Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Auslegung eines Unterlassungsantrags, der auf das Verbot einer Werbung „mit Aussagen wie …” gerichtet ist.
Zur Beurteilung der Werbung mit einer mehrseitigen Zeitungsbeilage, in der mit dem Hinweis auf das einjährige Geschäftsjubiläum der Verkaufsstätte und den Worten „die Jubiläumsschnäppchen warten schon” eine Vielzahl von – als besonders günstig gekennzeichneten – Angeboten beworben wird, als Werbung für eine unzulässige Sonderveranstaltung.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; UWG § 7 Abs. 1-2, 3 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Darmstadt |
OLG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Februar 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 20. Januar 1998 unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als das Landgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.
Der Urteilsausspruch des landgerichtlichen Urteils wird wie folgt neu gefaßt:
1. Der Beklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, untersagt, in Zeitungsanzeigen und/oder auf sonstigen Werbeträgern im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Aussagen wie
„1 Jahr M. Markt E. … die Jubiläumsschnäppchen warten schon”
besondere Verkäufe anzukündigen und/oder ankündigungsgemäß durchzuführen, sofern es sich nicht um Saisonschlußverkäufe, Jubiläumsverkäufe oder Räumungsverkäufe handelt.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 27. Februar 1997 im Wirtschaftsraum D. in der in Ziffer 1 wiedergegebenen Weise geworben hat, wobei die Beklagte die Werbung nach Werbeträgern, deren Auflage und Erscheinungsintervallen aufzuschlüsseln hat.
3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der der Klägerin durch die in Ziffer 1 genannten Wettbewerbshandlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entsteht.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber im Einzelhandel mit Elektronik- und Elektrogeräten im Gebiet von D. und Umgebung.
Die Beklagte warb mit einer Beilage zur Ausgabe der Zeitung „D. E.” vom 2. Februar 1997 unter der Überschrift „1 Jahr M. Markt E.”. Die erste Seite der Beilage ist nachfolgend verkleinert und in schwarz-weißer Form wiedergegeben:
Grafik entfernt
Die Klägerin beanstandet die Zeitungsbeilage als Werbung für eine unzulässige Sonderveranstaltung. Sie hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde,
in Zeitungsanzeigen und/oder auf sonstigen Werbeträgern im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Aussagen wie
„1 Jahr M. Markt E. … die Jubiläumsschnäppchen warten schon”
besondere Verkäufe anzukündigen und/oder ankündigungsgemäß durchzuführen, sofern es sich nicht um Saisonschlußverkäufe, Jubiläumsverkäufe oder Räumungsverkäufe handelt.
Die Beklagte hat die einstweilige Verfügung in ihrer Abschlußerklärung vom 19. April 1997 nur mit verschiedenen Einschränkungen als verbindliche Regelung anerkannt. Sie hat dabei die Reichweite der Unterlassungsverpflichtung insbesondere mit folgenden Sätzen begrenzt:
„Diese Abschlußerklärung erfaßt nicht das Wort ‚wie’ unmittelbar vor dem Zitat der Werbeaussage unserer Mandantin. Statt dessen wird die Beschlußverfügung mit der Maßgabe anerkannt, daß es dort heißt: ‚… zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Aussage …’ (folgt Zitat der Werbeaussage …).”
Die Klägerin hält die Abschlußerklärung der Beklagten für unzureichend. Sie hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu untersagen, in Zeitungsanzeigen und/oder auf sonstigen Werbeträgern im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Aussagen wie
„1 Jahr M. Markt E. … die Jubiläumsschnäppchen warten schon”
besondere Verkäufe anzukündigen und/oder ankündigungsgemäß durchzuführen, sofern es sich nicht um Saisonschlußverkäufe, Jubiläumsverkäufe oder Räumungsverkäufe handelt;
- die Beklagte weiter zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 27. Februar 1997 im Wirtschaftsraum D. in der gemäß Ziffer 1 wiedergegebenen Weise geworben hat, wobei die Beklagte die Werbung nach Werbeträgern, deren Auflage und Erscheinungsintervallen aufzuschlüsseln hat;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der der Klägerin durch die in Ziffer 1 genannten Wettbewerbshandlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entsteht.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die beanstandete Werbung sei nicht wettbewerbswidrig. Die Klage sei jedenfalls unzulässig, weil die Abschlußerklärung das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin beseitigt habe und die Klageanträge unbestimmt seien.
