Leitsatz (amtlich)
a) Der maßstabsgetreue, mit den Erzeugnissen eines Mitbewerbers kompatible Nachbau von technischen Bauteilen eines einheitlich aufeinander abgestimmten Funktionssystems (hier: Gerüstteilen) ist nach dem Ablauf von Sonderschutzrechten nicht ohne weiteres als wettbewerbswidrig (§ 1 UWG) zu beanstanden.
b) Soweit für die Kompatibilität des nachgebauten Produkts unverzichtbare Gestaltungselemente die Gefahr einer Verwechslung der betrieblichen Herkunft begründen, ist die darauf beruhende Verwechslungsgefahr grundsätzlich als unvermeidbar anzusehen. Allerdings hat der Nachbauende – soweit möglich – geeignete und ihm ohne einen Kompatibilitätsverlust zumutbare anderweitige Vorkehrungen zu treffen, um die Gefahr einer Herkunftstäuschung auszuschließen oder jedenfalls zu mindern. Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen dem Gewerbetreibenden zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung zuzumuten sind, bedarf einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls.
Das – grundsätzlich anzuerkennende – Kompatibilitätsinteresse eines Mitbewerbers ist allerdings dann nicht schutzwürdig, wenn seine mit den Waren des Originalherstellers technisch verbaubaren Produkte den in der Originalware verwirklichten Qualitätsmaßstäben nicht gerecht werden, so daß im Falle einer Warenvermischung die Gefahr einer Beeinträchtigung des guten Rufs des Originalherstellers und darüber hinaus auch die Gebrauchssicherheit des aus unterschiedlichen Teilen kombinierten Produkts auf dem Spiel steht.
Normenkette
UWG § 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. März 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagte zu 1 stellen Baugerüste her und vertreiben diese. Der Beklagte zu 2 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Der früher für die Klägerin tätig gewesene Beklagte zu 3 war vom 15. Juli 1994 bis zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt nach Rechtshängigkeit Geschäftsführer der Beklagten zu 1 (im folgenden: die Beklagte).
Zu den von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Gerüsten gehört das im Jahre 1975 auf den Markt gekommene „L. AllroundGerüst”, ein sogenanntes Modulgerüst, das aufgrund der Beschaffenheit seiner Bestandteile auch die Einrüstung von Objekten mit ungewöhnlichen, nicht notwendig rechtwinkligen Formen ermöglicht. Dieses Gerüst wird mittels einer speziellen Verbindungstechnik aus vertikal aufzurichtenden Ständerrohren (Stielen) sowie aus horizontal und diagonal anzubringenden Rohren (Riegeln) zusammengebaut. An den Vertikalstielen sind in bestimmten Abständen runde Scheiben ringförmig um die Stiele fest angeschweißt. Diese Scheiben weisen acht Löcher (Auslassungen) auf, an denen die Riegel angebracht werden. Die Enden der Riegel sind mit Riegelköpfen versehen, die zur Verbindung an die Lochscheiben angelegt und mittels eines am Riegelkopf beweglich, aber unlösbar befestigten Keils, der durch die Aussparung der Lochscheibe geführt wird, angeschlossen werden. An einer in abwechselnder Folge mit vier größeren und vier kleineren Aussparungen versehenen Scheibe können bis zu acht Riegel befestigt werden. Bei Verwendung nur der kleineren Löcher können die Riegel so angeschlossen werden, daß sie – ohne nochmaliges Nachmessen – in einem Winkel von 90° oder 180° zueinander stehen. Bei Verwendung auch der größeren Aussparungen entstehen Winkel zwischen 30° und 60°, wodurch eine individuelle Anpassung der Winkel an das einzurüstende Objekt erreicht wird. Dieses Befestigungssystem war Gegenstand eines zugunsten von E. L. eingetragenen Patents, dessen Schutzdauer im Jahre 1992 abgelaufen ist. Das L. AllroundGerüst hat keine „glatten” metrischen Maße. So stehen etwa die Vertikalstiele – bedingt durch die entsprechende Länge der zwischen ihnen liegenden Gerüstfelder – in Abständen von 0,73 m, 1,09 m usw. zueinander. Die Breite des Gerüsts beträgt 0,732 m bzw. 1,088 m.
Seit etwa März 1995 vertreibt die Beklagte unter der Bezeichnung „A. R.” ein von ihr hergestelltes Modulgerüst. Aufgrund von Übereinstimmungen in den Formen und Maßen ist es technisch möglich, unter beliebiger Verwendung von Gerüstteilen beider Parteien ein einheitliches Gerüst zu errichten, d.h. die Gerüstteile sind – wie von der Beklagten auch beabsichtigt – miteinander kompatibel.
Die Klägerin hat den Vertrieb des Gerüstes A. R. unter dem Gesichtspunkt einer vermeidbaren Herkunftstäuschung, eines Ausnutzens von Gütevorstellungen des Verkehrs, einer möglichen Verwechslung des Verursachers nach Schäden und Unfällen sowie eines Einschiebens in ein fremdes System als wettbewerbswidrig (§ 1 UWG) beanstandet und die Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung von Schadensersatzverpflichtungen in Anspruch genommen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, der Unterlassungsantrag – und dementsprechend auch die weiteren Klageanträge – seien nicht hinreichend konkret gefaßt. Dem Gerüst der Klägerin fehle die erforderliche wettbewerbliche Eigenart; darüber hinaus habe die Beklagte das Gerüst der Klägerin nicht nachgebaut, sondern selbst in aufwendiger, mehrjähriger Entwicklungsarbeit konstruiert, was sich auch an einigen – von den Beklagten im einzelnen angeführten – Unterschieden der Gerüste zeige.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und die Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht, wie von der Klägerin beantragt, unter Neufassung des Unterlassungsausspruchs zurückgewiesen.
Es hat den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
in der Bundesrepublik Deutschland ein Gerüst und/oder ein einzelnes der nachstehend beschriebenen Bauteile eines Gerüstes anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, bei dem die zur Verbindung der Vertikalstiele des Gerüstes mit den Riegeln und Diagonalen des Gerüsts dienenden Lochscheiben und/oder die Köpfe der Riegel und/oder Diagonalen und/oder sonstiger Bauteile wie aus den nachstehend eingeblendeten Abbildungen ersichtlich ausgebildet sind:
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes (§ 1 UWG) für gerechtfertigt gehalten. Es hat eine vermeidbare Herkunftstäuschung angenommen und ausgeführt:
Das von der Klägerin hergestellte und vertriebene L. AllroundGerüst weise aufgrund seiner Gestaltungsform mit den charakteristischen Besonderheiten, wie sie sich in dem beanstandeten Gerüst der Beklagten wiederfänden, wettbewerbliche Eigenart auf. Diese komme vor allem in dem Verbindungssystem zum Ausdruck, das durch die Lochscheibe mit den acht Aussparungen und die daran anschließbaren Riegelköpfe geprägt sei. Angesichts der deutlich abweichenden Lösungen anderer Anbieter sei nicht zweifelhaft, daß die eine wettbewerbliche Eigenart begründenden Bauteile Herkunftsvorstellungen auslösten, zumal das Gerüst der Klägerin auf dem Markt nachhaltig bekannt sei, wovon ohne weiteres ausgegangen werden könne, weil die Klägerin nach dem eigenen Vortrag der Beklagten über einen Marktanteil von 90 % verfüge.
