Leitsatz (amtlich)
1. Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum (hier: Nachbesserung nach § 439 Abs. 1 BGB) unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; die Kompetenz für einen solchen Beschluss folgt aus § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
2a. Die von dem Verkäufer wegen eines Altlastenverdachts gemäß § 439 Abs. 1 BGB geschuldete Nachbesserung umfasst zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Die Beseitigung von Altlasten kann der Käufer erst dann verlangen, wenn sich der Verdacht bestätigt.
2b. Eine von der üblichen Beschaffenheit abweichende Belastung eines Grundstücks mit Schadstoffen ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn nach öffentlich-rechtlichen Kriterien eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes vorliegt.
2c. Verschweigt der Verkäufer arglistig einen ihm bekannten Altlastenverdacht und bestätigt sich später der Verdacht, handelt er in aller Regel auch im Hinblick auf die tatsächlich vorhandenen Altlasten arglistig.
3. Der Käufer einer gebrauchten Eigentumswohnung hat nach § 439 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf volle Nacherfüllung in Bezug auf Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums und nicht nur einen auf die Quote des Miteigentumsanteils beschränkten Anspruch auf Freistellung von den Mängelbeseitigungskosten (Fortführung von Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 45 ff.).
Normenkette
WoEigG § 9a Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Fassung: 2011-11-26, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Fassung: 2021-06-25, § 439 Abs. 1, § 444; BBodSchG § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 5
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 8. Zivilsenat - vom 2. September 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Wohnungseigentumsanlage befindet sich auf einem in München belegenen Grundstück, das ursprünglich im Eigentum der Beklagten, einem der größten in Deutschland tätigen Immobilienunternehmen, stand. Die Beklagte teilte das Grundstück mit dem vorhandenen Altbau im Jahr 2012 in Wohnungs- und Teileigentum auf und begann mit dem Verkauf der Einheiten. Ab Januar 2013 ließ sie für den ursprünglich beabsichtigten, aber nicht durchgeführten Bau einer Tiefgarage die Böden des Innenhofs, auf dem sich unter anderem Kinderspielflächen befinden, und der Außenflächen der Anlage von der Firma T. GmbH (fortan: Firma T. ) auf deren Tragfähigkeit untersuchen. Dabei wurde eine aufgefüllte Kiesgrube gefunden. Hierüber unterrichtete die Firma T. die Beklagte mit einem am 7. März 2013 bei dieser eingegangenen Schreiben. Sie hielt unter anderem eine Bodenanalyse auf Schadstoffe für erforderlich, die die Beklagte in Auftrag gab. Ab dem 7. März 2013 schloss die Beklagte zunächst für weitere neun Einheiten Kaufverträge unter Ausschluss der Sachmängelhaftung ab. Die Firma T. erstellte unter dem 26. März 2013 einen Baugrunduntersuchungsbericht, aus dem unterschiedliche Belastungen der aufgefüllten Böden mit Schadstoffen hervorgingen. Die Beklagte stoppte daraufhin den Verkauf der Wohnungen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München (im Folgenden: RGU) ordnete Oberbodenuntersuchungen auf Altlasten bis zu einer Tiefe von 35 cm durch die Firma T. an. In den Analyseberichten vom 23. April 2013 betreffend den Innenhof und vom 30. April 2013 betreffend den südlichen Außenbereich wurden Belastungen des Oberbodens u.a. mit Benzo(a)pyren (BaP) festgestellt. In ihrer Stellungnahme vom 30. April 2013 betreffend den Innenhof schlug die von der Beklagten hinzugezogene Firma b. einen Bodenaustausch bis 30 cm Tiefe vor. Auf einen Austausch in größeren Tiefen könne verzichtet werden, weil in absehbarer Zeit eine Tiefgarage gebaut und dann die komplette belastete Auffüllung ausgetauscht werde. Bezogen auf den südlichen Außenbereich wurde in der Stellungnahme der Firma b. vom 3. Mai 2013 eine Sanierung nicht für notwendig erachtet, weil die Fläche durch einen Zaun vor dem Zutritt geschützt sei; bei gärtnerischen Pflegearbeiten sei entsprechende Vorsicht geboten. Das RGU erteilte der Beklagten mit Schreiben vom 21. Mai 2013 eine zusammenfassende Altlastenauskunft betreffend den Innenhof.
Rz. 2
Ab dem 29. Mai 2013 setzte die Beklagte den Verkauf von Wohnungen an weitere 29 Käufer fort. In den Kaufverträgen wies sie auf die Altlastenauskunft des RGU hin und verpflichtete sich zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen entsprechend den Vorgaben des RGU. Die Haftung für eine Altlastenfreiheit des Grundstücks außerhalb des Innenhofs wurde ausgeschlossen. In der Folgezeit tauschte die Beklagte den Oberboden des Innenhofes in einer Tiefe von 20 cm aus. Am 22. Mai 2014 und am 8. Oktober 2015 fanden Eigentümerversammlungen statt. Die Wohnungseigentümer fassten mehrere Beschlüsse, die die gerichtliche Geltendmachung möglicher Ansprüche wegen der Altlasten im Innenhof und wegen der Altlasten in den straßenseitigen Vorgärten betrafen.
Rz. 3
Mit der Klage beantragt die Klägerin - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - mit dem Hauptantrag die Feststellung, dass ihr gegen die Beklagte wahlweise volle und nicht quotenbeschränkte kaufrechtliche Nacherfüllungs-, Minderungs- oder Ansprüche auf den sog. kleinen Schadensersatz im Zusammenhang mit den in der Wohnungseigentumsanlage vorhandenen Altlasten gemäß näher bezeichneten Anlagen (Baugrunduntersuchungsbericht der Firma T. vom 26. März 2013 sowie deren Analyseberichte vom 23. April 2013 und vom 30. April 2013) zustehen. Hilfsweise verlangt sie im Wege der Leistungsklage volle und nicht quotenbeschränkte kaufrechtliche Nacherfüllung, nachdem sie ursprünglich auch insoweit nur eine entsprechende Feststellung beantragt hatte. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Klägerin Ansprüche auf sog. kleinen Schadensersatz wegen der Altlasten im Innenbereich der Wohnanlage zustehen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht nach mündlicher Verhandlung am 1. Juli 2021 das Urteil abgeändert, den Hauptantrag vollständig abgewiesen und die Beklagte auf den Hilfsantrag zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten durch Sanierung des Innenhofs (näher bezeichnete Flächen gemäß Schreiben der Firma b. vom 30. April 2013) und des südlichen Außenbereichs (näher bezeichnete Flächen gemäß Schreiben der Firma b. vom 3. Mai 2013) verurteilt, jeweils „soweit dort der Wert von 0,5 mg/kg BaP überschritten wird“. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen. Mit der Anschlussrevision wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung des Hauptantrages und die Beschränkung der Verurteilung auf einen bestimmten Wert. Die Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
A.
Rz. 4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Urteil unter anderem in ZfIR 2022, 77 veröffentlicht ist, ist der auf Feststellung gerichtete Hauptantrag unzulässig. Es fehle die Bestimmung einer Reihenfolge für die gerichtliche Prüfung der im Antrag enthaltenen Mängelrechte. Der Hilfsantrag sei dagegen zulässig. Die Klage enthalte insoweit einen hinreichend bestimmten Antrag, auch wenn der Umfang des vorzunehmenden Bodenaustauschs nicht konkret nach Lage und Tiefe bezeichnet werde. Die Auslegung des Antrages ergebe, dass die Klägerin eine Beseitigung von Altlasten in dem Umfang begehre, der aus den in Bezug genommenen Anlagen ersichtlich sei. Die Klägerin sei auch prozessführungsbefugt. Nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis ergebe sich die Prozessführungsbefugnis der GdWE aus § 9a Abs. 2 WEG, weil die vorrangig geltend gemachten Nacherfüllungsansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gemeinschaftsbezogen im Sinne der Vorschrift seien. Jedenfalls folge die Befugnis zur Prozessführung daraus, dass die GdWE die - nach Kaufrecht zu beurteilenden - Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung durch die Beschlüsse vom 22. Mai 2014 und vom 8. Oktober 2015 an sich gezogen habe.