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen.
Beide Parteien haben gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß die gestellten Klageanträge unzulässig seien. Der Unterlassungsantrag sei unbestimmt, weil er sich nicht nur gegen das konkret beanstandete Verhalten richte, sondern mit seiner Wendung „Aussagen wie …” ein Verbot begehre, das sich auch auf eine mit der beanstandeten Werbung lediglich vergleichbare Werbung erstrecke.
Ein in dem Unterlassungsantrag etwa (als Minus) enthaltener Antrag, der sich auf die konkrete Verletzungsform beschränke, wäre – wie das Berufungsgericht weiter ausgeführt hat – unbegründet, weil die Werbung der Beklagten bei den Verbrauchern nicht den Eindruck hervorrufe, es werde aus Anlaß eines Firmenjubiläums für eine Sonderveranstaltung mit herabgesetzten Preisen geworben. Es bestünden schon Zweifel, ob mit dem Satz „1 Jahr M. Markt E.” auf ein Firmenjubiläum hingewiesen werde. Aber auch sonst erwecke die Werbung nicht den Eindruck, es finde eine zeitlich begrenzte Sonderveranstaltung statt. In der Branche der Parteien werde aggressiv geworben. Der Verkehr sei daher an die Werbung mit angeblich besonders günstigen Preisen gewöhnt. Die Angabe „nur” in den auf die Preise gerichteten Pfeilen werde lediglich als Hinweis darauf verstanden, daß die Angebote günstig seien. Gerade der Satz „Futter fassen, Freunde – die Jubiläumsschnäppchen warten schon” stehe dem Eindruck entgegen, daß eine Sonderveranstaltung stattfinde, weil ihm zu entnehmen sei, daß die „Nur-Preise” die regulären Preise der Beklagten seien und einige „Jubiläumsschnäppchen” im Geschäftslokal als Sonderangebote bereitstünden.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Der Unterlassungsantrag ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nur zulässig, sondern auch begründet.
a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
(1) Das Berufungsgericht hat – wie die Revision mit Erfolg rügt – den Unterlassungsantrag der Klägerin unzutreffend dahingehend ausgelegt, daß die dort benutzte Wendung „Aussagen wie” gleichbedeutend mit den Worten „Aussagen ähnlich wie” zu verstehen sei.
Der Senat kann als Revisionsgericht die Auslegung des Unterlassungsantrags als einer Prozeßerklärung in vollem Umfang selbst überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80 = WRP 2000, 1394 – ad-hoc-Meldung; Urt. v. 23.11.2000 – IX ZR 155/00, ZIP 2001, 124, 125 = WM 2001, 164, jeweils m.w.N.). Dabei ist auch das Vorbringen heranzuziehen, auf das sich die Klage stützt (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1998 – I ZR 264/95, GRUR 1998, 1045 = WRP 1998, 739 – Brennwertkessel, m.w.N.). Aus diesem ergibt sich hier, daß die Klägerin bei der Fassung des Unterlassungsantrags bewußt nicht von „Aussagen ähnlich wie” gesprochen hat, sondern nur von „Aussagen wie”. Nach dem Klagevorbringen ging es der Klägerin – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht um ein Verbot, in dem das untersagte Verhalten lediglich beispielhaft umschrieben ist und auch nur ähnliche Handlungen einbezogen sind. Ein solcher Antrag wäre allerdings nicht hinreichend bestimmt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 35/89, GRUR 1991, 254, 256 f. = WRP 1991, 216 – Unbestimmter Unterlassungsantrag I; Urt. v. 16.7.1998 – I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 238 = WRP 1999, 186 – Wheels Magazine; Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, WRP 2001, 400, 402 – TCM-Zentrum). Die Klägerin begehrt vielmehr einen Verbotsausspruch, der – anders als die Abschlußerklärung der Beklagten – nicht nur eine ganz konkret benutzte Werbeaussage erfaßt, sondern auch eine solche Werbung, die im Kern der konkret verbotenen Werbung entspricht. Die Klägerin beantragt damit