Leitsatz (amtlich)
1. In der werkvertraglichen Leistungskette kann der Hauptunternehmer gegenüber dem Nachunternehmer gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB den Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch entsteht, dass er wegen der mangelhaften Werkleistung des Nachunternehmers seinerseits Mängelansprüchen seines Bestellers ausgesetzt ist. Hat der Hauptunternehmer in diesem Fall einen vom Besteller geltend gemachten Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB durch Zahlung erfüllt, kann er im Wege des Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB vom Nachunternehmer Zahlung in Höhe des geleisteten Kostenvorschusses verlangen.
2. Der Umstand, dass der vom Hauptunternehmer ersetzt verlangte Schaden darin liegt, dass er mit dem Kostenvorschuss noch keine endgültige, sondern eine zweckgebundene Zahlung an seinen Besteller geleistet hat, über deren Verwendung nach Mängelbeseitigung abzurechnen ist, ist allerdings im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen und kann zu einer Begrenzung des Umfangs seines Schadensersatzanspruchs gegen den Nachunternehmer führen.
Ob und in welcher Weise die Vorteilsausgleichung zu erfolgen hat, richtet sich im Grundsatz danach, ob der Besteller dem Hauptunternehmer bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt hat.
a. Hat der Besteller dem Hauptunternehmer noch keine Abrechnung erteilt, kann der Nachunternehmer im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB durchsetzen, dass der Schadensersatz an den Hauptunternehmer in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung der aus der Vorschusszahlung folgenden Ansprüche des Hauptunternehmers gegen den Besteller auf Abrechnung sowie gegebenenfalls Rückzahlung zu leisten ist.
b. Hat der Besteller dem Hauptunternehmer dagegen bereits eine inhaltlich zutreffende Abrechnung erteilt und ist der Vorschussbetrag danach vollständig zur Mängelbeseitigung verbraucht worden, kommt eine Vorteilsausgleichung im Verhältnis des Hauptunternehmers zum Nachunternehmer nicht (mehr) in Betracht. Besteht nach erteilter Abrechnung ein noch nicht erfüllter Rückzahlungsanspruch des Hauptunternehmers gegen den Besteller, kann der Nachunternehmer im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB durchsetzen, dass der Schadensersatz an den Hauptunternehmer in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung dieses Anspruchs zu leisten ist. Ist es bereits zu einer vollständigen oder teilweisen Rückzahlung an den Hauptunternehmer gekommen, ist der zurückgezahlte Betrag von Amts wegen auf den vom Nachunternehmer in Geld zu leistenden Schadensersatz anzurechnen und führt zu dessen Verringerung.
3. Den Hauptunternehmer trifft in diesem Fall eine sekundäre Darlegungslast für die anspruchsmindernden Vorteile, die sich daraus ergeben, dass er an seinen Besteller einen Kostenvorschuss wegen der mangelhaften Werkleistung seines Nachunternehmers geleistet hat. Ihm obliegt es deshalb insbesondere darzulegen, ob der Besteller bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt hat, und gegebenenfalls nähere Angaben zum Inhalt und Ergebnis der Abrechnung machen.
Normenkette
BGB §§ 255, 273, 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 634 Nrn. 2, 4, § 637 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Mai 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9. März 2018 (5 O 153/15) teilweise abgeändert und der Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 39.103,68 € nebst Zinsen (von der Klägerin an die C. GmbH gezahlter Kostenvorschuss wegen der mangelhaften Rohrbelüftung) verurteilt worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, eine auf Holzbau spezialisierte Unternehmerin, verlangt von dem Beklagten, der Inhaber eines Meisterbetriebs für Heizungs-, Sanitär- und Solaranlagen ist, Schadensersatz in Höhe von insgesamt 47.190,33 € nebst Zinsen wegen mangelhafter Werkleistung.
Rz. 2
Die Klägerin wurde im Jahr 2011 von der C. UG, die später in eine GmbH umgewandelt wurde (im Folgenden: C. GmbH), damit beauftragt, die Dachaufstockung und energetische Sanierung von neun Wohngebäuden in B. vorzunehmen. Sie beauftragte den Beklagten als Nachunternehmer damit, die von ihr vorgefertigten Holztafelbauteile mit Sanitärsystemen zu bestücken.
Rz. 3
Nach Fertigstellung der Arbeiten ergab eine Überprüfung, dass die Abwasseranschlüsse nicht den Regeln der Technik entsprachen und eine fachgerechte Ausführung mit den in den Wänden installierten Rohrbelüftern nicht zu erreichen war. Es kam zur Geruchsbildung in den Wohnungen.
