Leitsatz (amtlich)
Auf den qm bezogene Preisangaben in der Werbung für Liegenschaften (Grundstücke, Eigentumswohnungen) sind (Einzel-) Preisangaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 (2. Alternat.) PreisangabenVO, die zur Angabe des zu zahlenden Endpreises verpflichten.
Normenkette
PreisangabenVO – VO PR Nr. 3/73 vom 10. Mai 1973, BGBl I S. 461 – § 1 Abs. 1 S. 1; UWG § 1
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 22.05.1981; Aktenzeichen 2 U 6/81) |
LG Stuttgart (Urteil vom 18.12.1980; Aktenzeichen 1 KfH O 198/80) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Mai 1981 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte, eine Immobilienfirma, warb in der Stuttgarter Zeitung vom 21. Juni 1980 für einen Bauplatz unter Angabe der Grundstücksfläche (1.170 qm) und des Preises pro qm (320,– DM), jedoch ohne Angabe des Endpreises, den das Grundstück insgesamt kosten sollte.
Die klagende Verbraucherzentrale B…-W… hat diese Anzeige wegen des Fehlens der Endpreisangabe als Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO (Verordnung über Preisangaben – PR Nr. 3/73 – vom 10. Mai 1973, BGBl I S. 461) und als wettbewerbswidrig i. S. des § 1 UWG beanstandet. Sie hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, gegenüber Letztverbrauchern in Druckerzeugnissen bei der Werbung für den Verkauf eines bestimmten Grundstücks mit demjenigen Preis zu werben, den der Quadratmeter des angebotenen Objekts kostet, ohne gleichzeitig den Endpreis anzugeben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Auf die Werbung für Immobilien finde die PreisangabenVO keine Anwendung. Im übrigen habe sie den Anforderungen dieser Verordnung hinsichtlich der Verpflichtung zu Preisangaben dadurch genügt, daß sie in der Anzeige die Grundstücksgröße und den qm-Preis genannt habe, Angaben dieser Art seien auf dem Immobilienmarkt anders als die vom Kläger verlangte Endpreisangabe allgemein üblich und verbraucherseitig erwünscht. Schon deshalb könne das angegriffene Inserat nicht als unlauter i. S. des § 1 UWG angesehen werden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß das Unterbleiben der Endpreisangabe keinen Wettbewerbsvorteil bringe und daß der Beklagten insoweit auch kein bewußtes und planmäßiges Handeln zur Last gelegt werden könne.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die PreisangabenVO gelte auch für gewerbsmäßige Angebote zum Kauf von Grundstücken und die Werbung dafür. Demgemäß verpflichte die Angabe von Einzelpreisen wie hier von qm-Preisen zur Angabe des Endpreises (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO). Im Hinblick auf das Fehlen der Endpreisangabe habe daher die Beklagte gegen die PreisangabenVO und damit zugleich gegen § 1 UWG verstoßen.
Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die ihren bisherigen Antrag, die Klage abzuweisen, weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Waren i.S. der PreisangabenVO seien auch Immobilien. Demgemäß sei der Händler zur Angabe des Endpreises verpflichtet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO), wenn er – wie hier unter Angabe des qm-Preises – für den Verkauf eines Grundstücks werbe. Nach § 1 Abs, 7 PreisangabenVO sei im Interesse von Preisklarheit und Preiswahrheit bei einer Aufgliederung von Preisen die Hervorhebung des Endpreises erforderlich. Einer solchen Sachlage, die die Endpreisangabe notwendig mache, sei es gleichzuachten, wenn – wie hier – der Händler mit Angaben werbe, aus denen sich der Endpreis errechnen lasse.
Der Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO, eine wertneutrale Ordnungsvorschrift, sei vorliegend auch ein Verstoß gegen § 1 UWG. Die Beklagte habe mit der beanstandeten Werbeanzeige bewußt und planmäßig darauf abgestellt, sich Wettbewerbsvorteile vor Mitbewerbern zu verschaffen, die die Endpreise vorschriftsmäßig angäben und deren Angebote deshalb weniger günstig erschienen als die der Beklagten. Ein solcher Wettbewerbsvorsprung sei schon dann gegeben, wenn dem Interessenten die Werbeanzeige – was vor allem bei relativ großen Grundstücken wie hier der Fall sei – bei Angabe des qm-Preises günstiger erscheine als bei Angabe des tatsächlich zu zahlenden Endpreises. Erfahrungsgemäß wende sich der Interessent in solchen Fällen vielfach zunächst dem scheinbar günstigeren Angebot zu und vernachlässige die Angebote der Mitbewerber.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Vorschriften der PreisangabenVO hinsichtlich der Verpflichtung zur Preisangabe unter den in § 1 Abs. 1 Satz 1 dieser Verordnung genannten Voraussetzungen auch für die Werbung für Immobilien gelten. Wie der Senat im Urteil „Sonnenring” vom 4.3.1982 – I ZR 30/80 (GRUR 1982, 493 = WRP 1982, 411) ausgeführt hat, unterfallen dem Warenbegriff der PreisangabenVO entsprechend ihrer Zielsetzung – ebenso wie dem des UWG und der ZugabeVO – nicht nur bewegliche Sachen, sondern auch Grundstücke.
2. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO hat der Händler, der Waren oder Leistungen anbietet oder dafür unter Angabe von (Einzel-) Preisen wirbt, den Preis anzugeben, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen ist. Dieser Preis ist der Endpreis, den der Käufer oder Leistungsempfänger für die Zurverfügungstellung der Ware oder Leistung insgesamt zu zahlen hat und der, auch wenn (Einzel-) Preisangaben in Form einer Preisaufgliederung gemacht werden, in jedem Falle gesondert anzugeben ist, vgl. § 1 Abs. 7 Satz 3 PreisangabenVO (Senat, GRUR 1980, 304, 305 = WRP 1980, 328, 329 – Effektiver Jahreszins; GRUR 1981, 140, 141 = WRP 1981, 23, 24 – Flughafengebühr; GRUR 1982, 493 = WRP 1982, 411 – Sonnenring). Bei der Werbung für Immobilien ist das der Preis, der nach der Vorstellung des Werbenden – ohne die auf Drittleistungen entfallenden Entgelte wie Makler- und Notargebühren – im Grundstückskaufvertrag als Kaufpreis beurkundet werden soll.
Dem entsprechen auf den qm bezogene Preisangaben bei der Werbung für Liegenschaften nicht. Mit einer solchen Preisangabe erhält der Kaufinteressent keine Angabe über den zu zahlenden Endpreis, sondern – in Form einer Basispreisangabe – lediglich die Mitteilung eines für die Ermittlung des Endpreises notwendigen Berechnungsfaktors. Als Preis für einen Teil des gesamten Kauf Objekts ist dieser aber nur eine Einzelpreisangabe in dem vorerörterten Sinne. Rechtlich ist eine solche Angabe nicht anders zu beurteilen als eine Angabe zur Höhe der monatlichen Belastung beim Erwerb einer Eigentumswohnung, die ebenfalls zur Endpreisangabe verpflichtet (Senat, GRUR 1982, 493, 494, 495 = WRP 1982, 411, 412 – Sonnenring). Ein Ausnahmefall, der zur Nichtangabe des Endpreises berechtigte (vgl. § 1 Abs, 2, 3 und 6, § 7 PreisangabenVO), ist nicht gegeben.
Ohne Erfolg macht die Revision demgegenüber geltend, daß qm-Preisangaben bei der Werbung für unbebaute Grundstücke üblich seien und den Sinn und Zweck der PreisangabenVO besser erfüllten als eine Endpreisangabe. Werden (Einzel-) Preisangaben zum Mittel der Werbung gemacht, ist der Werbende nach § 1 Abs. 1 Satz 1 (2. Alternat.) PreisangabenVO zur Angabe des Endpreises ohne Rücksicht darauf verpflichtet, ob Einzelpreisangaben üblich oder für den Kaufinteressenten von Bedeutung oder sogar von Wichtigkeit sind, ob der Endpreis aus den angegebenen Einzelpreisen einfach oder nur unter Schwierigkeiten errechenbar ist, an welche Verkehrskreise sich die Werbung richtet und ob es sich – bei Liegenschaften – um ein unbebautes Grundstück wie hier oder – was dem in diesem Zusammenhang gleichzusetzen ist – um eine Eigentumswohnung handelt. Bei ihrem gegenteiligen Standpunkt berücksichtigt die Revision nicht hinreichend, daß die PreisangabenVO insoweit unterschiedslos eine generelle Regelung trifft, die auch dann zu beachten ist, wenn im Einzelfall aus dem Inhalt der Werbeanzeige der Schluß auf den als solchen nicht angegebenen Endpreis unschwer möglich sein sollte und das vom Verordnungsgeber mit der PreisangabenVO verfolgte Ziel, den Verbraucher zu schützen und es ihm zu ermöglichen, sich durch Preisvergleiche schnell und zuverlässig über das preisgünstigste Angebot zu unterrichten, nicht gefährdet erschiene. Ins Gewicht fallende Interessen des Werbenden sind durch das Erfordernis der Endpreisangabe auch in Fällen dieser Art nicht berührt. Ihm steht es frei, der Endpreisangabe jede andere zutreffende und nicht irreführende (Einzel-) Preisangabe hinzuzufügen.
3. Der Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PreisangabenVO als einer wertneutralen Ordnungsvorschrift ist wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG, wenn sich der Wettbewerber bewußt und planmäßig über diese Bestimmung hinwegsetzt, obwohl für ihn erkennbar ist, daß er dadurch einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann. Nach den von den Vorinstanzen insoweit getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind. Denn danach hat die Beklagte nicht nur versehentlich oder aus bloßer Unachtsamkeit von der Angabe eines Endpreises abgesehen, sondern deshalb, weil sie meint, in der beanstandeten Weise – auch zukünftig – werben zu können. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht in dem beanstandeten Verhalten ein auf Wiederholung angelegtes zielbewußtes Vorgehen der Beklagten zu dem Zweck erblickt, durch die Herausstellung einer preisgünstig erscheinenden qm-Preisangabe sich Vorteile im Wettbewerb gegenüber Mitbewerbern zu verschaffen, die den Endpreis vorschriftsmäßig angeben.
III. Die Revision der Beklagten war danach als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
v. G, Z, P, E, Sch-H
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.07.1983 durch Roth Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 513505 |
NJW 1983, 2707 |
GRUR 1983, 665 |
Nachschlagewerk BGH |