 2/13. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5. Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 11/14, die Beklagte 3/14.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber. Sie betreiben jeweils Verbrauchermärkte im Raum Aachen, in denen sie u.a. Elektroartikel und Geräte der Unterhaltungselektronik anbieten. Zu ihrem Angebot gehören auch Mobiltelefone, für die sie den Abschluß eines Netzkartenvertrages vermitteln.
Die Beklagte warb am 3. August 1995 in den Aachener Nachrichten sowie am 17. August 1995 in den Aachener Nachrichten und in der Aachener Volkszeitung unter der Überschrift „FAST GESCHENKT” für den Kauf eines Mobiltelefons zum Preis von 0,49 DM. In der Anzeige vom 3. August 1995 befindet sich bei der Preisangabe ein Sternchenhinweis, um deutlich zu machen, daß dieser Preis nur in Verbindung mit der Freischaltung einer „Debitel D1-Netzkarte” gelten soll. Ferner enthält der Kasten, auf den der Sternchenhinweis verweist, eine Tabelle, aus der sich die (einmaligen) Anschlußgebühren, die monatliche Grundgebühr und die Gesprächsgebühren entnehmen lassen.
Die beiden Anzeigen sind nachstehend abgebildet, wobei die Anzeige vom 3. August 1995, die dort eine ganze Spalte der Zeitungsseite einnahm, stark verkleinert ist, während die Anzeige vom 17. August 1995 mit einem Ausschnitt in der Originalgröße wiedergegeben ist:
Aachener Nachrichten v. 3.8.1995 |
Aachener Nachrichten und Aachener Volkszeitung v. 17.8.1995 |
Die Klägerin hat die Anzeigen als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat in den Anzeigen einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens sowie einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung und in den beiden Anzeigen vom 17. August 1995 darüber hinaus eine irreführende Werbung nach § 3 UWG erblickt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in werblichen Anzeigen, Zeitungsinseraten u.ä.
für den Verkauf von Mobiltelefonen („Handies”) zu werben, die zu dem beworbenen Preis von 0,49 DM nur bei Abschluß eines Netzkartenvertrages verkauft werden, wie nachstehend wiedergegeben (es folgt die Abbildung der Anzeigen vom 3.8.1995 und 17.8.1995 in den Aachener Nachrichten);
und/oder
ein so beworbenes Mobiltelefon wie angekündigt zu verkaufen und/oder zu veräußern;
und/oder
den Verkauf eines Mobiltelefons („Handy's”) mit einem bestimmten Preis zu bewerben, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird, daß das Gerät zu diesem Preis nur dann erworben werden kann, wenn gleichzeitig der Abschluß eines Debitel D-1-Netzkartenvertrages erfolgt, wie nachfolgend wiedergegeben (es folgt die Abbildung der Anzeige v. 17.8.1995 in den Aachener Nachrichten und in der Aachener Volkszeitung);
(der hierzu gestellte Hilfsantrag ist im Revisionsverfahren ohne Bedeutung)
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr – der Klägerin – den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter Ziffer 1 aufgeführten Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird;
- die Beklagte zu verurteilen, ihr – der Klägerin – Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei die Angaben nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger, Erscheinungsorten und zeitlicher Abfolge aufzuschlüsseln sind.
