Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage, ob der Anspruch des Verpächters auf Zahlung einer Kaution mit der Beendigung des Pachtvertrages erlischt.
b) Zur Frage der Umdeutung einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche.
Normenkette
BGB §§ 581, 535, 133, 140
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 25.10.1979) |
LG Düsseldorf |
Tenor
I. Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 1979
- dahin geändert, daß die Klage auch insoweit abgewiesen wird, als die Klägerin die Zahlung einer Kaution von mehr als 20 025,30 DM nebst 14 % Zinsen seit 15. Juni 1978 verlangt
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als
- der Beklagte zur Zahlung einer Pachtzinserhöhung von 49 643,72 DM nebst Zinsen verurteilt und
- die Klage insoweit abgewiesen worden ist, als die Klägerin Mietzins für die erste Etage des Hauses Burgweg 11 in Düsseldorf ab 1. Juli 1977 nebst Zinsen verlangt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
II. Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte 24/100 und die Klägerin 21/100 zu tragen. Die Entscheidung über die weiteren Kosten der Revisionsinstanz wird dem Berufungsgericht übertragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die „Spitze” Disco-Kneipe Paul Bl. KG D. (nachfolgend: Verpächterin) verpachtete dem Beklagten mit nicht datiertem schriftlichem Vertrag ab 1. Juni 1976 ihre in gemieteten Räumen betriebene Discothek im Keller und Erdgeschoß des Hauses Bu. platz … in D. bis zum 30. September 1982.
In § 4 des Pachtvertrages ist vereinbart:
„Die Pacht für das gesamte Pachtobjekt beträgt monatlich insgesamt DM 19 719,60 zuzüglich des gültigen Mehrwertsteuersatzes und einer angemessenen Heizungskostenpauschalvorauszahlung gemäß Heizkostenbelastung aus § 8, die zur Zeit DM 1 580 beträgt.
In dem Pachtvertrag zwischen dem Hauseigentümer und dem Verpächter wurde vereinbart, daß die Pacht sich im darauffolgenden Monat entsprechend erhöht oder senkt, wenn der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Preisindex für die BRD bezüglich der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushaltes mit mittlerem Einkommen (1962 – 100) gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsbeginns um mehr als 10 % sinken oder steigen sollte. Für den Fall, daß der Verpächter aus dieser Vereinbarung vom Hauswirt in Anspruch genommen wird, verpflichtet sich der Pächter, den entsprechenden Betrag monatlich zusätzlich an den Verpächter zu zahlen. Für den Fall einer Ermäßigung wird dem Pächter entsprechender Betrag vergütet.”
§ 3 des Pachtvertrages lautet:
„Die Pächter treten mit Wirkung vom 1.6.1976 (Übergabe der Discothek) in den für die erste Etage bestehenden Mietvertrag zwischen der Paul Bl. KG (Verpächterin) und der G. (Hauseigentümerin) vom 21.9.1972 mit allen Rechten und Pflichten ein. Die Pächter bestätigen durch ihre Unterschrift ausdrücklich, ein Exemplar des Vertrages vom 21.9.1972 der Firma G. erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Dieser Mietvertrag ist Bestandteil dieses Vertrages. Ferner übernehmen die Pächter alle bestehenden Vertragsverhältnisse, als da sind Gas-, Wasser- und Stromversorgung.”
In einem Zusatz vom 1. Juni 1976 zum Pachtvertrag ist vereinbart:
„Zu § 4) Bei Vermietung der Räume in der ersten Etage erhöht sich die Pacht um die Miete derselben und zwar zur Zeit um DM 2 860 und die gültige Mehrwertsteuer DM 314,60.”
Es ist unstreitig, daß im Vertrag von den Pächtern deswegen die Rede ist, weil ursprünglich beabsichtigt war, daß die Ehefrau des Beklagten Mitpächterin wurde.
In § 9 des Pachtvertrages verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer Kaution von 40 000 DM in monatlichen Raten von 8 000 DM ab 1. Juli 1976 zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Verpächters aus dem Vertragsverhältnis.
