Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigentumsumschreibung im Grundbuch aufgrund testamentarischer Anordnung
Leitsatz (amtlich)
Eine nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erteilte landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung eines Landvermächtnisses kann im Revisionsverfahren berücksichtigt werden.
Normenkette
ZPO § 561; HöfeO § 16 Abs. 2 S. 1, § 4; BGB § 134
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25. November 1982 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 26. Februar 1982 hinsichtlich der im Berufungsrechtszug gestellten Klageanträge zu I. Nr. 1 und 2 sowie II. Nr. 2 bis 5 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, den im Grundbuch von B. Band ... Blatt ...09, Band ...6 Blatt ...66 sowie Band ...3 Blatt ...70 verzeichneten Grundbesitz an die Klägerin aufzulassen und deren Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch zu bewilligen.
Im weitergehenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der am 8. Juni 1960 verstorbene Landwirt und Kaufmann Clemens R. war Eigentümer eines Hofes im Sinne der Höfeordnung in B. und betrieb dort ein Textilhandelsgeschäft.
Durch notarielles Testament vom 22. Oktober 1958 hatte er u.a. folgendes bestimmt:
"...
§ 1
Erbe meines gesamten Vermögens, insbesondere meines in B. belegenen Hofes mit allen Gebäuden, baulichen Anlagen und dem Geschäft, ist mein Sohn Georg.
...
§ 7
Ich wünsche und erwarte, daß mein von mir als Erbe eingesetzter Sohn Georg, falls dieser ohne eheliche Nachkommen bleiben sollte, die zu meinem Nachlaß gehörigen Immobilien, insbesondere den Hof mit allen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden und allen Zubehör, an eines seiner Geschwister oder an einen Abkömmling von diesen weitervererbt. ...
Für den Fall, daß mein Sohn Georg eine Verfügung von Todes wegen, die meiner vorstehenden Erwartung entspricht, im Falle seiner Kinderlosigkeit nicht errichten sollte, ordne ich folgendes an:
Der Hof mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden nebst Zubehör und auch das Geschäft müssen dann an meine Tochter Agnes "(= die Klägerin)" herausgegeben werden...
Die vorstehend angeordnete Herausgabeverpflichtung soll, was ich ausdrücklich zur Vermeidung etwaiger Unstimmigkeiten bemerke, nur schuldrechtlicher Natur sein. Es handelt sich also nicht um die Anordnung einer Nacherbfolge, so daß mein Sohn Georg zu seinen Lebzeiten unbeschränkt verfügungsberechtigt ist.
...
Sollte mein Sohn Georg im Zeitpunkt seines Todes verheiratet aber kinderlos sein, kann er durch Verfügung von Todes wegen seiner Ehefrau einen lebenslänglichen angemessenen Unterhalt im Elternhause zuwenden.
..."
Georg R. heiratete 1977 die Beklagte. Die Ehe blieb kinderlos. Durch privatschriftliches Testament vom 24. März 1978 setzte er die Beklagte als Alleinerbin ein. Er starb am 16. Juli 1980. Das Landwirtschaftsgericht erteilte der Beklagten einen Erbschein mit Hoffolgezeugnis; diese ist als Eigentümerin des den Hof bildenden Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen. Hierzu gehört neben dem im Grundbuch von B. Band ...6 Blatt ...66 und Band ...0 Blatt ...09 verzeichneten Grundbesitz ein weiteres Grundstück, eingetragen in demselben Grundbuch Band ...3 Blatt ...70, welches Georg R. nach dem Tod seines Vaters hinzuerworben hatte.
Die Klägerin hat in erster Instanz verlangt, daß die Beklagte den Hofgrundbesitz an sie auflasse und die Eigentumsumschreibung bewillige sowie beim Registergericht beantrage, daß anstelle des im Handelsregister eingetragenen Georg R. die Klägerin als Inhaberin des unter der Gründerfirma "C. R." betriebenen Textilgeschäftes eingetragen werde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während der Berufungsinstanz hat die Klägerin bei dem Amtsgericht Vechta - Landwirtschaftsgericht - beantragt, dem Grundstücksvermächtnis nach § 16 Abs. 1 der Höfeordnung zuzustimmen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin in erster Linie beantragt,
den Rechtsstreit bis zum Abschluß des landwirtschaftsgerichtlichen Verfahrens auszusetzen.