Rz. 5
In der Sache könne die Klägerin von der Beklagten Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 1 BGB verlangen. Das Gemeinschaftseigentum weise im Innenhof und im südlichen Außenbereich Sachmängel auf. Bereits das Auffinden einer verfüllten Kiesgrube habe einen als Sachmangel einzustufenden Altlastenverdacht begründet. Zudem handele es sich bei den festgestellten Bodenbelastungen um nicht nur unerhebliche Kontaminationen, die von der üblichen Beschaffenheit abwichen. Zur Feststellung einer als Sachmangel einzustufenden erheblichen Kontamination des Bodens seien grundsätzlich die auf der Grundlage des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) in Verbindung mit der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) festgelegten Prüf- und Maßnahmewerte heranzuziehen. Die ermittelte Schadstoffkonzentration dürfe allerdings nicht schematisch an den Werten des Anhangs 2 zur BBodSchV (hier: für Kinderspielflächen und Wohngebiete) gemessen werden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse rechtfertigten es, für die Belastung mit BaP einen niedrigeren Wert von 0,5 mg/kg BaP zu Grunde zu legen, der überschritten sei. Den Sachmangel habe die Beklagte durch den Bodenaustausch der obersten 20 cm im Innenhof nicht beseitigt. In der Stellungnahme der Firma b. vom 30. April 2013 werde ein Bodenaustausch bis 30 cm nur deshalb für ausreichend erachtet und ein weiterer Bodenaustausch bis in größere Tiefen für verzichtbar gehalten, weil davon ausgegangen werde, dass in absehbarer Zeit eine Tiefgarage gebaut und dann die komplette belastete Auffüllung ausgetauscht werde. Daher habe die Klägerin bewiesen, dass unter der sanierten Schicht eine nicht unerhebliche Kontamination verblieben sei. Auf den Haftungsausschluss, der in den ab dem 7. März 2013 geschlossenen Verträgen vereinbart worden sei, könne sich die Beklagte gemäß § 444 BGB nicht berufen. Nach dem Auffinden der aufgefüllten Kiesgrube habe sie Kenntnis von dem Altlastenverdacht gehabt. Seit dem 27. März 2013 habe sie zudem von den Altlasten gewusst. Schließlich habe sie in den ab dem 29. Mai 2013 abgeschlossenen Verträgen den Käufern das Ausmaß der ihr bekannten Altlastenproblematik nicht vollständig offengelegt. Die Beklagte sei zur vollständigen - nicht nur quotalen - Mangelbeseitigung verpflichtet, auch wenn lediglich Ansprüche einzelner Wohnungseigentümer bestünden. Da aber ein sauberer, von jeglicher Kontaminierung freier Boden nicht geschuldet werde, habe die Beklagte eine Sanierung nur durchzuführen, soweit der Wert von 0,5 mg/kg BaP überschritten werde.
B. Revision der Beklagten
Rz. 6
Die Revision hat Erfolg.
Rz. 7
I. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Die von der Beklagten vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gegenstandslos (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 12 mwN).
Rz. 8
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs möglich, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte. Das setzt voraus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt werden kann und eine Änderung des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil gerät (vgl. nur Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 271/20, NJW-RR 2022, 349 Rn. 10 mwN). Auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente kann die Zulassung dagegen nicht beschränkt werden (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 198/14, ZfIR 2015, 770 Rn. 7; Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9).
Rz. 9
2. Daran gemessen enthält die im Tenor und den Gründen des angefochtenen Urteils ausgesprochene Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts keine wirksame Beschränkung zulasten der Beklagten. Die von dem Berufungsgericht für zulassungsrelevant gehaltenen Rechtsfragen, wann eine Kontamination eines Grundstücks mit Altlasten einen Sachmangel darstellt, und ob dem einzelnen Wohnungseigentümer in Bezug auf Mängel am Gemeinschaftseigentum ein voller Nacherfüllungsanspruch zusteht, betreffen keinen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, sondern sind für die Begründetheit der Klage insgesamt erheblich. Darin liegt auch keine wirksame - von dem Berufungsgericht möglicherweise beabsichtigte - Beschränkung der Zulassung auf die Begründetheit der Klage. Denn das Berufungsgericht kann die Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts nicht einschränken, soweit Prozessvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 456/16, WM 2017, 2254 Rn. 10 mwN); insoweit gilt Anderes als bei einer Beschränkung der Zulassung auf die Zulässigkeit der Klage (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18, WuM 2019, 403 Rn. 6). Die Revision ist daher auch insoweit zugelassen, als sich die Beklagte dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Leistungsantrag für hinreichend bestimmt ansieht und die Prozessführungsbefugnis der Klägerin annimmt.
Rz. 10
II. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Hilfsantrag der Klägerin stattgeben hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dieser Antrag ist zur Entscheidung des Senats angefallen, weil der Hauptantrag, den die Klägerin mit der Anschlussrevision weiter verfolgt, unzulässig (vgl. unten C.II.) und damit die Bedingung für die Entscheidung über den Hilfsantrag eingetreten ist.
Rz. 11
1. Entgegen der Auffassung der Revision genügt allerdings der Hilfsantrag den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil er, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, hinreichend bestimmt ist.
Rz. 12
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Hinreichend bestimmt ist ein Klageantrag grundsätzlich, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Andererseits führt nicht jede mögliche Unsicherheit bei der Zwangsvollstreckung zur Unbestimmtheit des Klageantrages. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstandes in dem Klageantrag zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - V ZR 12/19, NJW-RR 2021, 401 Rn. 9; Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 258/18, ZfIR 2020, 98 Rn. 25; Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 273/16, ZNotP 2018, 99 Rn. 10; jeweils mwN).
Rz. 13
b) Diesen Anforderungen genügt der in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag der Klägerin.
Rz. 14
aa) Für die Auslegung von Anträgen ist nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er aus der Klagebegründung, den sonstigen Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgeht. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (Senat, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 250/14, WuM 2016, 451 Rn. 18 mwN).
Rz. 15
bb) Danach ist es ausreichend, dass die Klägerin statt der ursprünglich - ebenfalls hilfsweise - beantragten Feststellung nunmehr von der Beklagten im Wege der Leistungsklage Nacherfüllung verlangt.
Rz. 16
(1) Dieses Begehren ist bei dem Kauf einer - wie hier - gebrauchten Eigentumswohnung seiner Natur nach allein auf Mangelbeseitigung nach § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB gerichtet. Auf welche Art und Weise bestehende Mängel zu beseitigen sind, bestimmt - wie im Werkvertragsrecht der Unternehmer - im Kaufrecht grundsätzlich der Verkäufer (vgl. BeckOK BGB/Faust [1.5.2022], § 439 Rn. 20; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 439 Rn. 31). Daher reicht es zur Konkretisierung des Streitgegenstandes wie im werkvertraglichen Mängelprozess aus, wenn neben dem Mangelbeseitigungsbegehren der zu beseitigende Mangel bezeichnet wird. Dafür müssen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich die Mangelerscheinungen hinreichend bestimmt bezeichnet sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. November 2020 - VII ZR 261/18, NJW-RR 2021, 147 Rn. 14; Urteil vom 8. Mai 2003 - VII ZR 407/01, MDR 2003, 984; jeweils mwN); weitere Angaben etwa zu dem Umfang der Mangelbeseitigung sind wie schon beim Mangelbeseitigungsverlangen nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1986 - VII ZR 184/85, NJW 1987, 381, 382; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rn. 31 mwN).
Rz. 17
(2) Der ursprüngliche Feststellungsantrag, dessen Inhalt erkennbar auch für den Leistungsantrag maßgeblich sein soll, enthielt eine Bezugnahme auf den Baugrunduntersuchungsbericht vom 26. März 2013 sowie die Analyseberichte vom 23. April 2013 betreffend den Innenhof und vom 30. April 2013 betreffend den südlichen Außenbereich. Hierdurch werden die zu beseitigenden Mängel hinreichend bestimmt bezeichnet. Danach begehrt die Klägerin von der Beklagten die Beseitigung sämtlicher Kontaminationen der aufgefüllten Kiesgrube - unabhängig von der Konzentration der Schadstoffe -, die bei den Probebohrungen sowie den entnommenen Proben des Oberbodens in dem Innenhof und in dem südlichen Außenbereich in Erscheinung getreten sind. Ihr geht es über den erfolgten Austausch des Oberbodens hinaus um die Beseitigung von Schadstoffen, die in dem gesamten Auffüllmaterial enthalten sind. Ob in diesem Umfang tatsächlich ein Mangel vorliegt, stellt - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt - eine Frage der Begründetheit der Klage dar.
Rz. 18
2. Die Klägerin ist für die Geltendmachung des Nachbesserungsanspruchs prozessführungsbefugt, wovon das Berufungsgericht - allerdings nur im Ergebnis - ebenfalls zutreffend ausgeht.