Rz. 4
Die von der C. GmbH wegen dieser Mängel in Anspruch genommene Klägerin wurde in einem Vorprozess rechtskräftig zur Zahlung eines Vorschusses für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen in Höhe von 39.103,68 € sowie zur Zahlung der bereits aufgewandten Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 8.086,65 € verurteilt. Die Klägerin zahlte den zuerkannten Betrag in Höhe von insgesamt 47.190,33 € am 12. Januar 2015 an die C. GmbH.
Rz. 5
Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe der Verurteilung im Vorprozess gerichteten Klage - nach Abzug eines Mitverschuldensanteils zu Lasten der Klägerin - in Höhe von 11.797,58 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 47.190,33 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
Rz. 6
Auf die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht hat der Senat unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - auch soweit sie sich gegen die Verneinung eines Mitverschuldens gerichtet hat - die Revision insoweit zugelassen, als das Berufungs-gericht den Beklagten unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt hat, an die Klägerin 39.103,68 € nebst Zinsen zu zahlen, wobei die Zulassung auf die Anspruchshöhe beschränkt worden ist. Mit der Revision beantragt der Beklagte, das angefochtene Urteil im Umfang der Revisions-zulassung aufzuheben und insoweit die Klage abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die im Umfang der Zulassung eingelegte Revision des Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im tenorierten Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Rz. 8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in BauR 2021, 568 veröffentlicht ist, hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - Folgendes ausgeführt:
Rz. 9
Der Beklagte schulde der Klägerin gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB Schadensersatz wegen mangelhafter Werk-leistung im Umfang des vollen Betrags, den die Klägerin infolge dieser Mängel nach dem rechtskräftigen Urteil im Vorprozess an die C. GmbH habe zahlen müssen.
Rz. 10
Das Werk des Beklagten sei mangelhaft, da die von ihm ausgeführte Rohrbelüftung unstreitig zu Geruchsbelästigungen in den Wohnungen führe und weder DIN-gerecht noch den anerkannten Regeln der Technik entsprechend sei. Das für den Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten werde vermutet. Einen Mitverursachungsanteil müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen.
Rz. 11
Der Höhe nach bemesse sich der Schadensersatzanspruch der Klägerin nach dem Betrag, zu dessen Zahlung sie selbst infolge der mangelhaften Rohrbelüftung im Vorprozess rechtskräftig verurteilt worden sei und dessen tatsächliche Entrichtung am 12. Januar 2015 sie belegt habe.
Rz. 12
Es könne nicht festgestellt werden, dass sich der Schaden der Klägerin nachträglich reduziert habe, beispielsweise weil die tatsächlichen Aufwendungen für die Mängelbeseitigung durch die C. GmbH geringer gewesen seien als der ihr im Vorprozess gegen die Klägerin hierfür zuerkannte Vorschussbetrag oder weil die C. GmbH davon Abstand genommen habe, die Mängel zu beheben. Die Klägerin sei im Verhältnis zum Beklagten nicht abrechnungspflichtig; sie fordere Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB und keinen Kostenvorschuss oder Aufwendungsersatz für die Selbstbeseitigung der Mängel nach § 634 Nr. 2 BGB und § 637 Abs. 3 BGB. Den Einwand der Klägerin, der Vorschussbetrag sei von der C. GmbH vollumfänglich für die Mängelbeseitigung verbraucht worden, habe der Beklagte nicht widerlegt. Er trage insoweit nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Es existiere keine tatsächliche Vermutung des Inhalts, dass eine Behebung von Baumängeln nicht stattgefunden habe. Allenfalls lasse sich nach dem Ablauf eines längeren Zeitraums, für dessen Dauer die jeweils konkreten Umstände von maßgeblicher Bedeutung seien, widerleglich vermuten, dass bei dem Besteller der Wille fehle, einen Vorschussbetrag zur Mängelbeseitigung einzusetzen, wenn von ihm bis dahin keine oder lediglich unzureichende Anstrengungen diesbezüglich unternommen worden seien. Das stehe hier jedoch nicht fest. Hinzu komme, dass sich der Schaden der Klägerin nachträglich erst dann verringere, wenn eventuelle Überschüsse durch die C. GmbH bereits tatsächlich ausgekehrt worden wären.
II.
