Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Garant gehindert sein kann, sich auf die Befristung einer Ausfallverhütungsgarantie zu berufen.
Normenkette
BGB §§ 242, 305
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden die Urteile des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Juni 1997 und der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 23. August 1996 aufgehoben, soweit der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, Zug um Zug gegen Abtretung der Forderung gegen die K. AG aus der Kreditgewährung gemäß dem Bestätigungsschreiben vom 29. Dezember 1994 der Klägerin einen Ausfall zu ersetzen, der dadurch entsteht, daß die nachfolgend genannten Grundpfandrechte in der Zwangsversteigerung ausfallen oder die Klägerin zur Rettung dieser Grundpfandrechte das Grundstück ersteigert:
- Briefgrundschuld über 1 Mio. DM nebst 18 % Zinsen p.a. seit dem 25. Juni 1992 und 10 % einmaliger Nebenleistung, eingetragen im Grundbuch von S. Bl. … unter laufender Nummer 10,
- Briefgrundschuld über 1 Mio. DM nebst 18 % Zinsen p.a. seit dem 25. Juni 1992 und 10 % einmaliger Nebenleistung, eingetragen im Grundbuch von S. Bl. … unter laufender Nummer 11,
- Briefgrundschuld über 1 Mio. DM nebst 18 % Zinsen p.a. seit dem 25. Juni 1992 und 10 % einmaliger Nebenleistung, eingetragen im Grundbuch von S. Bl. … unter laufender Nummer 15,
- Briefgrundschuld über 1 Mio. DM nebst 18 % Zinsen p.a. seit dem 25. Juni 1992 und 10 % einmaliger Nebenleistung, eingetragen im Grundbuch von S. Bl. … unter laufender Nummer 16.
Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank versprach der K. AG (im folgenden: Schuldnerin) am 10. September 1993 einen – zunächst bis zum 31. August 1994 befristeten – Kredit in Höhe von 4 Mio. DM. Zur Sicherung dieses Kredits bestellte die Schuldnerin der Klägerin an ihren beiden Betriebsgrundstücken je zwei Grundschulden in Höhe von jeweils 1 Mio. DM. Den beiden Grundschulden an dem im Grundbuch Bl. … eingetragenen Grundstück gingen Lasten in Höhe von nominal 7,7 Mio. DM, den beiden Grundschulden an dem im Grundbuch Bl. … eingetragenen Grundstück gingen solche in Höhe von 11.114.000 DM im Range vor. Deshalb sollte die Beklagte, eine Schwestergesellschaft im Unternehmensverbund der Schuldnerin, – wie im Kreditvertrag vereinbart – eine „Ausbietungsgarantie/Ausfallgarantie” übernehmen. Der von der Klägerin vorgegebene Text dieser Garantie lautet auszugsweise wie folgt:
„…
2. Die Firma a. GmbH – nachfolgend Garant – übernimmt gegenüber dem Garantienehmer oder dessen Rechtsnachfolger die Gewähr für das erwähnte/einzutragende Grundpfandrecht dahin, daß in der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks kein Ausfall an Kapital, Zinsen, Nebenleistungen oder Kosten entsteht. Die Garantie gilt für alle Zwangsversteigerungsverfahren während der Laufzeit des Grundpfandrechts, gleichgültig, von wem sie betrieben werden. Sie bleibt auch bestehen, wenn der Garant das Grundstück ersteigert oder wenn der Ersteher seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt und es nach §§ 118, 128 ff. ZVG zu Wiederversteigerungen kommt. Die Ausbietungsgarantie erlischt erst, wenn der Garantienehmer wegen der durch das Grundpfandrecht gesicherten Forderung vollständig befriedigt ist.
Wird über das Grundstück ein Zwangsversteigerungsverfahren eröffnet, kann der Garant für eine Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens sorgen, wenn nicht der Garantienehmer selbst die Zwangsversteigerung betreibt oder dem Zwangsversteigerungsverfahren beigetreten ist.
