Leitsatz (amtlich)
a) Wird ein ausländischer Titel, dem die Anerkennung im Inland nicht zu versagen ist, den Bestimmtheitsanforderungen, die nach deutschem Vollstreckungsrecht an einen Vollstreckungstitel zu stellen sind, nicht gerecht, ergeben sich jedoch die Kriterien, nach denen sich die titulierte Leistungspflicht bestimmt, aus den ausländischen Vorschriften oder ähnlichen im Inland gleichermaßen zugänglichen und sicher feststellbaren Umständen, so ist es grundsätzlich zulässig und geboten, diese Feststellungen nach Möglichkeit im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu treffen und den ausländischen Titel in der Vollstreckbarkeit entsprechend zu konkretisieren.
b) Zur Vollstreckbarerklärung einer in der Schweiz abgeschlossenen, gerichtlich genehmigten Ehescheidungskonvention über eine Unterhaltsrente, deren Höhe an den schweizerischen Landesindex für Konsumentenpreise geknüpft ist.
Normenkette
Deutsch-schweizerisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen vom 2. November 1929 Art. 3-4, 6, 8; ZPO §§ 722-723
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein |
OLG Koblenz |
Tenor
Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats – 2. Senat für Familiensachen –des Oberlandesgerichts Koblenz vom 19. Juni 1984 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Antragstellerin zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Durch Urteil vom 4. Juni 1971 hat das Zivilamtsgericht Interlaken (Schweiz) die Ehe der Parteien, die beide deutsche Staatsangehörige sind, auf beiderseitiges Begehren wegen tiefer Zerrüttung geschieden und das aus der Ehe hervorgegangene Kind Gabriele der Mutter zur Pflege und Erziehung zugesprochen. Weiter hat es in Ziffer 3 des Entscheidungssatzes die am 26. und 27. Februar 1971 geschlossene, im Wortlaut aufgeführte „Ehescheidungskonvention” der Parteien genehmigt, die insbesondere das Umgangsrecht des Vaters, Fragen der Ausbildung des Kindes, Unterhaltsbeiträge des Antragsgegners für das Kind und die Antragstellerin sowie die güterrechtliche Auseinandersetzung der Parteien regelt und auszugsweise lautet:
„…
5) Herr Ernst B. zahlt Frau Anneliese B. vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils hinweg einen monatlich vorauszuleistenden Unterhaltsbeitrag von Fr. 1.200,–. Dieser Unterhaltsbeitrag ist Frau B. lebenslänglich zu entrichten, fällt jedoch bei einer Wiederverheiratung von Frau Anneliese B. dahin.
6) Wenn der Schweizerische Landesindex für Konsumentenpreise von gegenwärtig 117,0 Punkten um je 10 Punkte steigt oder fällt, so erhöhen oder ermässigen sich die Leistungen von Herrn Ernst B. gemäss Ziff. 3 und 5 hiervor im gleichen Verhältnis.
…”
Nach der Urteilsverkündung haben beide Parteien auf Rechtsmittel verzichtet. In der Folge hat der Antragsgegner, der in der Bundesrepublik lebt und inzwischen wieder verheiratet ist, für die Antragstellerin zunächst monatlich 1.200 sfr., später monatlich 1.353,75 sfr. und seit 1. Januar 1984 nur noch monatlich 456 sfr. entrichtet.
Die noch in der Schweiz wohnhafte Antragstellerin erstrebt die Vollstreckbarerklärung der vorgenannten Ehescheidungskonvention in den Ziffern 5 und 6 für das Gebiet der Bundesrepublik. Gegen die Zurückweisung ihres Antrages durch das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Antragstellerin Berufung eingelegt und zuletzt beantragt, unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Ehescheidungskonvention wie folgt für vollstreckbar zu erklären:
In Ziffer 5 für die Zeit ab 1. Januar 1984 sowie in Ziffer 6
- hinsichtlich 360,10 sfr. monatlich für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Mai 1979,
- hinsichtlich 463,69 sfr. monatlich für die Zeit vom 1. Juni 1979 bis 30. November 1980,
- hinsichtlich 564,25 sfr. monatlich für die Zeit vom 1. Dezember 1980 bis 31. Juli 1981,
- hinsichtlich 683,17 sfr. monatlich für die Zeit vom 1. August 1981 bis 31. Juli 1982,
- hinsichtlich 788,81 sfr. monatlich für die Zeit vom 1. August 1982 bis 31. Dezember 1983,
- hinsichtlich 942,56 sfr. monatlich für die Zeit ab 1. Januar 1984.