Im übrigen hat sie folgende Sachanträge gestellt:
- Die Beklagte zu verurteilen, die im Grundbuch von B. Band ...0 Blatt ...09, Band ...6 Blatt ...66 und Band ...3 Blatt ...70 verzeichneten Grundstücke an die Klägerin aufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen, evtl. nach Erteilung der erforderlichen Genehmigung;
- hilfsweise: festzustellen, daß die Klägerin Eigentümerin der im Grundbuch von B... Band ...0 Blatt ...09, Band ...6 Blatt ...66 und Band ...3 Blatt ...70 verzeichneten Grundstücke ist, und die Beklagte zu verurteilen, in die Berichtigung der vorbezeichneten Grundbücher einzuwilligen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, damit das im Hause ... B., L. Straße ... unter der Firma C. R. betriebene und unter HRA ... beim Handelsregister des Amtsgerichts V. eingetragene Handelsgeschäft mit allen Aktiven und Passiven auf die Klägerin übergeht einschließlich der entsprechenden Berichtigung des Handelsregisters;
- hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, die Berichtigung des Handelsregisters beim Amtsgericht V. zu HRA ... (Firma C. R.) nach Voreintragung der Firma C. R. oHG, evtl. Geschwister R., dahin zu beantragen, daß die Gesellschaft durch den am 16. Juli 1980 verstorbenen Georg R. aufgelöst wurde und die Klägerin das Geschäft unter der bisherigen Firma, evtl. unter der Firma Agnes R. als Einzelkaufmann weiterführt;
- hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, die Berichtigung des Handelsregisters beim Amtsgericht V. zu HRA ... dergestalt zu beantragen, daß das Einzelhandelsgeschäft durch Eintritt der Gesellschafterin Agnes R. unter der Firma C. R. oHG, evtl. Geschwister R., umgewandelt wurde und diese Gesellschaft durch den am 16. Juli 1980 erfolgten Tod des Georg R. aufgelöst worden ist;
- hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, die Berichtigung des Handelsregisters beim Amtsgericht V. zu HRA ... (Firma C. R.) dergestalt zu beantragen, daß als Firmeninhaberin anstelle des verstorbenen Georg R. die Klägerin mit Wirkung vom 16. Juli 1980 eingetragen wird;
- hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, das im Hause ... B., L. Straße ..., unter der Firma C. R. betriebene und unter HRA ... beim Handelsregister des Amtsgerichts V. eingetragene Handelsgeschäft an die Klägerin herauszugeben, der Klägerin insbesondere den gesamten Warenbestand herauszugeben und zu übereignen sowie alle Außenstände und sonstigen Forderungen an die Klägerin abzutreten.
Das Oberlandesgericht hat dem Aussetzungsantrag nicht stattgegeben und die Berufung zurückgewiesen.
Nach Erlaß des Berufungsurteils erteilte das Landwirtschaftsgericht die von der Klägerin nachgesuchte Zustimmung. Die sofortige Beschwerde der Beklagten blieb erfolglos.
Die Klägerin nimmt die Abweisung des zweiten Hauptantrages (Antrag II Nr. 1) hin. Die anderen Anträge verfolgt sie mit der Revision weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
A)
Anspruch auf Auflassung des Hofgrundbesitzes oder Berichtigung des Grundbuchs:
I.
Das Berufungsgericht hält den Haupt- und den Hilfsantrag für unbegründet, weil die letztwillige Verfügung des Clemens R. als Grundstücksvermächtnis auszulegen sei, dem die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 HöfeO erforderliche Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts fehle. Zwar sei die Vermächtnisanordnung nicht gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig: Clemens R. habe im Einklang mit der Vorschrift des § 4 HöfeO nur einen Hoferben, seinen Sohn Georg, bestimmt; auch wirke sich die Vermächtnisanordnung nicht als Ausschluß der Erbfolge kraft Höferechts aus, weil der Umfang und die Bewirtschaftungsfähigkeit des insgesamt herauszugebenden Hofes nicht beeinträchtigt werde. Solange aber die Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts nicht erteilt sei, sei das Landvermächtnis schwebend unwirksam und könne daher - noch - keine Verpflichtung der Beklagten zur Auflassung des Hofgrundbesitzes begründen.
Den Aussetzungsantrag hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil die Klägerin das Zustimmungsverfahren aus eigener Nachlässigkeit erst kurz vor dem Berufungstermin eingeleitet habe und der Beklagten eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluß des landwirtschaftsgerichtlichen Verfahrens nicht zugemutet werden könne.
II.
1.
Die Zuständigkeit des Prozeßgerichts ist vom Berufungsgericht zutreffend bejaht worden. Die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen.