Mit der Klage hat die Klägerin, der die Verpächterin „alle in dem Rechtsstreit geltend gemachten Forderungen” am 16. August 1979, als das Verfahren bereits im Berufungsrechtszug anhängig war, abgetreten hat, die Ansprüche auf Zahlung der Kaution von 40 000 DM und rückständiger Pacht einschließlich Nebenkosten für die Zeit von Juni 1976 bis Mai 1978 in Höhe von 41 741,47 DM und für die Zeit von Juni 1978 bis Oktober 1978 in Höhe von 72 678,18 DM, insgesamt also 154 419,65 DM, geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin hilfsweise Schadensersatz für fehlendes Pachtinventar und äußerst hilfsweise den rückständigen Pachtzins für die Zeit vom 1. März bis 17. Mai 1979 verlangt. Das Berufungsgericht hat die Geltendmachung von Schadensersatz als Klageänderung angesehen und diese nicht zugelassen. Es hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an die Klägerin die Kaution von 40 000 DM, rückständigen Pachtzins einschließlich Nebenkosten für die Zeit von Juni 1976 bis Oktober 1978 in Höhe von 26 351,09 DM und von März bis Mai 1979 in Höhe von 67 988,72 DM, insgesamt also 134 339,81 DM nebst 14 % Zinsen zu zahlen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage, soweit er verurteilt worden ist, an die Klägerin mehr als 44 696,09 DM nebst 4 % Zinsen aus 5 673,63 DM seit dem 5. März 1979, aus 24 907,95 DM seit dem 4. April 1979 und aus 14 114,51 DM seit dem 4. Mai 1979 zu zahlen. Mit der Anschlußrevision, um deren Zurückweisung der Beklagte bittet, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I. Zur Revision:
1. a) Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe der Anspruch auf Zahlung der Kaution von 40 000 DM auch dann zu, wenn das Pachtverhältnis, wie sie darlege, inzwischen vorzeitig beendet sei. Die Verpächterin brauche die Kaution nicht abzurechnen, solange nicht auch der Beklagte den Pachtvertrag für beendet halte und eindeutig erkläre, er wolle sein Recht zum Gebrauch und Fruchtgenuß nicht mehr ausüben.
b) Mit ihren hiergegen gerichteten Angriffen hat die Revision teilweise Erfolg.
aa) Nicht zu teilen vermag der Senat die Auffassung der Revisionserwiderung, die Revision sei mit ihrer Rüge nach § 561 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen, weil der Beklagte erst mit der Revision geltend mache, durch die Beendigung des Pachtverhältnisses sei der Zweck der Kaution entfallen. Die Revision stellt nämlich zur Begründung ihrer Rüge keine neue Tatsachenbehauptung auf. Sie beruft sich vielmehr auf das jedenfalls zuletzt vom Beklagten nicht mehr bestrittene Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen, der Pachtvertrag sei durch fristlose Kündigung der Klägerin beendet worden, und weiterhin auf den bereits im zweiten Rechtszug unstreitigen Umstand, daß der Beklagte zur Rückgabe der Pachtsache verurteilt und dieses Urteil am 18. Mai 1979 vollstreckt wurde. Hieraus leitet sie das Erlöschen des Kautionsanspruchs her. Darin ist lediglich eine rechtliche Wertung zu sehen, zu der der Beklagte im Rechtsstreit jederzeit, also auch in der Revisionsinstanz, berechtigt war.