Das Oberlandesgericht – Senat für Familiensachen – hat das angefochtene Urteil dahin geändert, daß es Ziffer 5 der Ehescheidungskonvention für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1984 in Höhe von monatlich 744 sfr. und für die Zeit ab 1. Juli 1984 in Höhe von monatlich 1.200 sfr. für vollstreckbar erklärt hat. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin – zugelassene – Revision eingelegt, mit der sie die Vollstreckbarerklärung der Ehescheidungskonvention in Ziffer 6 entsprechend ihrem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt – im Umfang der Anfechtung – zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß das vorliegende Verfahren eine Familiensache nach § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 GVG zum Gegenstand hat und es nach §§ 119 Abs. 2 i. V. mit 23b Abs. 1 GVG zur Entscheidung über die Berufung der Antragstellerin berufen war. Nach der Rechtsprechung des Senats fällt das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung in die familiengerichtliche Zuständigkeit, wenn der Titel eine Angelegenheit betrifft, die nach inländischem Verfahrensrecht als Familiensache einzuordnen ist (Senatsbeschlüsse vom 9. Juli 1980 – IVb ARZ 533/80 – NJW 1980, 2025 – L. – und vom 13. Juli 1983 – IVb ZB 31/83 – BGHZ 88, 113). Daran hält der Senat auch im vorliegenden Fall fest, in dem die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Titels nach dem deutsch-schweizerischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929 (RGBI 1930 II 1066) – im folgenden: Abkommen – zu beurteilen sind (abweichend Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. Anhang § 723 B I 1 und 2 Fn. 12 i. V. mit § 722 Rdnr. 12). Die Ehescheidungskonvention hat, soweit ihre Vollstreckbarerklärung erstrebt wird, eine Familiensache zum Gegenstand, da sie insoweit – gleichgültig ob nach schweizerischem (Art. 152 ZGB) oder nach deutschem Recht (§ 61 Abs. 2 EheG) – die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betrifft.
II.
Das Berufungsgericht hat die Vollstreckbarerklärung der Ehescheidungskonvention in Ziffer 6 abgelehnt, da eine Ergänzung oder sonstige inhaltliche Auffüllung des für vollstreckbar zu erklärenden ausländischen Titels nicht zulässig sei. Art. 7 Abs. 1 des Abkommens habe die Partei, die die Vollstreckbarerklärung nachsuche, eine vollständige Ausfertigung der Entscheidung beizubringen. Die Zahlungspflicht, deren Vollstreckbarerklärung die Antragstellerin hier erstrebe, ergebe sich jedoch aus der Ehescheidungskonvention nicht. Die Einarbeitung der Indexzahlen stelle eine inhaltliche Auffüllung dar, die im vorliegenden Verfahren nicht möglich sei. Vielmehr könne ein Titel nur so für vollstreckbar erklärt werden, wie er ergangen sei. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 des Abkommens schreibe vor, daß die Vollstreckbarerklärung in einem möglichst einfachen und beschleunigten Verfahren zu erfolgen habe. Das stehe einer Beweiserhebung über etwa heranzuziehendes ausländisches Recht, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens entgegen. Die Antragstellerin könne das von ihr verfolgte Ziel nur im Wege einer in der Bundesrepublik zu erhebenden Leistungsklage erreichen.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision zu Recht.
1. Nach deutschem Vollstreckungsrecht, nach dem sich gemäß Art. 6 Abs. 2 des Abkommens die Vollziehung eines für vollstreckbar erklärten schweizerischen Titels im Inland bestimmt, muß ein Vollstreckungstitel den im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnen. Notfalls hat das Vollstreckungsorgan den Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen. Dabei muß der Titel jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Es genügt nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (vgl. etwa Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. Rdnr. 25 ff. vor § 704; Thomas/Putzo, ZPO 12. Aufl. Vorbemerkung IV 1 c, e vor § 704; Zöller/Stöber, ZPO 14. Aufl. § 704 Rdnr. 2 ff., jeweils m. w. N.).