ausweislich ihres Klagevorbringens in zulässiger Weise den Ausspruch eines Verbots, das nicht bereits durch geringfügige Abänderungen der Werbung umgangen werden kann. Es handelt sich dabei der Sache nach nicht um eine Verallgemeinerung über die konkrete Verletzungsform hinaus (vgl. zur Zulässigkeit von Verallgemeinerungen BGH, Urt. v. 16.3.2000 – I ZR 229/97, WRP 2000, 1131, 1132 – Lieferstörung; Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 909 = WRP 2000, 1258 – Filialleiterfehler; Urt. v. 16.11.2000 – I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 – 1-Pfennig-Farbbild, jeweils m.w.N.), sondern um einen zulässigen Hinweis darauf, daß einem gerichtlichen Verbot des Werbeverhaltens grundsätzlich nicht nur identische, sondern auch kerngleiche Handlungen unterfallen (vgl. BGHZ 126, 287, 296 – Rotes Kreuz; vgl. weiter Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 57 Rdn. 11 ff.; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 943 f.; Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 40 Rdn. 109). Ein solcher Hinweis konnte hier im Hinblick auf die Fassung der Abschlußerklärung der Beklagten angebracht erscheinen, weil sich diese nur auf eine Werbung mit dem Satz „1 Jahr M. Markt E. … die Jubiläumsschnäppchen warten schon” bezieht, obwohl das „Jubiläum” eines einjährigen Bestandes des Geschäftsbetriebs in E. nicht wiederkehren kann.
(2) Die Aufnahme der Wendung „besondere Verkäufe” in den Unterlassungsantrag macht diesen – entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung – ebenfalls nicht unbestimmt. Diese Wendung dient nicht der näheren Umschreibung des Gegenstands des Verbots, sondern ist lediglich ein Begründungselement, das – an sich überflüssig – in den Antrag aufgenommen worden ist.
b) Die Abschlußerklärung der Beklagten vom 19. April 1997 hat das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Unterlassungsklage schon deshalb nicht beseitigt, weil sie nicht dem mit dem Unterlassungsanspruch konkret beanstandeten Verstoß entspricht (vgl. dazu nachstehend).
c) Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist auch begründet. Einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht bedarf es nicht, weil der Senat auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und unter Berücksichtigung der allgemeinen Erfahrungssätze selbst in der Sache entscheiden kann (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 10.10.1991 – IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 438).
(1) Der Unterlassungsantrag richtet sich – ungeachtet seines Wortlauts – nicht schlechthin gegen eine Werbung mit Aussagen wie „1 Jahr M. Markt E. … die Jubiläumsschnäppchen warten schon”, sondern gegen die Verwendung einer solchen Aussage im Rahmen einer Werbung wie in der konkret beanstandeten Zeitungsbeilage der Beklagten. Dies ergibt sich – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – daraus, daß die Klägerin ihren Unterlassungsantrag durchweg nicht lediglich mit dem Eindruck begründet hat, der bei den angesprochenen Verbrauchern durch die beiden in den Antrag aufgenommenen Sätze hervorgerufen wird, sondern mit dem Gesamtbild der Beilage. Wird der Unterlassungsantrag in dieser Weise – unter Heranziehung seiner Begründung – nur als Angriff auf eine Werbung verstanden, die das Gesamtbild der beanstandeten Zeitungsbeilage aufweist, geht er auch nicht – infolge einer zu weitgehenden Verallgemeinerung – über das hinaus, was die Klägerin beanspruchen kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 164/94, GRUR 1997, 476, 477 = WRP 1997, 439 – Geburtstagswerbung II; Urt. v. 20.5.1999 – I ZR 66/97, GRUR 1999, 1116, 1119 = WRP 1999, 1163 – Wir dürfen nicht feiern; Urt. v. 20.5.1999 – I ZR 31/97, GRUR 1999, 1119, 1121 f. = WRP 1999, 1159 – RUMMS!).