3. Fällt das Grundpfandrecht in der Zwangsversteigerung aus oder muß der Garantienehmer zur Rettung des Grundpfandrechts das Grundstück ersteigern, so ersetzt der Garant den Ausfall …”
Die Schuldnerin reichte der Klägerin mit Schreiben vom 11. November 1993 die von der Beklagten unterzeichnete Garantie zurück. Unter Ziffer 2 hatte die Beklagte den letzten Satz des ersten Absatzes, der das Erlöschen der Ausbietungsgarantie regelt, wie folgt ergänzt:
„– spätestens jedoch mit dem 31.12.1995 –”
Die Klägerin gewährte den Kredit und verlängerte diesen mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 unter Bezugnahme auf die ihr gewährten Sicherheiten bis zum 28. Februar 1995.
Am 27. Februar 1995 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung eines Konkursverfahrens über ihr Vermögen. Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 28. Februar 1995 die Geschäftsverbindung zu der Schuldnerin. Am 5. April 1995 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Unter dem 12. April 1995 beantragte die Klägerin die Umschreibung der Vollstreckungsklauseln auf den Konkursverwalter. Am 18. April 1995 wurden die umgeschriebenen Titel zugestellt. Am 2. Mai 1995 beantragte die Klägerin die Zwangsversteigerung der belasteten Grundstücke. Tags darauf wurden die Verfahren angeordnet.
In dem ersten, das im Grundbuch Bl. … eingetragene Grundstück betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren wurde der Verkehrswert des Grundstücks auf 7,95 Mio. DM festgesetzt. Das Bargebot belief sich auf 6.659.338,79 DM. Der Wert der bestehenbleibenden Rechte betrug 11.264.000 DM. Am 21. November 1995 fand der erste und am 28. Dezember 1995 der zweite Zwangsversteigerungstermin statt. In keinem Termin wurde ein Gebot abgegeben. Daraufhin wurde das Zwangsversteigerungsverfahren am 28. Dezember 1995 gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG aufgehoben.
In dem zweiten Zwangsversteigerungsverfahren, welches das im Grundbuch Bl. … eingetragene Grundstück betraf, wurde der Verkehrswert des Grundstücks auf 1.420.000 DM festgesetzt. Das Bargebot betrug 5.178.535,95 DM, Rechte im Wert von 7.740.000 DM sollten bestehenbleiben. Der erste Versteigerungstermin am 12. Dezember 1995 verlief ergebnislos. Noch an diesem Tage wurde das Versteigerungsverfahren einstweilen eingestellt. Auf Betreiben der Klägerin wurde ein zweiter Versteigerungstermin auf den 29. Februar 1996 anberaumt. Nachdem auch an diesem Tage keine Gebote abgegeben wurden, wurde das Versteigerungsverfahren aufgehoben. Die Klägerin nahm die Beklagte vergeblich aus der Garantie in Anspruch.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung von 4.546.443,86 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der persönlichen Forderung sowie der Grundschulden. Hilfsweise hat sie die Feststellung beantragt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr einen künftig entstehenden Ausfall zu ersetzen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat insoweit Erfolg, als der Feststellungsklage stattzugeben ist.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe lediglich eine sogenannte „Ausfallverhütungsgarantie” („schlichte Ausbietungsgarantie”, „Ausbietungsgarantie von schwächerer Wirkung”) übernommen. Bei einer derartigen Garantie leiste der Garant nur Gewähr dafür, daß der Grundpfandgläubiger ohne Verlust aus der Zwangsversteigerung hervorgehe. Im vorliegenden Fall habe sich das abgedeckte Risiko innerhalb der Garantiefrist nicht verwirklicht. Da es zu keiner Zwangsversteigerung gekommen sei, habe die Klägerin auch keinen Ausfall erlitten. Diesem könne die ergebnislose Beendigung der Zwangsversteigerungsverfahren nicht gleichgeachtet werden. Die Klägerin habe die Konsequenzen daraus zu tragen, daß sie ein für ihre Sicherungszwecke nicht geeignetes bankrechtliches Instrument ausgewählt habe. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei unzulässig.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Allerdings ist die Abweisung des Hauptantrags rechtens. Insbesondere kann der Revision nicht darin gefolgt werden, daß der Garantiefall als eingetreten zu gelten habe.