Das Landgericht hat der Klage im Umfang der wiedergegebenen Anträge stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage mit dem Antrag zu 1b sowie mit den hierauf rückbezogenen Teilen der Anträge zu 2 und 3 abgewiesen; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen, hat jedoch klarstellend den Antrag zu 1c noch deutlicher auf die konkrete Verletzungsform beschränkt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Anzeigen vom 3. und 17. August 1995, soweit sie mit dem Klageantrag zu 1a beanstandet worden sind, unter dem Gesichtspunkt eines wettbewerbswidrigen Vorspannangebots nach § 1 UWG untersagt. Zwar seien Vorspannangebote nicht in jedem Fall unlauter, weil jede Werbung einen Anlockeffekt habe; gerade in Fällen, in denen die gekoppelten Waren eine Gebrauchsnähe aufwiesen und aus der Sicht des Verkehrs als sinnvolle Einheit betrachtet würden, könne die Indizwirkung für die Unlauterkeit entfallen. Doch auch bei der beschriebenen Gebrauchsnähe überschreite die Koppelung die Grenzen des Zulässigen, wenn der Lockeffekt so stark sei, daß er den Kunden von der Hauptware und ihren Eigenschaften abzulenken geeignet sei und ihn aus sachfremden Gründen zu einem Erwerb veranlasse. So liege es wegen des überaus günstigen Kaufpreises für das Mobiltelefon im Streitfall, und zwar auch dann, wenn der Verbraucher die Koppelung zwischen Mobiltelefon und Kartenvertrag bemerke. Denn beim durchschnittlichen Verbraucher könne keine Kenntnis darüber vorausgesetzt werden, daß es verschiedene Netzkartenanbieter mit unterschiedlichen Tarifen gebe. Dieser Kreis der Verbraucher werde geneigt sein, den Blick ausschließlich auf das scheinbar so günstige Mobiltelefon zu richten und dabei die eigentliche Hauptware – den Kartenvertrag und die mit seinem Abschluß verbundenen Kosten – zu vernachlässigen.
Die Anzeigen vom 17. August 1995 hat das Berufungsgericht, soweit sie mit dem Klageantrag zu 1c beanstandet worden sind, als irreführend nach § 3 UWG angesehen. In der Werbung werde nicht hinreichend deutlich darauf hingewiesen, daß die Beklagte das Mobiltelefon zu dem beworbenen Preis von 0,49 DM nur abgebe, wenn gleichzeitig ein Netzkartenvertrag abgeschlossen werde. Werde ein Gesamtpaket angeboten, müsse dies aus der Werbung unmißverständlich hervorgehen. Gleiches gelte für die einzelnen Preisbestandteile. Die in Rede stehenden Anzeigen genügten diesen Anforderungen nicht. Zwar finde sich in der obersten linken Ecke der Anzeige ein schwarzer Block, der eine Aufklärung darüber enthalte, daß der Kunde zum Erwerb des Mobiltelefons zu bestimmten Konditionen einen Kartenvertrag mit einem bestimmten Netzbetreiber abschließen müsse. Diese Hinweise seien jedoch derart klein gedruckt, daß sie nur mit großer Anstrengung – fast nur mit der Lupe – lesbar seien. Außerdem fehle bei der Anpreisung des Mobiltelefons ein Verweis – beispielsweise durch ein Sternchen –, der den Leser auf die wesentlichen zusätzlichen Informationen hinweise.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision hinsichtlich des Klageantrags zu 1c und der darauf bezogenen Teile der Anträge zu 2 und 3 stand. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1a sowie der darauf rückbezogenen Teile der Anträge zu 2 und 3 führen sie dagegen zur Abweisung der Klage.
1. Klageantrag zu 1a:
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in den beanstandeten Anzeigen kein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens durch ein unzulässiges Vorspannangebot.
Ein wettbewerbswidriges übertriebenes Anlocken ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darin gesehen worden, daß ein Gewerbetreibender durch ein Übermaß von meist geldwerten Vorteilen in der Weise auf die Entschließungsfreiheit des Kunden einwirkt, daß dieser seine Entscheidung nicht mehr nach Güte und Preiswürdigkeit, sondern nur noch danach trifft, wie er in den Genuß des Werbemittels gelangt (BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 147/97, WRP 1999, 517, 518 m.w.N.). Dabei muß es sich jedoch immer um einen außerhalb des eigentlichen Angebots liegenden Vorteil handeln. Im Falle von Kopplungsangeboten kommt ein übertriebenes Anlocken aufgrund der besonderen Attraktivität des einen Teils der angebotenen Waren oder Leistungen grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn es sich nicht um ein einheitliches Angebot handelt. Liegt dagegen nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ein Angebot mehrerer zueinander gehörender Waren oder Leistungen vor, kann in der Ankündigung des besonders günstigen Preises für einen Teil der zu erbringenden Gesamtleistung kein unsachliches Mittel der Kundenbeeinflussung erblickt werden. Denn die Werbung mit dem günstigen Preis der einen Ware oder Leistung stellt sich in diesem Fall als ein legitimer Hinweis auf den günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis der angebotenen Gesamtleistung und damit als ein Hinweis auf die eigene Leistungsfähigkeit dar. Die Anlockwirkung, die von einem attraktiven Angebot ausgeht, ist niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs (BGHZ 139, 368, 374 f. – Handy für 0,00 DM, m.w.N.).
