Leitsatz (amtlich)
Auch wenn der Haftpflichtversicherer seine Vollmacht nicht dazu benutzen will, für seinen Versicherten einen Abfindungsvergleich auszuhandeln, weil dieser über die Deckungssumme hinausgehen würde, wirken diese Verhandlungen insoweit gegen den Versicherten, als sie ihm die Berufung auf während dieser Verhandlungen eingetretene Verjährung verwehren.
Normenkette
BGB § 242; AVBf. Kraftfahrvers. (AKB) § 10
Verfahrensgang
OLG Bamberg (Urteil vom 10.06.1975) |
LG Schweinfurt |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 10. Juni 1975 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 23. Juli 1960 wurde der fast 50 jährige Versicherungskaufmann M. bei einem vom Beklagten verschuldeten Verkehrsunfall tödlich verletzt. Seither zahlt die Klägerin als gesetzlicher Rentenversicherungsträger an dessen Witwe Witwenrente sowie Beiträge zu ihrer Krankenversicherung. Ferner hat sie vom 1. Juli 1960 bis 31. März 1961 seiner Tochter Waisenrente gezahlt.
Das Unfallfahrzeug des Beklagten war beim Gerling-Konzern (im folgenden: Ge.) mit einer Deckungssumme von 100.000 DM gegen Haftpflicht versichert. Ge. entzog dem Beklagten für diesen Schaden zunächst den Deckungsschutz mit der Begründung, der Unfall sei durch den verkehrsunsicheren Zustand seines Fahrzeugs verursacht worden. Der darauf vom Beklagten 1962 erhobenen Klage auf Feststellung der Deckungspflicht Ge. gab der Bundesgerichtshof jedoch am 17. September 1969 statt.
Die Klägerin hatte bereits vor oder während jenes Rechtsstreits ihre auf § 1542 RVO gestützten Ersatzansprüche beim Beklagten und bei Ge. angemeldet. Beide verzichteten auf die Einrede der Verjährung bis zum Abschluß des Deckungsrechtsstreits.
Nach Abschluß jenes Rechtsstreits erwies sich in den anschließenden Regulierungsverhandlungen zwischen Ge. und der Klägerin, daß die Deckungssumme zur Befriedigung der auf 101.135,93 DM errechneten kapitalisierten Ansprüche der Klägerin nicht ausreichte, zumal bereits rd. 40.000 DM zur Befriedigung von auf andere Versicherungsträger übergegangenen Ansprüchen der Witwe M. verbraucht waren. Ge. machte deshalb die Zahlung einer von ihm errechneten und vorgeschlagenen Abfindung an die Klägerin, an der der Beklagte sich beteiligen sollte, von dessen Zustimmung abhängig, um die er sich indes vergeblich bemühte. Am 19. Februar 1973 teilte er ihr das Scheitern seiner Bemühungen mit und überwies ihr am 22. Februar 1973 den Rest der Deckungssumme in Höhe von 21.668,02 DM; vorher (am 28. Dezember 1971) hatte er ihr schon einen Teilbetrag von 40.000 DM gezahlt.
Die Klägerin hatte vor Abschluß des Deckungsprozesses im Februar 1969 die vorliegende Klage erhoben. Im Verhandlungstermin vom 18. März 1969 wurde jedoch auf ihren Antrag und mit Zustimmung des Beklagten die Sache vertagt; neuer Termin sollte nur auf Antrag bestimmt werden. Diesen Antrag stellte die Klägerin am 7. Februar 1973. Der Beklagte erhob in dem nunmehr fortgesetzten Rechtsstreit unter anderem die Einrede der Verjährung.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihre Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das angefochtene, am 10. Juni 1975 verkündete Urteil mußte schon auf die von der Revision erhobene Verfahrensrüge hin aufgehoben werden.