a) Nach Ziffer 3 Satz 1 der Garantievereinbarung setzt die Einstandspflicht des Garanten voraus, daß das Grundpfandrecht in der Zwangsversteigerung ausfällt oder der Garantienehmer zur Rettung des Grundpfandrechts das Grundstück ersteigert. Keiner dieser Garantiefälle ist hier eingetreten. Wird – wie im vorliegenden Fall – in den Zwangsversteigerungsterminen kein Gebot abgegeben und das Verfahren daraufhin einstweilen eingestellt (§ 77 Abs. 1 ZVG) oder aufgehoben (§ 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG), steht das einem „Ausfall in der Zwangsversteigerung” grundsätzlich nicht gleich. Der Wortlaut der Ziffer 3 Satz 1 spricht für eine Ausfallverhütungsgarantie. Derselben Ansicht sind auch das Berufungsgericht und die Parteien. Bei einer Ausfallverhütungsgarantie wird dem Gläubiger grundsätzlich nicht garantiert, daß er durch eine Zwangsversteigerung befriedigt wird; vielmehr muß der Garant nur dafür einstehen, daß der Gläubiger ohne Verlust aus der Zwangsversteigerung hervorgeht (Muth, Zwangsversteigerungspraxis 1989 Kap. 3 A Rdnr. 3; Steiner/Storz, ZVG 9. Aufl. § 66 Rdnr. 25; vgl. auch Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens 6. Aufl. S. 341; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG 12. Aufl. § 66 Rdnr. 21). Die Klägerin hat ihre Grundschulden nicht verloren, denn sie bestehen nach wie vor. Daß die Klägerin ihre Grundschulden nicht hat verwerten können, ist bei einer Ausfallverhütungsgarantie im allgemeinen unerheblich. Hier genügt der Garant seiner Ausfallverhütungspflicht auch dann, wenn er – zum Beispiel – den betreibenden Gläubiger zur Antragsrücknahme veranlaßt oder erreicht, daß kein Gebot abgegeben wird (Sichtermann/Hennings, Die Ausbietungsgarantie 5. Aufl. S. 25; Stillschweig JW 1914, 334, 336; Oertmann DJZ 1919, 228, 229; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis Bd. 1 7. Aufl. Kap. 103 Anm. 4; Zeller/Stöber, ZVG 15. Aufl. § 71 Anm. 8.5; Böttcher, ZVG 2. Aufl. § 71 Rdnr. 51).
Im vorliegenden Fall ist die Befugnis des Garanten, für eine Aufhebung oder Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu sorgen, zwar abbedungen (Ziffer 2 Abs. 2 des Garantievertrages). Das besagt aber nicht, daß ein Verfahrensausgang nach § 77 ZVG, den der Garant nicht beeinflußt hat, ihm nachteilig sein muß.
b) Entgegen der Ansicht der Revision kann der Garantievertrag nicht ergänzend dahin ausgelegt werden, daß die einstweilige Einstellung oder Aufhebung der Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Ausfall in der Zwangsversteigerung zu behandeln sind. Der Garantievertrag mag eine planwidrige Lücke enthalten (siehe dazu unten 2 b aa). Indes ist nicht ersichtlich, wie die Parteien den offengebliebenen Punkt, wenn sie ihn bedacht hätten, geregelt hätten. Es kommt in Betracht, daß die Parteien eine Haftung der Beklagten für den Fall vereinbart hätten, daß die Schuld innerhalb der Garantiefrist fällig wird, außerdem vor Fristende deutlich wird, daß die Klägerin aus den haftenden Grundstücken auf absehbare Zeit keine Befriedigung finden kann, und die Klägerin deshalb die Garantie geltend macht. Die Parteien hätten aber auch vereinbaren können, daß die Befristung der Haftung dann nicht gelten soll, wenn die Zwangsversteigerung zwar betrieben wird, aber innerhalb der Frist mangels Geboten nicht zum Ziele führt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 90, 69, 80 m.w.N.) ist eine ergänzende Vertragsauslegung unzulässig, wenn verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke in Betracht kommen, aber kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten.