bb) Die Frage, welchen Einfluß die Beendigung des Pachtvertrages auf den vom Pächter noch nicht erfüllten Anspruch des Verpächters auf Zahlung einer Kaution hat, ist vom Bundesgerichtshof bisher noch nicht entschieden worden. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Forderung des Verpächters erlösche mit der rechtlichen oder jedenfalls mit der darauffolgenden tatsächlichen Beendigung des Vertrages, weil zu diesem Zeitpunkt der Verpächter feststellen könne, welche Ansprüche ihm gegen den Pächter zustehen und für den Schutzzweck der Kaution damit kein Raum mehr sei (vgl. Rödding, BB 1968, 934, 936; Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. S. 722, 723; Schopp, ZMR 1969, 1,6). Diese Ansicht wird jedoch dem Zweck der Kaution nicht voll gerecht. Diese soll nämlich der Sicherung der Ansprüche des Verpächters insbesondere für den Fall der Insolvenz des Pächters dienen. Diese Sicherung kann aber auch noch nach Beendigung des Vertrages erforderlich sein. Der Verpächter soll sich gerade wegen der nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche aus der Kaution auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Pächters, befriedigen können. Solange und soweit ihm aus dem Vertrag noch Forderungen zustehen, kann er deshalb eine fällige Kaution auch noch nach Beendigung des Vertrages verlangen. Es besteht kein Rechtsgrund dafür, ihn nur deswegen, weil der Vertrag beendet ist, auf den in seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen häufig umstrittenen Anspruch selbst zu verweisen, während der Anspruch auf Leistung der Sicherheit in Form einer Kaution nach dem Inhalt des Vertrages keiner weiteren Begründung bedarf. Der Verpächter darf durch den Verzug des Pächters mit der Kautionszahlung nicht schlechter gestellt werden, als er gestanden hätte, wenn der Pächter seine Verpflichtung erfüllt hätte. Dieser Gedanke liegt auch der Vorschrift des § 561 Abs. 2 BGB zugrunde, wonach der Vermieter von dem ausgezogenen Mieter die Einräumung des Besitzes an Sachen verlangen kann, die seinem Pfandrecht unterliegen und die der Mieter ohne sein Wissen oder unter seinem Widerspruch entfernt hat. Der Verpächter hat deshalb nach Beendigung des Vertrages grundsätzlich die Wahl, ob er die Kaution einklagt und zur Begründung seiner Forderung schlüssig vorträgt, es beständen noch Zahlungsansprüche gegen den Pächter, zu deren Sicherung er die Kaution benötige, oder ob er die Zahlungsansprüche selbst klageweise geltend macht. Beide Forderungen gleichzeitig einklagen kann er nicht, weil er bei Erfüllung der Zahlungsansprüche die Kaution sofort wieder zurückgeben müßte (§ 242 BGB).
Hier ist nach dem Vorbringen der Klägerin anzunehmen, daß sämtliche Ansprüche der Verpächterin aus dem Pachtvertrag im vorliegenden Rechtsstreit und in dem Rechtsstreit 10 U 191/79 OLG Düsseldorf geltend gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat aber über einen Teil dieser Ansprüche nicht entschieden, nämlich soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug hilfsweise Schadensersatz für fehlendes Pachtinventar in Höhe von 20 025,30 DM nebst Zinsen begehrt hat. Es hat die insoweit hilfsweise erklärte Klageänderung nicht zugelassen. Da die Klägerin die Schadensersatzansprüche indessen schlüssig begründet hat, kann sie in entsprechender Höhe eine Sicherung in Form der Kautionszahlung nebst Verzugszinsen verlangen.
2. a) Das Berufungsgericht hält den von der Klägerin aus der Vereinbarung in § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages hergeleiteten Anspruch auf Zahlung erhöhten Pachtzinses für gerechtfertigt. Es meint, der Anspruch sei bereits ab Vertragsbeginn begründet. Das Berufungsgericht führt aus, § 4 Abs. 2 sei eindeutig, der Beklagte habe danach der Klägerin zu ersetzen, was die Verpächterin ihrer Vermieterin (der G. Gaststättenbetriebe GmbH & Co. KG (G.)) aufgrund der Gleitklausel des von der Verpächterin mit der G. geschlossenen Vertrages vom 29. November/28. Dezember 1972 schulde.
b) Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht.
aa) Entgegen der Meinung der Revisionserwiderung hat der Beklagte nicht erst in der Revisionsinstanz, sondern bereits im zweiten Rechtszug geltend gemacht, Pachtzinserhöhungen, die bereits bei Vertragsabschluß in Betracht gekommen wären, könnten ihm aufgrund der Vereinbarung in § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages nicht angelastet werden. Er hat nämlich in der Berufungsbegründung vorgetragen, „die Klägerin sei geradezu kurios der Meinung, sie könne aufgrund eines Vertrages vom oder zum 1. Juni 1976 sogleich von der ersten Stunde an eine Erhöhung der Pacht vornehmen”.