2.
Soweit die Revision die Ablehnung des Antrages auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts über den Antrag auf Zustimmung zu einem Landvermächtnis nach § 16 HöfeO rügt, fehlt es an der Anfechtbarkeit (§§ 548, 252, 567 Abs. 3 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1973, V ZR 163/71, WM 1973, 184), im übrigen ist die Rüge nach der rechtskräftigen Erteilung der landwirtschaftsgerichtlichen Zustimmung gegenstandslos geworden.
3.
Das Urteil des Berufungsgerichts kann nicht aufrechterhalten bleiben, weil inzwischen die Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts rechtskräftig erteilt worden und diese im Revisionsrechtszug zu beachten ist:
a)
Obwohl die landwirtschaftsgerichtlichen Entscheidungen erst nach dem Abschluß des Berufungsverfahrens ergangen sind, können sie vom Revisionsgericht berücksichtigt werden. Abgesehen von Verfahrensfehlern unterliegt nach § 561 Abs. 1 ZPO der Beurteilung des Revisionsgerichts zwar nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils und aus der Sitzungsniederschrift hervorgeht oder das vom Tatrichter verfahrensfehlerhaft übergangen worden ist. Aus prozeßwirtschaftlichen Erwägungen hat die Rechtsprechung diesen Grundsatz jedoch wiederholt durchbrochen und auch solche Tatsachen berücksichtigt, die erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden sind. So ist vor allem die Berücksichtigung solcher Tatsachen zugelassen worden, die für das Vorliegen der von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen von Bedeutung waren (vgl. BGHZ 53, 128, 130 ff; 83, 102; 85, 288, 290; BGH Urteil vom 21. Juni 1976, III ZR 22/75, LM ZPO § 341 Nr. 2 = NJV 1976, 1940; jeweils mit weiteren Nachweisen). Darüber hinaus ist aber auch die Einführung neuer, die materielle Rechtslage betreffender Tatsachen im Revisionsrechtszug als möglich angesehen worden. Die überwiegende Zahl dieser Entscheidungen hat behördliche Akte oder gerichtliche Entscheidungen zum Gegenstand, die nach Erlaß des Berufungsurteils ergangen waren (so etwa BGHZ 3, 365, 367, 368: Veröffentlichung einer Klagepatentschrift; BGH Urteil vom 25. Juni 1953, IV ZR 135/51: Erteilung einer Devisengenehmigung; BGH Urteil vom 24. Juni 1980, VI ZR 106/79, LM RVO § 638 Nr. 3 = VersR 1980, 822: Entscheidungen der Berufsgenossenschaft und der Sozialgerichtsbarkeit über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles; vgl. auch BGH Urteil vom 2. Dezember 1974, II ZR 132/73, LM BGB § 387 Nr. 53 = NJW 1975, 442: materiell-rechtliche Auswirkungen der Konkurseröffnung).
Im Anschluß an diese Rechtsprechung hat der Senat keine Bedenken, die Erteilung der landwirtschaftsgerichtlichen Zustimmung zu berücksichtigen; schützenswerte Belange der Beklagten werden dadurch nicht berührt (vgl. hierzu auch das BGH-Urteil vom 5. Februar 1974, VI ZR 71/72, LM ZPO § 561 Nr. 39). Nach Erteilung der landwirtschaftsgerichtlichen Zustimmung wäre es prozeßwirtschaftlich unvertretbar, einen Vermächtnisanspruch mit Hinweis auf die fehlende Zustimmung des Landwirtschaftsgerichtes zu verneinen und die Parteien dadurch auf einen neuen Rechtsstreit zu verweisen.
b)
Soweit in der Revisionserwiderung der Standpunkt vertreten wird, das Landwirtschaftsvermächtnis laufe auf einen Ausschluß der Erbfolge kraft Höferechts hinaus und sei daher gemäß §§ 4, 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO i.V.m. § 134 BGB nichtig, hat sich auch diese Frage durch die rechtswirksame Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts erledigt.