2. Die Abweisung des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags hat demgegenüber keinen Bestand.
a) Das Berufungsgericht hat den Antrag für unzulässig gehalten. Die Klägerin habe an der Feststellung kein rechtliches Interesse, weil die Grundstücke nach ihrer Behauptung unveräußerbar seien und außerdem die Garantie zum Jahresende 1995 ablaufen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat den Feststellungsantrag für den Fall gestellt, daß „noch kein Ausfall der … Grundpfandrechte feststeht”, aber – wie zu ergänzen ist – noch eintreten kann. Dieses ist nach dem Vortrag der Klägerin der Fall, weil sie die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf für treuwidrig hält und auf Antrag eines vorrangigen Gläubigers jederzeit eine Zwangsversteigerung erfolgen könnte. Da die Beklagte davon ausgeht, die Befristung der Garantie sei wirksam, und für einen künftigen Ausfall jegliche Einstandspflicht ablehnt, hat die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO).
b) Der Feststellungsantrag ist auch in der Sache gerechtfertigt. Die Beklagte ist – falls die Klägerin künftig mit ihren Grundpfandrechten in der Zwangsversteigerung ausfällt oder sie zur Rettung der Grundpfandrechte die Grundstücke ersteigern muß – verpflichtet, der Klägerin den Ausfall zu ersetzen. Auf den Ablauf der Befristung kann sie sich nach § 242 BGB nicht berufen.
aa) Die Befristung hätte, falls die Klägerin daran festgehalten würde, eine von beiden Seiten nicht bedachte und auch nicht gewollte Wirkung.
(1) Die Ausfallverhütungsgarantie soll langfristig gewährleisten, daß der Garantienehmer hinsichtlich seines Grundpfandrechts keinen Ausfall erleidet. Sie erlischt deshalb ihrem Zwecke entsprechend grundsätzlich erst, wenn der Garantienehmer wegen seiner Forderung vollständig befriedigt ist (Sichtermann/Hennings, aaO S. 21 f). Wird ein Zwangsversteigerungsverfahren nach § 77 ZVG einstweilen eingestellt oder aufgehoben, ist das für den Gläubiger einer Ausfallsverhütungsgarantie regelmäßig nicht belastend, weil er sowohl sein Grundpfandrecht als auch seine Garantie behält (vgl. Sichtermann/Hennings, aaO S. 25). Gerade der Umstand, daß der Gläubiger durch die Einstellung oder Aufhebung eines Zwangsversteigerungsverfahrens keinen Rechtsverlust erleidet, rechtfertigt die Annahme, daß ein derartiger Verfahrensausgang bei einer Ausfallverhütungsgarantie keinen Garantiefall darstellt.
(2) Die Befristung der Haftung eines Garanten beschränkt im allgemeinen – außerhalb der Ausfallverhütungsgarantie – dessen Risiko nur in zeitlicher Hinsicht. Die Sicherheit wird dadurch für den Gläubiger nicht völlig wertlos. Er kann sich darauf einrichten und – falls der Sicherungsfall innerhalb der Frist eintritt – den Garanten erfolgreich in Anspruch nehmen.
Auch im vorliegenden Fall haben die Parteien nach ihrem übereinstimmenden Vortrag nicht damit gerechnet, daß die Garantie durch die Befristung – über die zeitliche Beschränkung ihrer Geltungsdauer hinaus – substantiell an Wert verliert. Nach der Behauptung der Klägerin hat sie den Kredit ausschließlich mit Rücksicht auf die – allein für werthaltig erachtete – Garantie gewährt. Auch die Beklagte hat nicht vorgetragen, daß sie der Klägerin eine wertlose Garantie habe geben wollen. Sie wollte mit der Befristung nur die Ungewißheit, aus der Garantie in Anspruch genommen zu werden, zeitlich begrenzen. Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daß die Parteien die Möglichkeit eines rein „statischen” Ausfalls nach Einstellung oder Aufhebung der Zwangsversteigerungsverfahren „nicht mitbedacht” haben.
(3) Wegen der zuvor beschriebenen Wirkungen ist die Kombination von Ausfallverhütungsgarantie und Befristung sinnwidrig (Storz, aaO S. 345; vgl. auch Sichtermann/Hennings, aaO S. 21). Da die Klägerin die Zwangsversteigerungsverfahren innerhalb der Garantiefrist nicht bis zum Zuschlag betreiben konnte, würde die Garantie völlig entwertet, wenn es bei der Befristung bliebe.