Rz. 19
a) Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin folgt aus den in den Eigentümerversammlungen vom 22. Mai 2014 und vom 8. Oktober 2015 getroffenen Beschlüssen. Diese Beschlüsse begründen nicht nur auf der Grundlage des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung die Prozessführungsbefugnis der Klägerin. Vielmehr besteht diese auch nach der während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen Neuregelung der Ausübungsbefugnis der GdWE in § 9a Abs. 2 WEG fort. Auf die Vergemeinschaftungsbeschlüsse kommt es an, da sich die Prozessführungsbefugnis entgegen der Hauptbegründung des Berufungsgerichts aus § 9a Abs. 2 WEG nicht herleiten lässt.
Rz. 20
b) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht - im Rahmen seiner Hilfsbegründung - an, dass die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft etwaige auf das Gemeinschaftseigentum bezogene Nacherfüllungsansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer aus den Erwerbsverträgen auf der Grundlage des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung an sich gezogen hat.
Rz. 21
aa) Eine Beschlussfassung zur Begründung der Prozessführungsbefugnis der Klägerin war unter der Geltung des bisherigen Rechts erforderlich, weil kein Fall von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF (sog. geborene Ausübungsbefugnis) vorlag. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war der Erwerber von Wohnungseigentum grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt waren (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 18 mwN). Bejaht wurde eine geborene Ausübungsbefugnis der GdWE nur bei der Durchsetzung der Ansprüche auf Minderung und auf sog. kleinen Schadensersatz, sofern sie nach Werkvertragsrecht zu beurteilen waren (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, aaO Rn. 19 mwN). Demgegenüber fielen allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und sog. kleinen Schadensersatz jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF, wenn eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden war (Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14, ZfIR 2015, 801 Rn. 11).
Rz. 22
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konnte die GdWE aber im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung die Ausübung der den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG aF durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen (sog. gekorene Ausübungsbefugnis; vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20; Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13, NJW 2016, 1575 Rn. 17; Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 7 ff.). Darunter fielen die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten werkvertraglichen Erfüllungs- oder Nacherfüllungsansprüche, und zwar selbst dann, wenn nur noch ein Erwerber ein durchsetzbares Recht auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums hatte (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, aaO Rn. 7 ff.; BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13, aaO Rn. 17). Anerkannt hatte der Bundesgerichtshof die gekorene Ausübungsbefugnis der GdWE auch für das Gemeinschaftseigentum betreffende kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche der Erwerber gemäß § 437 Nr. 1, § 439 BGB, wenn diese Ansprüche - wie die werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche - jeweils in vollem Umfang auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum und damit auf das gleiche Ziel gerichtet waren; dann bestand kein Anlass, die aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG aF folgenden Befugnisse der Wohnungseigentümergemeinschaft unterschiedlich zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13, aaO Rn. 18; Senat, Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 258/18, ZfIR 2020, 98 Rn. 7 f.).
Rz. 23
cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bejaht das Berufungsgericht zutreffend eine Vergemeinschaftung etwaiger - auf das gleiche Ziel gerichteter - Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer aus den jeweiligen Verträgen mit der Beklagten wegen Altlasten im Innenhof und im südlichen Außenbereich. Die gebotene objektive Auslegung der von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Beschlüsse vom 22. Mai 2014 (TOP 5.2) und vom 8. Oktober 2015 (TOP 2) kann der Senat in vollem Umfang nachprüfen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 2020 - V ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1022 Rn. 11 mwN). Entgegen der Ansicht der Revision spricht der Wortlaut der Beschlüsse nicht gegen eine Vergemeinschaftung. Zwar sollen danach „alle genannten Ansprüche“ zur „Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Rechte der Gemeinschaft“ übertragen werden, wodurch an die von den Wohnungseigentümern beschlossene gerichtliche Geltendmachung der „Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ angeknüpft wird. Es sollte aber erkennbar eine Inanspruchnahme der Beklagten wegen Altlasten aufgrund der Ansprüche der einzelnen Eigentümer aus den Erwerbsverträgen ermöglicht werden. Hätten die Wohnungseigentümer, wie die Revision meint, allein die gerichtliche Geltendmachung vermeintlich bestehender eigener Ansprüche der Klägerin beabsichtigt, wäre bereits eine gesonderte Beschlussfassung gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG aF nicht erforderlich gewesen; bezogen auf Ansprüche, für die eine geborene Ausübungskompetenz bestand, hätte es nicht der beschlossenen Übertragung der Ausübungsbefugnis bedurft. Ein solcher Sinngehalt kann den Beschlüssen bei nächstliegender Auslegung nicht beigemessen werden.
Rz. 24
c) Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin besteht auch nach der während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen Neuregelung der Ausübungsbefugnis der GdWE in § 9a Abs. 2 WEG fort.
Rz. 25
aa) Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I 2020 S. 2187), das gemäß Art. 18 Satz 1 WEMoG am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, ist die Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft in § 9a Abs. 2 WEG neu geregelt worden. Danach übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die Vorschrift ist an die Stelle des bis dahin geltenden § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG aF getreten. Mit ihr hat der Gesetzgeber das bisher geltende Konzept aufgegeben, das unterschieden hat zwischen der geborenen Ausübungs- bzw. Wahrnehmungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft und der gekorenen Ausübungs- bzw. Wahrnehmungsbefugnis, die einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraussetzt (Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, WuM 2021, 392 Rn. 6; BT-Drucks. 19/18791 S. 46).
Rz. 26
bb) Diese Gesetzesänderung führt nicht zu einem Entfallen der Prozessführungsbefugnis der Klägerin, ohne dass es auf die für Übergangsfälle aufgestellten Grundsätze ankommt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, WuM 2021, 392 Rn. 12 ff.). Ob und in welchem Umfang die oben dargelegten Grundsätze auch nach der in § 9a WEG erfolgten Neuregelung weiter anzuwenden sind, wird allerdings unterschiedlich beurteilt.
Rz. 27
(1) Nach verbreiteter Ansicht soll durch die Regelung in § 9a Abs. 2 WEG keine Veränderung der bisherigen Rechtslage eingetreten sein. Die Vorschrift stehe einer Vergemeinschaftung von Rechten des einzelnen Wohnungseigentümers gegen den Bauträger bzw. teilenden Eigentümer nicht entgegen; die Beschlusskompetenz hierfür ergebe sich aus § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 9a Rn. 124 und 135a; MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl., § 18 WEG nF Rn. 112; NK-BGB/Heinemann, 5. Aufl., § 9a WEG Rn. 35; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 3 Rn. 140; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 139 ff.; Weber in Würzburger Notarhandbuch, 6. Aufl., Teil 2 Kapitel 4 Rn. 122; Dötsch, WuM 2021, 545; Vogel, ZMR 2021, 181, 185; Jurgeleit, NJW 2022, 2641; so wohl auch Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl., § 9a WEG Rn. 10). Vereinzelt wird der Beschluss über die Vergemeinschaftung als ein Umstand angesehen, der die einheitliche Rechtsverfolgung im Sinne von § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG erforderlich macht (vgl. Häublein, ZWE 2020, 401, 408).
Rz. 28
(2) Nach anderer Auffassung ist eine Vergemeinschaftung etwaiger Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss nicht mit § 9a Abs. 2 WEG vereinbar. Da das Gesetz eine gekorene Ausübungskompetenz nicht mehr vorsehe, stehe die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vergemeinschaftung primärer Mängelrechte im Widerspruch zu der neuen gesetzlichen Konzeption und könne nicht ohne weiteres fortgelten (vgl. BeckOGK/Falkner, WEG [1.3.2022], § 9a Rn. 238; BeckOK WEG/Müller [1.3.2022], § 9a Rn. 150; Abramenko in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 9a Rn. 89; Kniffka/Jurgeleit/Pause/Vogel, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht [15.11.2021], § 650u BGB Rn. 60/1; kritisch auch BeckOK BGB/Zschieschack/Orthmann [1.2.2022], § 48 WEG Rn. 48; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 3 Rn. 140; Manteufel in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 435; Pause, NZBau 2021, 230, 232; Schultzky, MDR 2020, 1409, 1411; Zschieschack, NZM 2022, 32). Der Widerspruch sei durch Auslegung des § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG aufzulösen, für die verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden. Zum Teil wird angenommen, die Vorschrift erfasse grundsätzlich alle Mängelrechte (vgl. BeckOGK/Falkner, WEG [1.3.2022], § 9a Rn. 244, anders Rn. 192 f. aus materiellen Gründen zum Anspruch gemäß § 439 BGB; Abramenko in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 9a Rn. 93 zum Kaufrecht, ähnlich Rn. 89 zum Werkvertragsrecht, so wohl auch jurisPK-BGB/Lafontaine, 9. Aufl., § 9a WEG Rn. 188). In Betracht gezogen wird zudem eine gestufte Ausübungsbefugnis, die nur die primären Mängelrechte erfasse und die sekundären Mängelrechte (sog. kleiner Schadensersatz und Minderung) - nach einem Verzicht der GdWE auf die Nacherfüllung - bei dem jeweiligen Wohnungseigentümer belasse (vgl. Kniffka/Jurgeleit/Pause/Vogel, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht [15.11.2021], § 650u BGB Rn. 60/3; Pause, BauR 2022, 374, 385; differenzierend aber noch ders., NZBau 2021, 230, 232). Mitunter wird erwogen, die Ausübungsbefugnis allein auf die Entscheidung über den Verzicht auf die Nacherfüllung zu beschränken (vgl. Kniffka/Jurgeleit/Pause/Vogel, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht [15.11.2021], § 650u BGB Rn. 60/3).