Die sich gegenüberstehenden Gerüste seien – ungeachtet kleinerer Abweichungen im Detail – einander im Gesamteindruck so ähnlich, daß sie vom Verkehr praktisch nicht auseinandergehalten werden könnten. Die Beklagten hätten nicht nur den beschriebenen Gerüstknoten, sondern auch andere Einzelheiten wie etwa sämtliche die Ausdehnung des aufgebauten Gerüstes bestimmenden Maße übernommen. Darauf beruhe die überaus hohe Ähnlichkeit und – verbunden damit – eine große Gefahr von Verwechslungen.
Die Beklagten erfüllten durch den Vertrieb ihres Gerüstes das wettbewerbsrechtliche Unlauterkeitsmerkmal einer vermeidbaren Herkunftstäuschung. Zwar sei zu berücksichtigen, daß nicht nur technisch unbedingt notwendige, sondern auch technisch zweckmäßige Gestaltungselemente frei verwendet werden dürften. Soweit die konkrete Gestaltung – wie im Streitfall – durch eine Kombination mehrerer formgebender Elemente bestimmt sei, müßten diese Voraussetzungen aber für alle einzelnen Elemente gesondert erfüllt sein. Dabei könne unterstellt werden, daß die Beklagten berechtigt seien, das durch die Lochscheibe und die Riegelköpfe geprägte Verbindungssystem als solches in all seinen Einzelheiten, also bis hin zu den Abmessungen, zu verwenden. Denn auch in diesem Fall hätte es den Beklagten oblegen, durch geeignete und zumutbare Maßnahmen sicherzustellen, daß trotz der Übernahme der technisch bedingten Elemente eine Verwechslung möglichst vermieden werde. Die von den Beklagten angeführten Abweichungen reichten weder allein noch zusammen aus, um den zur Vermeidung von Herkunftsverwechslungen erforderlichen Abstand von dem Gerüst der Klägerin zu begründen. Offenbleiben könne, ob bei Beibehaltung des Verbindungsknotens ein hinreichender Abstand erreicht werden könne, solange die Maße des Gerüsts nicht deutlich geändert werden. Denn den Beklagten sei es auch zumutbar, die Grundmaße ihres Gerüsts so zu ändern, daß dem Gerüstbauer oder sonstigen Betroffenen sogleich ins Auge falle, daß sie Teile eines anderen Gerüstes und nicht desjenigen der Klägerin vor sich hätten. Dem stehe nicht entgegen, daß das Gerüst dann nicht mehr mit dem der Klägerin kompatibel sei. Denn das Interesse der Beklagten an der Erhaltung dieser Kompatibilität sei rechtlich nicht geschützt. Auch wenn die Beklagten grundsätzlich berechtigt seien, durch den Vertrieb eines kompatiblen Gerüstes an dem wirtschaftlichen Erfolg des Klageprodukts zu partizipieren, dürften sie keine Herkunftsverwechslungen bewirken, die ohne die die Kompatibilität begründenden Umstände vermeidbar wären.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Gefahr einer Herkunftstäuschung durch ihnen zumutbare Maßnahmen vermeiden können, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Nachbau fremder, nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender technischer Erzeugnisse nach § 1 UWG wettbewerbswidrig sein kann, wenn die Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart sind und besondere Umstände hinzutreten, die den Nachbau unlauter erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 – I ZR 240/93, GRUR 1996, 210, 211 = WRP 1996, 279 – Vakuumpumpen; Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 752 = WRP 1999, 816 – Güllepumpen; Urt. v. 17.6.1999 – I ZR 213/96, GRUR 1999, 1106, 1108 = WRP 1999, 1031 – Rollstuhlnachbau).
1. Das Berufungsgericht hat dem von der Klägerin hergestellten Gerüst rechts- und verfahrensfehlerfrei wettbewerbliche Eigenart zugesprochen.
a) Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1996, 210, 211 – Vakuumpumpen; GRUR 1999, 751, 752 – Güllepumpen; GRUR 1999, 1106, 1108 – Rollstuhlnachbau). Das Berufungsgericht hat die Eignung des Modulgerüstes der Klägerin, herkunftshinweisend zu wirken, in der – von sonstigen Ausführungen im wettbewerblichen Umfeld deutlich abweichenden – äußeren Formgestaltung gesehen und dabei insbesondere auf den für den Gesamteindruck charakteristischen Gerüstknoten mit der an den Vertikalstielen angebrachten Lochscheibe in Kombination mit den daran anzuschließenden Riegelköpfen abgestellt. Gegen diese tatrichterlichen Feststellungen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß sich die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses auch aus seinen technischen Merkmalen ergeben kann (vgl. BGH GRUR 1999, 751, 752 – Güllepumpen; GRUR 1999, 1106, 1108 – Rollstuhlnachbau). Es hat unter zulässiger Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (§ 543 Abs. 1 ZPO) festgestellt, daß sich die auf dem Markt befindlichen Konkurrenzerzeugnisse, insbesondere hinsichtlich des hier in Rede stehenden Gerüstknotens, deutlich von dem Gerüst der Klägerin unterscheiden. Aufgrund dieser – unbeanstandet gebliebenen – Feststellungen hat es angenommen, der Verkehr verbinde mit dem Gerüst der Klägerin Herkunftsvorstellungen. Dies ist nicht erfahrungswidrig. Das Gerüst der Klägerin ist in seiner konkreten Gestaltungsform, insbesondere aufgrund des Gerüstknotens, der durch das Aussehen der Lochscheibe, ihrer Formung und derjenigen der Aussparungen, das Aussehen der Riegelköpfe und der auf die Ausstanzungen in der Lochscheibe abgestimmten Keile, besonders einprägsam ist, geeignet, im Verkehr auf seine betriebliche Herkunft hinzuweisen. Den nach den Feststellungen des Berufungsgericht, soweit diese unbeanstandet geblieben sind, jedenfalls bei 70 % liegenden Marktanteil der Klägerin hat das Berufungsgericht lediglich zur Begründung der Bekanntheit des Gerüsts herangezogen. Dies ist – entgegen der Ansicht der Revision – nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1962 – I ZR 21/61, GRUR 1963, 152, 156 – Rotaprint). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beruhen die Herkunftsvorstellungen des Verkehrs nicht auf dem hohen Marktanteil der Klägerin, sondern darauf, daß sich das Modulgerüst der Klägerin, wie die Revision rügelos hinnimmt, von allen anderen auf dem Markt befindlichen Konkurrenzerzeugnissen deutlich unterscheidet.
c) Im Ergebnis erfolglos bleibt auch der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe Sachvortrag und Beweisantritte der Beklagten zur technischen Notwendigkeit des Gerüstknotens und der sonstigen Bauteile übergangen und dabei rechtsfehlerhaft außer acht gelassen, daß technisch notwendige Gestaltungselemente keine wettbewerbliche Eigenart beanspruchen könnten, weil diese gemeinfrei und damit von vornherein schutzunfähig seien.