(2) Die beanstandete Werbung ist als Ankündigung einer nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässigen Sonderveranstaltung zu werten.
aa) Einem Unternehmen ist es durch § 7 Abs. 1 UWG nicht verwehrt, auch außerhalb des 25-Jahres-Rhythmus des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu Werbezwecken auf ein Firmenjubiläum hinzuweisen und dies auch mit einer Werbung für die angebotenen Waren zu verbinden. Die Werbung mit besonderen Angeboten im Zusammenhang mit dem Hinweis auf ein Firmenjubiläum ruft bei den angesprochenen Verbrauchern allerdings häufig den Eindruck hervor, es handele sich um eine außergewöhnliche, auf die Zeit des Begehens des Jubiläums beschränkte Veranstaltung mit einem aus dem Rahmen des Üblichen fallenden, aus dem gegebenen Anlaß im Preis herabgesetzten Angebot (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1997 – I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 296 – Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 25.6.1998 – I ZR 75/96, GRUR 1998, 1046, 1047 = WRP 1998, 982 – Geburtstagswerbung III; Urt. v. 10.7.1997 – I ZR 201/95, GRUR 1998, 486 = WRP 1998, 301 – Geburtstags-Angebot; BGH GRUR 1999, 1116, 1119 – Wir dürfen nicht feiern). Zwingend ist dies jedoch nicht. Es ist auch möglich, daß unter Hinweis auf die Wiederkehr des Jahrestages des Bestehens des Unternehmens lediglich Sonderangebote, wie sie im Geschäftsbetrieb des Unternehmens üblich sind, beworben werden (vgl. BGH GRUR 1997, 476, 477 – Geburtstagswerbung II).
Für die Beurteilung, ob bei einer Werbung mit dem „Jubiläum” des Unternehmens eine (unzulässige) Sonderveranstaltung angekündigt wird oder lediglich Sonderangebote gemacht werden, kommt es nach § 7 Abs. 1 UWG auf das Erscheinungsbild der Werbung insgesamt an. Eine Sonderveranstaltung ist maßgeblich davon gekennzeichnet, daß sie außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfindet. Sie muß sich deshalb aus der Sicht des Verkehrs von den Verkaufsformen absetzen, die sonst in der betreffenden Branche üblich sind (vgl. BGH GRUR 1998, 1046, 1047 – Geburtstagswerbung III). Gewinnen die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund einer Ankündigung den Eindruck, das werbende Unternehmen unterbreche aus Anlaß des Firmenjubiläums den gewöhnlichen Verkauf und biete aus diesem Anlaß und abweichend von den üblichen Sonderangeboten vorübergehend besondere Kaufvorteile, ist sie als Ankündigung einer Sonderveranstaltung anzusehen, die nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG zulässig ist (vgl. BGH GRUR 1997, 476, 477 – Geburtstagswerbung II).
bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die beanstandete Zeitungsbeilage nur den Eindruck einer Werbung für einzelne Sonderangebote hervorrufe, ist erfahrungswidrig. Von den angesprochenen Verbrauchern wird die Werbung vielmehr weit überwiegend als Ankündigung einer Sonderveranstaltung aus dem besonderen Anlaß des einjährigen Bestehens des M. Markts in E. verstanden werden.