In den Fällen der Werbung mit einem gegen Null tendierenden Preis für ein Mobiltelefon, das nur bei gleichzeitigem Abschluß eines Netzkartenvertrages abgegeben wird, sind es – wie der Senat bereits in den Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 hervorgehoben hat – vor allem zwei Gesichtspunkte, die nach der Lebenserfahrung den Eindruck des Publikums maßgebend prägen und – so auch im Streitfall – zu der Bewertung führen, daß der Verkehr in der fraglichen Werbung ein einheitliches Angebot sieht. Hierfür spricht zum einen die Funktionseinheit von Telefon und Netzzugang. Auch wenn es möglich ist, Mobiltelefone ohne Kartenvertrag zu erwerben und Kartenverträge ohne gleichzeitigen Erwerb eines Mobiltelefons abzuschließen, müssen doch die meisten Erwerber eines Mobiltelefons einen Netzkartenvertrag abschließen, um das Telefon überhaupt in der beabsichtigten Weise einsetzen zu können. Dies hat in der Praxis dazu geführt, daß meist das eine nicht ohne das andere angeboten wird. Unter diesen Umständen liegt die Annahme einer Gesamtleistung bestehend aus dem Mobiltelefon und dem für den Betrieb notwendigen Netzzugang überaus nahe (vgl. BGHZ 139, 368, 372 f. – Handy für 0,00 DM, zu § 1 ZugabeVO; BGH WRP 1999, 517, 518; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 263 = WRP 1999, 94 – Handy-Endpreis).
Allerdings ist insofern auf die Verkehrsauffassung abzustellen, die wiederum durch das Geschäftsgebaren des Werbenden beeinflußt und bestimmt werden kann (vgl. zu der entsprechenden Frage im Rahmen von § 1 ZugabeVO BGHZ 139, 368, 373 – Handy für 0,00 DM, m.w.N.). Ohne Bedeutung ist dabei die Aufspaltung in zwei Rechtsgeschäfte; denn mit rechtlichen Erwägungen hält sich der Verkehr nicht auf. Doch hat die Beklagte durch ihr Werbeverhalten – indem sie den Preis des Mobiltelefons blickfangmäßig herausgestellt hat – einiges dazu getan, um den Eindruck einer Gesamtleistung in den Hintergrund treten zu lassen. Durch diese in der Werbung vorgenommene Aufspaltung wird jedoch die für den Verbraucher im Vordergrund stehende Funktionseinheit von Mobiltelefon und Netzzugang letztlich nicht in Frage gestellt.
