Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebungsklage nach erfolgter Scheidung zum Ausschluss der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur rechtlichen Behandlung einer Eheaufhebungsklage, die nach erfolgter Scheidung der Ehe erhoben wird, um den Ausschluß der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung für die Zukunft geltend machen zu können § 37 Abs. 2 EheG.

 

Normenkette

EheG §§ 29, 33, 37, 24 Abs. 1 S. 2, § 32 Abs. 1, § 33 Abs. 1, §§ 35, 37 Abs. 1, 2 Sätze 1-2; BGB § 1564 S. 2, §§ 1587c, 1579 Nr. 7; ZPO § 616 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 30.12.1994)

AG Schorndorf

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Dezember 1994 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien schlossen am 24. April 1992 die Ehe. Am 24. Juli 1992 wurde der Sohn Martin Dominic geboren. Auf den am 27. August 1993 eingereichten Scheidungsantrag der Beklagten wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 2. März 1994 (rechtskräftig seit diesem Tag) geschieden.

Im Februar 1994 erhob der Kläger Ehelichkeitsanfechtungsklage gegen den Sohn Martin Dominic. Ein im Rahmen des Ehelichkeitsanfechtungsverfahrens eingeholtes serologisches Gutachten vom 13. April 1994 führte zu dem Ergebnis, daß der Kläger von der Vaterschaft zu dem Kind Martin Dominic ausgeschlossen sei. Durch Urteil vom 7. Juli 1994 (rechtskräftig seit dem 16. August 1994) wurde daraufhin festgestellt, daß Martin Dominic nicht das eheliche Kind des Klägers ist.

Unter Berufung auf das Ergebnis des serologischen Gutachtens begehrt der Kläger mit der am 18. Mai 1994 eingereichten Klage Aufhebung der Ehe der Parteien. Er macht geltend: Die Beklagte habe ihm vor der Eheschließung auf ausdrückliches Befragen versichert, nur er komme als Vater des seinerzeit erwarteten Kindes in Betracht. Damit habe sie ihn durch arglistige Täuschung im Sinne von § 33 Abs. 1 EheG zur Eingehung der Ehe bestimmt, die er andernfalls nicht geschlossen haben würde. Im übrigen habe er, der Kläger, sich auch über eine persönliche Eigenschaft der Beklagten i.S. von § 32 Abs. 1 EheG geirrt. Wenn er gewußt oder auch nur mit der Möglichkeit gerechnet hätte, nicht der Erzeuger des erwarteten Kindes zu sein, wäre er die Ehe mit der Beklagten nicht eingegangen.

Der Kläger hält die Aufhebungsklage trotz der Scheidung für zulässig, da er nur nach Erlaß eines Aufhebungsurteils den Ausschluß der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 EheG herbeiführen könne.

Die Beklagte hält die Aufhebungsklage für unzulässig. Sie bestreitet im übrigen, den Kläger arglistig über seine Vaterschaft getäuscht zu haben, und behauptet, sie sei – angesichts eines nur einmaligen Geschlechtsverkehrs mit einem anderen Mann während der gesetzlichen Empfängniszeit, nach welchem sie noch ihre Regelblutung gehabt habe – selbst davon ausgegangen, daß der Kläger der Vater des Kindes sei.

Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Klage abgewiesen, da nur eine bestehende, nicht aber eine bereits geschiedene Ehe aufgehoben werden könne. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg (Berufungsurteil veröffentlicht in FamRZ 1995, 618). Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Aufhebungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

1. Das Berufungsgericht hat das Eheaufhebungsbegehren des Klägers für unzulässig erklärt, weil nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der (Verhandlung und) Entscheidung von Scheidungs- und Aufhebungsklagen ein zweiter Prozeß über den Bestand der Ehe vermieden werden müsse. Wegen der schwerwiegenden Rechtswirkungen einer Entscheidung in Ehesachen mit ihren vielfältigen sozialen Folgen müsse eine Aufsplitterung des Ehekonflikts in mehrere Rechtsstreitigkeiten vermieden werden, um den Bestand der Ehe nicht der Rechtsunsicherheit auszusetzen. Das gelte auch für den hier vorliegenden Fall, in dem die Aufhebungsgründe nach dem Vorbringen des Klägers erst nachträglich, nach rechtskräftigem Abschluß des Scheidungsverfahrens, bekannt geworden seien. Die Zulassung einer sukzessiven Geltendmachung verschiedener Scheidungs- und Aufhebungsgründe würde zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen, die in jedem Fall vermieden werden müsse.

2. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Für die Konkurrenz zwischen Ehescheidungs- und Eheaufhebungsbegehren (vgl. dazu Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 14 VIII S. 139) existieren nur einzelne, nicht umfassende gesetzliche Regelungen:

Soweit Aufhebung und Scheidung einer Ehe in demselben Rechtsstreit – nebeneinander – begehrt werden und sich beide Begehren als begründet erweisen, ist gemäß § 18 der 1. DVO EheG nur auf Aufhebung der Ehe zu erkennen, es sei denn, der Kläger/Antragsteller räumt dem Scheidungsbegehren ausdrücklich den Vorrang ein, (vgl. Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber Eherecht 2. Aufl. § 610 ZPO Rdn. 8 m.N.; Zöller/Philippi ZPO 19. Aufl. § 610 Rdn. 10).

Soll nach rechtskräftiger Scheidung einer Ehe deren Bestand erneut zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden, so enthält das Gesetz nur für die Nichtigkeitsklage, die zur rückwirkenden Vernichtung der Ehe und grundsätzlich zur Beseitigung der Ehewirkungen mit Wirkung ex-tunc führt (vgl. Staudinger/Hübner und Funk BGB 12. Aufl. § 26 EheG Rdn. 1), die – ausdrückliche – Regelung des § 24 EheG: Während nach § 24 Abs. 1 Satz 1 EheG in den Fällen der Nichtigkeit grundsätzlich sowohl der Staatsanwalt als auch jeder der Ehegatten, bei Doppelehe auch der Ehegatte der früheren Ehe, die Nichtigkeitsklage erheben kann, ist nach Auflösung der Ehe (durch Tod, Scheidung oder Aufhebung, vgl. Staudinger/Strätz a.a.O. § 24 EheG Rdn. 12) gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 EheG nur noch der Staatsanwalt zur Erhebung der Nichtigkeitsklage befugt. Den Ehegatten der bereits rechtskräftig geschiedenen Ehe steht die Befugnis zur Geltendmachung der Nichtigkeit der Ehe nicht mehr zu. Auch für die frühere Eheanfechtungsklage, an deren Stelle seit dem Inkrafttreten des Ehegesetzes 1938 die Eheaufhebungsklage getreten ist, galt nach § 1338 BGB a.F., daß eine Anfechtung nach der Auflösung der Ehe (vgl. § 1564 S. 3 BGB a.F.) grundsätzlich ausgeschlossen war. Eine Ausnahme galt lediglich für den Fall der Auflösung durch den Tod des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten. Nach der Scheidung der Ehe kam danach eine Anfechtung nicht mehr in Betracht, obwohl diese – im Gegensatz zur Scheidung – zur rückwirkenden Nichtigkeitserklärung geführt hätte (vgl. § 1343 BGB a.F.).

b) Nach geltendem Recht führt die – erfolgreiche – Aufhebung zur Auflösung der Ehe mit Rechtskraft des Aufhebungsurteils (§ 29 EheG), also mit Wirkung ex-nunc. Das Eheaufhebungsurteil hat damit, soweit es um den Bestand der Ehe geht, dieselbe rechtsgestaltende Wirkung wie ein Scheidungsurteil, § 1564 S. 2 BGB (vgl. hierzu allgemein Palandt/Diederichsen BGB 54. Aufl., Einführung vor § 28 EheG; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. § 94 I und II S. 526, 527; zum Grundsatz der Einheitlichkeit des Verfahrens in Scheidungs- und Aufhebungsverfahren vgl. Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 610 Rdn. 5; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber a.a.O. § 610 ZPO Rdn. 8 und 9, sowie allgemein Rolland 1. EheRG 2., Aufl. § 610 Rdn. 4 bis 8).

Das hat zur Folge, daß eine bereits durch rechtskräftiges Scheidungsurteil mit Wirkung für die Zukunft aufgelöste Ehe nachträglich auf Aufhebungsklage hin durch Aufhebungsurteil nicht nochmals aufzulösen ist. Dazu bedurfte es, anders als bei der unterschiedlichen Gestaltungswirkung nach § 24 Abs. 1 Satz 2 EheG im Verhältnis zu § 1564 BGB keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (vgl. hierzu allgemein Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. vor § 606 II Rdn. 8; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozeß 10. Aufl. Rdn. 492; BGB-RGRK/Wüstenberg, 10./11. Aufl. § 28 EheG Anm. 4; Rolland a.a.O. § 1564 Anm. 3; Erman/Aderhold BGB 9. Aufl. § 28 EheG Rdn. 1; Johannsen/Henrich/Jaeger a.a.O. § 1564 Rdn. 22; Johannsen/Henrich a.a.O. § 28 EheG Rdn. 2; Massfeller/Böhmer/Coester, Familienrecht § 29 EheG Rdn. 6).

Ist eine Ehe durch rechtskräftiges Scheidungsurteil aufgelöst, so fehlt ein Rechtsschutzinteresse für ein erneutes Begehren auf (nochmalige) Herbeiführung derselben, bereits eingetretenen Gestaltungswirkung (Rosenberg/Schwab/Gottwald a.a.O. § 165 V 6 S. 1011; § 95 IV S. 530; BGH Urteil vom 27. November 1957 – IV ZR 28/57 = FamRZ 1958 S. 58), auch wenn der Partei, etwa aus ethischen Gründen oder im Hinblick auf das Ansehen in der Gesellschaft, daran gelegen sein könnte, das Ehescheidungsurteil durch ein Eheaufhebungsurteil „ersetzt” zu erhalten. Ein derartiges Interesse begründet kein rechtlich anzuerkennendes Bedürfnis, hierfür nochmals gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. Zöller/Greger a.a.O. vor § 253 Rdn. 18; RGZ 155, 72, 75). Dies wird bestätigt durch die Regelung, die das Gesetz für die insoweit vergleichbaren Fälle der Nichtigkeitsklage getroffen hat. Obwohl auch bei Vorliegen von Nichtigkeitsgründen der betroffene, gutgläubige Ehegatte ein allgemeines, u.U. erhebliches Interesse an dem Ausspruch der Nichtigkeit der Ehe haben könnte, versagt ihm das Gesetz, wie dargelegt, die Möglichkeit, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, wenn die Ehe bereits durch Scheidungsurteil aufgelöst ist. Ebenso hat auch die nochmalige Auflösung im Wege der Aufhebungsklage auszuscheiden.

c) Verschiedentlich wird im Schrifttum vertreten, eine Eheaufhebung sei trotz vorheriger Scheidung möglich (Staudinger/Klippel a.a.O. § 28 EheG Rdn. 2 Schlosser; IPrax 1985, 16, 18; auch Kipp in Festschrift v. Martitz 1911 S. 211 ff, 232; Arens in ZZP Bd. 76 S. 423 ff) bzw. „begrifflich möglich” (MünchKomm/Müller-Gindullis, BGB 3. Aufl., § 28 EheG Rdn. 4) und eine Eheaufhebungsklage daher zulässig. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Hat das (frühere) Scheidungsbegehren zum Erfolg geführt und die Auflösung der Ehe bewirkt, so ist damit, soweit es um den Bestand der Ehe geht, zugleich das Ziel einer möglichen Aufhebungsklage erreicht. Allein der Umstand, daß die Aufhebungsklage auf andere – schon vor oder bei Eheschließung bestehende – Gründe gestützt werden könnte als der bereits erfolgreich durchgeführte Scheidungsantrag, rechtfertigt nicht eine nochmalige Auflösung der bereits mit Wirkung ab Rechtskraft des Scheidungsurteils aufgelösten Ehe.

d) Als wesentliches Argument für die Zulassung einer Aufhebungsklage nach erfolgter Scheidung wird von einigen Befürwortern dieser Auffassung der Hinweis auf die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 EheG verwendet, nach welcher der von einem Aufhebungsgrund in der Person des anderen Teils betroffene Ehegatte durch fristgebundene Erklärung nach Rechtskraft des Aufhebungsurteils die vermögensrechtlichen Folgen – die an sich mit der Aufhebung in gleicher Weise verbunden sind wie mit einer Scheidung (§ 37 Abs. 1 EheG) – für die Zukunft ausschließen kann (vgl. MünchKomm/Müller-Gindullis a.a.O. § 28 EheG Rdn. 4; Staudinger/Klippel a.a.O. § 28 EheG Rdn. 2; MünchKomm/Walter ZPO § 610 Rdn. 8). Da der Betroffene hieran ein schutzwürdiges Interesse haben könne, müsse auch die Aufhebung einer bereits geschiedenen Ehe möglich sein.

Diese Schlußfolgerung überzeugt nicht. Der Umstand, daß eine Partei ein anerkennenswertes rechtsschutzwürdiges Interesse an der Herbeiführung von bestimmten Nebenfolgen bzw. Folgewirkungen einer Aufhebung der Ehe haben kann, ist nicht geeignet, die Zulässigkeit einer Klage zu rechtfertigen, die darauf gerichtet ist, die Auflösung der bereits aufgelösten Ehe, wenn auch als Grundlage für die Geltendmachung weiterer Rechtsfolgen, zu erreichen. Soweit es um die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 2 EheG geht, sind diese auf andere Weise zu verwirklichen (dazu s. unter 3.).

Als Eheaufhebungsklage, die den Bestand der Ehe als solchen betrifft, ist das Begehren des Klägers danach, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend entschieden hat, nicht zulässig.

3. Ein nach der Scheidung der Ehe auf Eheaufhebung gerichteter Antrag wird indessen regelmäßig dahin zu verstehen sein, daß dem Kläger das Ausschlußrecht aus § 37 Abs. 2 EheG zustehen soll, das das Gesetz an die Aufhebung der Ehe knüpft. Gegen die Zulässigkeit einer Klage mit einem solchen Begehren bestehen keine rechtlichen Bedenken.

a) Nach § 37 Abs. 1 EheG bestimmen sich die Folgen der Aufhebung einer Ehe nach den Vorschriften über die Folgen der Scheidung.

Nach § 37 Abs. 2 EheG kann der von einem Aufhebungsgrund in der Person des anderen Teils betroffene Ehegatte unter den in Satz 1 der Vorschrift näher dargelegten Voraussetzungen binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Aufhebungsurteils erklären, daß die für den Fall der Scheidung vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen für die Zukunft ausgeschlossen sein sollen. Das Gesetz knüpft hiernach das Recht zur Abgabe der entsprechenden Erklärung an die Rechtskraft des Aufhebungsurteils. Ein solches ist, wie dargelegt, nicht mehr zulässig, wenn die Ehe bereits durch Scheidungsurteil aufgelöst ist. Gleichwohl kann der Ehegatte, der, wie hier vom Kläger geltend gemacht, nach Erlaß des Scheidungsurteils einen Aufhebungsgrund entdeckt (§ 35 Abs. 2 EheG), ein anerkennenswertes und rechtsschutzwürdiges Interesse daran haben, die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung für die Zukunft auszuschließen. Im Hinblick auf dieses Interesse erscheint es nach dem Sinn und Zweck des gesamten gesetzlichen Regelungswerkes über die Auflösung der Ehe geboten, das Recht aus § 37 Abs. 2 EheG bei bereits durch Scheidung aufgelöster Ehe nachträglich an das Scheidungsurteil zu knüpfen. Auf diese Weise wird – der Form nach durch prozessuales Gestaltungsurteil oder in Anlehnung etwa an § 1593 BGB durch Gestaltung in der Form eines Feststellungsurteils (vgl. hierzu Rosenberg/Schwab/Gottwald a.a.O. § 94 I und II S. 526 bis 528; Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile 1966, § 2 I 3 S. 23; Ahrens a.a.O. S. 423 ff 443) – die rechtliche Tragweite der Eheauflösung in dem Scheidungsurteil nachträglich um die Rechte aus § 37 Abs. 2 EheG erweitert (vgl. für einen ähnlichen Fall des früheren (Mit-)Schuldantrags BGB-RGRK/Scheffler BGB a.a.O. § 53 Anm. 9). Der betroffene Ehegatte hat dementsprechend einen klagbaren Anspruch darauf, daß der Auflösung seiner (näher bezeichneten) Ehe durch das (ebenfalls näher bezeichnete) Scheidungsurteil nunmehr die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 2 EheG beigegeben werden. Mit der Rechtskraft des einem derartigen Antrag entsprechenden Urteils setzt sodann (wie nach Erhebung einer Aufhebungsklage ohne vorherige Scheidung der Ehe mit dem Aufhebungsurteil) die Sechsmonatsfrist des § 37 Abs. 2 Satz 1 EheG ein. Innerhalb dieser Frist kann der betroffene Ehegatte die Erklärung abgeben, daß die für den Fall der Scheidung vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen (die, wie im Fall eines Aufhebungsurteils ohne vorheriges Scheidungsurteil, bei Abgabe der Erklärung bereits eingetreten sein können; vgl. Johannsen/Henrich a.a.O. § 37 EheG Rdn. 9; Staudinger/Klippel a.a.O. § 37 EheG Rdn. 11), für die Zukunft ausgeschlossen sein sollen.