Rz. 13
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Rz. 14
Nach dem Berufungsurteil steht rechtskräftig fest, dass die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes wegen der mangelhaften Rohrbelüftung gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB hat und ein Abzug wegen eines Mitverursachungsanteils der Klägerin nicht in Betracht kommt.
Rz. 15
Mit der vom Berufungsgericht zur Höhe des Schadensersatzanspruchs gegebenen Begründung kann der Urteilsspruch indes nicht gerechtfertigt werden.
Rz. 16
1. Allerdings hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen, dass der Klägerin aufgrund der mangelhaften Rohrbelüftung ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zusteht, der auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der dadurch entstanden ist, dass die Klägerin wegen des Mangels ihrerseits einen Kostenvorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 39.103,68 € an die C. GmbH gezahlt hat. Das Berufungsgericht hat durch die konkrete Bezugnahme auf den von der Klägerin vorgelegten Überweisungsbeleg (GA II Bl. 351) widerspruchsfrei mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass diese Zahlung am 12. Januar 2015 auf den im Vorprozess ausgeurteilten Kostenvorschussanspruch erfolgt ist.
Rz. 17
a) Mit Urteil vom 22. Februar 2018 (VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1) hat der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB seinen Schaden nicht nach den voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen kann. Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass die Schadensbemessung nach "fiktiven" Mängelbeseitigungskosten insbesondere nicht damit begründet werden kann, dass der Mangel selbst - unabhängig von dessen Beseitigung - der Vermögensschaden in Höhe dieser Kosten sei (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 Rn. 33, BGHZ 218, 1). Diese Rechtsprechung gilt auch in der werkvertraglichen Leistungskette (vgl. näher dazu BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20 Rn. 48 ff., BauR 2021, 225).
Rz. 18
b) Die neue Rechtsprechung des Senats führt indes nicht dazu, dass ein Hauptunternehmer in der werkvertraglichen Leistungskette den an seinen Besteller gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB zur Mängelbeseitigung gezahlten Kostenvorschuss nicht im Rahmen eines infolge dieser Mängel gegebenen Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB gegen seinen Nachunternehmer als Schaden liquidieren könnte.
Rz. 19
aa) Insbesondere ist ein Hauptunternehmer - entgegen der Auffassung der Revision - in einem Fall, in dem sein Besteller zur Mängelbeseitigung einen Kostenvorschuss verlangt, nicht seinerseits auf die Geltendmachung eines Anspruchs auf Kostenvorschuss wegen dieser Mängel gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB gegenüber seinem Nachunternehmer beschränkt. Er kann vielmehr - nach seiner Wahl - auch Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB verlangen (zum Wahlrecht bei § 634 BGB vgl. z.B. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 - XI ZR 181/08 Rn. 49, NJW 2010, 1284).
Rz. 20
bb) Mit dem Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB kann der Hauptunternehmer gegenüber dem Nachunternehmer den Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch entsteht, dass er wegen der mangelhaften Werkleistung des Nachunternehmers seinerseits Mängelansprüchen seines Bestellers ausgesetzt ist.
Rz. 21
(1) In der werkvertraglichen Leistungskette ist der Hauptunternehmer wirtschaftlich betrachtet nur eine Zwischenstation. Ist das durch seinen Nachunternehmer ausgeführte Werk mangelhaft, kann - wie unter II. 1. a) ausgeführt - nicht der Mangel selbst bereits als der in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten bestehende Vermögensschaden des Hauptunternehmers qualifiziert werden. Der Schaden des Hauptunternehmers liegt in einem solchen Fall vielmehr zunächst darin, dass er infolge der mangelhaften Werkleistung seines Nachunternehmers mit Verbindlichkeiten belastet wird, indem er aufgrund des betreffenden Werkmangels seinerseits Mängelansprüchen seines Bestellers ausgesetzt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20 Rn. 52, BauR 2021, 225; Urteil vom 28. Januar 2016 - VII ZR 266/14 Rn. 26, BGHZ 208, 372 zum Planervertrag). Der Hauptunternehmer kann daher von seinem Nachunternehmer im Wege des Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB Freistellung von den Mängelansprüchen des Bestellers verlangen. Verlangt ein Besteller - wie hier - zur Beseitigung von Mängeln Kostenvorschuss, kann der Hauptunternehmer mithin verlangen, dass der Nachunternehmer ihn von dem Vorschussanspruch des Bestellers freistellt.