Diesen Bestimmtheitserfordernissen würde die in Ziffer 6 der Ehescheidungskonvention getroffene Regelung nicht gerecht, weil der Umfang dessen, was der Antragsgegner zu leisten hat, allein aus ihr nicht erkennbar ist und sich auch nicht im Wege der Auslegung unter Heranziehung inländischer Vorschriften oder sonstiger allenfalls zulässiger Auslegungs- und Berechnungsfaktoren (vgl. Stein/Jonas/Münzberg a.a.O. Rdnr. 153) erschließt. Indessen ist es nicht der zu realisierende ausländische Titel, der die Grundlage für die angestrebte Zwangsvollstreckung im Inland bildet; maßgebender Titel für die Zwangsvollstreckung ist vielmehr allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (vgl. Stein/Jonas/, Münzberg a.a.O. § 722 Rdnr. 23; Völler/Geimer a.a.O. § 722 Rdnr. 58). Damit beziehen sich die dargelegten vollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen auf diese Vollstreckbarkeitsentscheidung. Daß sie in gleicher Weise auch den ausländischen Titel erfaßten, läßt sich aus den Grundsätzen des deutschen Vollstreckungsrechts nicht herleiten. Für die an der Vollstreckung Beteiligten, vor allem die Vollstreckungsorgane, kommt es allein darauf an, daß die Vollstreckbarkeitsentscheidung den an einen Vollstreckungstitel zu stellenden Anforderungen genügt.
2. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens werden die Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, die im Gebiete des anderen Staates anzuerkennen sind, auf Antrag einer Partei in diesem Staat für vollstreckbar erklärt. Nach dieser Bestimmung ist materielle Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung allein die Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Titels, nicht dagegen, daß dieser den Erfordernissen des inländischen Vollstreckungsverfahren genügt. Ist der ausländische Titel im Ursprungsstaat vollstreckbar und ergibt das Verfahren über seine Vollstreckbarerklärung im Inland, daß ihm die Anerkennung nicht zu versagen ist, so besteht das Bedürfnis, dem Titel nach Möglichkeit auch im Inland Geltung zu verschaffen und die Vollstreckung nicht daran scheitern zu lassen, daß die Kriterien, nach denen die Leistung festgelegt ist, sich nicht aus dem Titel selbst, sondern aus ausländischen Vorschriften oder ähnlichen, gleichermaßen zugänglichen Umständen ergeben. Die Anerkennung eines ausländischen Titels hat grundsätzlich zur Folge, daß sich die Wirkungen, die er nach dem Recht des Ursprungsstaates entfaltet, auch auf das Inland erstrecken (vgl. etwa Waehler in Handbuch IZVR III/2 Kapitel III Rdnr. 124 m. w. N.; Zöller/Geimer a.a.O. § 328 Rdnr. 41). Wenn davon auch die Vollstreckungswirkung gerade ausgenommen bleibt, die Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels für das Inland vielmehr originär verliehen werden muß (vgl. Zöller/Geimer a.a.O. § 722 Rdnr. 3), so legt es die aus der Anerkennung folgende Wirkungserstreckung doch nahe, den Inhaber des ausländischen Titels nicht zu einer klarstellenden Entscheidung im Inland zu nötigen. Das würde auch zu einer Verdoppelung der Verfahren führen, die aus prozessökonomischen Gründen, aber auch aus Gründen der Kostenlast für die Parteien nach Möglichkeit unterbleiben muß. Außerdem ergäben sich daraus Verzögerungen bei der Durchsetzung, die gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen es um die Realisierung eines Unterhaltsanspruchs geht, vermieden werden müssen.