Die Meinung der Revisionserwiderung, der Beklagte sei schon aufgrund der Regelung in § 3 des Pachtvertrages verpflichtet, die verlangte Pachtzinserhöhung zu entrichten, weil er sich danach verpflichtet habe, in alle Rechte und Pflichten des von der Verpächterin mit der G. abgeschlossenen Mietvertrages vom 21. September 1972 bereits mit Wirkung vom 1. Juni 1976 einzutreten, ist unrichtig. § 3 des Pachtvertrages bezieht sich nämlich auf den Mietvertrag, den die Verpächterin mit der G. über die erste Etage des Hauses Burgplatz 11 in Düsseldorf abgeschlossen hat. Hier geht es aber darum, ob die Verpächterin eine Mietzinserhöhung aus dem in § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages genannten, als Pachtvertrag bezeichneten Mietvertrag verlangen kann, den die Verpächterin mit der G. über die Räume im Erd- und Kellergeschoß des genannten Hauses abgeschlossen hat. Der in § 3 des Pachtvertrages genannte Mietvertrag ist, wie dort ausgeführt ist, am 21. September 1972 abgeschlossen worden, der in § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages genannte Mietvertrag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dagegen am 29. November/28. Dezember 1972.
bb) Die Ansicht des Berufungsgerichts ist mit dem Wortlaut der Klausel nicht zu vereinbaren, denn danach hat sich der Beklagte zur Zahlung eines den Pachtzins von 19 719,60 DM übersteigenden Betrages nur unter der Voraussetzung verpflichtet, daß die Verpächterin von der G. aufgrund der im Mietvertrag vom 29. November/28. Dezember 1972 vereinbarten Wertsicherungsklausel in Anspruch genommen wird. Dieser Wortlaut spricht dafür, daß dem Beklagten nur solche Mietzinserhöhungen angelastet werden sollten, die erst nach Abschluß des Pachtvertrages zur Entstehung gelangten. Das schließt nicht aus, daß die Vertragsteile entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung eine am 1. Juni 1976 von der Verpächterin bereits geschuldete Mietzinserhöhung aufgrund der Klausel dem Beklagten anlasten wollten. Dann hätte es aber nahegelegen, eine bereits entstandene Forderung in den Vertrag vom 1. Juni 1976 dadurch zu übernehmen, daß der entsprechende Betrag der Pachtzinsforderung hinzugerechnet wurde. Mit dieser naheliegenden Erwägung hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt (§ 286 ZPO).
Die Frage, wie die Regelung in § 4 Abs. 2 des Vertrages zu verstehen ist, kann das Revisionsgericht nicht selbst entscheiden. Grundsätzlich ist die nach dem Dargelegten notwendige Auslegung Aufgabe des Tatrichters. Allerdings kann das Revisionsgericht auch dann, wenn wie hier zwei Auslegungen möglich sind, eine vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung selbst vornehmen, falls das Berufungsgericht die hierzu erforderlichen Feststellungen getroffen hat oder solche nicht nötig sind, weil der für die Auslegung erforderliche Sachverhalt unstreitig ist (vgl. BGHZ 65, 107 und das Senatsurteil vom 2.5. Mai 1970 – VIII ZR 253/68 = WM 1970, 877, 878). Hier bedarf es aber noch weiterer Aufklärung. Zumindest über die Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin, der Beklagte habe in den Jahren 1976 und 1977 widerspruchslos die von ihr ab Vertrags Schluß verlangten Erhöhungsbeträge bezahlt (GA Bl. 200), ist vom Tatrichter zu entscheiden. Denn ein solches Verhalten könnte dafür sprechen, daß die Parteien die Klausel in dem von der Klägerin dargelegten Sinne verstanden haben.
3. a) Das Berufungsgericht hat der Klägerin 14 % Zinsen aus den zuerkannten Hauptsachebeträgen zugesprochen.
b) Hiergegen wendet sich die Revision. Sie führt aus:
Bis zur Abtretung vom 16. August 1979 habe der Klägerin der eingeklagte Anspruch nicht zugestanden. Selbst wenn der Beklagte in voller Höhe zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre, hätte er nicht an die Klägerin, sondern an die Zedentin leisten müssen. Aus diesem Grunde hätte ein den gesetzlichen Zinssatz übersteigender Zinsschaden nur dann verlangt und zugesprochen werden können, wenn die Klägerin behauptet hätte, daß sie nach der Abtretung den vom Beklagten geschuldeten Betrag in bestimmter Weise verwendet und dadurch einen entsprechenden Zinsschaden vermieden hätte.
c) Hiermit hat die Revision keinen Erfolg.