aa) Richtig ist, daß für technisch notwendige Gestaltungselemente ein Schutz nach § 1 UWG entfällt, weil nach dem Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik die Übernahme nicht (mehr) unter Sonderschutz stehender Gestaltungsmerkmale wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend kommt technisch notwendigen Merkmalen, die also aus technischen Gründen zwingend bei gleichartigen Konstruktionen verwendet werden müssen, auch keine wettbewerbliche Eigenart zu (vgl. BGH GRUR 1996, 210, 211 – Vakuumpumpen; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 21 Rdn. 44). Anders liegt es jedoch bei technischen Gestaltungselementen, die zwar technisch bedingt, aber willkürlich wählbar und austauschbar sind (vgl. BGH GRUR 1996, 210, 211 – Vakuumpumpen). Sie können wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Ist dies der Fall, so ist deren Übernahme gleichwohl nicht ohne weiteres zu untersagen, und zwar dann nicht, wenn in diesen Merkmalen – im Blick auf das Freihaltebedürfnis der Mitbewerber am Stand der Technik und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks und der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung – die angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe liegt (BGHZ 50, 125, 131 – Pulverbehälter; v. Gamm aaO Kap. 21 Rdn. 45). Von einer solchen Fallgestaltung ist das Berufungsgericht hinsichtlich des Gerüstknotens ausgegangen. Es hat zugunsten der Beklagten unterstellt, daß die Übernahme der – grundsätzlich wählbaren und austauschbaren – Merkmale des Gerüstknotens als eine angemessene und zweckmäßige technische Lösung frei sei. Hinsichtlich der Gesamtgestaltung des Gerüsts hat es allerdings angenommen, daß nicht sämtliche Elemente – mögen auch Einzelmerkmale für sich genommen eine angemessene und zweckmäßige Lösung darstellen – in Kombination (fast) identisch übernommen werden dürften (vgl. hierzu auch unten Ziff. II 1c cc). Soweit das Berufungsgericht dabei inzident ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens davon ausgegangen ist, daß das L. AllroundGerüst als ein Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart anzusprechen und grundsätzlich einem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz zugänglich sei, weil nicht sämtliche Gestaltungsmerkmale des Gerüstes auch technisch unbedingt erforderlich seien, begegnet dies keinen durchgreifenden revisionsrechtlichen Bedenken.
bb) Ob ein Merkmal technisch unbedingt notwendig in dem Sinne ist, daß der erstrebte technische Erfolg nur mittels des übernommenen Gestaltungselements oder auch auf andere Weise erreicht werden kann, ist vielfach nicht rein objektiv zu beantworten (BGHZ 50, 125, 128 – Pulverbehälter). Vor allem wenn das Erzeugnis – wie hier – einem Gebrauchszweck dient, in dem sich mehrere technische Funktionen vereinigen (Flexibilität bei der Wahl der Verbindungswinkel; schneller, einfacher Auf- und Abbau; Transportabilität; einfache, platzsparende Lagerung; Stabilität; Tragkraft usw.), läßt sich ein absolut geltendes Verhältnis zwischen der technischen Wichtigkeit und Bedeutung der einzelnen Funktionen häufig nicht feststellen (BGHZ 50, 125, 128 – Pulverbehälter). Dies liegt darin begründet, daß ein komplexes technisches Erzeugnis in der Regel aus einem Bündel von technischen Gestaltungsmerkmalen besteht, die, auch wenn sie eine Hauptfunktion haben, jeweils nicht nur einem einzigen, sondern oftmals mehreren, sich untereinander auch überschneidenden und miteinander in Wechselwirkung stehenden technischen Zwecken dienen. Veränderungen an einem Gestaltungselement können daher eine punktuelle Verlagerung des Schwerpunkts der technischen Aufgabenerfüllung bewirken, ohne daß dadurch zwangsläufig auch der insgesamt mit dem Produkt angestrebte technische Erfolg verfehlt wird, weil durch eine gleichzeitige Änderung eines oder mehrerer anderer Gestaltungsmerkmale das im Zusammenhalt der sich ergänzenden Gestaltungsmerkmale bestehende Funktionsgefüge aufrechterhalten werden kann. Ob dies bei einem konkreten technischen Erzeugnis der Fall ist und ob es auch formgebende Elemente enthält, bei denen es schon an der technischen Bedingtheit fehlt, kann der Tatrichter unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung je nach Fallgestaltung auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen selbst beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.1981 – I ZR 48/79, GRUR 1981, 517, 519 = WRP 1981, 514 – Rollhocker). Dies gilt insbesondere, wenn es – wie hier – vor allem um eine wertende Betrachtung einer Gesamtkombination zahlreicher Gestaltungsmerkmale und weniger um eine objektiv-technische Beurteilung der Funktionserfordernisse eines bestimmten Einzelmerkmals geht. Je komplexer ein technisches Produkt ist, je mehr technische Funktionen es also auf sich vereint, desto weniger wird man davon ausgehen können, daß die konkrete Gesamtgestaltung in allen Einzelheiten zur Erreichung des insgesamt angestrebten Erfolges technisch unbedingt notwendig ist. Anders kann es liegen, wenn es sich um eine hochkomplizierte Maschine handelt, deren Funktionsfähigkeit von einer präzisen Feinabstimmung abhängt. So verhält es sich hier aber nicht.
cc) Das Berufungsgericht konnte unter Berücksichtigung der sonst auf dem Markt befindlichen Modulgerüste anhand der vorgelegten Abbildungen und Gerüstteile sowie einer Inaugenscheinnahme der aufgebauten Gerüste selbst feststellen, daß die konkrete Gesamtgestaltung des Klagemodells nicht in allen Einzelheiten technisch unbedingt notwendig ist, sondern Abweichungsmöglichkeiten zuläßt. Dies ergibt sich auch aus dem von der Revision in Bezug genommenen Sachvortrag der Beklagten zu den Gründen, aus denen ein einzelnes Gestaltungsmerkmal gerade so, wie von der Klägerin gestaltet und von der Beklagten nachgebaut, beschaffen sein müsse. Sie rechtfertigen allenfalls bezogen auf einige wenige Einzelelemente eines Gestaltungsmerkmals die Annahme einer absoluten technischen Notwendigkeit (so etwa die Anordnung von vier kleineren und vier größeren Aussparungen auf der Lochscheibe), zeigen aber insgesamt, daß die Merkmale des Gerüstknotens in Übereinstimmung mit der Unterstellung des Berufungsgerichts zwar eine angemessene und zweckmäßige technische Lösung darstellen mögen, sich aber in ihrer Gesamtkombination, auch in Verbindung mit den übrigen Gestaltungselementen des Gerüsts, nicht zwingend aufdrängen, weil bei zahlreichen Einzelelementen (etwa der Formung des Randes und der Aussparungen der Lochscheibe oder der Grundmaße des Gerüsts) ein Spielraum für abweichende Gestaltungsformen nicht verneint werden kann. Es widerspricht im übrigen nicht der Lebenserfahrung, daß ein komplexes technisches Erzeugnis wie ein Baugerüst, das, wie vorerörtert, verschiedensten Anforderungen genügen muß, selbst bei gleicher Prioritätensetzung durch den Hersteller sowie bei Benutzung desselben Stands der Technik und handelsüblicher Normbauteile jeweils so durch individuelle Gestaltungsentscheidungen geprägt ist, daß jedes Erzeugnis – zumindest für Fachleute, selbst wenn man mit der Revisionserwiderung in diesen Kreis nicht nur Gerüstbauspezialisten (d.h. Gerüstbau- und – vermietungsunternehmen), sondern darüber hinaus auch Bauhandwerker, Architekten und Ingenieure einbezieht – ein eigenes „Gesicht” haben kann (vgl. BGH GRUR 1999, 1106, 1108 – Rollstuhlnachbau). Die Sachaufklärungsrüge greift daher nicht durch.