Wird der ausländische Titel den dargelegten Erfordernissen, die für das notwendigerweise formalisierte Vollstreckungsverfahren gelten, nicht gerecht, ergeben sich jedoch die Kriterien, nach denen sich die Leistungspflicht bestimmt, aus den ausländischen Vorschriften oder ähnlichen, im Inland gleichermaßen zugänglichen und sicher feststellbaren Umständen, so ist es danach grundsätzlich geboten, diese Feststellungen möglichst im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu treffen und den ausländischen Titel in der Entscheidung über seine Vollstreckbarkeit entsprechend zu konkretisieren. Demgemäß wird die Auffassung vertreten, daß der deutsche Exequaturrichter in Fällen, in denen das ausländische Urteil zur Zahlung gesetzlicher Zinsen oder der Mehrwertsteuer verpflichtet, ohne beides näher zu beziffern, das ausländische Urteil insoweit zu ergänzen hat (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO 43. Aufl. Schlußanhang V C, Bemerkung zu Art. 33 EGÜbk S. 2315; Zöller/Geimer a.a.O. § 722 Rdnr. 40 ff.; Martiny in Handbuch IZVR III/2 Kapitel II Rdn. 43; Wolff in Handbuch IZVR III/2 Kapitel IV Rdnr. 24, jeweils m. w. N.). Desgleichen wird der Richter für befugt gehalten, bei der Vollstreckbarerklärung ausländische Titel über Unterhaltsrenten, die, wie es in den Niederlanden sowie in den skandinavischen Ländern der Fall ist, durch Gesetz mit einem Preis- oder Lohnindex verknüpft sind und sich demgemäß kraft Gesetzes und ohne Umschreibung des Titels erhöhen (vgl. Dopffel/Buchhofer, Unterhaltsrecht in Europa S. 511 ff., 623 f.; Dopffel DAVorm 1984, 218 m. w. N.), derartige Anpassungen zu berücksichtigen und wegen der Erhöhungen für vollstreckbar zu erklären (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1983, 1157; Dopffel a.a.O., S. 230 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung;, Baumbach/Lauerbach/Albers a.a.O. Schlußanhang V A 2, Bemerkung zu Art. i des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern; Zöller/Geimer a.a.O. Rdnr. 43; Wolff a.a.O. Rdnr. 25; Martiny a.a.O. Rdnr. 284 – a. A. OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 630). Diesem Standpunkt tritt der Senat für den Fall der vorliegenden Ehescheidungskonvention bei, in der die Unterhaltsrente – wie noch näher zu erörtern sein wird (vgl. dazu im folgenden unter III. 1.) – durch die Vereinbarung der Parteien oder durch Richterspruch indexiert worden ist. Das Verfahren, das die zum Abkommen ergangene Ausführungsverordnung vom 23. August 1930 (RGBl II 1209) für die Vollstreckbarerklärung vorsieht und in dem das Gericht nach seinem Ermessen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß oder auch aufgrund mündlicher Verhandlung durch Endurteil entscheiden kann (Art. 2 AusfVO i. V. mit § 1042a Abs. 1 ZPO), bietet hinreichende verfahrensrechtliche Möglichkeiten, die aus der Indexierung folgenden jeweiligen Anpassungsbeträge – etwa durch die Erhebung von Beweisen, wie sie die Antragstellerin in der Berufungsbegründung beantragt hat – zuverlässig festzustellen. Der Ansicht des Berufungsgerichts, daß dieses Verfahren im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 2 des Abkommens, wonach die Vollstreckbarerklärung in einem möglichst einfachen und beschleunigten Verfahren zu erfolgen hat, Beweisaufnahmen zum Zwecke jener Feststellungen nicht zulasse, kann nicht gefolgt werden. Dem in jener Bestimmung des Abkommens zum Ausdruck kommenden Anliegen, dem anzuerkennenden ausländischen Titel auf möglichst einfache und rasche Weise im Inland die Vollstreckbarkeit zu verleihen, kommt es in Fällen der vorliegenden Art vielmehr gerade entgegen, wenn der Gläubiger nicht zu einer weiteren Klage gezwungen wird, sondern der titulierte Unterhaltsanspruch in der Vollstreckbarkeitsentscheidung entsprechend der vorgesehenen Indexierung der Höhe nach so konkretisiert wird, wie es für die Vollstreckung erforderlich ist. Ebensowenig kann der im Anschluß an die genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vertretenen Auffassung des Berufungsgerichts zugestimmt werden, daß die „Einarbeitung” der nach dem maßgebenden schweizerischen Landesindex ermittelten Anpassungsbeträge in den Titel als dessen inhaltliche Ausfüllung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung verwehrt sei. Die Berücksichtigung der Anpassungsbeträge in der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung stellt keine unzulässige Ausfüllung des ausländischen Titels, sondern die Anerkennung der Wirkung dar, die dem Titel nach schweizerischem Recht (vgl. hierzu die Entscheidung des schweizerische Bundesgerichts in BGE 100 II 245, 250, 252 ff.) zukommt (vgl. Wolff in Handbuch IZVR a.a.O. Rdnr. 25).
Hiernach wird die angefochtene Entscheidung durch die bisherige Begründung nicht getragen.
III.
Nach den bisherigen Feststellungen ist die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO).