Abgetreten hat die Verpächterin durch den Vertrag vom 16. August 1979 alle Ansprüche, die in diesem Rechtsstreit bis zur Abtretung geltend gemacht worden waren. Das sind nicht nur die Ansprüche der Verpächterin auf Zahlung von Pachtzins und Nebenkosten, sondern auch ihre aus Verzug hergeleiteten Forderungen auf Zahlung von Zinsen aus den Hauptsachebeträgen. Da der mit der Klage geltend gemachte Zinsanspruch nicht nur die bis zur Klageerhebung, sondern alle künftigen Zinsen erfaßt, kann die auf Übertragung aller im Rechtsstreit geltend gemachten Forderungen gerichtete Abtretung nicht anders verstanden werden als in dem Sinne, daß der Klägerin auch die künftigen Zinsansprüche der Verpächterin abgetreten sein sollten. Daß der Verpächterin eine Zinsforderung in Höhe von 14 % entstanden ist, stellt die Revision nicht in Abrede.
II. Zur Anschlußrevision:
1. a) Die Klägerin hat Mietzinsansprüche für die erste Etage des Hauses Burgplatz 11 in Düsseldorf für die Zeit von Oktober 1976 bis Oktober 1978, hilfsweise auch noch für die Zeit vom 1. März bis 17. Mai 1979 geltend gemacht.
b) Das Berufungsgericht hält eine Forderung nur für die Zeit von Oktober 1976 bis 30. Juni 1977 für gerechtfertigt, für Dezember 1976 jedoch lediglich 8/30 der Monatsmiete, weil die G. am 5. Dezember 1976 dem Beklagten den Besitz der ersten Etage dadurch entzogen habe, daß sie andere Türschlösser anbringen ließ, und der Beklagte den Besitz nach Erwirkung einer einstweiligen Verfügung gegen die G. erst am 13. Dezember 1976 wieder erlangt habe. Das Berufungsgericht ist der Meinung, die in dem Schreiben des Beklagten vom 5. Dezember 1976 an die Verpächterin erklärte fristlose Kündigung sei zwar als solche nicht gerechtfertigt, aber in eine ordentliche Kündigung umzudeuten und als solche wirksam. Es meint, der Mietvertrag sei aufgrund dieser Kündigung zum 30. Juni 1977 beendet worden.
c) Das Schreiben des Beklagten vom 5. Dezember 1976 lautet:
„Hiermit kündige ich Ihnen fristlos die o.g. Räumlichkeiten. Grund: Das Verhalten des Herrn M.!
Es ist selbstverständlich, daß ich für den Monat Dezember 1976 auch keine anteilige Miete überweisen werde.
Hochachtungsvoll
P.S. Den genauen Sachverhalt dieser Kündigung entnehmen Sie bitte dem Schriftverkehr, welchen meine Anwälte und ich mit Herrn M. führen, Sie bekommen jeweils eine Ablichtung.”
Es ist unstreitig, daß M. der Geschäftsführer der G. war.
d) Die Anschlußrevision wendet sich dagegen, daß das Berufungsgericht den Mietzinsanspruch für die erste Etage nicht bis zu der von der Verpächterin mit Schreiben vom 16. Mai 1978 erklärten fristlosen Kündigung des Mietvertrages zuerkannt hat. Sie hält die Umdeutung der fristlosen Kündigung des Beklagten in eine ordentliche für rechtsfehlerhaft und macht geltend, der Beklagte habe die Räume der ersten Etage, nachdem er sie am 13. Dezember 1976 wieder in Besitz genommen habe, nicht vor Erklärung der fristlosen Kündigung vom 16. Mai 1978 zurückgegeben.
e) Mit ihrer Rüge hat die Anschlußrevision Erfolg.