Die Revisionsfrist begann nach § 552 ZPO (in der gemäß Art. 10 Nr. 6 der Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 – BGBl I 3281, 3311 – hier noch anzuwendenden alten Fassung) mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Urteils, also am 10. November 1975. Demgemäß hatte die Klägerin am 24. November 1975 Revision eingelegt. In diesem Zeitpunkt konnte sie aber noch keine Kenntnis von den Urteilsgründen haben, da das Urteil ausweislich der Akten erst am 15. Januar 1976, also mehr als 7 Monate nach der Verkündung, zu den Akten gelangt war, so daß es erst dann den Parteivertretern übersandt worden war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt dieser Sachverhalt in Anwendung des § 551 Nr. 7 ZPO einen unbedingten Revisionsgrund dar (BGHZ 7, 155; 32, 17, 24; Urt. v. 10. März 1956 – IV ZR 268/55 = LM ZPO § 551 Ziff. 7 Nr. 3; v. 9. Oktober 1961 – III ZR 118/60 = LM a.a.O. Nr. 6; v. 18. Juni 1962 – VII ZR 237/60 = VersR 1962, 803 und vom 5. Mai 1975 – III ZR 187/74 – nicht veröffentlicht) und zwar gleich, ob als Sachgrund der Gesichtspunkt, dem Rechtsmittelkläger eine Bedenkzeit von einem Monat zu sichern, oder der Gesichtspunkt heranzuziehen wäre, daß eine Übereinstimmung zwischen den tatsächlichen und den später schriftlich niedergelegten Urteilsgründen gewährleistet sein muß (s. Anm. Fischer zu BGHZ 32, 17 in LM ZPO § 551 Ziff. 7 Nr. 4; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl. § 551 Rdz. 31, 32 mit w.Nachw.; vgl. auch BVerwG NJW 1976, 1955).
II.
Das Urteil hält auch einer sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht führt aus: Die Klägerin habe zwar wegen des Verzichts des Beklagten auf Erhebung der Verjährungseinrede den Abschluß des Deckungsprozesses abwarten können; ihre Klage vom 13. Februar 1969 sei somit rechtzeitig gewesen. Mit ihrem Antrag im Termin vom 18. März 1969, die Sache auf unbestimmte Zeit zu vertagen – der sich prozessual als Antrag auf Anordnung des „Rubens des Verfahrens” darstelle – sei aber die durch diese Klage eingetretene Unterbrechung der Verjährung beendet worden (§ 211 Abs. 2 BGB). Darum seien die mit dieser letzten Prozeßhandlung neu in Lauf gesetzten Verjährungsfristen der §§ 14 StVG, 852 BGB bei Eingang des Antrags der Klägerin auf Fortsetzung des Verfahrens vom 7. Februar 1973 abgelaufen gewesen.
Die Verhandlungen zwischen der Klägerin und Ge. nach Abschluß des Deckungsprozesses hätten die Verjährungsfristen zu Lasten des Beklagten ebensowenig gehemmt wie die Abschlagszahlungen seitens Ge. sie unterbrochen hätten. Denn Ge. habe in selbst auferlegter Beschränkung seiner Vollmacht (§ 10 Abs. 5 AKB) keine zu Lasten des Beklagten wirkende Erklärung über die Deckungssumme hinaus abgegeben und abgeben wollen. Die Klägerin habe das erkannt und sei damit einverstanden gewesen.
Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zutreffend.
1. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daß im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahre 1969 – obwohl damals sowohl die zweijährige Verjährungsfrist des § 14 StVG als auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB abgelaufen waren – der Erhebung der Verjährungseinrede der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegengestanden hätte, da der Beklagte bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Deckungsprozesses auf die Geltendmachung der Verjährung verzichtet hatte. Damit hatte er die Klägerin abgehalten, rechtzeitig Klage zu erheben, weil sie darauf vertraute, daß ihre Ansprüche befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden würden (st.Rspr.; s. BGHZ 9, 1, 5; Urteile vom 4. Februar 1969 – VI ZR 213/67 = VersR 1969, 451 und vom 30. Januar 1973 – VI ZR 4/72 = VersR 1973, 371, jeweils mit w.Nachw.).