Rz. 29
(3) Schließlich wird vereinzelt angenommen, dass zwar bei werkvertraglichen Nacherfüllungsansprüchen auch unter der Geltung des neuen Rechts eine Vergemeinschaftung möglich sei, nicht aber bei kaufvertraglichen Nacherfüllungsansprüchen. Es greife zu weit, den bezogen auf das Bauträgervertragsrecht geäußerten Willen des Gesetzgebers, dass trotz der Abschaffung der gekorenen Ausübungsbefugnis an den Grundsätzen zur Vergemeinschaftung von Mängelrechten nichts geändert werden solle, auf die kaufvertraglichen Mängelrechte auszudehnen (vgl. Müller in Hügel, Wohnungseigentum, 5. Aufl., § 3 Rn. 142 und Rn. 168).
Rz. 30
(4) Vorzugswürdig ist die erste Ansicht. Die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; die Kompetenz für einen solchen Beschluss folgt aus § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Ob ein entsprechender Anspruch - wie hier - auf die kaufvertragliche Nachbesserungspflicht (§ 439 Abs. 1 BGB) gestützt wird oder sich aus dem Werkvertragsrecht ergibt, spielt hierfür keine Rolle.
Rz. 31
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand bereits vor der Normierung der Ausübungsbefugnis in § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG aF durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl I S. 370) eine aus § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG aF abgeleitete Beschlusskompetenz, nach der die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss auf die dann allein zuständige GdWE übertragen werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20 f. mwN). Dieser Rechtsprechung lag zugrunde, dass sich derartige Ansprüche sachlich auf die Instandsetzung des allen Miteigentümern der Gemeinschaft zustehenden Eigentums gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG aF bezogen, so dass die Entscheidung über ihre Geltendmachung und prozessuale Durchsetzung als Verwaltungshandlung über das gemeinsame Eigentum den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustand (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 1971 - V ZR 65/69, MDR 1971, 739; BGH, Urteil vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 262; Urteil vom 4. Juni 1981 - VII ZR 9/80, BGHZ 81, 35, 38). Die Befugnis der GdWE überlagerte in derartigen Konstellationen die individuelle Rechtsverfolgungskompetenz des Einzelnen. Die der Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft korrespondierende Einschränkung des einzelnen Wohnungseigentümers in der Ausübung seiner vertraglichen Rechte war dem jeweiligen Vertrag immanent (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 9). Mit dieser inhaltlichen Beschränkung wurde das Vertragsverhältnis bereits begründet (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, aaO Rn. 22).
Rz. 32
(b) Der Gesetzgeber hat die Ausübungsbefugnis erstmals in § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG aF geregelt. Eine gekorene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft sollte insbesondere - aber nicht ausschließlich - für solche Ansprüche bestehen, die bis dahin von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer aufgrund eines entsprechenden Mehrheitsbeschlusses geltend gemacht werden konnten, ihr aber nicht aufgrund einer Verwaltungszuständigkeit der Wohnungseigentümer ausschließlich zustanden (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 61). Der gesetzlichen Regelung kam hinsichtlich der den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums lediglich eine klarstellende Bedeutung zu, wohingegen sie in anderen Bereichen erstmals eine Beschlusskompetenz begründete (vgl. etwa Senat, Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18, WuM 2019, 403 Rn. 11 ff.). Der Senat hat dem dadurch Rechnung getragen, dass er die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche fortan nicht mehr allein auf die Verwaltungszuständigkeit der Gemeinschaft, sondern auf § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG aF gestützt hat (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 7; Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 258/18, ZfIR 2020, 98 Rn. 7 f.).
Rz. 33
(c) Die Neuregelung der Ausübungsbefugnis in § 9a Abs. 2 WEG hat die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer unberührt gelassen.
Rz. 34
(aa) Die Vorschrift erfasst jedenfalls die primären Mängelrechte der Wohnungseigentümer nicht. Die Ansprüche ergeben sich nicht aus dem gemeinschaftlichen Eigentum im Sinne von § 9a Abs. 2 Fall 1 WEG, sondern aus dem jeweiligen Erwerbsvertrag. Sie erfordern auch keine einheitliche Rechtsverfolgung nach § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG. Mit dem Merkmal der Erforderlichkeit der einheitlichen Rechtsverfolgung wollte der Gesetzgeber sich an die Rechtsprechung des Senats zur Gemeinschaftsbezogenheit gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF anlehnen; sie kann im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus Gründen des Schuldnerschutzes bestehen (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 46). Bei der Annahme der Erforderlichkeit ist Zurückhaltung geboten. Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis kraft Gesetzes stellt jedenfalls bei vertraglich begründeten Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können. Auch als Mitglied einer GdWE können dem Wohnungseigentümer diese Befugnisse gegen seinen Willen nicht ohne weiteres entzogen werden (Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14, ZfIR 2015, 801 Rn. 12). Hieran gemessen „erfordert“ die Durchsetzung der Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche aus den Erwerbsverträgen der einzelnen Wohnungseigentümer nicht zwingend eine einheitliche Rechtsverfolgung, wenn diese Ansprüche - wie hier - jeweils in vollem Umfang auf Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum und damit auf das gleiche Ziel gerichtet sind. Denn der Wohnungseigentümer, der selbständig die Mängelbeseitigung gegen den Veräußerer verfolgt, handelt grundsätzlich auch im wohlverstandenen Interesse aller anderen Wohnungseigentümer (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 264), und er darf seine vertraglichen Rechte im Grundsatz selbst wahrnehmen.
Rz. 35
(bb) Eine Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer wird durch § 9a Abs. 2 WEG andererseits auch nicht ausgeschlossen. Der Wortlaut der Vorschrift steht dem nicht entgegen (vgl. BeckOGK/Falkner, WEG [1.3.2022], § 9a Rn. 240). Die Beschlusskompetenz der GdWE ergibt sich in der Sache unverändert aufgrund der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum (§ 18 Abs. 1 WEG) sowie der in § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung. Hierfür spricht zudem der in der Gesetzesbegründung zuletzt zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bauträgerrecht beizubehalten (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 46), nach der eine Vergemeinschaftung von werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen möglich war. Entsprechendes muss für die Vergemeinschaftung von kaufrechtlichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen gelten. Die weitere Äußerung in der Begründung, auf der Grundlage des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF gefasste Beschlüsse verlören nach allgemeinen Grundsätzen mit Inkrafttreten der Neuregelung ihre Wirkung (BT-Drucks. 19/18791 S. 47), bezieht sich erkennbar nicht auf den zuvor angesprochenen Ausnahmefall. Nur diese Sichtweise trägt der nach der Gesetzesänderung unveränderten Interessenlage der Wohnungseigentümer hinreichend Rechnung. Dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nunmehr der GdWE obliegt, hat nichts daran geändert, dass es Sache der Wohnungseigentümer ist, in der Eigentümerversammlung darüber zu befinden, auf welche Weise Mängel am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen sind (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 10). Ordnungsmäßiger Verwaltung wird es auch weiterhin in aller Regel entsprechen, einen gemeinschaftlichen Willen darüber zu bilden, wie die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 20) und ggf. welche vertraglichen Ansprüche geltend gemacht werden sollen (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 2019 - V ZR 258/18, ZfIR 2020, 98 Rn. 10). Ein Bedürfnis zur Vergemeinschaftung besteht zudem dann, wenn nur einzelnen Wohnungseigentümern durchsetzbare Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche zustehen, diese aber zu einer gerichtlichen Geltendmachung nicht willens oder in der Lage sind.