aa) Das Berufungsgericht geht ohne nähere Begründung davon aus, eine unwirksame fristlose Kündigung könne grundsätzlich in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Das ist nicht richtig. Allerdings ist die Umdeutung einer nicht wirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche im Einzelfall nicht ausgeschlossen (vgl. Gelhaar in RGRK 12. Aufl. § 564 Rdn. 11 und Palandt/Putzo, BGB, 39. Aufl. § 564 Anm. 3 g je m.w.Nachw.; a.A. für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses LG Giessen ZMR 75, 114). Sie ist ebenso möglich wie – ausnahmsweise – die Umdeutung einer unwirksamen fristlosen Kündigung in ein Angebot auf Aufhebung des Vertrages (vgl. das Senatsurteil vom 24. September 1980 – VIII ZR 299/79 = WM 1980, 1397). Um eine solche Umdeutung vornehmen zu können, muß aber der Wille, den Vertrag auf jeden Fall zu beenden, für den Vertragsteil, für den die Kündigung bestimmt ist, bei Abgabe der Kündigungserklärung zweifelsfrei erkennbar sein. Grundsätzlich muß sich deshalb aus der Erklärung selbst ergeben, daß die Kündigung hilfsweise als ordentliche gelten soll. Das ist zur Sicherheit des Rechtsverkehrs geboten. Nur wenn sich dem Vertragsteil, für den die Kündigung bestimmt ist, aus Umständen, die aus der Kündigungserklärung nicht ersichtlich sind, eindeutig ergibt, daß der Kündigende das Vertragsverhältnis auf alle Fälle zur Beendigung bringen will, kann auch in einem solchen Falle eine fristlose Kündigung in eine ordentliche umgedeutet werden (vgl. LG Mannheim NJW 1970, 328 = MDR 1970, 240; LG Essen ZMR 1969, 309; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 3. Aufl. Rdn. B 40; MünchnKomm/Mayer-Maly, § 140 Rdn. 34; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 12. Aufl. § 564 Rdn. 39, 40, der allerdings annimmt, es komme entscheidend darauf an, ob der Kündigende zumindest hypothetisch den Willen zur ordentlichen Kündigung gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt hätte, und der in Rdn. 16 zu § 140 für den Wohnungsmietvertrag meint, die Umdeutung einer fristlosen Kündigung in eine fristgemäße sei grundsätzlich nicht möglich; Soergel/Hefermehl, BGB, 11. Aufl. § 140 Rdn. 14; für den Dienstvertrag BGH Urteil vom 3. Mai 1973 – II ZR 15/71 = WM 1973, 782, 785 und BAG BB 1972, 267; für den Mietvertrag a.A. Hans, Das neue Mietrecht, zu § 564 BGB, der annimmt, mit einer außerordentlichen Kündigung werde in der Regel zugleich auch eine ordentliche Kündigung erklärt).
bb) Hier ergibt der Wortlaut der Kündigungserklärung den Willen zur ordentlichen Kündigung nicht. Eine vorsorgliche ordentliche Kündigung ist in ihr nicht angesprochen. Darüber, ob der Beklagte der Verpächterin bei Abgabe der Kündigungserklärung auf andere Weise als durch die Erklärung selbst zu erkennen gegeben hat, daß er an dem Mietvertrag über die erste Etage auf keinen Fall festhalten wolle, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen, weil das Berufungsgericht von der irrigen Annahme ausgeht, jede fristlose Kündigung enthalte grundsätzlich zugleich eine ordentliche Kündigung und deshalb den Sachverhalt nur unter dem Gesichtspunkt prüft, ob das Verhalten des Beklagten die Annahme rechtfertigt, hier sei ein Abweichen von dem von ihm angenommenen Grundsatz gerechtfertigt. Der Senat ist nicht in der Lage, die gebotene Würdigung selbst vorzunehmen. Auf den Gedanken, in der fristlosen Kündigung des Beklagten könne eine ordentliche Kündigung gesehen werden, ist erst das Berufungsgericht gekommen. Jedenfalls ergibt sich aus den Akten nichts dafür, daß der Beklagte sich darauf berufen hat, der Mietvertrag über die erste Etage sei durch ordentliche Kündigung aufgelöst worden. Wie sich aus dem nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht eingereichten Schriftsatz der Klägerin vom 1. Oktober 1979 (GA Bl. 216/219) ergibt, ist die Frage einer ordentlichen Kündigung allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht von diesem erörtert worden. Welche Erklärungen die Parteien hierzu abgegeben haben, ergibt sich aber weder aus der Niederschrift über diese Verhandlung (GA Bl. 215) noch aus dem Berufungsurteil.
