Leitsatz (amtlich)
Das Vergleichsverfahren ist - ebenso wie das Konkursverfahren - erst in dem Zeitpunkt eröffnet, in dem der Richter den Eröffnungsbeschluß unterzeichnet.
Hat der Käufer unter Eigentumsvorbehalt gelieferter Sachen diese vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens über sein Vermögen an gutgläubige Dritte veräußert und den Erlös eingezogen, so ist der Verkäufer mit seiner Kaufpreisforderung bloßer Vergleichsgläubiger.
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Entscheidung vom 11.01.1966) |
LG Hamburg (Entscheidung vom 30.07.1964) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Streitgehilfin das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 11. Januar 1966 aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 30. Juli 1964 wird in vollem Umfange zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelrechtszüge, einschließlich der Kosten der Streithilfe, hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin verkaufte an die Beklagte durch Vertrag vom 16. Oktober 1963 ca. 20 tons süße italienische Mandeln zum Preise von 160 $ für 100 kg und durch Vertrag vom 12. November 1963 ca. 10 tons spanische Mandelkerne zum Preise von 149,50 $ für 100 kg netto Kasse gegen Dokumente bei erster Präsentation. In beiden Verträgen war ausdrücklich auf die Geschäftsbedingungen des Warenvereins der Hamburger Börse e.V. Bezug genommen, deren § 44 bestimmt, daß dem Verkäufer das Eigentum an der Ware bis zur endgültigen Bezahlung vorbehalten bleibt.
Mit zwei Schreiben vom 12. November 1963 übersandte die in Frankfurt a. Main ansässige Schwesterfirma der Klägerin in deren Auftrag der Beklagten die Konnossemente über insgesamt 30 tons Mandeln sowie Rechnungen der Klägerin über 32.000 $ und 14.950 $ "zu getreuen Händen" mit der Bitte, sich, der Dokumente nach umgehender fernschriftlicher Überweisung des Rechnungsgegenwertes auf schweizer Konten der Klägerin zu bedienen.
Zur Bezahlung der beiden Rechnungen übergab die Beklagte der Streitgehilfin, ihrer Hausbank, am 13. November 1963 zwei Zahlungsaufträge über 26.000 $ und 12.000 $ zugunsten der Klägerin. Außerdem übersandte die Beklagte der Klägerin zur Deckung des Restbetrages einen Scheck über 35.800 DM.
Die Beklagte verkaufte noch am 13. November 1963 die von der Klägerin gekauften Mandeln unter Übergabe der Konnossemente weiter. Von sämtlichen Rechnungen über die Weiterverkäufe erhielt die Streitgehilfin, mit der die Beklagte am 10. Oktober 1961 einen Mantelzessionsvertrag abgeschlossen hatte, von dieser am selben Tage Rechnungsdurchschriften, auf die folgender Vermerk aufgestempelt war:
"Die in dieser Rechnungskopie angegebene Forderung ist aufgrund der Mantelabtretungserklärung vom 10. Oktober 1961 mit allen Rechten an das Bankhaus Otto M. S. (Streitgehilfin) ... abgetreten."
Am Abend des 14. November 1963 erfuhr die Streitgehilfin von der Beklagten, daß diese in Zahlungsschwierigkeiten geraten war. Die Streitgehilfin führte deshalb die beiden noch unerledigten Zahlungsaufträge der Beklagten zugunsten der Klägerin nicht aus. Dagegen wurde der der Klägerin übersandte Scheck eingelöst. Aus den Weiterverkäufen gingen in der Folgezeit bei der Streitgehilfin folgende Zahlungen ein
1)
28.064,07 DM am 15. November 1963 auf ihrem Konto bei der Deutschen Bank, die der Beklagten am 18. November 1963 auf deren laufendem Konto bei der Streitgehilfin gutgeschrieben wurden.
2)
49.868,28 DM am 15. November 1963 auf dem Konto der Streitgehilfin bei der Landeszentralbank, die der Beklagten ebenfalls am 18. November 1963 auf deren laufendem Konto bei der Streitgehilfin gutgeschrieben wurden.
3)
47.958,89 DM am 22. November 1963 und
4)
24.476,05 DM am 25. November 1963 unmittelbar bei der Streitgehilfin. Beide Beträge wurden der Beklagten auf laufendem Konto gutgebracht.
Von dem laufenden Konto der Beklagten buchte die Streitgehilfin am 13. Dezember 1963 489 750,36 DM auf ein Sonderkonto um. Am 31. Dezember 1963 übertrug sie von diesem Sonderkonto I 125 878,24 DM auf ein Sonderkonto II.