2. Weiter ist das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung erkennbar davon ausgegangen, daß die Beklagte das L. AllroundGerüst nahezu identisch übernommen hat. Dabei hat das Berufungsgericht zutreffend auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Gerüste abgestellt. Es hat anhand der vorgelegten photographischen Abbildungen und einer Inaugenscheinnahme der aufgebauten Gerüste festgestellt, daß sie ungeachtet kleinerer – geringfügiger – Abweichungen einander so ähnlich seien, daß der Tatbestand einer (fast) identischen Übernahme erfüllt sei. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den vorhandenen Abweichungen, namentlich der wellenförmigen Ausprägung der Riegel (Horizontalrohre), der Ausgestaltung der Rohrverbindungsstücke mit einer rundherum manschettenartig eingepreßten Vertiefung anstatt acht punktförmigen Vertiefungen sowie der Einstanzung der geschäftlichen Bezeichnung der Beklagten in das vorerwähnte Zwischenstück, zu wenig Beachtung geschenkt, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat diese Abweichungen ausdrücklich in seine Abwägung einbezogen (vgl. auch nachfolg. unter II 3 a). Seine tatrichterliche Feststellung, daß diese Unterschiede nichts am Tatbestand eines (fast) identischen Nachbaus zu ändern vermögen, ist revisionsrechtlich hinzunehmen.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht das Unlauterkeitsmerkmal einer vermeidbaren Herkunftstäuschung bejaht hat.
a) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der (fast) identische Nachbau des L. AllroundGerüsts – auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Kennzeichnung der Gerüste – die Gefahr von Herkunftsverwechslungen begründet.
aa) Das Berufungsgericht konnte aufgrund der – rechtsfehlerfrei – getroffenen Feststellungen zum Umfang der Übereinstimmungen der sich gegenüberstehenden Gerüste annehmen, daß eine Gefahr von Fehlvorstellungen des Verkehrs über die betriebliche Herkunft besteht. Die – vom Berufungsgericht berücksichtigten – Abweichungen springen nicht dergestalt ins Auge, daß der Verkehr in der Gesamtgestaltung des angegriffenen Gerüsts Herkunftsmerkmale des L. AllroundGerüsts nicht wiedererkennen oder ihnen keine Bedeutung beimessen würde.
bb) Dem Berufungsgericht ist entgegen der Ansicht der Revision auch darin beizutreten, daß ein Weglassen der von der Klägerin – vereinzelt – zur Kennzeichnung ihrer Gerüstteile aufgebrachten leuchtend roten Aufkleber nicht genügt, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Denn angesichts der sonstigen augenfälligen Übereinstimmungen der Gestaltungselemente und in Anbetracht der Tatsache, daß die Klägerin ihre Gerüstteile auch nicht stets und ausnahmslos mit Namensaufklebern versieht, entnimmt der Verkehr dem Fehlen eines Firmenaufklebers der Klägerin noch nicht den entscheidenden Hinweis darauf, daß es sich um das Konkurrenzprodukt eines anderen – nicht genannten – Herstellers handele.
cc) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, wonach der grünblaue Namensaufkleber der Beklagten kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal darstelle, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die vom Berufungsgericht in Bezug genommene Feststellung des Landgerichts, wonach sich dieser Aufkleber ablösen läßt, hat die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht angegriffen. Ein nicht dauerhaft angebrachter Hinweis auf die Firma der Beklagten kann aber nicht in jedem Fall als zum Ausschluß von Herkunftsverwechslungen ausreichend angesehen werden (vgl. BGHZ 21, 266, 275 – Uhrenrohwerke; BGH, Urt. v. 3.5.1968 – I ZR 66/66, GRUR 1968, 591, 594 – Pulverbehälter, insoweit nicht in BGHZ 50, 125). Die Frage, welche Bedeutung der Verkehr der Anbringung von (unterscheidenden) Kennzeichnungen oder einer (abweichenden) Farbgestaltung beimißt, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (BGH GRUR 1999, 751, 753 – Güllepumpen, m.w.N.). Die vom Berufungsgericht ausdrücklich gebilligte Annahme des Landgerichts, wonach derartige – augenscheinlich nachträglich angebrachte – Aufkleber vom Verkehr als Hinweis auf einen außerhalb des Eigenvertriebs des Originalherstellers stehenden Vertriebshändler mißverstanden werden können, ist – entgegen der Ansicht der Revision – nicht erfahrungswidrig. Sie begegnet keinen revisionsrechtlich beachtlichen Bedenken. Es entspricht zudem der Lebenserfahrung, daß die an Gerüstsystemen der vorliegenden Art interessierten Verkehrskreise, zu denen auch nach dem – umfassenderen – Verständnis der Revisionserwiderung vor allem Fachleute aus dem Bereich des Baugewerbes (Gerüstbau- und -vermietungsunternehmen, Bauhandwerker, Architekten und Ingenieure) gehören, eher auf die im Streitfall (fast) identischen technisch-konstruktiven Merkmale als auf eine Firmenkennzeichnung achten (vgl. BGH GRUR 1963, 152, 156 – Rotaprint). Es ist daher nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die bloße Angabe der Firma auf einem – ablösbaren – Aufkleber nicht als hinreichendes Unterscheidungsmerkmal angesehen hat (vgl. BGHZ 21, 266, 275 – Uhrenrohwerke; BGH GRUR 1963, 152, 156 – Rotaprint).
b) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Gefahr einer Herkunftsverwechslung durch ihnen zumutbare Maßnahmen vermeiden können, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Insoweit bedarf es weiterer tatrichterlicher Aufklärung.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Beklagten auch einen Kompatibilitätsverlust hinzunehmen hätten, wenn andernfalls – bei Aufrechterhaltung der Kompatibilität der Gerüstteile – Herkunftsverwechslungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Dem kann nicht beigetreten werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten müßten gegebenenfalls auch auf eine Verbaubarkeit ihrer Gerüstteile mit denen der Klägerin verzichten, um Herkunftsverwechslungen zu vermeiden, beruht auf einem rechtsfehlerhaften Verständnis des Begriffs der vermeidbaren Herkunftstäuschung.