Maßgebend hierfür ist der zweite Gesichtspunkt: Da dem Publikum geläufig ist, daß Mobiltelefone einen nicht unerheblichen Wert haben und ein Kaufmann ein solches Gerät nicht ohne weiteres zu einem Preis abgibt, der kaum der Rede wert ist, erkennt es auch, daß der Erwerb des Mobiltelefons letztlich mit den Gegenleistungen finanziert werden muß, die im Rahmen des Netzkartenvertrags zu erbringen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Verkehr in der Werbung seit Jahren Angeboten begegnet, mit denen für den Abschluß eines Netzkartenvertrages bei gleichzeitigem Erwerb eines Mobiltelefons zu einem besonders günstig erscheinenden Preis geworben wird. Die Fülle derartiger Angebote macht dem Publikum deutlich, daß es nicht um das Verteilen von Geschenken, sondern nur um einen Anreiz zum Abschluß eines langfristigen Netzkartenvertrags geht. Erkennt der Verbraucher aber, daß der Erwerb des Mobiltelefons durch die im Rahmen des Netzkartenvertrages zu erbringenden Leistungen mitfinanziert werden muß, kann die Werbung für den besonders günstigen Preis des Mobiltelefons unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens nicht untersagt werden. Denn es handelt sich in diesem Fall um eine Werbung mit der Attraktivität der eigenen Leistung.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Beklagte stelle mit dem Angebot eines besonders günstigen Mobiltelefons nicht ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis, sondern verschleiere nur den Umstand, daß im Rahmen der Netzkartenverträge überhöhte Entgelte verlangt würden. Daß die Beklagte den Erwerb des günstigen Mobiltelefons an den Abschluß eines – im Vergleich zu anderen Angeboten – eher ungünstigen Kartenvertrags geknüpft hätte, ist den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen. Dem vom Berufungsgericht hervorgehobenen Gesichtspunkt, der Verbraucher habe von der Existenz verschiedener Anbieter für den Netzzugang mit unterschiedlichen Tarifen keine Kenntnis, kommt unter diesen Umständen keine entscheidende Bedeutung zu. Denn der günstige Preis für das Mobiltelefon ist nicht die Folge einer künstlichen Kostenverlagerung von dem einen auf den anderen Teil der angebotenen Gesamtleistung. Er läßt sich vielmehr als eine Auswirkung gesunden Wettbewerbs beschreiben: Ist die Beklagte, die keinen unmittelbaren Einfluß auf die Tarife der „Service Provider” hat, verstärktem Wettbewerb ausgesetzt, kann sie vor allem durch eine Herabsetzung des Preises für das Mobiltelefon reagieren, nicht dagegen durch eine Änderung der Tarifstruktur bei den Netzkartenverträgen. Werden ihr auf der anderen Seite für jede Vermittlung eines Netzkartenvertrages hohe Provisionen gezahlt, so kann sie mit Hilfe dieser Provisionen die Anschaffung des Mobiltelefons „subventionieren”. Würde der Beklagten die besonders günstige Abgabe von Mobiltelefonen untersagt, würde mit Hilfe des § 1 UWG in diesen Marktmechanismus, dem durchaus vernünftige wirtschaftliche Erwägungen zugrunde liegen, eingegriffen.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist zwar nicht schlechthin jede Werbung für ein (nahezu) unentgeltlich abzugebendes Mobiltelefon bei gleichzeitigem Abschluß eines Kartenvertrags; ein Merkmal des zu untersagenden Verhaltens liegt vielmehr gerade in der blickfangmäßigen Herausstellung des Angebots. Fehlt aber bei der nahezu kostenlosen Abgabe von Mobiltelefonen der wettbewerbswidrige Anlockeffekt, weil es sich nicht um eine leistungsfremde Vergünstigung handelt, so kann es der Beklagten – vorausgesetzt, ihre Werbung verstößt nicht gegen das Irreführungsverbot und die Gebote der Preisangabenverordnung (dazu BGHZ 139, 368, 376 ff. – Handy für 0,00 DM; s. ferner unten unter II.2.) – nicht versagt werden, ein solches Marktverhalten werbend herauszustellen.
b) Der Klage kann auch nicht unter dem vom Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – ungeprüft gelassenen Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung zum Erfolg verholfen werden. Da das Mobiltelefon im Verhältnis zu der im Netzzugang liegenden Hauptleistung keine Nebenleistung darstellt, fehlt es an einem Anbieten, Ankündigen oder Gewähren einer Zugabe. Bei einem Angebot, das ein Mobiltelefon und den zu dessen Betrieb notwendigen Netzzugang umfaßt, handelt es sich vielmehr um eine einheitliche Leistung, die nicht in eine Haupt- und Nebenleistung aufgespalten werden kann (dazu im einzelnen BGHZ 139, 368, 371 ff. – Handy für 0,00 DM).