2. a) Die Klägerin verlangt für die von ihr geltend gemachte Heizkostenpauschale Mehrwertsteuer. Einen Anspruch hierauf hat das Berufungsgericht verneint mit der Begründung, die Vereinbarung in § 4 Abs. 1 des Pachtvertrages ergebe eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Mehrwertsteuer auf die Vorauszahlung nicht.
b) Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
Auf die in den Vordergrund ihres Revisionsangriffs gestellten Erwägungen, die Verpächterin habe auf die von ihr vereinnahmten Heizungskosten Mehrwertsteuer zu zahlen und der Beklagte sei vorsteuerabzugsberechtigt, kommt es nicht an, weil eine Mehrwertsteuerpflicht für die Überlassung des Heizmaterials nicht zwingend eine Mehrwertsteuerpflicht für eine Vorauszahlung zur Folge haben muß, die erst noch abzurechnen ist und deshalb noch nicht die endgültige zu versteuernde Leistung darstellt. Erst seit 1. Januar 1980 unterliegen Heizkostenvorauszahlungen der Mehrwertsteuer (§§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2, 27 Abs. 1 des Gesetzes zur Neufassung des Umsatzsteuergesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 26. November 1979 – BGBl I 1953). Die Annahme des Berufungsgerichts ist deshalb eine mögliche Auslegung der Vereinbarung in § 4 Abs. 1 des Pachtvertrages. Sie ist sogar naheliegend, denn für alle übrigen Geldleistungen, welche der Beklagte zu erbringen hatte, haben die Vertragsteile ausdrücklich jeweils die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Mehrwertsteuer in den Vertrag aufgenommen.
III. 1. Demnach war das Berufungsurteil auf die Revision dahin zu ändern, daß die Klage auch insoweit abgewiesen wird, als die Klägerin die Zahlung einer Kaution von mehr als 20 025,30 DM nebst 14 % Zinsen seit dem 15. Juni 1978 verlangt. Auf die Revision und die Anschlußrevision war das Urteil im Kostenpunkt aufzuheben; Auf die Revision auch insoweit, als der Beklagte zur Zahlung der Pachtzinserhöhung von 49 643,72 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist, auf die Anschlußrevision auch insoweit, als die Klage auf Zahlung von Mietzins für die erste Etage des Hauses Bu. … in D. für die Zeit ab 1. Juli 1977 nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Im übrigen waren die Rechtsmittel der Parteien zurückzuweisen. Im Umfang der Aufhebung mußte die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
2. Das Berufungsgericht wird für den Fall, daß es erneut zu der Auffassung gelangen sollte, die Kündigung des Beklagten vom 5. Dezember 1976 habe eine vorsorgliche ordentliche Kündigung enthalten, seine Auffassung, der Vertrag sei zum 30. Juni 1977 beendet worden, zu überprüfen haben. Nach seinen bisherigen Feststellungen ist der Mietvertrag über die erste Etage formlos, nämlich dadurch zustande gekommen, daß der Beklagte diese Räumlichkeiten benutzte und die Verpächterin hiergegen keine Einwendungen erhob. Von welchem Zeitpunkt an der Beklagte die Mietsache nutzte, hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Der Umstand, daß die Klägerin Miete erst ab Oktober 1976 verlangt, spricht dafür, daß eine Nutzung durch den Beklagten für einen früheren Zeitraum nicht in Betracht kommt. Sollte das anzunehmen sein, wäre nach den §§ 565 Abs. 1 Nr. 3, 566 Satz 2 BGB der Vertrag durch eine ordentliche Kündigung vom 5. Dezember 1976 erst zum 30. September 1977 beendet worden.
IV. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, insoweit über die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu befinden, als er in der Sache selbst entschieden hat. Da die Klägerin mit den Ansprüchen auf Zahlung der Kaution teilweise und der Mehrwertsteuer aus der Heizungskostenpauschale voll unterlegen ist und die hierauf entfallenden Beträge 21/100 des Gesamtstreitwerts der Revisionsinstanz ausmachen, waren der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens in Höhe dieses Bruchteils aufzuerlegen. Da der Beklagte hinsichtlich des in der Revisionsinstanz angegriffenen Zinsanspruchs voll und hinsichtlich der Kaution teilweise unterlegen ist und dies 24/100 des Gesamtstreitwerts der Revisionsinstanz ausmacht, hat der Senat dem Beklagten diesen Bruchteil der Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt. Über den Rest der Kosten der Revisionsinstanz hat das Berufungsgericht zu befinden.
Unterschriften
Braxmaier, Dr. Hiddemann, Wolf, Merz, Treier
Fundstellen
Haufe-Index 542381 |
NJW 1981, 976 |
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