aa) Vermeidbar sind Herkunftsverwechslungen dann, wenn sie durch geeignete und dem Nachbauenden zuzumutende Maßnahmen verhindert werden könnten. Die Beantwortung der Frage, welche Maßnahmen im Einzelfall zur Vermeidung von Herkunftsverwechslungen geeignet und zumutbar sind, liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet (vgl. BGHZ 50, 125, 132 f. – Pulverbehälter; BGH GRUR 1999, 751, 753 – Güllepumpen). Allerdings ist bei der Ausfüllung des Rechtsbegriffs der vermeidbaren Herkunftstäuschung zu berücksichtigen, daß dem eine technische Gestaltung Übernehmenden billigerweise nicht verwehrt werden kann, den im Schrifttum offenbarten und durch praktische Erfahrung bestätigten Stand der Technik zu benutzen und Verbraucherwünschen und -erwartungen, vor allem in bezug auf den Gebrauchszweck des Erzeugnisses, Rechnung zu tragen (BGHZ 50, 125, 129, 131 – Pulverbehälter). Letztgenanntem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht zu wenig Beachtung geschenkt. Es hat – ohne nähere Begründung – angenommen, das Interesse der Beklagten am Vertrieb eines mit den Gerüstteilen der Klägerin kompatiblen Gerüsts sei nicht schutzwürdig. Dabei hat das Berufungsgericht das nach der Lebenserfahrung bestehende Interesse der Abnehmer unberücksichtigt gelassen, unter mehreren Konkurrenzprodukten ein nach Preis und Leistung geeignet erscheinendes Erzeugnis auszuwählen (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.1968 – I ZR 105/66, GRUR 1968, 698, 701 – Rekordspritzen; Urt. v. 11.2.1977 – I ZR 39/75, GRUR 1977, 666, 668 – Einbauleuchten). Dieses Interesse an einem Preis-/Leistungswettbewerb besteht nicht nur bei einer Erstanschaffung, sondern ist auch anzuerkennen, soweit ein Ersatz- oder Ergänzungsbedarf für ein bereits angeschafftes Erzeugnis betroffen ist (BGH GRUR 1968, 698, 701 – Rekordspritzen). Neben dem die Belange der Abnehmer in erster Linie kennzeichnenden Interesse an einem Preiswettbewerb kann auch ihr Interesse, bei etwaigen Lieferschwierigkeiten eines Herstellers auf einen anderen ausweichen zu können, und das in technischen Bereichen aus vielfältigen Gründen häufig anzutreffende Bedürfnis an einer Standardisierung und Normung von Bauteilen eine Rolle spielen (vgl. BGH GRUR 1977, 666, 668 – Einbauleuchten). Diese auf Abnehmerseite bestehende Interessenlage darf ein Gewerbetreibender bei der Gestaltung seiner Produkte berücksichtigen. Es ist ein grundsätzlich berechtigtes Anliegen eines Gewerbetreibenden, bei der Produktgestaltung den Gebrauchszweck und die Verkäuflichkeit des Erzeugnisses im Auge zu behalten (vgl. BGHZ 50, 125, 131 – Pulverbehälter) und dabei auch einem erkannten Kompatibilitätsinteresse potentieller Abnehmer Rechnung zu tragen. Die Befriedigung eines Ersatz- oder Ergänzungsbedarfs durch den Vertrieb von Erzeugnissen, die mit den nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Konkurrenzprodukten eines Mitbewerbers uneingeschränkt verbaubar und gegen diese austauschbar sind, ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, solange keine unlauterkeitsbegründenden Merkmale hinzutreten. Dies hat der Senat schon mehrfach im Zusammenhang mit der Lieferung von Ersatzteilen und Zubehör für fremde Erzeugnisse ausgesprochen (vgl. BGH GRUR 1968, 698, 701 – Rekordspritzen; Urt. v. 20.2.1976 – I ZR 64/74, GRUR 1976, 434, 436 = WRP 1976, 308 – Merkmalklötze; GRUR 1977, 666, 667 – Einbauleuchten; Urt. v. 13.10.1983 – I ZR 138/81, GRUR 1984, 282 f. = WRP 1984, 256 – Telekonverter; Urt. v. 22.2.1990 – I ZR 50/88, GRUR 1990, 528, 530 – Rollen-Clips; Urt. v. 28.3.1996 – I ZR 39/94, GRUR 1996, 781, 782 = WRP 1996, 713 – Verbrauchsmaterialien).
bb) Allerdings unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von den Sachverhalten, die den vorzitierten Entscheidungen zugrunde lagen, dadurch, daß die Gerüstteile der Beklagten nicht Ersatz- oder Zubehörteile für eine hiervon verschiedene fremde Hauptware sind. Im Streitfall geht es um Bauteile, die entweder schon aus sich heraus zu einem selbständigen Gerüst zusammengesetzt oder beliebig mit Gerüstteilen der Klägerin zu einem Gerüst verbaut werden können. Anders als im Ersatz- und Zubehörteilgeschäft, das häufig – insbesondere in der Kfz-Branche – dadurch gekennzeichnet ist, daß den Zulieferern ein Zugang zum Markt erst eröffnet wird, wenn sie mit den Originalersatzteilen des Herstellers der Hauptware identische und aufgrund dieser Identität mit der Hauptware kompatible Erzeugnisse anbieten, wären Absatzgeschäfte der Beklagten deshalb auch unabhängig von einer Kompatibilität mit den Gerüstteilen der Klägerin denkbar und möglich. Dies rechtfertigt jedoch unter den vorliegenden Gegebenheiten keine grundlegend andere Beurteilung. Der Nachbau kompatibler Gerüstteile ist seit Ablauf des Patentschutzes für das Gerüstsystem der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der freien Benutzung des Standes der Technik, wie ihn ein vernünftiger Gewerbetreibender dem Schrifttum als angemessene, verkäufliche, den Verbrauchererwartungen und dem Gebrauchszweck Rechnung tragende Lösung entnehmen kann, als grundsätzlich zulässig anzusehen. Vor allem kann in der Austauschbarkeit als solcher kein selbständiges Unlauterkeitsmerkmal erblickt werden (vgl. BGHZ 41, 55, 58 – Klemmbausteine I; OLG Köln BauR 1999, 925, 926; Kur, GRUR Int. 1995, 469, 471 f.; Artmann, ÖBl. 1999, 3, 5). Dies stünde im Widerspruch zur freien Benutzung des Standes der Technik und ließe sich mit der Rechtsprechung zur grundsätzlichen Zulässigkeit des maßstabsgetreuen Nachbaus von Ersatz- und Zubehörteilen, an der der Senat uneingeschränkt festhält, nicht vereinbaren.
cc) Der Nachbau kompatibler Gerüstteile ist auch nach den Grundsätzen, die der Senat zum Einschieben in eine fremde Serie als einem – vom Vorliegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung unabhängigen – selbständigen Unlauterkeitsmoment entwickelt hat (vgl. BGHZ 41, 55 – Klemmbausteine I; BGH, Urt. v. 7.5.1992 – I ZR 163/90, GRUR 1992, 619 = WRP 1992, 642 – Klemmbausteine II), nicht wettbewerbswidrig.
(1) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis offengelassen, ob die Beklagte durch den Vertrieb kompatibler Gerüstteile den Erfolg einer fremden Leistung im Sinne der Klemmbausteine-Rechtsprechung des Senats sittenwidrig ausbeutet und auf sich ableitet. Davon kann – entgegen den Gegenangriffen der Revisionserwiderung – nicht ausgegangen werden. Die vorzitierte Rechtsprechung betrifft einen besonders gelagerten, hier nicht anzunehmenden Ausnahmefall, in dem sich der Unterlassungsanspruch auch auf die Kompatibilität der beanstandeten Produkte erstreckt hat, weil diese wesensnotwendige Voraussetzung für die Verwirklichung des dort festgestellten Unlauterkeitsmerkmals gewesen ist. Die diesen Fall charakterisierende Besonderheit lag darin, daß das Erzeugnis, für das Nachahmungsschutz begehrt wurde – als Kinderspielzeug hergestellte Klemmbausteine, die zu ganzen Sätzen in Verkaufspackungen abgegeben wurden –, das Bedürfnis nach Ergänzung, Erweiterung und Vervollständigung durch Bausteine derselben Art in sich trug. Es entsprach dem Wesen und der Zweckbestimmung des zunächst gelieferten Ausgangsgegenstandes, daß er den Ansatz für eine als fortlaufend gedachte Serie von Ergänzungen und Erweiterungen bildete, mit deren Hilfe er erst den von Anbeginn angestrebten vollkommenen Gebrauchszweck entfaltete. Der beabsichtigte wettbewerbliche Erfolg erschöpfte sich nicht schon in dem ersten Umsatzgeschäft, sondern erfaßte auch den sich aus der Natur der Spielbausteine ergebenden Ergänzungsbedarf. Unter diesen besonderen Umständen hat es der Senat als wettbewerbswidrig angesehen, wenn ein Nachahmer sein Produkt gleichsam in die fremde Serie einschiebt und dadurch den Erfolg der fremden Leistung auf sich ableitet und für sich ausbeutet, obwohl ihm eine Fülle von Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Im Streitfall liegen die Dinge jedoch anders.