c) Die Frage, ob die oben wiedergegebene Werbung unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung oder eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung als wettbewerbswidrig beanstandet werden könnte, stellt sich im Rahmen der Prüfung des Antrags zu 1a nicht. Die Klägerin hat – entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung – durch ihre Klageanträge und deren Begründung deutlich gemacht, daß es ihr bei dem Klageantrag zu 1a allein um das Verbot einer Werbung für Mobiltelefone zu einem gegen Null tendierenden Preis (hier: 0,49 DM) geht, wenn dieser Verkauf an den Abschluß eines Netzkartenvertrages gekoppelt wird. Zwar hat die Klägerin die Anzeigen vom 3. und 17. August 1995 zur Erläuterung in den Antrag aufgenommen. Eine umfassende Prüfung der beiden Anzeigen auch unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG hat sie jedoch nicht begehrt. Dies ergibt sich daraus, daß sie die beiden gleichlautenden Anzeigen vom 17. August 1995 zum Gegenstand des gesonderten Antrags zu 1c gemacht hat, der sich gegen die in der beanstandeten Werbung liegende Irreführung richtet („… zu bewerben, wenn nicht deutlich darauf hingewiesen wird, daß …”). Zwar kann der Kläger die rechtliche Prüfung eines gegebenen Streitgegenstandes nicht auf einzelne rechtliche Bestimmungen beschränken; er kann jedoch den Gegenstand des jeweiligen Antrags bestimmen. Dies hat die Klägerin im Streitfall getan, indem sie zur Begründung des Klageantrags zu 1a auf das Wettbewerbswidrige einer Wertreklame oder Zugabe und zur Begründung des Klageantrags zu 1c auf die Irreführung der Werbeanzeigen vom 17. August 1995 abgestellt hat.
2. Klageantrag zu 1c:
Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandeten Anzeigen vom 17. August 1995 seien irreführend nach § 3 UWG. Nach den vom Senat in den Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 aufgestellten Grundsätzen (BGHZ 139, 368, 376 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 f.) verstoßen die unzureichenden Angaben über die Kosten des Kartenvertrages auch gegen § 1 Abs. 2 und 6 PAngV und damit gegen § 1 UWG.
a) Die – mit Preisen werbende – Beklagte ist nach § 3 UWG sowie nach § 1 Abs. 2 und 6 PAngV verpflichtet, die für den Verbraucher mit dem Abschluß eines Netzkartenvertrags verbundenen Kosten hinreichend deutlich kenntlich zu machen. Die Beklagte stellt in ihrer Werbung blickfangmäßig heraus, daß ein Teil des einheitlichen, aus Mobiltelefon und Netzzugang bestehenden Angebots fast umsonst abgegeben wird. Eine solche Angabe ist unvollständig, wenn nicht gleichzeitig die Preisbestandteile, die auf den Netzkartenvertrag entfallen und mit denen das besonders günstige Angebot für das Mobiltelefon – unmittelbar oder mittelbar über die vom „Service Provider” gezahlte Provision – finanziert wird, in der Werbung so dargestellt werden, daß sie dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind.
Diese Verpflichtung ergibt sich zum einen aus dem Irreführungsverbot des § 3 UWG. Zwar trifft den Werbenden – wie das Berufungsgericht mit Recht anführt – keine allgemeine Aufklärungspflicht; denn der Verkehr erwartet nicht ohne weiteres die Offenlegung aller – auch der weniger vorteilhaften – Eigenschaften einer Ware oder Leistung (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis, m.w.N.). Wird aber bei einer Koppelung zweier Angebote mit der besonderen Preiswürdigkeit des einen Angebots geworben, darf der Preis des anderen Angebots nicht verschwiegen werden oder in der Darstellung untergehen, weil damit ein unzutreffender Eindruck über die Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebots vermittelt würde.