Seinerzeit (im Jahre 1969) hat der Beklagte sich auch nicht auf Verjährung der Ansprüche berufen; erst nachdem das Verfahren im Termin vom 18. März 1969 zum Stillstand gekommen und dann am 7. Februar 1973 von der Klägerin fortgesetzt worden war, hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und zwar sowohl gegen die früher schon wie gegen die nunmehr geltend gemachten Ansprüche.
2. Diese auf verspätete Fortsetzung des zum Stillstand gekommenen Verfahrens gestützte Verjährungseinrede unterliegt aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ebenfalls dem Einwand des Rechtsmißbrauchs (§ 242 BGB).
a) Als Grundlage der nunmehr geltend gemachten Ansprüche kommt ausschließlich § 823 BGB in Betracht, da die Klägerin mit der Berufung nur noch die die Deckungssumme, damit aber auch den z. Z. des Unfalls für Renten geltenden Höchstbetrag des § 12 StVG überschreitenden Beträge geltend macht. Schon dieserhalb konnte eine Hemmung der Verjährung nach § 14 Abs. 2 StVG nicht eintreten. Im übrigen war sowohl die zweijährige als auch die dreijährige Verjährungsfrist, wie dargelegt, bereits vor Klageerhebung abgelaufen. Darum wurde – entgegen der Meinung des Berufungsgerichts – mit Beginn des Stillstands des Verfahrens am 18. März 1969 auch nicht der Lauf einer „neuen Verjährungsfrist” in Gang gesetzt. Die Wirkung des § 211 Abs. 2 BGB (Beendigung der Unterbrechung durch Prozeßstillstand) kann nur eintreten, wenn zuvor eine noch laufende Verjährung durch Klageerhebung unterbrochen war (§ 211 Abs. 1 BGB).
b) Freilich war der Beklagte aufgrund seines früheren (bis zum Abschluß des Deckungsprozesses befristeten) Verzichts auf Erhebung der Verjährungseinrede nicht gehindert, nach Ablauf dieser Frist wieder Verjährung mit neuen Gründen geltend zu machen. Dazu hätte er berechtigt sein können, wenn die Klägerin nach dem Abschluß des Deckungsprozesses am 17. September 1969, spätestens nach Empfang der diesbezüglichen Mitteilung Ge. am 4. Februar 1970, nicht in nach Treu und Glauben angemessener, in der Regel kurz zu bemessender Frist das Verfahren gegen ihn weiterbetrieben hätte (Senatsurt. v. 4. Februar 1969 a.a.O. m.w.Nachw.). Nun hat zwar die Klägerin den Rechtsstreit bis zum 7. Februar 1973 ruhen lassen. Diese Verzögerung geht aber zu Lasten des Beklagten, denn es war sein Haftpflichtversicherer, der die Klägerin von der rechtzeitigen Fortsetzung des Verfahrens abgehalten hatte; hierfür gelten dieselben unter II 1 angeführten Grundsätze. Das Berufungsgericht will diese zu Unrecht hier nicht anwenden.
aa) Dem Verhalten des Schädigers bei Regulierungsverhandlungen steht im allgemeinen das Verhalten seines Versicherers gleich (so schon Senatsurt. v. 12. Juli 1957 – VI ZR 94/56 = VersR 1957, 667 und v. 17. März 1970 – VI ZR 148/68 = VersR 1970, 549 m.w.Nachw.). Auch der Beklagte muß die von Ge. mit der Klägerin nach Abschluß des Deckungsprozesses aufgenommenen und bis zum 19. Februar 1973 fortgesetzten Vergleichsverhandlungen gegen sich gelten lassen, weil Gerling als sein Versicherer durch § 10 Abs. 5 AKB bevollmächtigt war, „alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr von Ansprüchen zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der versicherten Personen abzugeben” und zwar unabhängig von deren Zustimmung. Bei der Haftpflichtversicherung ist die gesamte Schadensregulierung aus wohlerwogenen Gründen dem Versicherungsnehmer aus der Hand genommen und dem Versicherer übertragen worden, dessen Erfahrung dem Versicherungsnehmer unmittelbar zugute kommt; deshalb muß ein Versicherungsnehmer im Einzelfall auch ihm ungünstige Rechtsfolgen des Verhaltens seines Versicherers gegen sich gelten lassen (BGHZ 24, 308, 317 ff). Dies gilt auch dann, wenn die Ansprüche des Dritten, deretwegen der Versicherer mit ihm verhandelt, die Deckungssumme übersteigen (Senatsurteile v. 17. März 1970 a.a.O. und v. 25. Januar 1972 – VI ZR 10/71 = VersR 1972, 398, 399).