(2) Zwar geht es vorliegend ebenfalls um mehrere, nach Art und Beschaffenheit jeweils gleichartige Bauteile, die gegeneinander ausgetauscht, ergänzt, erweitert und entsprechend ihrem Gebrauchszweck (vorübergehend) zu einem einheitlichen Gebilde zusammengefügt werden. Ein Fortsetzungs- und Erweiterungsbedarf ist jedoch nicht von vornherein nach Art der Ware angelegt, sondern ergibt sich allenfalls aus von außen hinzutretenden, vom Gegenstand selbst unabhängigen Umständen. Während die Spielbausteine gemäß ihrem Gebrauchszweck praktisch unendliche Erweiterungs- und Kombinationsmöglichkeiten eröffnen, wobei der durch einen Bausatz angeregten Phantasie keine Grenzen gesetzt sind, ist der Bedarf an Gerüstteilen entsprechend ihrem Verwendungszweck von vornherein durch die betrieblichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Erwerbers vorgegeben und beschränkt (vgl. für Beton- bzw. Rahmenschalungselemente ÖOGH GRUR Int. 1999, 89, 90; OLG Köln BauR 1999, 925, 927). Ein Ersatz- oder Erweiterungsbedarf ergibt sich insoweit lediglich aufgrund von Alterungs- und Verschleißerscheinungen bzw. Änderungen der Auftragslage oder Erweiterungen des Geschäftsbetriebs, die – abhängig von Anzahl und Umfang der einzurüstenden Objekte – auch einen höheren Bedarf an Gerüstteilen nach sich ziehen können. Dies bedeutet, daß die Klägerin den angestrebten Markterfolg grundsätzlich bereits durch den Verkauf von einem Gerüst bzw. einer Grundausstattung an Gerüstteilen erzielt, deren Umfang individuell wählbar ist und von der unternehmerischen Entscheidung sowie den betrieblichen Verhältnissen des Abnehmers abhängt. Diese wesentlichen Unterschiede zu dem Sachverhalt, der den Klemmbausteine-Entscheidungen des Senats zugrunde gelegen hat, lassen eine Gleichbehandlung der Fälle nicht gerechtfertigt erscheinen. Jedes Baugerüst, das aus Einzelteilen zusammengesetzt wird, ist grundsätzlich zur Erweiterung durch den Anbau von Zubehörteilen oder weiteren Gerüstfeldern geeignet. Dies heißt aber nicht, daß es für sich genommen als unvollständig angesehen werden könnte. Seinen Gebrauchszweck – Einrüstung eines Bauobjektes bestimmter Größe (sowie sämtlicher kleinerer und gleich großer Objekte) – kann es auch ohne Zusatzelemente vollkommen erfüllen. Hat aber die Klägerin ihren Markterfolg durch die Lieferung eines einzigen Gerüstes bzw. einer den aktuellen Bedarf des Abnehmers befriedigenden Grundausstattung erzielt, so steht ihr nicht zwangsläufig allein auch die Befriedigung eines etwa auftretenden Ersatz- oder Folgebedarfs zu. Dies liefe auf einen ungerechtfertigten Bestandsschutz für die Kundenbeziehungen der Klägerin hinaus (vgl. BGH GRUR 1984, 282, 283 – Telekonverter; für Betonschalungselemente ÖOGH GRUR Int. 1999, 89, 90).
(3) Die Erzielung des vollen Markterfolges durch das Ausgangsgeschäft wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß das Auftreten eines Folgebedarfs, sei es in Gestalt von Erweiterungen des Gerüstsystems oder des Austauschs einzelner unbrauchbar gewordener Teile, aus wirtschaftlichen Gründen (Fortführung und Erhaltung des Systems) häufig schon bei der Anschaffung einer dem individuellen Bedarf des Abnehmers entsprechenden Erstausstattung vorhersehbar ist. Wie wahrscheinlich oder häufig das Auftreten eines Ergänzungsbedarfs ist, spielt für die rechtliche Bewertung keine Rolle. Der Senat hat bereits bei der Beurteilung von – mit dem Streitfall insofern vergleichbaren – Ersatzteil- und Zubehörgeschäften ausgesprochen, daß die Befriedigung des weiteren Bedarfs auch dann nicht dem Hersteller der Ausgangsware vorbehalten ist, wenn ein umfangreicher Ersatz- oder Fortsetzungsbedarf, etwa wegen hoher Bruchanfälligkeit eines austauschbaren Glaszylinders oder wegen nur einmal benutzbaren bzw. verbrauchbaren Zubehörs, absehbar ist (vgl. BGH GRUR 1968, 698, 701 – Rekordspritzen; GRUR 1990, 528, 530 – Rollen-Clips).
(4) Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Markterschließung.
Die Klägerin hat dadurch, daß sie ihr Gerüst auf den Markt gebracht hat, einen Ergänzungsbedarf für Gerüstteile gerade ihres Systems geschaffen (vgl. BGHZ 41, 55, 60 f. – Klemmbausteine I; BGH GRUR 1990, 528, 530 – Rollen-Clips). Dies kann nicht unter Hinweis darauf verneint werden, daß es schon vor diesem Zeitpunkt eine (generelle) Nachfrage für (Modul-)Gerüste gegeben habe (so aber – für Betonschalungselemente – ÖOGH GRUR Int. 1999, 89, 90). Der Ergänzungsbedarf an Gerüstteilen der Beschaffenheit und Art, wie sie die Klägerin herstellt und vertreibt, beruht ausschließlich auf der vorangegangenen Markterschließung durch die Klägerin bzw. den früheren Patentinhaber E. L.. Diese hatten jedoch nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund ihrer durch das Patent entstandenen Monopolstellung seit 1974 die Möglichkeit, den geschaffenen Ergänzungsbedarf für Gerüstteile des L. AllroundGerüstes über annähernd zwei Jahrzehnte ungestört allein zu befriedigen und mit den getätigten Umsatzgeschäften auch die angefallenen Entwicklungskosten zu kompensieren. Bei dieser Sachlage kann das im Jahr 1995 erstmals aufgetretene Bestreben eines anderen Herstellers, sich an der Belieferung des Marktes mit gegen die Gerüstteile der Klägerin austauschbaren Gerüstteilen seinerseits als Konkurrent zu beteiligen, für sich genommen nicht als sittenwidrig bewertet werden (vgl. BGH GRUR 1990, 528, 530 – Rollen-Clips). Allein der Gesichtspunkt der Markterschließung und das damit verbundene Verdienst der Klägerin bzw. des Erfinders E. L. gebieten es nicht, den hierdurch erzielten Wettbewerbsvorsprung durch den dauerhaften Ausschluß von kompatiblen Konkurrenzprodukten zu manifestieren. Der Abschluß von Ersatz-, Ergänzungs- und Erweiterungsgeschäften gebührt nicht der Klägerin allein, weil ein solcher Fortsetzungsbedarf nicht von vornherein nach Art der Ware angelegt ist und die Klägerin den angestrebten Markterfolg schon mit der Lieferung eines Gerüstes erzielt. Dabei spielt auch das nicht gering einzuschätzende Interesse der Abnehmer und Mitbewerber an mit dem Gerüstsystem der Klägerin kompatiblen Konkurrenzprodukten eine Rolle, hinter dem das Interesse der Klägerin an einer konkurrenzfreien Lieferung ihres Gerüstsystems zurückzutreten hat.