Die Verpflichtung zur Angabe der anderen Preisbestandteile ergibt sich aber auch aus § 1 Abs. 2 PAngV, und zwar – soweit es um die Angabe der Mindestlaufzeit geht – i.V. mit § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV. § 1 Abs. 2 PAngV bezieht sich auf die Angabe von Verrechnungssätzen bei Leistungen und damit auf die Angabe von Preisbestandteilen, die sich zur Bildung eines Endpreises nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV nicht eignen, weil der Leistungsumfang im einzelnen noch nicht feststeht (vgl. Köhler/Piper, UWG, § 1 PAngV Rdn. 49). Auch insoweit gilt, daß der Kaufmann – wenn er unter Angabe von Preisen wirbt – grundsätzlich vollständige Angaben zu machen gehalten ist.
b) Für die Frage, in welcher Weise auf die im Rahmen des Netzkartenvertrages geschuldeten Entgelte hinzuweisen ist, ist auf die Grundsätze des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV zurückzugreifen. Danach ist es notwendig, daß die Angaben über die Kosten des Netzzugangs räumlich eindeutig dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon zugeordnet sind. Die Angaben müssen gut lesbar und grundsätzlich vollständig sein. Insbesondere der Hinweis auf die nicht verbrauchsabhängigen festen Entgelte (einmalige Zahlungen, Mindestumsätze, monatliche Grundgebühren) sowie die Mindestlaufzeit darf in der Fülle anderer Informationen nicht untergehen (BGHZ 139, 368, 377 – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis; WRP 1999, 509, 512).
c) Die in Rede stehenden Anzeigen der Beklagten vom 17. August 1995 genügen diesen Anforderungen nicht. Das Berufungsgericht hat mit Recht beanstandet, daß ein unmißverständlicher Hinweis – etwa in Form eines Sternchens – fehlt, um dem Leser deutlich vor Augen zu führen, daß es sich bei dem Preis des Mobiltelefons nur um einen (geringen) Teil der aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Gegenleistung handelt, die beim Erwerb des angebotenen Pakets (Mobiltelefon mit Kartenvertrag) geschuldet wird. Zwar ist der fragliche schwarze Kasten – wie die Revision hervorhebt – dem abgebildeten Mobiltelefon an sich räumlich klar zugeordnet; ferner ist unter dem Mobiltelefon eine Telefonkarte von „debitel” abgebildet, durch die möglicherweise beim Leser die Assoziation hervorgerufen wird, daß zum Betrieb eines Mobiltelefons der Abschluß eines Netzkartenvertrages erforderlich ist. Der Blickfang mit der Abbildung und dem Preis enthält jedoch keinerlei Hinweis auf die mit dem Erwerb verbundenen weiteren Verpflichtungen. Auf die Koppelung wird der Leser erst hingewiesen, wenn er den (kleingedruckten) Inhalt des Kastens zur Kenntnis nimmt. Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, der Text, der die näheren Angaben zu den Kosten des Kartenvertrages enthalte, sei so klein gedruckt, daß er ohne Lupe kaum zu lesen sei. Gegenüber dieser tatrichterlichen, keineswegs erfahrungswidrigen Feststellung ist die gegenteilige Behauptung der Revision unbeachtlich. Ergänzend hätte das Berufungsgericht noch darauf abstellen können, daß die beanstandete Anzeige keinen Hinweis auf die Mindestlaufzeit des Kartenvertrages enthält. Ohne diese zusätzliche Information läßt sich die mit dem Abschluß des Kartenvertrages verbundene wirtschaftliche Belastung nicht ermessen. Sie stellt daher einen unverzichtbaren Bestandteil der Preisangaben dar (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis).
3. Die Revision führt hinsichtlich der Klageanträge zu 2 und zu 3 ebenfalls zur Klageabweisung, soweit sie sich auf Handlungen beziehen, wie sie im Klageantrag zu 1a beschrieben sind. Soweit sich das Verhalten der Beklagten als wettbewerbswidrig darstellt – also im Umfang des Klageantrags zu 1c –, begegnet die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung keinen rechtlichen Bedenken.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, RiBGH Prof. Dr. Mees ist ausgeschieden und daher an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.10.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen