Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensrechtliche Rückabwicklung einer mittelbaren Fondsbeteiligung. Abtretung der Rechte aus Beteiligung oder Treuhandvertrag
Leitsatz (amtlich)
Im Falle der schadensrechtlichen Rückabwicklung einer mittelbaren Fondsbeteiligung muss der geschädigte Kapitalanleger dem Schädiger als Zug um Zug zu gewährende Leistung (lediglich) die Abtretung seiner Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Treuhandvertrag anbieten.
Normenkette
BGB § 274 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des OLG München vom 8.7.2010 in Ziff. I 2 des Tenors und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Anschlussberufung des Klägers in Bezug auf die begehrte Feststellung, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 6.5.2004 gezeichneten Beteiligung an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000 EUR sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet, zurückgewiesen hat. Das Urteil wird - auf die Anschlussberufung des Klägers und unter Abänderung des Teilendurteils der 22. Zivilkammer des LG München I vom 1.10.2009 - in Ziff. I 2 des Tenors wie folgt neu gefasst:
Zwischen Ziff. 3 und 4 werden neu eingefügt folgende Ziffern:
3. a) Die Verurteilung gemäß den Ziff. 1 bis 3 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000 EUR (Kommanditistennummer).
3. b) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme des Angebots auf Abtretung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000 EUR (Kommanditistennummer) in Verzug befindet.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten zu 1) auferlegt (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger verlangt von der beklagten Bank (im Folgenden: Beklagte) Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage bei der F. Medienfonds GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds). Die Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach nicht mehr in Streit. Die Parteien streiten u.a. um die Frage, mit welchem Inhalt der Kläger die Übertragung der Fondsbeteiligung an die Beklagte vornehmen muss und ob sich diese insoweit in Annahmeverzug befindet.
Rz. 2
Der Kläger beteiligte sich auf Empfehlung der Beklagten am 6.5.2004 mit einer Kommanditanlage von 25.000 EUR zzgl. eines Agios von 1.250 EUR über eine Treuhänderin an dem Fonds. Hiervon bezahlte er aus eigenen Mitteln einen Betrag von 14.250 EUR, während er den Restbetrag von 11.375 EUR über ein Darlehen der nicht am Revisionsverfahren beteiligten Beklagten zu 2) finanzierte. Zur Übertragung der Rechte und Pflichten aus der Beteiligung ist gem. § 6 des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung der Komplementärin der Fondsgesellschaft und gem. § 7 des Treuhandvertrages die Zustimmung des Treuhänders erforderlich. Ferner bedarf es zusätzlich gem. Nr. 12 der Anteilsübernahmeerklärung der Zustimmung der finanzierenden Bank. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem (§ 6 bzw. § 7) oder aus sachlichem Grund (Nr. 12) versagt werden.
Rz. 3
Mit der Klage begehrt der Kläger wegen Beratungsverschuldens die Verurteilung der Beklagten, an ihn die von ihm aus Eigenmitteln erbrachte Einlagensumme nebst Agio i.H.v. 14.250 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % p.a. für die Zeit vom 6.5.2004 bis zum 22.3.2009 und i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. ab dem 23.3.2009 zurückzuzahlen und ihn von allen Verbindlichkeiten bezüglich des von ihm bei der Beklagten zu 2) zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommenen Darlehens freizustellen, sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihm gezeichneten Beteiligung herrühren, und zwar jeweils Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von ihm gezeichneten Fondsbeteiligung und Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte, und schließlich die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Fondsbeteiligung und Abtretung der Rechte aus der Beteiligung in Verzug befinde.
Rz. 4
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und ihr den Erfolg lediglich insoweit versagt, als es hinsichtlich der begehrten, vom LG allerdings nur auf den Zahlungsantrag bezogenen Zug-um-Zug-Verurteilung nur dem Hilfsantrag auf Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Übertragung sämtlicher Rechtspositionen des Klägers an der von ihm gezeichneten Beteiligung entsprochen und die Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs abgewiesen hat. Auf die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Zug-um-Zug-Verurteilung auch auf den Freistellungs- und Feststellungsausspruch bezogen und insoweit die Vollstreckung durch den Kläger von der Übertragung der von ihm gezeichneten Beteiligung abhängig gemacht. Die Anschlussberufung des Klägers, mit der er eine Abänderung der Zug-um-Zug-Verurteilung nach seinem Hauptantrag und insoweit auch weiterhin die Feststellung des Annahmeverzugs begehrt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Rz. 5
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit darin zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und zur Verurteilung der Beklagten im Sinne der Anträge des Klägers.
I.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG München, Urt. v. 8.7.2010 - 17 U 5267/09, juris) - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 8
Der Kläger könne keine Verurteilung Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung verlangen. Er sei im Rahmen der Schadenswiedergutmachung so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er die Beteiligung nicht gezeichnet hätte. Für die Rückübertragung der Beteiligung genüge die Abgabe eines Angebots nicht. Unter anderem sei gem. § 6 des Gesellschaftsvertrages die Zustimmung der Komplementärin erforderlich. Würde sie diese rechtswidrig verweigern, habe die Beklagte als außen stehende Person keine Möglichkeit, die Übertragung der Beteiligung tatsächlich zu bewirken. Bis zur Übertragung der Gesellschaftsanteile habe nur der Kläger die Möglichkeit, seine Rechte als Gesellschafter wahrzunehmen. Allein die Abtretung der Treuhandstellung sei nicht ausreichend.
Rz. 9
Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sei ebenfalls unbegründet. Die bloße Abgabe des Angebots des Klägers auf Übertragung der Beteiligung genüge zur Inverzugsetzung der Beklagten nicht. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass die gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen für eine Übertragung vorliegen würden. Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fondsanteile fielen zwar grundsätzlich in den Risikobereich der Beklagten als Schädigerin; dies ändere aber nichts daran, dass der Kläger gem. § 242 BGB verpflichtet sei, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung der Fondsanteile zu schaffen. Erst wenn er alles von seiner Seite Erforderliche getan habe, könne Annahmeverzug der Beklagten eintreten.
II.
Rz. 10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 11
1. Das Berufungsgericht hat in Bezug auf die Zug-um-Zug-Verurteilung zu Unrecht das Angebot des Klägers auf Übertragung der Fondsbeteiligung nicht ausreichen lassen, sondern eine Übertragung der Beteiligung gefordert. Besteht die Kapitalanlage - wie hier - in der Rechtsposition als Treuhandkommanditist, genügt es nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, wenn der Geschädigte im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Treuhandvertrag anbietet (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rz. 29; Beschlüsse v. 6.7.2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rz. 14; v. 20.12.2011 - XI ZR 295/11, juris Rz. 1). Denn das Gegenrecht des Schädigers kann sich nur auf die Rechtsposition beziehen, die der geschädigte Kapitalanleger aufgrund der Zeichnung der - mittelbaren oder unmittelbaren - Fondsbeteiligung erworben hat (BGH, Beschl. v. 6.7.2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rz. 14).
Rz. 12
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt dies auch dann, wenn die Übertragung der Fondsanteile von der Zustimmung Dritter abhängig ist (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2007 - III ZR 214/06, juris Rz. 3; v. 6.7.2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rz. 14; v. 20.12.2011 - XI ZR 295/11, juris Rz. 1 m.w.N.). Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fondsbeteiligung des Klägers auf die Beklagte stehen der angeordneten Zug-um-Zug-Leistung nicht entgegen. Diese Schwierigkeiten fallen in den Risikobereich der schadensersatzpflichtigen Beklagten und nicht in denjenigen des geschädigten Klägers (vgl. Senatsbeschluss v. 8.5.2012 - XI ZR 286/11, juris Rz. 3 m.w.N.).
Rz. 13
Anders als in der dem Senatsbeschluss vom 6.7.2010 (XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rz. 14) zugrunde liegenden instanzgerichtlichen Entscheidung kann vorliegend die vom Berufungsgericht erkannte Zug-um-Zug-Verurteilung auch nicht dahin ausgelegt werden, dass sich die "Übertragung der von dem Kläger ... gezeichneten Beteiligung" nur auf die Rechtsposition bezieht, die der Kläger aufgrund der Zeichnung erworben hat. Da der Tenor des Berufungsurteils im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen ist, ist eine solche Auslegung wegen der ausdrücklich entgegenstehenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht möglich (vgl. Senatsbeschluss v. 20.12.2011 - XI ZR 295/11, juris Rz. 2).
Rz. 14
2. Aus den vorgenannten Gründen hätte das Berufungsgericht auch den Annahmeverzug der Beklagten feststellen müssen. Der Kläger hat der Beklagten die Abtretung seiner Rechte aus der Fondsbeteiligung bzw. dem Treuhandvertrag angeboten. Dies genügt (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rz. 29 und Beschl. v. 20.12.2011 - XI ZR 295/11, juris Rz. 3).
III.
Rz. 15
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Kläger kann Schadensersatz und Freistellung von seiner Darlehensverbindlichkeit Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung seiner Rechte aus der treuhänderisch gehaltenen Fondsbeteiligung verlangen. Ferner war antragsgemäß festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Abtretung dieser Rechte in Verzug befindet.
Fundstellen
Haufe-Index 3253531 |
BB 2012, 2061 |
DB 2012, 1927 |
DB 2012, 6 |
NJW 2012, 2951 |
NJW 2012, 6 |
EBE/BGH 2012 |
EWiR 2012, 751 |
WM 2012, 1589 |
ZAP 2012, 947 |
ZIP 2012, 1598 |
JZ 2012, 633 |
MDR 2012, 1088 |
VersR 2012, 1563 |
BKR 2012, 521 |
ZBB 2012, 479 |
Kreditwesen 2012, 1173 |