dd) Ist danach grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten und der Abnehmer am Vertrieb eines kompatiblen Gerüsts anzuerkennen, so kann der Beklagten – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – ohne das Hinzutreten besonderer Umstände auch nicht zugemutet werden, auf mit dem Gerüst der Klägerin nicht kompatible Gestaltungsformen auszuweichen. Dies gilt auch dann, wenn sich – bedingt durch die eine technische Austauschbarkeit gewährleistenden Gestaltungsformen – die Gefahr von Herkunftsverwechslungen erhöht. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen ausgeführt hat, daß die Befriedigung eines solchen Ergänzungsbedarfs grundsätzlich unbedenklich sei, soweit dabei die Möglichkeit einer Herkunftstäuschung ausscheide und andere sittenwidrige Umstände nicht ersichtlich seien (vgl. BGH GRUR 1990, 528, 530 – Rollen-Clips), bedeutet dies nicht, daß die Herstellung von Kompatibilität nur dann zulässig wäre, wenn durch sie keine Herkunftsverwechslungen hervorgerufen werden. Vielmehr sind Herkunftsverwechslungen dort, wo sie auf technischen Gestaltungsmerkmalen beruhen, die zur Herstellung von Kompatibilität erforderlich sind, grundsätzlich als unvermeidbar anzusehen. Allerdings hat ein Hersteller von technischen Erzeugnissen, die mit den nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Produkten eines Mitbewerbers kompatibel sind, soweit möglich, durch andere geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, daß es nicht zu Herkunftsverwechslungen kommt.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Schutzwürdigkeit des Kompatibilitätsinteresses eines Mitbewerbers dort ihre Grenzen findet, wo kompatibel hergestellte Austauschprodukte nicht auch denselben – oder jedenfalls im wesentlichen denselben – Qualitätsmaßstäben genügen, die der Originalhersteller durch seine Ware gesetzt hat (vgl. ÖOGH GRUR Int. 1999, 89, 90f.). Dies gilt insbesondere, wenn durch die Eingliederung fremder Austauschprodukte in die Originalware, worauf sich die Klägerin im Streitfall berufen hat, die Sicherheit oder Gebrauchstauglichkeit des aus Produkten verschiedener Hersteller zusammengesetzten technischen Erzeugnisses nicht mehr im selben Maße gewährleistet ist. Dies bedeutet nicht, daß ein Zurückbleiben der Qualität des kompatiblen Produkts hinter der des gleichgestalteten Teils des Originalherstellers zwangsläufig auch einen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts darstellen müßte. Auch wenn die mit den Erzeugnissen des Originalherstellers kompatiblen Produkte für sich genommen – also bei Verwendung ausschließlich eigener Produkte des Mitbewerbers – von mittlerer Art und Güte, uneingeschränkt gebrauchstauglich und in jeder Hinsicht sachmängelfrei seien sollten, kann es bei einer Vermischung derselben mit Teilen des Originalherstellers zu Qualitäts- und Sicherheitsbeeinträchtigungen gegenüber dem (das Vertrauen des Verkehrs genießenden) Qualitäts- und Sicherheitsstandard der Originalware kommen. Dies braucht der Hersteller der Originalware im Regelfall nicht hinzunehmen. Wer – wie die Beklagte – als Gewerbetreibende mit den Produkten eines Mitbewerbers kompatible Erzeugnisse vertreibt und diese im geschäftlichen Verkehr unter Hinweis auf die Kompatibilität mit einem Konkurrenzprodukt anbietet, bringt damit zum Ausdruck, daß seine Ware für die vorgesehene Verwendung unbedenklich geeignet ist. Er hat daher zuverlässig sicherzustellen, daß seine Produkte mit den Erzeugnissen des Mitbewerbers nicht nur in technischer Hinsicht uneingeschränkt verbaubar sind, sondern auch in qualitativer Hinsicht und vor allem in bezug auf die Gebrauchssicherheit, den wesentlichen Merkmalen der Originalware entsprechen (vgl. BGH GRUR 1968, 698, 701 – Rekordspritzen). Fehlt es daran, so läßt sich ein Interesse des Mitbewerbers, seine Erzeugnisse kompatibel zu gestalten, regelmäßig nicht mehr mit schützenswerten Belangen der Abnehmer rechtfertigen. Deren – nicht nur als untergeordnet einzustufendes – Interesse gilt nämlich auch der Sicherheit und Qualität der ihnen zum Austausch und zur Ergänzung der Originalware angebotenen Produkte. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn Sicherheitsanforderungen nicht berührt sind und der Verkehr beim Auftreten einer Qualitätsbeeinträchtigung der aus verschiedenen Produkten gebildeten Funktionseinheit klar und eindeutig erkennen kann, daß diese nicht aus den Komponenten der Originalware herrührt, sondern ausschließlich auf dem kompatiblen Austauschprodukt des Mitbewerbers beruht (vgl. BGH GRUR 1984, 282, 283 – Telekonverter). Davon kann aber im Streitfall mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts, deren Fehlen die Revisionserwiderung rügt, für die Revisionsinstanz nicht ausgegangen werden.
4. Zur weiteren Sachaufklärung bedarf es einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
a) Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang unerörtert gelassen, ob das nach den vorstehenden Ausführungen unter II 3 b grundsätzlich anzuerkennende Kompatibilitätsinteresse der Beklagten auch im Blick auf die von der Klägerin behaupteten Qualitätsunterschiede der Gerüste als schutzwürdig angesehen und den Klageansprüchen mit Erfolg entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang hat es auch nicht geprüft, ob Veränderungen der Gesamtgestaltung ohne Einschränkung der Kompatibilität möglich wären. Nach den – revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden – Feststellungen des Berufungsgerichts sind die sich gegenüberstehenden Gerüste der Parteien einander so ähnlich, daß die Anbringung unterschiedlicher Firmenaufkleber oder das Weglassen solcher durch die Beklagte zur Vermeidung einer Herkunftsverwechslung nicht ausreichen. Mit der Frage, ob Veränderungen der technischen Gestaltungsform in der Weise möglich sind, daß bei Erhaltung der – für die Revision als schutzwürdig zu unterstellenden – Kompatibilität Herkunftstäuschungen allein oder zusammen mit anderen Maßnahmen, wie etwa der Verwendung von Designalternativen, anderen Farben oder einer deutlich sichtbaren, dauerhaften Kennzeichnung der Gerüstteile, verhindert werden können, hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt. Es hat ausdrücklich offengelassen, ob ohne eine Änderung der Grundmaße, deren Beibehaltung es als für die Aufrechterhaltung der Austauschbarkeit der Gerüstteile wesentlich erachtet hat, Herkunftsverwechslungen auszuschließen seien. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aber unter dem Gesichtspunkt einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nur dann gerechtfertigt, wenn die Beklagte trotz bestehender Abweichungsmöglichkeiten unter Wahrung der Kompatibilität geeignete und ihr zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung einer betrieblichen Herkunftstäuschung versäumt hat. Da es hierzu an dem Tatrichter vorbehaltenen (vgl. BGH GRUR 1999, 751, 753 – Güllepumpen) Feststellungen durch das Berufungsgericht fehlt, ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt.
b) Einer Aufhebung und Zurückverweisung bedarf es auch, soweit eine Haftung des Beklagten zu 3 als dem ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 1 in Rede steht. Entgegen der Ansicht der Revision scheitern Ansprüche gegen ihn nicht schon an einer fehlenden Passivlegitimation.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den zwischen den Parteien unstreitigen Sachvortrag übergangen, daß die Klägerin und der Beklagte zu 3 am 24. Oktober 1996 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart einen Vergleich geschlossen hätten, durch den alle gegenseitigen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt worden seien (§ 286 ZPO). Dies lasse sich auch nicht mit den Ausführungen des Berufungsgerichts im Tatbestandsberichtigungsbeschluß vom 6. Juni 1997 rechtfertigen, wonach der genannte Prozeßvergleich die im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 3 geltend gemachten Ansprüche ersichtlich nicht betroffen habe. Denn diese Erwägungen verstießen gegen das Prinzip der Wortlautauslegung und stellten zu Unrecht auf eine synallagmatische Verbundenheit der dem Verzicht unterworfenen Ansprüche ab. Diese Angriffe haben keinen Erfolg.
aa) Die mangelnde Berücksichtigung des unstreitig zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 3 geschlossenen Prozeßvergleichs in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist unschädlich, weil das Entscheidungsergebnis des Berufungsgerichts, wie seine Ausführungen im Tatbestandsberichtigungsbeschluß vom 6. Juni 1997 zeigen, nicht auf diesem Versäumnis beruht.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision begegnet die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach der vor dem Oberlandesgericht Stuttgart geschlossene Vergleich keinen Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung der in vorliegender Sache streitgegenständlichen Ansprüche gegen den Beklagten zu 3 beinhalte, auch keinen durchgreifenden Bedenken.