Rz. 22
(2) Hat der Hauptunternehmer den vom Besteller geltend gemachten Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB dagegen bereits durch Zahlung erfüllt, wandelt sich sein zunächst auf Freistellung gerichteter Schadensersatzanspruch gegen den Nachunternehmer gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB in einen solchen auf Zahlung in Höhe des geleisteten Kostenvorschusses. Dabei handelt es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch auf Zahlung noch nicht aufgewendeter "fiktiver" Mängelbeseitigungskosten. Vielmehr macht der Hauptunternehmer im Wege des Schadensersatzes die Vermögenseinbuße geltend, die ihm durch die Zahlung des Kostenvorschusses an seinen Besteller tatsächlich entstanden ist.
Rz. 23
c) Der von der Klägerin an die C. GmbH wegen der mangelhaften Rohrbelüftung gezahlte Kostenvorschuss in Höhe von 39.103,68 € stellt danach eine ersatzfähige Schadensposition des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB dar.
Rz. 24
2. Das Berufungsgericht hat aber die Grundsätze der Vorteilsausgleichung in rechtsfehlerhafter Weise nur unzureichend berücksichtigt und die in diesem Zusammenhang zu stellenden Anforderungen an die Darlegungslast verkannt.
Rz. 25
a) Nach den auf Treu und Glauben gemäß § 242 BGB beruhenden Grundsätzen der Vorteilsausgleichung soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Hat das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis neben Nachteilen auch Vorteile gebracht, sind nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung diejenigen Vorteile auszugleichen, die dem Geschädigten in einem adäquat kausalen Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind und deren Ausgleichung mit dem Zweck des jeweiligen Ersatzanspruchs übereinstimmt. Denn der Geschädigte darf im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser stehen, als er ohne das schädigende Ereignis stünde (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2022 - VIa ZR 485/21 Rn. 19, BGHZ 234, 246; Urteil vom 10. Juli 2008 - VII ZR 16/07 Rn. 20, BauR 2008, 1877 = NZBau 2009, 34, jeweils m.w.N.).
Rz. 26
Die Durchsetzung des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots begrenzt den zu leistenden Schadensersatz. Gleichartige Vorteile sind dabei, ohne dass dies einredeweise geltend gemacht werden müsste, von Amts wegen auf den Schadensersatz anzurechnen und führen bei einem in Geld zu leistenden Schadensersatz zu dessen Verringerung. Kommt wegen der mangelnden Gleichartigkeit des auf das schädigende Ereignis zurückgehenden Vorteils eine Anrechnung hingegen nicht in Frage, ist ein auf Geld gerichteter Schadensersatz in seinem Umfang dadurch zu begrenzen, dass der betreffende Geldbetrag nur Zug um Zug gegen Herausgabe des betreffenden Vorteils geschuldet ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2022 - VIa ZR 485/21 Rn. 20 m.w.N., BGHZ 234, 246). Besteht der Vorteil in einem Anspruch des Geschädigten gegen einen Dritten, kann der Schädiger im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB durchsetzen, dass ihm dieser Anspruch in entsprechender Anwendung des § 255 BGB abgetreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2021 - V ZR 272/19 Rn. 19, BauR 2022, 232; Urteil vom 25. November 2014 - X ZR 105/13 Rn. 16, NJW 2015, 853; Urteil vom 10. Juli 2008 - VII ZR 16/07 Rn. 23, BauR 2008, 1877 = NZBau 2009, 34 (zum alten Schuldrecht), jeweils m.w.N.). Auch § 255 BGB ist Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots.
Rz. 27
b) Der Umstand, dass der vom Hauptunternehmer ersetzt verlangte Schaden darin liegt, dass er mit dem Kostenvorschuss noch keine endgültige, sondern eine zweckgebundene Zahlung an seinen Besteller geleistet hat, über deren Verwendung nach Mängelbeseitigung abzurechnen ist, ist nach diesen Maßstäben im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen und kann zu einer Begrenzung des Umfangs seines Schadensersatzanspruchs gegen den Nachunternehmer führen.
