Leitsatz (amtlich)
›a. Der Provisionsanspruch des Bezirksvertreters kann auch nach Beendigung des Vertrages als Erfüllungsanspruch nicht unter dem Gesichtspunkt der Ersparnis oder der Möglichkeit anderweiten Erwerbs oder aus dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs gemindert werden.
b. Die Wirksamkeit einer AGB-Bestimmung, die bestimmte tatsächliche Voraussetzungen für die Berechtigung zur fristlosen Kündigung regelt (vgl. BGH, NJW-RR 1988,1381 = DRsp II (210) 352 c), wird von der Unwirksamkeit des weiter vereinbarten Ausschlusses des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b Abs. 4 HGB) nicht berührt.
c. Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung mehr als vier Monate nach Eintritt des insoweit maßgeblichen Grundes ist verspätet.
d. Liegen die Voraussetzungen von im Vertrag festgelegten Gründen zu einer außerordentlichen Kündigung nicht vor, ist regelmäßig die vertraglich vereinbarte - und nicht die gesetzliche - Kündigungsfrist maßgeblich.‹
Tatbestand
(Auszug, nur zu b und c):
b. ›Fehl geht ... die Erwägung des OLG, daß die [im Vertrag enthaltene] Kündigungsklausel unwirksam sei, weil sie einen nach § 89 b Abs. 4 HGB unzulässigen Ausschluß des Ausgleichsanspruchs enthalte. Unwirksam ist an der Klausel nur dieser Ausschluß des Ausgleichsanspruchs, aber nicht die Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts. Daß außerordentliche Kündigungsgründe vereinbart werden können, entspricht der Rechtspr. des BGH (DRsp II (210) 352 c = NJW-RR 1988,1381). Insoweit ist die Wirksamkeit der Kündigungsklausel von der Unzulässigkeit des Ausschlusses nicht berührt worden (§ 6 AGBG). ...
c. Die fristlose Kündigung vom 5.5.1988 ist zu spät erklärt worden. Zwar ist die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB auf die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrages nicht anwendbar (vgl. BGH, DRsp II (210) 338 a = NJW 1987,57). Auch braucht die Erklärung der Kündigung nicht sofort nach Kenntnisnahme vom Kündigungsgrund zu erfolgen, es genügt, wenn sie innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist abgegeben wird, deren Dauer sich nach den Umständen des jweiligen Falles richtet. Ein zweimonatiges Zuwarten ist in der Regel von der Rechtspr. nicht mehr als angemessen zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Überlegung angesehen worden (BGH, DRsp II (210) 314 d = WM 1983,820). So liegt der Fall hier. Zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die fristlose Kündigung vorliegen mußten, und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung sind mehr als vier Monate vergangen. Das bedeutet, daß die fristlose Kündigung ... nicht als eine innerhalb angemessener Frist abgegebene, rechtlich wirksame Erklärung in Betracht gezogen werden kann. Daß im Streitfall besondere Umstände vorgelegen hätten, die der Bekl. eine frühere Erklärung ... unmöglich oder nicht zumutbar gemacht hätten, ist nicht erkennbar.‹
Fundstellen
Haufe-Index 2993123 |
BB 1992, 1162 |
LM H. 1/93 § 87 HGB Nr. 17 |
BGHR AGBG § 6 Abs. 1 Reduktion, geltungserhaltende 4 |
BGHR HGB § 87 Abs. 2 Provisionsanspruch 2 |
BGHR HGB § 89a Abs. 1 Ausschlußfrist 2 |
BGHR HGB § 89a Abs. 1 Wichtiger Grund 6 |
BGHR HGB § 89a Abs. 1 Wichtiger Grund 7 |
DRsp II(210)376a-d |
NJW-RR 1992, 1059 |
EWiR § 89a HGB 1/92, 797 |
WM 1992, 1440 |
MDR 1992, 950 |
VersR 1993, 433 |