(1) Ob die Auslegung eines Prozeßvergleichs in der Revisionsinstanz nur in beschränktem Umfang, also nur darauf überprüft werden kann, ob sie gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt, oder ob, weil es sich (auch) um eine Prozeßhandlung handelt, seine Auslegung frei nachprüfbar ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet (vgl. für eine eingeschränkte Überprüfbarkeit: BAGE 3, 116, 118 f.; BGHZ 24, 15, 19; BGH, Urt. v. 4.4.1968 – VII ZR 152/65, MDR 1968, 576; dagegen: BAG MDR 1983, 1053, 1054; offen: BGH, Urt. v. 11.5.1995 – VII ZR 116/94, NJW-RR 1995, 1201). Die Frage bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung, weil die tatrichterliche Auslegung auch bei deren voller Überprüfbarkeit nicht zu beanstanden wäre.
(2) Im Ansatz zutreffend beruft sich die Revision darauf, daß die Auslegung vom Wortlaut der Erklärung auszugehen hat (vgl. BGHZ 124, 39, 44 f.; BGH, Urt. v. 27.11.1997 – IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901; Urt. v. 18.5.1998 – II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536) und die Formulierung „alle gegenseitigen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund” auf eine abschließende Streitbereinigung mit einem beiderseitigen Verzicht auf sämtliche weiteren Ansprüche, also auch die streitgegenständlichen, hindeutet. Sie verkennt jedoch, daß bei der Auslegung nicht am buchstäblichen Sinn der Erklärung zu haften ist. Besteht ein vom Wortlaut abweichender übereinstimmender Wille der Parteien, so ist dieser rechtlich auch dann allein maßgebend, wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 19.6.1996 – VIII ZR 189/95, WM 1996, 2025, 2028 m.w.N.; Urt. v. 24.7.1998 – V ZR 74/97, NJW 1998, 3196). So liegt es hier.
(3) Mit dem Vergleichsabschluß haben die Beteiligten erkennbar den Zweck verfolgt, den vor dem Oberlandesgericht Stuttgart anhängigen Rechtsstreit über Tantiemeansprüche des Beklagten zu 3 aus seiner früheren Tätigkeit für die Klägerin zu beenden und das diesen Ansprüchen zugrundeliegende Rechtsverhältnis endgültig zu bereinigen. Sowohl diesem Vergleichszweck als auch der beiderseitigen Interessenlage der Beteiligten entsprach es, die hier streitgegenständlichen Ansprüche nicht in die allgemeine Erledigungsklausel des Prozeßvergleichs einzubeziehen. Bei der Erforschung des wirklichen Willens und der Interessenlage der Beteiligten kann die Lebenserfahrung nicht unberücksichtigt bleiben. Danach erscheint ausgeschlossen, daß ein Beteiligter – hier die Klägerin – ohne ersichtlichen, von der Revision auch nicht dargelegten, besonderen Grund auf gerichtlich – wenn auch noch nicht rechtskräftig – zugesprochene und festgestellte Ansprüche mit einem Gegenstandswert von insgesamt 1 Mio. DM verzichtet. Davon konnte auch der Beklagte zu 3 bei Vergleichsabschluß redlicherweise nicht ausgehen. Diese beiderseitige Interessenlage hat das Berufungsgericht zutreffend bei der Auslegung des Prozeßvergleichs berücksichtigt (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1201, 1202). Für diese Beurteilung spricht auch, worauf das Berufungsgericht ebenfalls abgehoben hat, daß die Beteiligten das nach Ansicht der Revision miterledigte Verfahren im Vergleich nicht erwähnt und keine Regelung über die Art und Weise der Beendigung und die Verteilung der dort angefallenen Kosten getroffen haben. Darüber hinaus kann dem nachträglichen Verhalten der Beteiligten eine indizielle Wirkung für ihren wirklichen Willen bei Beurkundung des Vergleichs zukommen (vgl. BGH, Urt. v. 24.1.1988 – V ZR 49/87, WM 1988, 1599, 1600; Urt. v. 16.10.1997 – IX ZR 164/96, NJW-RR 1998, 259; Urt. v. 26.11.1997 – XII ZR 308/95, NJW-RR 1998, 801, 803; Beschl. v. 24.11.1993 – BLw 57/93, WM 1994, 267, 268). Insoweit spricht auch der Umstand, daß die Beteiligten den vorliegenden Rechtsstreit ungeachtet des Vergleichs fortgesetzt und diesen beendigende Prozeßhandlungen (übereinstimmende Erledigungserklärung, Klagerücknahme oder Berufungsrücknahme) nicht vorgenommen haben, für die Auslegung des Berufungsgerichts.
III. In dem danach für alle drei Beklagten wiedereröffneten Berufungsverfahren bedarf es im Rahmen der – umfassend nach Maßgabe der Gegenrügen auch unter Berücksichtigung neuen Tatsachenvorbringens vorzunehmenden – Beurteilung des Vorliegens besonderer Unlauterkeitsumstände auch einer Einbeziehung der zwischen der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonden wettbewerblichen Umständen bestehenden Wechselwirkung (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1999, 751, 752 – Güllepumpen; GRUR 1996, 210, 211 – Vakuumpumpen). Dabei wird das Berufungsgericht – bislang fehlende – Feststellungen zum Grad der wettbewerblichen Eigenart zu treffen und auch die Merkmale herauszuarbeiten haben, die technisch zwar nicht notwendig, aber angemessen und zweckmäßig sind und gleichwohl noch Spielraum für abweichende Gestaltungsmöglichkeiten lassen.
Soweit das Ergebnis der erneuten Würdigung des Streitstoffs unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze zum Nachbau kompatibler technischer Erzeugnisse eine Verurteilung unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nicht tragen sollte, wird sich das Berufungsgericht mit dem Vorliegen der von der Revisionserwiderung vorsorglich mit vier Gegenrügen zur Nachprüfung gestellten weiteren Unlauterkeitsmerkmale, nämlich der Rufausbeutung bzw. -beeinträchtigung, eines Vertrauensbruchs (Verwendung geheimer Zeichnungen der Klägerin), eines planmäßigen, systematischen Vorgehens und der allgemeinen Behinderung auseinanderzusetzen haben.
Sollte das Berufungsgericht erneut zu einem Verbot gelangen, wird es die Urteilsformel im Blick auf den festgestellten Unlauterkeitstatbestand zu fassen und in ihrer Reichweite dem angenommenen Verstoß anzupassen haben, was entsprechend – gegebenenfalls nach einem Gebrauchmachen von der Möglichkeit des § 139 ZPO – auch im Klageantrag Niederschlag finden müßte.
Unterschriften
Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.12.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556161 |
BauR 2001, 1156 |
NJW-RR 2001, 614 |
EWiR 2000, 697 |
GRUR 2000, 521 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 2000, 1131 |