Die Beklagte stellte am 16. November 1963 ihre Zahlungen ein und beantragte am 18. November 1963 die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens. Noch am selben Tage bestellte das Amtsgericht Hamburg den Wirtschaftsprüfer B. zum vorläufigen Vergleichsverwalter. Am 28. November 1963 erließ es gegen die Beklagte ein allgemeines Veräußerungsverbot gemäß § 59 VerglO. B. lehnte den Wunsch der Klägerin ab, den ihr aufgrund ihrer Lieferungen von der Beklagten noch geschuldeten Betrag von 152.000 DM auszusondern. Am 31. Januar 1964 wurde sodann das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet und B. zum endgültigen Vergleichsverwalter bestellt.
Die Klägerin erhob Klage, mit der sie in erster Linie ein Aussonderungsrecht an den Erlösen aus dem Weiterverkauf der Mandeln geltend machte und hilfsweise die Feststellung begehrte, daß sie mit ihrer Kaufpreisforderung nicht an dem Vergleichsverfahren teilnehme.
Das Landgericht wies die Klage ab. Im Berufungsrechtszuge verlangte die Klägerin mit ihren Hilfsanträgen an zweiter Stelle, die Beklagte zur Zahlung von 152.000 DM nebst Zinsen aus der Masse zu verurteilen und stellte den Feststellungsantrag nur als weiteren Hilfsantrag. Das Berufungsgericht entsprach dem Feststellungsantrag und wies die weitergehende Berufung zurück.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre im Berufungsrechtszuge abgewiesenen Anträge weiter. Die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Streitgehilfin erstreben die vollständige Abweisung der Klage.
Außerdem beantragen die Klägerin
die Zurückweisung der Revision der Beklagten sowie der Anschlußrevision der Streitgehilfin
und die Beklagte sowie die Streitgehilfin
die Zurückweisung der Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet, während die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Streitgehilfin Erfolg haben müssen.
A.
Revision der Klägerin
I.
Sie wendet sich in erster Linie dagegen, daß das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch aus Ersatzaussonderung gemäß § 26 Abs. 1 VerglO in Verbindung mit § 46 KO versagt hat. Das Berufungsgericht hat indes ohne Rechtsverstoß angenommen, daß die Voraussetzungen für eine Ersatzaussonderung nicht gegeben sind.
1)
Durch die Bezugnahme auf die Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse in den zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufverträgen war klargestellt, daß die Klägerin sich das Eigentum an den Mandeln bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten hatte. Als Eigentümerin stand ihr ein Aussonderungsrecht zu, wenn über das Vermögen der Beklagten das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet wurde (§ 26 Vergiß, § 46 KO). Dieses Recht ist dadurch untergegangen, daß der Schuldner die Mandeln vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens weiterveräußerte und die Abkäufer gutgläubig Eigentum, erwarben. Da die Gegenleistung von den Abkäufern an den Schuldner oder die von ihm beauftragte Bank bewirkt wurde, kann sie die Klägerin aus der Masse nur dann beanspruchen, wenn die Gegenleistung nach Eröffnung des Verfahrens zu der Masse eingezogen wurde (§ 26 VerglO in Verbindung mit § 46 Satz 2 KO).