Allerdings ist das Berufungsgericht ohne nähere Prüfung und Feststellung des schweizerischen Rechts davon ausgegangen, daß es sich bei der Ehescheidungskonvention um einen gerichtlich bestätigten Vergleich im Sinne von Art. 8 des Abkommens handele und sie damit, da ein Verstoß gegen den inländischen ordre public (Art. 4 Abs. 1 des Abkommens) ausscheide, hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit anzuerkennenden gerichtlichen Entscheidungen gleichstehe. Gegen diese Beurteilung, der der Antragsgegner in seiner Revisionserwiderung widersprochen und entgegen gehalten hat, daß die Ehescheidungskonvention Bestandteil der gerichtlichen Entscheidung sei und der Regelung des Art. 3 des Abkommens unterfalle, bestehen jedoch Bedenken.
Nach Art. 158 Ziffer 5 schweiz. ZGB bedürfen Vereinbarungen über die Nebenfolgen der Scheidung zu ihrer Rechtsgültigkeit der Genehmigung durch den Richter. Zwar wird teilweise, insbesondere im älteren Schrifttum, die Auffassung vertreten, daß es sich bei derartigen Vereinbarungen um richterliche Vergleiche handele, die diesen Charakter durch ihre Aufnahme in den Tenor des Scheidungsurteils nicht änderten (vgl. Egger, Schweiz. ZGB Band II 1 Art. 158 Rdnr. 16; Guldener, Schweiz. ZPR 3. Aufl., S. 397; Jaeger/Daeniker, Schuldbeitreibungs- und Konkurspraxis der Jahre 1911 bis 1945 Band I Art. 80 Anm. 9 S. 116; Vortisch, Schweiz. JZ 1964, 281, 298; vgl. ferner IPG 1975. Nr. 40 (Hamburg) S. 340, 341). Indessen hat das schweizerische Bundesgericht wiederholt entschieden, daß eine Scheidungskonvention mit der richterlichen Genehmigung ihren vertraglichen Charakter verliere und Bestandteil des Urteils werde, an dessen Rechtskraft sie teilhabe. Die scheidungsrechtliche Rente habe somit ihren Rechtsgrund Scheidungsurteil und nicht im Parteiwillen (BGE 101 II 17, 19). In einer früheren Entscheidung des Gerichts heißt es, gemäß Art. 158 Ziffer 5 ZGB bedürfe die Konvention zu ihrer Rechtsgültigkeit der Genehmigung des Richters, der zu prüfen habe, ob sie den gesetzlichen Anforderungen entspreche und den Verhältnissen der Parteien angemessen sei. Hieraus folge, daß es sich dabei um einen zwischen den Parteien vereinbarten gemeinsamen Antrag handele, dem außerhalb des Prozesses keinerlei Bedeutung zukomme und über den der Richter in gleicher urteilsmäßiger Weise abspreche wie über andere Anträge (BGE 60 II 80, 82; vgl. auch BGE 60 II 169; im Schrifttum haben sich der Rechtsprechung des Bundesgerichts angeschlossen vor allem Bühler/Spühler in Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht Band II erste Abteilung erster Teilband zweite Hälfte 3. Aufl. Art. 158 Rdnr. 172; vgl. auch Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche S. 193 f. Fn. 114).
Hiernach fragt es sich, ob nicht auch im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, daß die Ehescheidungskonvention in der Schweiz nicht als gerichtlich bestätigter Vergleich, sondern als integrierender Bestandteil des Scheidungsurteils anzusehen ist. Die abschließende Entscheidung dieser Frage kann dem Oberlandesgericht überlassen werden. Zwar ist der Senat, da das Berufungsgericht das schweizerische Recht insoweit nicht festgestellt hat, seinerseits zur entsprechenden Feststellung und Anwendung des ausländischen Rechts in der Lage. Er sieht jedoch von einer abschließenden Beantwortung der Frage ab, weil auch im Fall der Beurteilung der Ehescheidungskonvention als Bestandteil des Scheidungsurteils eine Zurückweisung der Revision nach § 563 ZPO nicht möglich, vielmehr das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist:
1. Stellt sich die Ehescheidungskonvention als Bestandteil des Scheidungsurteils dar, so gelangt Art. 8 des Abkommens nicht zur Anwendung; vielmehr ist zunächst die Anerkennungsfähigkeit nach Art. 3 Satz 1 des Abkommens zu prüfen. Diese Regelung gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch insoweit, als die in einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit ergangene Entscheidung, wie hier das Scheidungsurteil, sich auf einen vermögensrechtlichen Anspruch mit erstreckt, der, wie hier der Unterhaltsanspruch, von dem in ihr festgestellten Rechtsverhältnis abhängt (vgl. auch Jonas JW 1930, 3284, 3286). Danach unterliegt der Entscheidungsausspruch über den Unterhalt den gleichen Anforderungen wie der über die nicht vermögensrechtliche Hauptsache. Sind die Anforderungen für die Hauptsache erfüllt, so ist, vorbehaltlich einer Versagung nach Art. 4 des Abkommens, auch der Ausspruch über die Nebenfolge anzuerkennen (vgl. Müller in Bülow/Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Strafsachen B II Schweiz, Art. 3 des Abkommens, Erläuterung 5).
Nach Art. 3 Satz 1 des Abkommens wird die rechtskräftige Entscheidung des einen Staates im Gebiete des anderen Staates anerkannt, es sei denn, daß an dem Rechtsstreit ein Angehöriger des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, beteiligt war und nach dem Rechte dieses Staates die Zuständigkeit eines Gerichts des anderen Staates nicht begründet war. Da die Parteien deutsche Staatsangehörige sind, bedarf es zur Anerkennung der Entscheidung somit der Feststellung, daß die schweizerischen Gerichte nach deutschem Recht international zuständig gewesen sind.
Die Zuständigkeit ist zu bejahen, wenn die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz gehabt haben und einer der Ehegatten im Zeitpunkt der Klageerhebung (oder der Entscheidung) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte (§§ 606 Abs. 1 i. V. mit 606a Ziff. 2 ZPO in der Fassung vor dem Inkrafttreten des 1. EheRG). Außerdem liegt sie vor, wenn zwar nicht der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in der Schweiz war, wenn jedoch die beklagte Partei zur Zeit der Klagerhebung oder der Entscheidung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte (§§ 606 Abs. 2 Satz 1 i. V. mit 606a Ziffer 2 ZPO a.F.).
Ob die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte hiernach gegeben war, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht beurteilen. Das Protokoll über die Sitzung des erkennenden schweizerischen Gerichts enthält insoweit lediglich die damaligen Anschriften der Parteien, die für die Antragstellerin und damalige Klägerin in Interlaken (Schweiz) und für den Antragsgegner und damaligen Beklagten in Ingelheim/Rhein lagen. Damit kann der Senat die Frage der Anerkennung des Titels nach Art. 3 des Abkommens nicht abschließend beurteilen.
2. Es kann auch nicht angenommen werden, daß die Anerkennung des Titels aus Gründen des Art. 4 des Abkommens zu versagen ist.
Daß ein Verstoß gegen den inländischen ordre public (Art. 4 Abs. 1 des Abkommens) ausscheidet, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Eine Versagung nach Art. 4 Abs. 3 des Abkommens entfällt offensichtlich. Auch der Versagungsgrund des Art. 4 Abs. 2 des Abkommens greift nicht ein. Nach dieser Bestimmung ist die Anerkennung zugunsten eines inländischen Beteiligten unter anderem dann zu versagen, wenn in der Entscheidung bei der Beurteilung eines für den Anspruch maßgebenden familienrechtlichen Verhältnisses zu seinem Nachteil andere als die nach dem Rechte des Anerkennungsstaates anzuwendenden Gesetze zugrunde gelegt werden. Der damit aufgeworfenen Frage der kollisionsrechtlichen Benachteiligung braucht hier jedoch nicht näher nachgegangen zu werden, da die Scheidung auf beiderseitiges Begehren erfolgt ist und auch dem Ausspruch über, die Unterhaltsleistung die übereinstimmenden Anträge beider Ehegatten zugrunde liegen. Unter diesen Umständen ist jedenfalls davon auszugeben, daß die Entscheidung nicht zum Nachteil des Antragsgegners und damaligen Beklagten ergangen ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O., § 328 Anm. 4 c; Zöller/Geimer a.a.O. § 328 Rdnr. 170; Martiny, Handbuch IZVR III/1 Kap. I Rdnr. 909 ff.).
IV.
Da hiernach die Entscheidungsgründe keinen Bestand haben und sich die Entscheidung selbst auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, muß das Urteil im Umfang der Anfechtung aufgehoben werden. Eine abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht scheidet mangels notwendiger Feststellungen aus; vielmehr ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609566 |
NJW 1986, 1440 |
JZ 1987, 203 |