bb) Zwar ist entgegen der Meinung der Revision dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß es einem Haftpflichtversicherer nicht verwehrt ist, schon bei der Führung von Vergleichsverhandlungen in einer dem Verhandlungspartner deutlich erkennbaren Weise von dieser weitreichenden Vollmacht nur eingeschränkt Gebrauch zu machen, nämlich überhaupt nur bis zur Höhe der Deckungssumme namens des Versicherten zu verhandeln (so Stiefel/Wussow/Hofmann, AKB 10. Aufl. § 10 Rdz. 24 S. 466 Mitte; ebenso KG VersR 1974, 979, 980). Jedoch beruht die Ansicht des Berufungsgerichts, dies treffe im Streitfall zu, auf einer unrichtigen rechtlichen Sicht.
Schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist nicht richtig. Es meint, der im allgemeinen für den Geschädigten sprechende Grundsatz, daß der Versicherer in uneingeschränkter Ausnützung der ihm in § 10 Abs. 5 AKB eingeräumten Bevollmächtigung handele, sei im Streitfall dadurch durchbrochen gewesen, daß die Klägerin sich von vornherein mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt und ihn zur Abgabe einer eigenen Verzichtserklärung auf die Verjährungseinrede veranlaßt gehabt habe. Dieser Umstand spricht aber nicht für eine Begrenzung der Vollmacht des Versicherers. Denn der von der Klägerin erstrebte Verzicht des Beklagten selbst – nur darüber hatte sie mit ihm persönlich verhandelt – hatte seinen Grund in der zu § 158 c Abs. 4 VVG a.F. ergangenen Rechtsprechung (BGHZ 7, 244; 25, 322, 324) wonach der „kranke” Haftpflichtversicherer dann nicht aus § 158 c VVG haftet, wenn der Geschädigte von einem Sozialversicherungsträger schadlos gestellt wird (später i.d.F. des § 158 c Abs. 4 VVG vom 5. April 1965 gesetzlich kodifiziert): Die Klägerin macht auf sie nach § 1542 RVO übergegangene Ersatzansprüche geltend, für die Ge. im Falle der Abweisung der Deckungsklage nicht hätte einzutreten brauchen. Dies verkennt zwar auch das Berufungsgericht nicht, meint jedoch, die Klägerin habe, weil sie sich in selbständige Verhandlungen mit dem Beklagten persönlich eingelassen habe, bei ihren späteren Verhandlungen mit dessen nur zur Deckung verurteilten Versicherer nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, daß alle dessen Erklärungen ohne die Zustimmung des Beklagten durch die Vollmacht des § 10 Abs. 5 AKB gedeckt wären. Hierbei unterscheidet das Berufungsgericht jedoch nicht hinreichend zwischen der Vollmacht, die zur Führung von Verhandlungen ermächtigte, und der Vollmacht, die darüberhinaus zum Abschluß eines den Beklagten bindenden und belastenden Vergleiches ermächtigte. Ge. hatte zwar, wie das Berufungsgericht für erwiesen hält, mehrfach und eindeutig abgelehnt, „bindende Erklärungen für den Beklagten” ohne dessen Zustimmung abzugeben. Das Berufungsgericht stellt jedoch nicht fest – hierfür fehlt auch jeder Anhaltspunkt –, daß Ge. es auch (mündlich oder schriftlich) abgelehnt hatte, überhaupt mit der Klägerin in Vergleichsverhandlungen hinsichtlich des die Deckungssumme überschreitenden Betrages einzutreten. Im Gegenteil erstreckten sich die Verhandlungen – da die Verhandlungspartner über die Höhe der begründeten Ansprüche sehr schnell einig waren – im wesentlichen gerade auf diesen Betrag, hinsichtlich dessen Ge. aber