2)
Daß die Entscheidung des Amtsgerichts über die Eröffnung des Vergleichsverfahrens erst nach. Gutschrift der Zahlungen der Abkäufer auf dem Konto der Beklagten bei der Streitgehilfin ergangen ist, wird von der Klägerin nicht übersehen. Sie meint jedoch, daß nicht die Eröffnung des förmlichen Vergleichsverfahrens gemäß § 16 VerglO, sondern bereits die Eröffnung des sogenannten Vorverfahrens durch. Bestellung eines vorläufigen Verwalters gemäß § 11 VerglO als "Eröffnung des Verfahrens" im Sinne des § 46 KO anzusehen sei. Dieser Auffassung, die auch in einem von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachten des Prof. Dr. Ba. vertreten wird, ist das Berufungsgericht nicht gefolgt. Auch der erkennende Senat vermag nicht, sich ihr anzuschließen. § 46 Satz 2 KO stellt ausdrücklich auf die "Eröffnung des Verfahrens" ab, die mit der richterlichen Unterschrift unter dem Eröffnungsbeschluß vollzogen ist (Böhle-Stamschräder KO 7. Auflage § 108 Anm. 1). Auch die Vergleichsordnung regelt ausdrücklich die Eröffnung des Verfahrens und versteht unter ihr nicht die Bestellung des vorläufigen Vergleichsverwalters nach § 11 VerglO, sondern den in § 21 VerglO vorgesehenen gerichtlichen Eröffnungsbeschluß. Dementsprechend ist, wie auch, das Gutachten von Prof. Dr. Ba. nicht verkennt, bisher in Schrifttum und Rechtsprechung stets davon ausgegangen worden, daß es auch im Vergleichsverfahren auf den Zeitpunkt des Erlasses des Eröffnungsbeschlusses ankommt. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, spricht gegen die Ansicht der Klägerin schon die Terminologie der Vergleichsordnung, die in ihren einzelnen Bestimmungen, wenn in ihnen auf die Eröffnung des Verfahrens abgehoben wird, stets den Zeitpunkt des Erlasses des Eröffnungsbeschlusses als maßgebend zugrunde legt und jeweils ausdrücklich angibt, wenn es auf einen früheren Zeitpunkt, beispielsweise den Tag der Einreichung des Vergleichsantrags, ankommen soll. Die Entscheidung BGHZ 32, 268, auf die sich die Revision beruft, bezieht sich auf die Vorschrift des § 106 VerglO, der Ausnahmecharakter zukommt, wie in der Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben wird. Sie behandelt Darlehen, die der Schuldner während des Vergleichsverfahrens aufgenommen hat. In der Entscheidung ist darauf abgestellt, daß der Sprachgebrauch nicht verbiete, unter dem Begriff "Vergleichsverfahren" das ganze Verfahren einschließlich des Vorverfahrens zu verstehen. Deshalb müsse die Lösung aus Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 11 ff und 106 VerglO gefunden werden. In der weiteren Begründung ist sodann entscheidendes Gewicht darauf gelegt worden, daß die infrage stehenden Darlehen von dem Schuldner mit Zustimmung des (vorläufigen) Vergleichsverwalters aufgenommen worden waren, dem das Amtsgericht gemäß § 12 VerglO die dem Vergleichsverwalter in § 57 VerglO eingeräumten Befugnisse übertragen hatte. Hier kommt es dagegen darauf an, wie sich aus dem in § 26 VerglO in Bezug genommenen § 46 KO ergibt, ob die Gegenleistung "nach der Eröffnung des Verfahrens" zur Masse eingezogen war. Der Wortlaut der Bestimmung stellt also klar darauf ab, ob das Verfahren bereits eröffnet war, und nicht auf den Zeitpunkt der Stellung des Vergleichsantrages oder der Bestellung des vorläufigen Vergleichsverwalters. Es kommt hinzu, daß der vorläufige Vergleichsverwalter - anders als in BGHZ 32, 268 - in die Abwicklung des Verkaufs der mit dem Eigentumsvorbehalt der Klägerin belasteten Mandeln, die bereits vor Stellung des Vergleichsantrags von der Beklagten an verschiedene Abkäufer weiterveräußert waren, und die Einziehung der Gegenleistung nicht eingeschaltet war, das Vergleichsgericht eine Anordnung über den Eintritt der in § 57 VerglO bezeichneten Beschränkungen des Schuldners nicht erlassen hatte und auch eine Anordnung nach § 59 VerglO erst getroffen wurde, als bereits sämtliche Eingänge aus den Mandelverkäufen dem Konto der Beklagten bei der Streitgehilfin gutgeschrieben waren.
3)
Ob bei dieser Sachlage der vorläufige Vergleichsverwalter, wie die Klägerin meint, nicht ausreichend dafür gesorgt hat, daß der Schuldner alles tat, um die Lieferanten vor weiterem Schaden zu schützen, bedarf nicht der Entscheidung. Selbst wenn der vorläufige Vergleichsverwalter seinen ihm obliegenden Pflichten nicht nachgekommen sein sollte, könnte diese Säumnis nicht dazu führen, der Klägerin ein Recht auf Ersatzaussonderung zu gewähren, sondern höchstens dazu, daß der Klägerin Ansprüche gegen den vorläufigen Vergleichsverwalter wegen Vereitelung der Ersatzaussonderung zustehen, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem erkennenden Senat sind. Es geht vielmehr allein um die Frage, ob der in § 46 KO verwandte Rechtsbegriff: "Eröffnung des Verfahrens" dahin verstanden werden kann, daß bei dessen sinngemäßer Anwendung auf das Vergleichsverfahren gemäß § 26 VerglO die Bestellung des vorläufigen Vergleichsverwalters ausreicht, um die Folgen des § 46 Satz 2 KO eintreten zu lassen. Für ihre Beantwortung sind Anhaltspunkte nicht dadurch zu gewinnen, daß auf die Pflichten des vorläufigen Vergleichsverwalters verwiesen wird. Auf die Entscheidung RGZ 98, 143, 148 beruft sich das Gutachten zu Unrecht. Zwar hat das Reichsgericht es als Ziel des § 46 KO bezeichnet, daß der Berechtigte durch das mindestens objektiv unrechtmäßige Verhalten des Verwalters nicht schlechter, sondern besser gestellt werden sollte. Diese Erwägung rechtfertigt aber nicht den in dem Gutachten und von der Revision gezogenen Schluß, daß es für die Ersatzaussonderung in die Masse gelangter Gegenleistungen nicht auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens, sondern auf den weit früher liegenden Zeitpunkt der Bestellung des vorläufigen Verwalters nach Einreichung des Vergleichsantrags ankommen soll.
4)
Bereits die vorstehenden Erörterungen ergeben, daß dem in dem Gutachten und von der Revision vertretenen Standpunkt nicht zu folgen ist, der Begriff "Eröffnung des Verfahrens" sei nicht wörtlich zu nehmen, vielmehr müsse im Einzelfall nach Sinn und Zweck der Bestimmung geforscht werden. Unter "Eröffnung des Verfahrens" ist vielmehr - genauso wie in der Konkursordnung - der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Eröffnungsbeschlusses durch den Richter zu verstehen. Gerade im Insolvenzrecht mit seinen unumgänglich starren Regeln ist die Anknüpfung an genau bestimmte Begriffe notwendig. Dem Anliegen der Revision stehen zudem durchschlagende praktische Bedenken entgegen. Eine allgemeine Rechtsunsicherheit wäre die unausbleibliche Folge, würde so vorgegangen, wie es die Revision für richtig hält. Außerdem ist auch nicht einzusehen, weshalb Sinn und Wortlaut des Gesetzes eine solche differenzierte Auslegung erfordern sollen. Dem Gedankengang der Revision ist außerdem entgegenzuhalten, daß nicht nur im Vergleichsverfahren die Eröffnung sich hinauszögern, sondern auch zwischen Konkursantrag und Konkurseröffnung ein langer Zeitraum liegen kann, beispielsweise dann, wenn der Konkurs erst auf eine Beschwerde hin eröffnet wird. Auch in einem solchen Falle ist es nicht angängig, den Begriff "Eröffnung des Verfahrens" anders zu bestimmen als in den Fällen, in denen der Konkursantrag alsbald zur Konkurseröffnung führt. Für das Vergleichsverfahren kann nichts anderes gelten.
5)
Die soweit ersichtlich im Schrifttum lediglich von Raiser (VersR 1954, 201, 204) befürwortete, von dem Bundesgerichtshof (BGHZ 23, 307, 317) jedoch ausdrücklich abgelehnte analoge Anwendung des § 46 Satz 1 KO in den Fällen, in denen sich die an den Schuldner geleisteten Zahlungen noch auf einem Bankkonto des Schuldners befinden, hat das Berufungsgericht, das sich auf das Urteil des Landgerichts bezieht, mit Recht nicht für zulässig gehalten. Die Revision ist hierauf auch nicht zurückgekommen. Sie meint jedoch, in diesem Zusammenhang sei der Umstand von Bedeutung, daß die Beklagte die Forderung aus den Verkäufen der Handeln an die Streitgehilfin zur Sicherung abgetreten und dadurch das Aussonderungsrecht der Klägerin vereitelt habe, denn außerhalb des Konkurses würde der Klägerin gegen die Beklagte ein Ersatzanspruch wegen unberechtigter Abtretung an die Streitgehilfin zustehen, dem nunmehr die Aussonderungskraft zukomme, die dem vereitelten Anspruch beizumessen gewesen wäre.
Bei dieser Rüge läßt die Revision außer acht, daß die Streitgehilfin von der Sicherungsabtretung keinen Gebrauch gemacht hat, Sie hat nämlich die Forderungen gegen die Käufer der Handeln nicht im eigenen Namen geltend gemacht und sie auch nicht für sich eingezogen. Vielmehr haben die Käufer an die Streitgehilfin als Zahlstelle der Beklagten geleistet, und die Streitgehilfin hat die bei ihr eingegangenen Beträge der Beklagten auf deren laufendem Konto gutgebracht. Durch die Sicherungsabtretung ist also ein Ersatzanspruch der Klägerin nicht entstanden, so daß sich die Frage gar nicht stellt, ob einem solchen Ersatzanspruch Aussonderungskraft zukommen könnte. § 46 Satz 1 KO findet vielmehr bei dieser Sachlage keine Anwendung, denn durch die Gutschriften auf dem laufenden Konto sind die Kaufpreisforderungen der Beklagten gegen die Käufer der Mandeln erloschen, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat. Der Anspruch gegen die Bank ist nämlich nicht als ausstehende Gegenleistung im Sinne der erwähnten Vorschrift anzusehen (BGHZ 23, 307, 317). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß sich an dieser Rechtslage durch die spätere Umbuchung des Betrages, wegen dessen die Gläubiger der Beklagten Aussonderung verlangen, auf das Sonderkonto I nichts geändert hat. Es handelt sich um einen internen buchungstechnischen Vorgang bei der Streitgehilfin, der nicht dazu führen kann, nachträglich den Gläubigern Ersatzaussonderungsansprüche zu gewähren.
Ansprüche aus Ersatzaussonderung stehen der Klägerin daher nicht zu.
II.
Die Revision der Klägerin beanstandet außerdem, daß das Berufungsgericht nicht dem Hilfsantrag der Klägerin auf Zahlung "aus der Masse", sondern lediglich dem äußerst hilfsweise gestellten Hilfsantrag auf Feststellung stattgegeben bat, obwohl die Klägerin nach Ansicht des Berufungsgerichts gemäß § 36 VerglO nicht Vergleichsgläubigerin sei. Diesem Vorbringen der Revision braucht indessen nicht nachgegangen zu werden, weil die Klägerin, die den Antrag, wie das Vorbringen der Revision ergibt, nur dahin verstanden wissen will, daß sie Zahlung außerhalb des Vergleichsverfahrens beansprucht, in Wirklichkeit nur Vergleichsgläubigerin ist. Dies ergibt sich aus den nachstehenden Ausführungen zur Revision der Beklagten und der Anschlußrevision der Streitgehilfin.
B.
Revision der Beklagten und Anschlußrevision der Streitgehilfin
1)
Im Gegensatz zu dem Landgericht nimmt das Berufungsgericht an, daß die zwischen den Parteien geschlossenen Kaufverträge im Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens von beiden Parteien noch nicht vollständig erfüllt gewesen seien und deshalb die Klägerin mit ihrer restlichen Kaufpreisforderung nicht an dem Vergleichsverfahren teilnehme. Es folgt der herrschenden Auffassung in lehre und Rechtsprechung, daß der Verkäufer beim Eigentumsvorbehalt den Vertrag noch nicht vollständig erfüllt habe, solange das Eigentum noch nicht auf den Käufer übergegangen ist, und lehnt die vom Landgericht vertretene Auffassung ab, daß durch die Weiterveräußerung der Mandeln an gutgläubige Dritte, die zum Eigentumsverlust der Klägerin führte, ein Zustand geschaffen worden sei, der praktisch der Erfüllung gleichkomme. Die Entscheidung sei nicht darauf abzustellen, so führt das Berufungsgericht aus, ob der Käufer nach dem gutgläubigen Eigentumserwerb der Nachkäufer noch einen Anspruch gegen den Verkäufer auf Eigentumsübertragung habe, sondern darauf, ob der Verkäufer den Käufer das Eigentum an der verkauften Sache verschafft habe. Da dies nicht der Fall sei, hält das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 VerglO für erfüllt.
2)
Dieser rechtlichen Betrachtung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Auch wenn entsprechend der herrschenden lehre und Rechtsprechung davon ausgegangen wird, daß der Vorbehaltsverkäufer, der dem Käufer die Sache übergeben hat, seiner Verpflichtung zur Erfüllung des Kaufvertrages damit noch nicht vollständig nachgekommen sei, sondern daß er weiterhin den Eigentumserwerb des Käufers zu gewährleisten habe, so endet doch diese Verpflichtung in dem Zeitpunkt, in dem der Vorbehaltsverkäufer durch Vorgänge, die er nicht zu vertreten bat, selbst das Eigentum verliert und deshalb nicht mehr in der Lage ist, dem Käufer das Eigentum zu verschaffen.