Rz. 36
(cc) Ein solches Verständnis des § 9a Abs. 2 WEG unterläuft auch nicht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Zuordnung von Rechten und Pflichten (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 47). Die Beschlusskompetenz, die sich aus der Verwaltungskompetenz der GdWE für das gemeinschaftliche Eigentum gemäß § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG ableitet, kommt nur bei Individualansprüchen aus den Erwerbsverträgen wegen Mängeln an dem Gemeinschaftseigentum in Betracht. In anderen Bereichen ist - anders als nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF - eine Vergemeinschaftung nicht mehr vorgesehen.
Rz. 37
(dd) Soweit schließlich vereinzelt angenommen wird, dass bei kaufrechtlichen Nacherfüllungsansprüchen weder eine Beschlusskompetenz zur Vergemeinschaftung noch eine geborene Ausübungsbefugnis anzunehmen sei (vgl. oben Rn. 29), findet eine unterschiedliche Beurteilung der Befugnisse der GdWE danach, ob sich die Ansprüche nach Kauf- oder Werkvertragsrecht richten, im Gesetz keine Stütze; für eine solche Differenzierung der auf das gleiche Ziel gerichteten Ansprüche besteht wie schon nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG aF (s.o. Rn. 22) jedenfalls dann kein Anlass, wenn - wie hier - gleichgerichtete Ansprüche mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer bestehen.
Rz. 38
3. In der Sache trägt die von dem Berufungsgericht gegebene Begründung die Verurteilung der Beklagten zur Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB nicht.
Rz. 39
a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich das Vorliegen eines Sachmangels nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung richtet. Nach dieser Vorschrift, die nach Art. 229 § 58 EGBGB noch anwendbar ist, ist die Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die genannten Merkmale der Sache (Verwendungseignung und übliche Beschaffenheit) müssen kumulativ vorliegen, damit die Sache mangelfrei ist (Senat, Urteil vom 30. November 2012 - V ZR 25/12, ZfIR 2013, 287 Rn. 13).
Rz. 40
b) Von Rechts wegen nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass das Grundstück wegen des Vorfindens einer aufgefüllten Kiesgrube und eines hierdurch begründeten Altlastenverdachts einen Mangel in diesem Sinne aufwies bzw. aufweist.
Rz. 41
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein offenbarungspflichtiger Sachmangel bereits dann gegeben, wenn ein Altlastenverdacht besteht. Ein altlastenverdächtiges Grundstück weist unabhängig von dem mit dem Kauf verfolgten Zweck in aller Regel schon wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme und wegen der mit einem Altlastenverdacht verbundenen Wertminderung nicht die übliche Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aF auf (Senat, Urteil vom 21. Juli 2017 - V ZR 250/15, ZfIR 2018, 55 Rn. 6; Urteil vom 8. Juli 2016 - V ZR 35/15, ZfIR 2016, 783 Rn. 11).
Rz. 42
bb) Hier bestand objektiv ein Altlastenverdacht bereits aufgrund des Vorfindens einer aufgefüllten Kiesgrube. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sind im Stadtgebiet von München bei einer Vielzahl von Altbauten verfüllte Kiesgruben vorhanden, deren Kiese zur Errichtung der Bauwerke verwendet wurden. Solche Kiesentnahmestellen wurden vor allem mit Asche- und Koksrückständen aus den damals vorhandenen zentralen Koksheizungen sowie mit Ziegelschutt, Rottlage und sonstigem Schutt aufgefüllt. Die Asche- und Koksreste enthalten häufig die auch hier aufgefundenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Ausweislich der von dem Berufungsgericht einbezogenen amtlichen Auskunft der Landeshauptstadt München handelt es sich bei verfüllten Kiesgruben grundsätzlich um altlastverdächtige Flächen, die deshalb in der Regel in das Altlastenkataster des Landesamt für Umwelt aufgenommen werden.
Rz. 43
c) Die von dem Verkäufer wegen eines Altlastenverdachts gemäß § 439 Abs. 1 BGB geschuldete Nachbesserung umfasst allerdings zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Ein Altlastenverdacht rechtfertigt hingegen nicht die Sanierung des Grundstücks, zu der die Beklagte von dem Berufungsgericht verurteilt worden ist (vgl. BeckOGK/Höpfner, BGB [1.5.2022], § 439 Rn. 91; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 81. Aufl., § 434 Rn. 45). Die Beseitigung von Altlasten kann der Käufer erst dann verlangen, wenn sich der Verdacht bestätigt; erweist sich der Verdacht dagegen als unbegründet, ist ein weitergehender Nacherfüllungsanspruch ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1988 - VIII ZR 247/87, NJW 1989, 218, 220 zur Wandlung).
Rz. 44
d) Entscheidend ist deshalb, ob über den Altlastenverdacht hinaus eine tatsächliche Bodenbelastung in einem Umfang vorliegt, der die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Verurteilung zur Sanierung trägt. Hiervon kann - wie die Revision zu Recht rügt - auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden.
Rz. 45
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats, auf die sich auch das Berufungsgericht stützt, gehört zur üblichen Beschaffenheit eines Grundstücks nach § 434 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB aF die Freiheit von nicht nur unerheblichen Kontaminationen, die ein Käufer in der Regel ohne weiteres nicht hinzunehmen bereit ist (vgl. Senat, Urteil vom 30. November 2012 - V ZR 25/12, ZfIR 2013, 287 Rn. 15). Wann die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist, lässt sich nicht mathematisch exakt bestimmen. Haben die Vertragsparteien im Hinblick auf Altlasten keine bestimmte Beschaffenheit vereinbart, kann zur Konkretisierung auf die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zurückgegriffen werden. Eine von der üblichen Beschaffenheit abweichende Belastung eines Grundstücks mit Schadstoffen ist deshalb jedenfalls dann anzunehmen, wenn nach öffentlich-rechtlichen Kriterien eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes vorliegt (§ 2 Abs. 3 bzw. Abs. 5 BBodSchG). Eine solche Beschaffenheit des Grundstücks ist ein Käufer nicht nur wegen der mit der Kontamination verbundenen Gefahren und der Minderung des Grundstückswerts, sondern auch wegen des Risikos der öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme (§ 4 Abs. 3 BBodSchG) in der Regel nicht bereit hinzunehmen. Frei von Rechtsfehlern nimmt das Berufungsgericht insoweit an, dass zu der Beurteilung, ob eine Belastung des Grundstücks mit Schadstoffen einen Sachmangel darstellt, die zur behördlichen Gefährdungsabschätzung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BBodSchG maßgeblichen Prüf- und Maßnahmenwerte herangezogen werden können (vgl. NK-BGB/Thau, 4. Aufl., Anh. I zu §§ 433-480 Rn. 132; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 9. Aufl., Rn. 3843; Hünert, Rechte des Käufers eines mit Altlasten kontaminierten Grundstücks [2004], S. 47; Kothe, ZfIR 2001, 169, 171; Schmidt, ZfIR 2022, 87).
Rz. 46
(1) Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBodSchG sind Prüfwerte solche Werte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Ihr Überschreiten erhärtet einen bisher lediglich allgemein bestehenden Verdacht, rechtfertigt aber nicht bereits die Annahme einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast. Zur abschließenden Gefährdungsabschätzung ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554) grundsätzlich eine Detailuntersuchung erforderlich, die der Feststellung von Menge und räumlicher Verteilung von Schadstoffen, ihrer mobilen oder mobilisierbaren Anteile, ihrer Ausbreitungsmöglichkeiten in Boden, Gewässer und Luft sowie der Möglichkeit ihrer Aufnahme durch Menschen, Tiere und Pflanzen dient (§ 2 Nr. 4 BBodSchV). Dementsprechend lässt sich ein über einen Altlastenverdacht hinausgehender Sachmangel nach § 434 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB aF aufgrund der Belastung des Grundstücks mit Schadstoffen durch das Überschreiten von Prüfwerten nicht begründen. Liegen der Gehalt oder die Konzentration eines Schadstoffes hingegen unterhalb des jeweiligen Prüfwertes, ist insoweit der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BBodSchV ausgeräumt. In diesem Fall weist das Grundstück regelmäßig auch die übliche Beschaffenheit auf (vgl. Müggenborg, NJW 2005, 2810, 2811).