Bei dieser Beurteilung kommt es – abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht darauf an, ob die Verbraucher das einjährige Bestehen eines Unternehmens im allgemeinen mit dem Gedanken an ein Jubiläum verbinden. Maßgeblich ist vielmehr, daß die angegriffene Werbung diesen Anlaß als etwas Besonderes blickfangartig oben auf der Vor- und Rückseite der Beilage und weiter auf jeder ungeraden Seite hervorhebt und ihm mit den Worten „die Jubiläumsschnäppchen warten schon” selbst einen Jubiläumscharakter beimißt. Der Umstand, daß es sich bei der Vielzahl der Angebote in der Beilage insgesamt um „Jubiläumsschnäppchen” handeln soll, wird weiter durch die sonstige Gestaltung der Beilage betont: Die Worte „die Jubiläumsschnäppchen warten schon” sind auf der ersten Beilagenseite einem Schweinchen in den Mund gelegt. Auf vier der folgenden – von insgesamt 12 – Seiten wird diese Bemerkung dadurch wieder aufgegriffen, daß das Schweinchen erneut abgebildet wird, nun mit dem Satz „Na, zuviel versprochen?”.
Sämtliche beworbenen Angebote sind zudem groß herausgestellt. Ihre Preise sind – mit Ausnahme eines einzigen – jeweils durch einen breiten weißen Pfeil, in den das Wort „nur” eingeschrieben ist, als besonders günstig und niedrig hervorgehoben. Eine größere Zahl dieser Preise wird zusätzlich durch den groß in einen schwarzen Balken eingeschriebenen Hinweis „M. Markt-Preis” zum Blickfang gemacht.
Auch bei der gebotenen Berücksichtigung, daß in der Branche und gerade auch von der Beklagten üblicherweise aggressiv geworben wird, liegt bei der gegebenen Sachlage die Annahme des Berufungsgerichts fern, die angesprochenen Verbraucher verstünden die beworbenen „Nur”-Preise als die regulären Preise der Beklagten; als „Jubiläumsschnäppchen” warteten dagegen im Geschäftslokal der Beklagten einzelne andere – nicht ausdrücklich beworbene – Sonderangebote.
2. Dem Antrag der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ist ebenfalls stattzugeben. Die für das Feststellungsinteresse erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadens ist hier ohne weiteres zu bejahen. Denn die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung lenkt üblicherweise einen nicht unerheblichen Teil der vorhandenen Kaufkraft zu dem Werbenden hin und ist daher für die Wettbewerber im allgemeinen spürbar (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 114/98, GRUR 2001, 84, 85 = WRP 2000, 1266 – Neu in Bielefeld II). Es ist daher davon auszugehen, daß die beanstandete Ankündigung den Warenabsatz im Geschäft der Klägerin als einer unmittelbaren Wettbewerberin der Beklagten nachteilig beeinflußt hat. Aus den gesamten Umständen geht weiterhin hervor, daß die Beklagte schuldhaft gehandelt hat.
3. Der Auskunftsanspruch ist ebenso zuzusprechen.
a) Der auf die Verurteilung zur Auskunftserteilung gerichtete Klageantrag ist zulässig, obwohl er den an sich unbestimmten Begriff „Wirtschaftsraum” enthält. Im vorliegenden Fall ist die Aufnahme dieses Begriffs in den Klageantrag sachlich bedeutungslos, weil es sich bei der Werbung, über die Auskunft erteilt werden soll, ohnehin nur um Werbung für das Geschäftslokal der Beklagten in E. handeln kann.
b) Der Auskunftsanspruch ist als Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs begründet (§ 242 BGB).
III. Auf die Revision der Klägerin war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf ihre Berufung das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit abzuändern, als das Landgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Insoweit war festzustellen, daß die Beklagte zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist, sowie ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung auszusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, §97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Pokrant, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.06.2001 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 614758 |
BB 2001, 2241 |
NJW 2001, 3710 |
BGHR 2001, 796 |
BGHR |
EBE/BGH 2001, 277 |
EWiR 2001, 1021 |
GRUR 2002, 177 |
Nachschlagewerk BGH |
GewArch 2001, 485 |
MDR 2001, 1368 |
WRP 2001, 1182 |
RdW 2001, 594 |