die Zustimmung des Beklagten einholen wollte, weil der Vergleich mit seiner Abfindungssumme diesen nicht nur begünstigte, sondern auch belastete. Eine Beschränkung sogar der bloßen Verhandlungsführung auf die Deckungssumme hätte aber gegenüber dem geschädigten Dritten (und dessen Rechtsnachfolger) klar und eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Dieser darf und soll sich zunächst im Interesse einer einfachen und vollständigen Abwicklung des Schadensfalles und zur Vermeidung unnötiger Verfahrenskosten darauf verlassen können, in der Person des Haftpflichtversicherers den richtigen und allein zuständigen Verhandlungspartner zu haben. Dem hat der Gesetzgeber (zwar erst nach Eintritt des Schadensfalles, immerhin aber noch vor Beginn der hier maßgeblichen Verhandlungen) durch Einführung der Direktklage, der Hemmung der Verjährung mit Anmeldung des Anspruchs bei dem Versicherer und mit der wechselseitigen Hemmung und Unterbrechung der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer und den Ersatzpflichtigen durch § 3 des Pflichtversicherungsgesetzes von 1965 Nachdruck verliehen. Die Bedeutung und praktische Auswirkung dieser Vorschrift ist gewiß den Beteiligten in dem hier maßgeblichen Verhandlungszeitraum, obwohl sie im Streitfall noch nicht zur Anwendung kam, durchaus geläufig gewesen.
Die in diesen Grenzen vorbehaltlose Aufnahme und Führung von Vergleichsverhandlungen seitens Gerling bis zum Februar 1973 mußte bei der Klägerin den Eindruck erwecken, eine Verjährungseinrede des Beklagten in dem gegen ihn angestrengten und seit März 1969 eben wegen dieser Verhandlungen nicht mehr betriebenen Verfahren für den Zeitraum der Verhandlungen nicht gewärtigen zu müssen, zumal der Beklagte in Kenntnis der Vergleichsverhandlungen (er war – wie sich eindeutig aus der vom Berufungsgericht angeführten Korrespondenz ergibt – mehrfach um seine Zustimmung zum Abschluß eines Vergleiches gebeten worden) diesen Verhandlungen nicht widersprochen hatte. Die Klägerin durfte somit nach verständigem Ermessen darauf vertrauen, der Beklagte sei damit einverstanden, daß sie das Verfahren gegen ihn nicht vor Abbruch der Vergleichsverhandlungen fortsetzte (s. Senatsurteile vom 30. Januar 1973 und v. 4. Februar 1969 a.a.O.). Als Gerling ihr auf ihre mehrfachen Sachstandsanfragen am 8. November 1972 antwortete, seine Bemühungen, den Beklagten (soweit Ansprüche ihn unmittelbar beträfen) zu einer Stellungnahme zu veranlassen, hätten noch zu keinem abschließenden Ergebnis geführt, hat sie mit Schreiben vom 30. Januar 1973 die Fortsetzung des zum Stillstand gekommenen Verfahrens angekündigt und diese am 7. Februar 1973, noch vor dem Abbruch der Verhandlungen durch Ge., also rechtzeitig vollzogen.
Angesichts dieser Umstände verstößt die Erhebung der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben, so daß die Klage nicht wegen Verjährung der Ansprüche abgewiesen werden durfte.
III.
Das angefochtene Urteil war somit auch aus sachlichen Gründen aufzuheben. Das Berufungsgericht wird nunmehr über die Höhe der Ansprüche zu befinden haben.
Unterschriften
Dr. Weber, Scheffen, Dr. Steffen, Dr. Ankermann, Dr. Deinhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1502226 |
Nachschlagewerk BGH |