Rz. 47
(2) Maßnahmenwerte sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBodSchG dagegen solche Werte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der jeweiligen Bodennutzung in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auszugehen ist. Sie kennzeichnen die Gefahrenschwelle, bei deren Überschreiten im Regelfall Sanierungs-, Schutz- oder Beschränkungsmaßnahmen ausgelöst werden (vgl. Landmann/Rohmer/Dombert, UmweltR [Dezember 2021], § 8 BBodSchG Rn. 13; BeckOK UmweltR/Ginzky [1.7.2020], § 8 BBodSchG Rn. 6). Wird die Gefahrenschwelle überschritten, ist regelmäßig auch eine Abweichung des Grundstücks von der üblichen Beschaffenheit anzunehmen (vgl. NK-BGB/Thau, 4. Aufl., Anh. I zu §§ 433-480 Rn. 132).
Rz. 48
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze findet die Annahme eines Sachmangels aufgrund der Belastung des Grundstücks mit BaP in den bislang getroffenen Feststellungen keine ausreichende Grundlage.
Rz. 49
(1) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Sachmangel nach § 434 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB aF allerdings nicht bereits deshalb von vorneherein ausgeschlossen, weil das Berufungsgericht eine Überschreitung der in Tabelle 2 Anhang 2 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 aufgeführten Prüfwerte für BaP nicht festgestellt hat. Zwar weist ein Grundstück unter Berücksichtigung der in § 4 Abs. 2 Satz 1 BBodSchV enthaltenen Wertung die übliche Beschaffenheit auf, wenn der Gehalt oder die Konzentration eines Schadstoffes unterhalb des jeweiligen Prüfwertes liegen. Richtig ist auch, dass in der Tabelle für BaP Prüfwerte von 2 mg/kg für Kinderspielflächen bzw. von 4 mg/kg für Wohngebiete festgelegt sind. Das Berufungsgericht legt seiner Beurteilung aber ohne Rechtsfehler einen niedrigeren Prüfwert von lediglich 0,5 mg/kg zugrunde; dieser Wert ist sowohl im Innenhof als auch in dem südlichen Außenbereich überschritten.
Rz. 50
(a) Die in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung festgelegten Prüfwerte sollen die Belastungsschwelle definieren, deren Überschreiten das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast signalisiert und die Notwendigkeit einer einzelfallbezogenen Prüfung indiziert (vgl. Landmann/Rohmer/Dombert, UmweltR [Dezember 2021], § 8 BBodSchG Rn. 10; BeckOK UmweltR/Ginzky [1.7.2020], § 8 BBodSchG Rn. 5). Der Verordnungsgeber ist aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Erkenntnisse davon ausgegangen, dass unterhalb der Prüfwerte eine Gefahr für die menschliche Gesundheit ausgeschlossen werden kann und daher gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 BBodSchV insoweit bei vorhandenen Bodenbelastungen kein Handlungsbedarf besteht (vgl. BT-Drucks. 13/6701 S. 24). Die festgelegten Prüfwerte stellen aber keine Grenzwerte im Sinne verbindlich festgelegter Höchstwerte von Schadstoffkonzentrationen dar, sondern sind lediglich Beurteilungshilfen für die Gefährdungsabschätzung und dienen der Entscheidung über weitere Sachverhaltsermittlungen (vgl. Landmann/Rohmer/Dombert, UmweltR [Dezember 2021], § 8 BBodSchG Rn. 11).
Rz. 51
(b) Aufgrund der lediglich indiziellen Bedeutung der festgelegten Prüfwerte kann der Tatrichter bei seiner Beurteilung, ob mangels Überschreitens der Prüfwerte ein Sachmangel des Grundstücks bereits ausgeschlossen ist, von dem durch die Werte vorgegebenen Regelfall abweichen, wenn dies besondere Umstände gebieten. Derartige Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn sich die mit der Festsetzung des Prüfwerts verbundene Annahme, eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit sei unterhalb eines bestimmten Wertes ausgeschlossen, nachträglich als unzutreffend erweist und stattdessen niedrigere Prüfwerte wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen.
Rz. 52
(c) Frei von Rechtsfehlern geht das Berufungsgericht von solchen Umständen aus. Es verweist darauf, dass es sich bei dem im Boden des Grundstücks festgestellten Schadstoff BaP um eine Einzelsubstanz der regelmäßig als Stoffgemisch vorkommenden Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) handelt. Wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, enthält die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 Prüfwerte lediglich für die Einzelsubstanz, weil das Stoffgemisch zum Zeitpunkt der Festlegung im Jahr 1999 noch nicht bewertbar war. Stattdessen wurden Prüfwerte für die Einzelsubstanz abgeleitet in der Annahme, dass mit der Regelung auch die PAK insgesamt ausreichend geregelt wären (vgl. BT-Drucks. 19/29636 S. 289). Erst im Anschluss an die Festlegung der Prüfwerte für BaP wurden im Auftrag des Bundesumweltamtes auf der Grundlage der Auswertung von PAK-Profilen kontaminierter Böden Prüfwertvorschläge abgeleitet, welche die schädliche Wirkung typischer PAK-Gemische berücksichtigen und für BaP als Leitsubstanz insgesamt niedrigere Prüfwerte und für Kinderspielflächen und Wohngebiete einheitlich einen Wert von 0,5 mg/kg vorsehen. Dies entspricht auch dem von dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelrecht (München) für verbindlich erklärten Prüfwert; hierauf stützt sich das Berufungsgericht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass es auf der Grundlage der von der Beklagten eingereichten gutachterlichen Stellungnahmen vom 30. April 2013 und 3. Mai 2013 einen Wert von 0,5 mg/kg herangezogen hat. Wegen der festgestellten Überschreitungen dieses Wertes kann eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit und der Verdacht des Vorliegens einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast nicht ausgeschlossen werden.
Rz. 53
(2) Die Revision rügt dagegen zu Recht, dass die vom Berufungsgericht zur Begründung des Sachmangels herangezogenen gutachterlichen Stellungnahmen vom 30. April 2013 und 3. Mai 2013 allein auf den festgestellten Überschreitungen des (auf 0,5 mg/kg verminderten) Prüfwerts beruhen. Die Überschreitung von Prüfwerten begründet - anders als das Berufungsgericht meint - keinen über den Altlastenverdacht hinausgehenden Sachmangel, sondern erhärtet lediglich einen bereits bestehenden (allgemeinen) Verdacht (vgl. Rn. 46). Dass im Innenhof und im südlichen Außenbereich des Grundstücks auch Maßnahmenwerte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBodSchG überschritten werden, steht dagegen nicht fest.
Rz. 54
(a) Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 enthält weder für die Einzelsubstanz BaP noch für PAK-Gemische einzelne Maßnahmenwerte. Die aufgrund der fehlenden Festsetzung bestehende Regelungslücke ist nach § 4 Abs. 5 Satz 1 BBodSchV zu schließen. Danach sind, wenn für einen Schadstoff die Festsetzung von Prüf- oder Maßnahmenwerten fehlt, für dessen Bewertung die zur Ableitung der entsprechenden Werte in Anhang 2 der Verordnung herangezogenen Methoden und Maßstäbe - veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 161a vom 28. August 1999 - zu beachten. Diese sollen dazu dienen, eine sachgerechte und einheitliche Anwendung der Prüf- und Maßnahmenwerte mit dem Ziel gleichwertiger Einzelfallentscheidung sicher zu stellen (vgl. Landmann/Rohmer/Dombert, UmweltR [Dezember 2021], § 8 BBodSchG Rn. 16). Es hat die bei einer Überschreitung von Prüfwerten nach § 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV grundsätzlich erforderliche Detailuntersuchung zu erfolgen. Auf dieser Grundlage ist im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen, ob die Bodenbelastung das Ergreifen bestimmter Sanierungsmaßnahmen erfordert.