Rz. 28
aa) Der Kostenvorschuss ist seiner Natur nach nicht endgültig. Er ist zweckgebunden und vom Besteller zur Mängelbeseitigung zu verwenden. Zahlt der Unternehmer einen Kostenvorschuss an den Besteller, muss dieser daher seine Aufwendungen für die Mängelbeseitigung nachweisen. Er muss innerhalb angemessener Frist nach Mängelbeseitigung über die Verwendung des erhaltenen Kostenvorschusses Abrechnung erteilen und einen etwaig für die Mängelbeseitigung nicht in Anspruch genommenen Betrag zurückzahlen. Mit der Zahlung des Kostenvorschusses entsteht folglich ein (künftiger) Anspruch des Unternehmers auf Abrechnung gegen den Besteller sowie auf Rückforderung in Höhe eines etwaig nicht zweckentsprechend verbrauchten Vorschusses. Bei den Ansprüchen auf Abrechnung und Rückforderung des Unternehmers handelt es sich um aus Treu und Glauben entwickelte Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - VII ZR 108/08 Rn. 13 m.w.N., BGHZ 183, 366, auch zu den näheren Einzelheiten dieser Ansprüche).
Rz. 29
bb) Das den Schadensersatz begründende Ereignis - die mangelhafte Werkleistung des Nachunternehmers mit der Folge der Vorschusszahlung des Hauptunternehmers an den Besteller - führt mithin zu einer Vermögenseinbuße bei dem Hauptunternehmer, die nicht als endgültig bewertet werden kann. Die sich aus der Natur der Vorschusszahlung ergebenden Vorteile für den Hauptunternehmer stehen in einem adäquat kausalen Zusammenhang zu dem Schadensereignis und sind nach dem Zweck des Ersatzanspruchs grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.
Rz. 30
cc) Ob und in welcher Weise die Vorteilsausgleichung in der werkvertraglichen Leistungskette im Verhältnis des Hauptunternehmers zu seinem Nachunternehmer zu erfolgen hat, richtet sich dabei im Grundsatz danach, ob der Besteller dem Hauptunternehmer bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt hat.
Rz. 31
(1) Hat der Besteller dem Hauptunternehmer noch keine Abrechnung erteilt, besteht der aus der Natur der Vorschusszahlung herrührende Vorteil des Hauptunternehmers darin, dass er bei Fälligkeit zunächst die Abrechnung und sodann die Rückzahlung eines etwaig nicht zur Mängelbeseitigung verbrauchten Geldbetrags verlangen kann. Mangels Gleichartigkeit des Vorteils kann der Nachunternehmer in diesem Fall im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB durchsetzen, dass der Schadensersatz an den Hauptunternehmer in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung der aus der Vorschusszahlung folgenden Ansprüche des Hauptunternehmers gegen den Besteller auf Abrechnung sowie gegebenenfalls Rückzahlung zu leisten ist.
Rz. 32
(2) Hat der Besteller dem Hauptunternehmer dagegen bereits eine inhaltlich zutreffende Abrechnung erteilt und ist der Vorschussbetrag danach vollständig zur Mängelbeseitigung verbraucht worden, kommt eine Vorteilsausgleichung im Verhältnis des Hauptunternehmers zum Nachunternehmer nicht (mehr) in Betracht.
Rz. 33
Ergibt sich nach einer vom Besteller erteilten Abrechnung, dass der Vorschussbetrag ganz oder teilweise nicht zur Mängelbeseitigung verbraucht worden ist, ist eine entsprechende Rückzahlung jedoch noch nicht erfolgt, liegt der Vorteil des Hauptunternehmers darin, dass er gegen den Besteller einen Anspruch auf Rückzahlung hat. Mangels Gleichartigkeit des Vorteils kann der Nachunternehmer auch in dieser Konstellation im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB durchsetzen, dass der Schadensersatz an den Hauptunternehmer in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung dieses Anspruchs zu leisten ist.
Rz. 34
Ist es dagegen wegen nicht zweckentsprechender Verwendung des Vorschussbetrags bereits zu einer vollständigen oder teilweisen Rückzahlung an den Hauptunternehmer gekommen, handelt es sich bei dem zurückgezahlten Betrag um einen gleichartigen Vorteil, der von Amts wegen auf den vom Nachunternehmer in Geld zu leistenden Schadensersatz anzurechnen ist und zu dessen Verringerung führt.
Rz. 35
c) Die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsmindernd zu berücksichtigenden Vorteile des Geschädigten trägt nach allgemeinen Grundsätzen zwar der Schädiger. Den Geschädigten trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, soweit der Schädiger außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und dem Geschädigten nähere Angaben möglich und zumutbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2022 - III ZR 24/21 Rn. 48, BGHZ 234, 102; Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12 Rn. 22, BGHZ 200, 350, jeweils m.w.N.).