Die Abkäufer der Mandeln haben, wie beide Parteien nicht in Zweifel ziehen, bereits vor Eröffnung des Vergleichsverfahrens gutgläubig Eigentum an den Mandeln erworben. Auch wenn die Beklagte die ihr eingeräumte Treuhänderstellung dadurch mißbraucht haben sollte, daß sie entgegen der Weisung der Klägerin über die Konnossemente verfügte, ohne für die vorherige fernschriftliche Überweisung des Kaufpreises Sorge zu tragen, so änderte das doch nichts daran, daß der Verlust des Eigentums der Klägerin, das sie sich vorbehalten hatte, durch den gutgläubigen Eigentumserwerb der Abkäufer eingetreten war. Damit war die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an den Mandeln auf die Beklagte freigeworden (§ 275 BGB), und der entsprechende Erfüllungsanspruch der Beklagten war erloschen. Das hatte zur Folge, daß nunmehr für eine Anwendung des § 36 VerglO kein Raum mehr war. Die Rechtslage ist insoweit die gleiche wie bei einem Untergang des Eigentums des Vorbebaltsverkäufers durch. Verarbeitung (vgl. dazu Mentzel/Kuhn KO 7. Aufl. § 17 Anm. 18; Bley VerglO 2. Aufl. § 36 Anm. 42). Da § 36 VerglO voraussetzt, daß beide Teile weiter zur Leistung verpflichtet sind, ist in beiden Fällen bei einem Erlöschen der Leistungspflicht des Gläubigers § 36 VerglO nicht mehr anwendbar, ungeachtet dessen, daß der Schuldner nach § 324 BGB weiter zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet bleibt. Die Klägerin ist deshalb mit ihrem Kaufpreisanspruch bloße Vergleichsgläubigerin gewordene Entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts neigt das Schrifttum ganz überwiegend dem hier vertretenen Standpunkt zu (Serick Eigentumsvorbehalt Bd. I § 14 II 1 S. 384; Böhle-Stamschräder VerglO 8. Aufl. § 36 Anm. 4; Bley VerglO 2. Aufl. § 36 Anm. 43 b; Mentzel/Kuhn KO 7. Aufl. § 17 Anm. 18; Jaeger/Lent KO 8. Aufl. § 17 Anm. 11 a.E. Anderer Ansicht allerdings Ba. in seinen Gutachten). Für die Richtigkeit der von dem erkennenden Senat vertretenen Auffassung spricht auch die Erwägung, daß die Stellung des Vorbehaltsverkäufers im Konkurs- und Vergleichsverfahren in einer dem Sinne dieser Verfahren zuwiderlaufenden Weise verstärkt würde, wenn man der Gegenmeinung folgen wollte. Der noch nicht befriedigte Vorbehaltsverkäufer würde ohne Rücksicht auf das Schicksal der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache niemals Vergleichsgläubiger sein. Dieses Ergebnis läßt sich auch nicht durch den Hinweis des Berufungsgerichts rechtfertigen (BU 28), daß es einem Käufer, der widerrechtlich den Untergang des Eigentumsvorbehalts herbeigeführt hat, nicht gestattet werden könne, Vorteile aus seiner Handlungsweise zu ziehen, und die Berufung des Käufers auf den von ihm widerrechtlich herbeigeführten Untergang des Eigentumsvorbehalts als unzulässige Rechtsausübung angesehen werden müsse. Das Berufungsgericht übersieht hierbei, daß auch Gläubiger, deren Ansprüche sich aus unerlaubter Handlung des Schuldners herleiten, Vergleichsgläubiger sind. Hätte also zum Beispiel der Schuldner dem Gläubiger Gegenstände gestohlen, diese an unbekannte Dritte verkauft und übergeben sowie den Kaufpreis vor Vergleichseröffnung eingezogen, so wäre der Gläubiger ebenfalls bloßer Vergleichsgläubiger. Das Vergleichsverfahren hat ebenso wie das Konkursverfahren die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zum Ziele. Dieser tragende Grundsatz läßt es regelmäßig nicht zu, auf den Entstehungsgrund des Anspruchs abzustellen.
Ist aber die Klägerin entgegen der Annahme des Berufungsgerichts Vergleichsgläubigerin, so kann sie weder mit ihrem Hilfsantrag auf Zahlung noch dem auf Feststellung Erfolg haben.
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Streitgehilfin muß deshalb die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts in vollem Umfange zurückgewiesen worden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 97, 101 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3018644 |
BGHZ 50, 242 - 250 |
BGHZ, 242 |
DB 1968, 1395-1396 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1968, 2106-2108 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1968, 836 |
MDR 1968, 836-837 (Volltext mit amtl. LS) |