Rz. 55
(b) Nach der vom Berufungsgericht zur Begründung des Sachmangels herangezogenen gutachterlichen Stellungnahme vom 30. April 2013 wurde von der Detailuntersuchung wegen des ursprünglich geplanten Baus einer Tiefgarage im Innenhof jedoch insgesamt abgesehen (§ 3 Abs. 5 Satz 2 BBodSchV); es fand weder eine Bestimmung von einzelfallbezogenen Maßnahmenwerten nach den oben genannten Grundsätzen statt noch wurde eine abschließende Gefährdungsabschätzung vorgenommen. Deshalb findet die Annahme des Berufungsgerichts, dass nach den von der Beklagten veranlassten (vorläufigen) Sicherungsmaßnahmen weitere Kontaminationen bestünden und ein Bodenaustausch in tieferen Schichten erforderlich sei, in der gutachterlichen Stellungnahme vom 30. April 2013 keine ausreichende Grundlage. Der Gutachter beschränkte sich bei seiner Bewertung allein auf den Vorschlag partieller Sicherungsmaßnahmen in den oberen Schichten, weil er davon ausging, dass die Auffüllung des Bodens im Zuge der Errichtung der Tiefgarage entfernt würde und daher ein Sicherungsbedürfnis nur für kurze Zeit bestünde. Insoweit wurde zur vorläufigen Sicherung einzelner Bereiche des Innenhofs der Prüfwert (vorläufig) dem Maßnahmenwert gleichgestellt. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der gesamte aufgefüllte Boden in einem Maße belastet ist, dass die Auffüllung auch in tieferen Schichten ausgetauscht werden muss; solche Maßnahmen hat der Gutachter nicht vorgegeben.
Rz. 56
C. Anschlussrevision der Klägerin
Rz. 57
Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
Rz. 58
I. Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin ist durch das Berufungsurteil beschwert (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Urteil vom 22. Januar 2021 - V ZR 12/19, NJW-RR 2021, 401 Rn. 53 mwN), soweit der Hauptantrag vollständig und der Hilfsantrag teilweise abgewiesen worden ist. Beide Anträge betreffen zudem einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. zu dieser Voraussetzung BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - III ZR 109/17, NJW-RR 2019, 428 Rn. 19 mwN).
Rz. 59
II. Die Anschlussrevision ist unbegründet, soweit die Klägerin den Hauptantrag weiterverfolgt. Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass dieser Feststellungsantrag bereits unzulässig ist.
Rz. 60
1. Die Klägerin kann nicht die Feststellung verlangen, dass sie nach ihrer Wahl Nacherfüllung, Minderung oder sog. kleinen Schadensersatz verlangen kann. Da der Klageantrag verschiedene, einander ausschließende Klagebegehren enthält, die nur alternativ geltend gemacht werden können, sind die verschiedenen prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) in ein Eventualverhältnis zu stellen, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2022 - VI ZR 804/20, juris Rn. 12 mwN). Dies gilt auch bei einer Feststellungsklage (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1989 - IX ZR 180/88, NJW-RR 1990, 122).
Rz. 61
2. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist die Feststellungsklage auch nicht mit dem Inhalt zulässig, dass die Klägerin lediglich eine Feststellung begehrt, dass die gemeinsamen Voraussetzungen der in dem Klageantrag aufgeführten Ansprüche bzw. Rechte vorlagen.
Rz. 62
a) Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO kann nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, d.h. der aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen; nicht zulässig ist eine Feststellung zur Klärung einzelner Vorfragen, zur Klärung der Elemente eines Rechtsverhältnisses oder zur Klärung der Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht (Senat, Urteil vom 13. Mai 2016 - V ZR 152/15, WuM 2016, 577 Rn. 23 mwN). Einer gerichtlichen Feststellung fähig sind aber einzelne Rechte, Pflichten oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie Inhalt und Umfang einer Leistungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 353/12, NJW-RR 2015, 398 Rn. 17 mwN).
Rz. 63
b) Daran gemessen ist der Antrag auch mit dem von der Anschlussrevision zugrunde gelegten Verständnis unzulässig. Die beantragte Feststellung zielt nicht auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Der Klägerin geht es vielmehr um die gerichtliche Klärung, ob ein Sachmangel nach § 434 BGB vorliegt, für den die Beklagte einzustehen hat, weil sie sich nach § 444 BGB nicht auf den Haftungsausschluss berufen kann. Dabei handelt es sich allerdings um Voraussetzungen, die in jedem Fall vorliegen müssen, um die in § 437 BGB aufgeführten Mangelrechte auszuüben, und damit um Elemente der aus dem Rechtsverhältnis hervorgehenden Rechte.
Rz. 64
III. Soweit sich die Klägerin gegen die teilweise Abweisung des Hilfsantrags wendet, wird die Anschlussrevision mit der Aufhebung des Ausspruchs über den Hilfsantrag gegenstandslos. Da sie nur gegen die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Beseitigungspflicht auf einzelne Schadstoffe in einer bestimmten Konzentration (0,5 mg/kg BaP) gerichtet ist, steht sie (unausgesprochen) unter der innerprozessualen Bedingung, dass die Revision der Beklagten keinen Erfolg hat. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
D.
Rz. 65
Das Berufungsurteil ist daher bezogen auf die Verurteilung der Beklagten nach dem Hilfsantrag aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist insoweit nicht zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Deshalb ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Rz. 66
I. Der Hilfsantrag ist nicht abweisungsreif.
Rz. 67
1. Der in den Kaufverträgen vereinbarte Haftungsausschluss steht dem von der Klägerin geltend gemachten Nacherfüllungsanspruch nicht entgegen.
Rz. 68
a) Nach § 444 BGB darf sich der Verkäufer auf einen in dem Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Arglistig i.S.v. § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 25. Januar 2019 - V ZR 38/18, WM 2019, 2206 Rn. 22).
Rz. 69
b) aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte aufgrund des am 7. März 2013 bei dem Zeugen W. zugegangenen Nachtragsangebots der Firma T. Kenntnis davon, dass es sich bei den untersuchten Böden um eine aufgefüllte Kiesgrube handelte. Da in dem Angebot unter anderem Bodenanalysen auf Schadstoffe für erforderlich gehalten wurden, hatte die Beklagte nach der von Rechts wegen nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts auch Kenntnis von einem Altlastenverdacht. Dass der Zeuge W. die Beklagte nicht nur intern beraten hat, sondern - was das Berufungsgericht unausgesprochen zugrunde legt - als deren Wissensvertreter anzusehen ist (vgl. zu den Voraussetzungen hierfür Senat, Urteil vom 19. März 2021 - V ZR 158/19, NJW-RR 2021, 1068 Rn. 19 mwN), ergibt sich jedenfalls aus den weiteren Feststellungen und den vom Berufungsgericht konkret in Bezug genommenen Anlagen. Danach hat der Zeuge als technischer Mitarbeiter eines Tochterunternehmens der Beklagten für das Grundstück u.a. die Baugrunduntersuchung in Auftrag gegeben sowie die Beklagte bei Ortsterminen und gegenüber der Landeshauptstadt München repräsentiert.
Rz. 70
bb) Auf dieser Grundlage handelte die Beklagte gegenüber den Käufern, mit denen sie nach dem am 7. März 2013 erfolgten Zugang des Nachtragsangebots der Firma T. Kaufverträge geschlossen hat, ohne auf die Altlastenproblematik hinzuweisen, arglistig. Dies betrifft jedenfalls die in der Zeit vom 18. März bis zum 27. März 2013 abgeschlossenen Kaufverträge. Ob dies auch für den Kaufvertrag vom 7. März 2013 gilt, ist zwar offen, da nicht festgestellt ist, ob bei Abschluss dieses Vertrages das Nachtragsangebot bereits vorlag. Darauf kommt es aber nicht an, da die Vergemeinschaftung der Ansprüche der übrigen Erwerber für die Anspruchsberechtigung der Klägerin genügt. In Kenntnis des Gefahrenverdachts nahm die Beklagte zugleich in Kauf, dass das Grundstück tatsächlich in einem nicht unerheblichen Umfang mit Schadstoffen belastet war.
Rz. 71
Verschweigt nämlich der Verkäufer arglistig einen ihm bekannten Altlastenverdacht und bestätigt sich später der Verdacht, handelt er in aller Regel - und so auch hier - auch im Hinblick auf die tatsächlich vorhandenen Altlasten arglistig. Im Kern handelt es sich nämlich um denselben Mangel. Hiervon ist der Senat im Zusammenhang mit der Berechnung des merkantilen Minderwerts im Falle des Verschweigens eines Altlastenverdachts ausgegangen. Der Minderwert erschöpft sich nicht zwingend in dem Betrag, um den der Wert der Grundstücke wegen des bestehenden Altlastenverdachts gemindert ist. Beweist der Käufer, dass die Grundstücke tatsächlich kontaminiert sind, so ist vielmehr diese Kontamination in die Berechnung des Minderwerts einzustellen. Die Haftung des Verkäufers für den Sachmangel, der sich aus einer früheren gefahrenträchtigen Nutzung eines Grundstücks ergibt, die einen Altlastenverdacht begründet, erfasst auch die Folgen des Verdachts, der sich realisiert (Senat, Urteil vom 21. Juni 2017 - V ZR 250/15, NJW 2018, 389 Rn. 25). Diese Überlegungen gelten bei einem Anspruch auf Nacherfüllung entsprechend. Soweit das Urteil des Senats vom 8. Juli 2016 (V ZR 35/15, NJW-RR 2017, 468 Rn. 6) anders verstanden werden könnte, hält der Senat hieran nicht fest.