Auf diese Weise wird sichergestellt, daß in einem gerichtlichen Verfahren, in dem der Kläger, ebenso wie in einem Eheaufhebungsprozeß, den Aufhebungstatbestand darzulegen und zu beweisen (vgl. Johannsen/Henrich a.a.O. § 33 EheG Rdn. 16 und 17) und das Gericht eheaufrechterhaltende Tatsachen von Amts wegen zu berücksichtigen hat (§ 616 Abs. 2 ZPO), einheitlich und verbindlich entschieden wird, ob dem Kläger ein Eheaufhebungsgrund zur Seite stand. Damit wird zugleich vermieden, daß andernfalls im Rahmen einzelner vermögensrechtlicher Folgeverfahren, nämlich des Unterhaltsrechtsstreits oder des Versorgungsausgleichsverfahrens, der Versuch unternommen wird, unter Berufung auf Billigkeits- oder Härtegründe einen Ausschluß der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung zu erreichen, obwohl die entsprechenden Vorschriften der §§ 1579 Nr. 7 bzw. 1587 c und 1587 h BGB nicht auf derartige Fälle zugeschnitten sind (vgl. etwa Soergel/Heintzmann, BGB 12. Aufl., § 37 EheG Rdn. 5).

b) Das dargelegte rechtliche Verständnis und die aufgezeigte Behandlung einer Aufhebungsklage nach bereits erfolgter Scheidung der Ehe entsprechen erkennbar auch dem Interesse und dem Willen des Klägers im vorliegenden Fall. Denn dieser hat bereits in der (Aufhebungs-)Klageschrift betont, er habe ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der Ehe, da er nur mit einem Aufhebungsurteil die vermögensrechtlichen Rechtsfolgen des § 37 Abs. 2 EheG herbeiführen könne. Das Ziel seiner Klage ist danach ersichtlich nicht auf die nochmalige Auflösung der Ehe gerichtet, sondern auf die Herbeiführung der Folgen gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 EheG.

Der Erfolg der dahin zielenden Klage hängt davon ab, ob dem Kläger ein Aufhebungsgrund i.S. von § 33 EheG (oder ggf. nach § 32 EheG, vgl. dazu Senatsurteil vom 5. März 1986 – IVb ZR 4/85 = FamRZ 1986, 553, bei Kenntnis der Beklagten gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 EheG) zur Seite steht.

Da das Berufungsgericht die Voraussetzungen des behaupteten – nach dem bisherigen Sachstand ersichtlich fristgerecht geltend gemachten (§ 35 EheG) – Aufhebungsgrundes bisher nicht geprüft hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur weiteren Prüfung und erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128088

BGHZ

BGHZ, 227

NJW 1996, 2727

Nachschlagewerk BGH

JuS 1996, 1133

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