In Anbetracht des Wertes der Grundstücke und der Höhe der Vorlasten war der Wert der Garantie für die Klägerin von vornherein – laufzeitunabhängig – eingeschränkt, weil sie praktisch keine Möglichkeit hatte, den Garantiefall selbst herbeizuführen. Wenn die Klägerin die Zwangsversteigerung der mit ihren Grundpfandrechten belasteten Grundstücke betrieb, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß in diesen Zwangsversteigerungsverfahren kein Bieter auftreten würde, der bereit war, ein Mehrfaches des tatsächlichen Wertes der Grundstücke zu zahlen. Niedrigere Gebote waren im Hinblick auf §§ 44, 52 ZVG ausgeschlossen. Daß die Klägerin die Grundstücke selbst ersteigerte, kam vernünftigerweise nicht in Betracht. Sie hätte einen Preis zahlen müssen, der den Wert der Grundstücke um mehr als den Betrag überstiegen hätte, den sie sich von der Beklagten aufgrund der Garantie erhoffen durfte. Die Einstellung und Aufhebung der Verfahren gemäß § 77 ZVG wäre allenfalls dann zu vermeiden gewesen, wenn die Klägerin vorrangige Grundpfandrechte abgelöst hätte und zugleich hieraus vorgegangen wäre. Das war ihr aber ebenfalls wirtschaftlich nicht zuzumuten. Sie hätte auch dadurch ihr Risiko insofern erhöht, als die gerichtlich festgestellten Verkehrswerte unter den Vorlasten lagen.
Die Garantie hatte einen Wert für die Klägerin nur in dem Umfang und so lange, als sie abwarten konnte, bis einer der vorrangigen Gläubiger die Zwangsversteigerung betrieb. Wenn die Klägerin dabei – ganz oder teilweise – ausfiel, konnte sie die Beklagte aus der Garantie in Anspruch nehmen. Diese Möglichkeit des Zuwartens wurde der Klägerin durch die Befristung abgeschnitten.
bb) Daß der Klägerin bei Abschluß des Garantievertrages die Höhe der vorrangigen Grundpfandrechte bekannt war, rechtfertigt nicht die Annahme, die Klägerin habe das Risiko der Wertlosigkeit ihrer Grundschulden übernehmen wollen. Das hätte die Beklagte auch nicht erwarten dürfen, wenn sie der Klägerin den Abschluß des um die Befristung ergänzten Garantievertrages mit der Absicht angeboten hätte (§ 150 Abs. 2 BGB), ihr Risiko substantiell zu beschränken. Die Befristung mußte die Klägerin – wie oben ausgeführt – nicht dahin verstehen, daß es der Beklagten um mehr ging als um eine Haftungsbegrenzung in zeitlicher Hinsicht.
Es kann auch nicht der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden, die Klägerin habe als vollkaufmännische Rechtsperson die Konsequenzen daraus zu tragen, daß sie mit der streitgegenständlichen Ausfallverhütungsgarantie ein für ihre Sicherungszwecke ungeeignetes bankrechtliches Instrument ausgewählt habe. Zum einen ist die Beklagte ebenfalls Vollkaufmann. Zum anderen war die von der Klägerin ausgewählte Sicherungsart für ihre Zwecke nicht ungeeignet; die Unstimmigkeit der garantievertraglichen Regelung wurde erst durch die Befristung seitens der Beklagten ausgelöst.
cc) Die Beklagte trifft es nicht übermäßig hart, wenn ihr verwehrt wird, sich auf die Befristung der Garantie zu berufen. Der Beklagten ging es mit der Befristung der Garantie lediglich darum, nicht endlos mit der Unsicherheit einer späteren Inanspruchnahme rechnen zu müssen. Diese Unsicherheit war aber schon am 27. Februar 1995 – also lange vor Ablauf der Garantiefrist – nicht mehr gegeben. Nachdem die Schuldnerin den Konkursantrag gestellt hatte, mußte die Beklagte von ihrer Einstandspflicht ausgehen. Sie ist auch tatsächlich – wenngleich nur vorübergehend – davon ausgegangen, wie ihr Schreiben vom 21. März 1995 deutlich macht. Darin hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, man denke daran, den geltend gemachten Garantieanspruch „schon vorzeitig zu erledigen”.
III.
Das Berufungsurteil ist somit teilweise aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 10.12.1998 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 609785 |
DB 1999, 426 |
NJW 1999, 711 |
EWiR 1999, 1043 |
KTS 1999, 150 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 171 |
WuB 1999, 303 |
ZIP 1999, 234 |
InVo 1999, 324 |
MDR 1999, 430 |
ZBB 1999, 45 |