Rz. 72
c) In den ab dem 29. Mai 2013 geschlossenen Kaufverträgen hat die Beklagte zwar auf die Altlastenproblematik hingewiesen. Auch insoweit bejaht das Berufungsgericht das Vorliegen der Arglist aber zu Recht. Wenn dem Verkäufer offenbarungspflichtige Tatsachen bekannt sind, ist ein arglistiges Verschweigen auch dann gegeben, wenn der wahre Umfang der aufklärungspflichtigen Tatsache nicht angegeben, sondern bagatellisiert wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 - VIII ZR 345/85, NJW-RR 1987, 436, 437). So liegt es hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen. Das betrifft zunächst den Außenbereich, der weder in den Kaufverträgen noch in der Altlastenauskunft des RGU vom 21. Mai 2013 erwähnt wurde, obwohl in diesem Bereich Werte festgestellt wurden, die zum Teil über dem Prüfwert der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung lagen; weitere Maßnahmen unterblieben nur deshalb, weil die Fläche durch einen Zaun vor dem Zutritt geschützt war und bei gärtnerischen Pflegearbeiten besondere Vorsichtsmaßnahmen zu beachten waren. Das hätte unabhängig von der Einschätzung der Behörde offenbart werden müssen. Auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts betreffend die Belastung im Innenhof weisen keine Rechtsfehler auf. In der Altlastenerklärung der Beklagten wird der ihr bekannte Umfang der Bodenbelastung nicht offenbart, sondern lediglich auf die Altlastenauskunft des RGU Bezug genommen. Aus dieser ergibt sich aber nur ein insgesamt allgemein gehaltener Verdacht. Durch die Bezugnahme auf die Oberbodenuntersuchung in der Auskunft und die vertragliche Übernahme des behördlich angeordneten Austauschs nur des Oberbodens durch die Beklagte wird der Eindruck erweckt, dass die Altlastenproblematik durch die von der Beklagten übernommenen Sicherungsmaßnahmen gelöst würde und lediglich ein Restrisiko verbleibe. Dass die tiefer gelegenen Bodenschichten das eigentliche - nicht geklärte - Problem darstellten, deren Untersuchung nur im Hinblick auf die ursprünglich geplante Tiefgarage unterblieben ist, wird gerade nicht offenbart.
Rz. 73
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Anspruch gemäß § 439 Abs. 1 BGB bei dem Kauf einer gebrauchten Eigentumswohnung und Mängeln des Gemeinschaftseigentums auf volle - hier von der Klägerin verlangte - Nacherfüllung gerichtet, wovon das Berufungsgericht ausgeht. Es besteht nicht lediglich ein auf die Quote des Miteigentumsanteils beschränkter Anspruch auf Freistellung von Mängelbeseitigungskosten.
Rz. 74
a) Höchstrichterlich entschieden ist die Frage allerdings noch nicht (vgl. zum Streitstand die Nachweise in Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 44). Der Senat hat sich aber bereits mit der vergleichbaren Problematik befasst, welchen Inhalt und Umfang der Anspruch auf Nacherfüllung bei dem Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück hat. Hierzu hat er entschieden, dass dem Käufer ein voller Nachbesserungsanspruch nach § 439 Abs. 1 BGB zusteht, weil es sich nicht um einen Rechtskauf, sondern um einen Sachkauf handelt (vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 45 ff.). Das gilt gleichermaßen für den Kauf einer Eigentumswohnung. Denn Bezugspunkt des Nacherfüllungsanspruchs bei dem Kauf einer Eigentumswohnung, dessen Kaufgegenstand nach § 1 Abs. 2 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit einem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Grundstück darstellt, ist hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums nicht der Miteigentumsanteil als dingliche Rechtsposition, sondern das (bebaute) Grundstück (vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, aaO Rn. 48 mwN). Demgemäß hat auch der Käufer einer gebrauchten Eigentumswohnung nach § 439 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf volle Nacherfüllung in Bezug auf Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums und nicht nur einen auf die Quote des Miteigentumsanteils beschränkten Anspruch auf Freistellung von den Mängelbeseitigungskosten.
Rz. 75
b) Anders als die Beklagte meint, ist ihr eine Nacherfüllung nicht wegen einer fehlenden Bereitschaft der Wohnungseigentümer, der Beklagten als Verkäuferin das Grundstück zur Durchführung der Nachbesserung zur Verfügung zu stellen, unmöglich. Die Vergemeinschaftungsbeschlüsse zeigen gerade, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer die Nacherfüllung wünscht. Eine ganz andere Frage ist es, ob der Nacherfüllungsanspruch im Hinblick auf das anwaltlichen Schreiben vom 23. September 2014, auf das sich die Beklagte zum Beleg für die Unmöglichkeit beruft, ausgeschlossen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. In dem Schreiben wird lediglich eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt und bei einem ergebnislosen Verstreichen der Frist die Nacherfüllung abgelehnt. Nach § 281 Abs. 4 BGB ist der Anspruch auf die Primärleistung aber erst mit einem Schadensersatzverlangen ausgeschlossen, an dem es hier fehlt. Im Unterschied zur alten Rechtslage entfällt der Anspruch des Gläubigers auf die (Primär-)Leistung nicht bereits mit fruchtlosem Ablauf der Nachfrist (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. November 2017 - IX ZR 305/16, NJW 2018, 786 Rn. 10).
Rz. 76
c) Ob und unter welchen Voraussetzungen dem Verkäufer - hier der Beklagten - gegen diejenigen Käufer, denen er nicht die Verschaffung einer mangelfreien Sache schuldet, weil schon keine vertraglichen Beziehungen bestehen oder es bei dem vereinbarten Haftungsausschluss mangels Arglist verbleibt, unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen Bereicherungsansprüche zustehen können, bedarf keiner Entscheidung (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14, NJW 2015, 2874 Rn. 24).
Rz. 77
3. Schließlich kann der Hilfsantrag auch nicht deshalb abgewiesen werden, weil er auf ein zu weitreichendes Ziel, nämlich eine Sanierung gerichtet ist, obwohl derzeit nur eine Gefahrerforschung verlangt werden kann. Zu diesem erstmalig von dem Senat hervorgehobenen Gesichtspunkt muss den Parteien zur Wahrung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und die Möglichkeit eingeräumt werden, ggf. die Anträge umzustellen sowie ergänzend Beweis anzubieten.
Rz. 78
II. Sollte das Berufungsgericht zu einer erneuten Verurteilung der Beklagten gelangen, weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 79
Der Urteilsausspruch muss in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein, was zur Folge hat, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 Rn. 13 mwN - Goldhase III). Deshalb genügt es in aller Regel nicht, wenn auf Urkunden, die nicht Bestandteil des Urteils sind, bloß Bezug genommen wird. So ist aber das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil verfahren. Nur in besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsausspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein. In solchen Sonderfällen kann deshalb in der gerichtlichen Entscheidung auch auf Anlagen verwiesen werden, die zu den Akten gegeben worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 Rn. 13 mwN - Goldhase III). Warum hier die von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Anlagen B 4 und B 5 dem Urteil nicht hätten beigefügt werden können, ist nicht ersichtlich.
Brückner |
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Göbel |
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Haberkamp |
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Laube |
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Grau |
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Fundstellen
Haufe-Index 15507891 |
NJW 2023, 327 |
NJW 2023, 8 |
NWB 2022, 3280 |
BauR 2023, 471 |
IBR 2023, 76 |
NZM 2023, 5 |
ZMR 2022, 2 |
ZMR 2023, 3 |
JZ 2023, 112 |
WuM 2023, 167 |
ZWE 2023, 123 |
ZfBR 2023, 231 |
NJW-Spezial 2023, 193 |
NZBau 2022, 6 |
ZNotP 2024, 37 |
immobilienwirtschaft 2023, 47 |