Rz. 36
In der werkvertraglichen Leistungskette trifft nach diesen Maßstäben den Hauptunternehmer, der gegen den Nachunternehmer Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB geltend macht, grundsätzlich eine sekundäre Darlegungslast für die anspruchsmindernden Vorteile, die sich daraus ergeben, dass er an seinen Besteller einen Kostenvorschuss wegen der mangelhaften Werkleistung seines Nachunternehmers geleistet hat. Denn der Nachunternehmer hat im Regelfall keinen Einblick in die Abwicklung des zwischen dem Hauptunternehmer und dem Besteller geschlossenen Vertrags, während dem Hauptunternehmer nähere Angaben hierzu möglich und zumutbar sind. Dem Hauptunternehmer obliegt es deshalb insbesondere darzulegen, ob der Besteller bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt hat, und gegebenenfalls nähere Angaben zum Inhalt und Ergebnis der Abrechnung machen.
Rz. 37
d) Nach diesen Grundsätzen kann eine Vorteilsausgleichung nicht ausgeschlossen werden.
Rz. 38
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat das den Schadensersatz begründende Ereignis - die mangelhafte Ausführung der Rohrbelüftung durch den Beklagten mit der Folge der Vorschusszahlung der Klägerin an die C. GmbH - bei der Klägerin zu einer Vermögenseinbuße in Höhe von 39.103,68 € geführt, die (noch) nicht als endgültig bewertet werden kann. Die sich aus der Natur der Vorschusszahlung ergebenden Vorteile für die Klägerin, also ihr Anspruch gegen die C. GmbH auf Abrechnung und Rückzahlung eines etwaig nicht zur Mängelbeseitigung verbrauchten Vorschussbetrags, sind grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Dabei ist für die Frage, ob und inwieweit eine Vorteilsausgleichung zu erfolgen hat, zunächst entscheidend, ob die C. GmbH der Klägerin bereits eine Abrechnung erteilt hat. Dies hat das Berufungsgericht ebenso verkannt wie die in diesem Zusammenhang zu stellenden Anforderungen an die Darlegungslast.
Rz. 39
Der Beklagte hat geltend gemacht, dass angesichts des Zeitablaufs davon auszugehen sei, dass die C. GmbH den von der Klägerin gezahlten Kostenvorschuss entweder gar nicht zur Mängelbeseitigung verwendet habe oder zumindest nicht in vollem Umfang. Jedenfalls habe die C. GmbH inzwischen eine Abrechnung erteilen müssen. Damit hat der Beklagte seiner Darlegungslast genügt. Denn er kann nach den vorliegenden Umständen weder wissen noch muss er ermitteln, ob die C. GmbH der Klägerin bereits eine Abrechnung über die Verwendung des Kostenvorschusses erteilt hat, welchen Inhalt eine etwaig erfolgte Abrechnung hat und ob oder inwieweit es gegebenenfalls zu einer Rückzahlung an die Klägerin gekommen ist.
Rz. 40
Es ist deshalb Sache der Klägerin, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zunächst vorzutragen, ob bereits eine Abrechnung der C. GmbH über die Verwendung des Kostenvorschusses erfolgt ist. Ist das der Fall, ist die Klägerin weiter gehalten, Inhalt und Ergebnis dieser Abrechnung näher darzulegen, um einerseits den Vortrag zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu vervollständigen und andererseits dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, zu den konkretisierten Angaben Stellung zu nehmen. Die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allein erfolgte Behauptung der Klägerin, wonach der Kostenvorschuss von der C. GmbH vollumfänglich zur Mängelbeseitigung verbraucht worden und es nicht zu einer Rückzahlung gekommen sei, genügt diesen Anforderungen nicht.
III.
Rz. 41
Das Berufungsurteil kann daher hinsichtlich der Schadenshöhe keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Vielmehr werden die Parteien zunächst Gelegenheit bekommen müssen, zur Vorteilsausgleichung ergänzend Stellung zu nehmen, und das Berufungsgericht sodann die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Rz. 42
Sollte es danach im weiteren Verfahren auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB ankommen, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass dessen Geltendmachung nicht dadurch abgeschnitten ist, dass das Berufungsurteil hinsichtlich des Anspruchsgrunds rechtskräftig geworden ist (vgl. RG, Urteil vom 6. Dezember 1928 - VI ZR 229/28, RGZ 123, 6; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 304 Rn. 39).
Pamp |
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Halfmeier |
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Kartzke |
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Sacher |
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Brenneisen |
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Fundstellen
Haufe-Index 16143040 |
BGHZ 2024, 8 |