Das Landwirtschaftsgericht hat im Zustimmungsverfahren die §§ 4, 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO zu beachten. Einem Vermächtnis, durch das die Erbfolge kraft Höferechts ausgeschlossen würde, müßte die Zustimmung versagt werden. Erteilt das Landwirtschaftsgericht einem Vermächtnis aber die Zustimmung, so steht damit fest, daß gesetzliche Versagungsgründe nicht gegeben sind. Dies bedeutet im Hinblick auf die besondere Prüfungspflicht des Landwirtschaftsgerichts auch, daß die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nicht mehr unter dem Gesichtspunkt eines Ausschlusses der Erbfolge kraft Höferechts in Frage gestellt werden kann (so BGHZ 26, 298, 302 ff für einen Übergabevertrag nach § 17 HöfeO; bezüglich der Rechtswirksamkeit eines Vermächtnisses kann jedoch nichts anderes gelten, so zutreffend Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO 8. Aufl. § 16 Rdn. 20).
4.
Ist somit davon auszugehen, daß einer Verurteilung der Beklagten nach dem Hauptantrag der Klägerin keine höferechtlichen Hinderungsgründe entgegenstehen, so ist die Beklagte antragsgemäß zur Auflassung des Grundbesitzes an die Klägerin und zur Bewilligung der Grundbuchumschreibung zu verurteilen.
Das Berufungsgericht legt das Testament des Clemens R. rechtsfehlerfrei und unangegriffen dahin aus, daß die Klägerin nach dem Willen des Erblassers als Vermächtnisnehmerin den gesamten Hof erhalten soll, wenn der Erbe Georg R. stirbt, ohne eine den Erwartungen seines Vaters entsprechende letztwillige Verfügung getroffen zu haben. Dem Testament ist keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, daß zum "Hof mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden" abweichend von § 2 HöfeO nicht alle Grundstücke gehören sollen, die regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werden. Dementsprechend kann die Klägerin auch die Übereignung des im Grundbuch von B. verzeichneten Grundstücks Band ...3 Blatt ...70 verlangen, das Georg R. im Tausch gegen ein anderes Hofgrundstück erworben hatte.
5.
Ein Zurückbehaltungsrecht steht der Beklagten nicht zu. Dabei kann offenbleiben, ob - was das Berufungsgericht nicht geprüft hat - Georg R. von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, der Beklagten durch Verfügung von Todes wegen einen "lebenslänglichen, angemessenen Unterhalt im Elternhause" zuzuwenden. Denn es ist offensichtlich, daß erst die Verwirklichung des Vermächtnisanspruchs die Klägerin in die Lage versetzen kann und soll, einen etwaigen der Beklagten geschuldeten Unterhalt zu "erwirtschaften".
B)
Ansprüche der Klägerin auf Mitwirkung der Beklagten bei der Anmeldung der in das Handelsregister einzutragenden Änderungen und Übertragung des Handelsgeschäfts
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag fehle wegen der Möglichkeit der Leistungsklage das Rechtsschutzbedürfnis; er sei im übrigen auch zu unbestimmt gefaßt. Die Hilfsantrage zu 2 und 3 habe die Klägerin erstmals mit dem am Terminstage vorgelegten Schriftsatz vom gleichen Tage (11. November 1982) angekündigt. Die Beklagte habe daher insoweit zu Recht die Einlassung verweigert (§ 132 ZPO), so daß sich das Gericht mit diesen Anträgen nicht zu befassen habe. Die Hilfsantrage zu 4 und 5 schließlich seien unbegründet, weil die Klägerin nicht dargetan habe, daß sie als Firmeninhaberin an Stelle des verstorbenen Georg R. in das Handelsregister einzutragen und die Beklagte zur Herausgabe des Handelsgeschäfts verpflichtet sei.
II.
1.
Die Abweisung des Hauptantrages wird von der Revision nicht angegriffen.
2.
Zu Recht rügt die Revision die "Nichtbefassung" mit den hilfsweise gestellten Anträgen zu 2 und 3 als verfahrensfehlerhaft.
Das Berufungsgericht geht offenbar davon aus, daß die Verletzung der Vorschrift des § 132 Abs. 1 ZPO dazu berechtigte, die neuen Tatsachen oder das sonstige neue Vorbringen, zu dem auch Änderungen und Erweiterungen des Klageantrages gehören (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 132 Rdn. 5; Zöller/Stephan, ZPO 14. Aufl. § 132 Rdn. 2), unberücksichtigt zu lassen. Das ist rechtsfehlerhaft. Die Versäumung der Frist des § 132 ZPO führt dazu, daß die Gegenpartei die Einlassung im Termin verweigern darf und ihr das Gericht eine Erklärungsfrist einräumen (§ 283 ZPO) oder den Rechtsstreit vertagen muß. Dies gibt dem Gericht nicht das Recht, allein schon aus der Tatsache der Nichteinhaltung der Frist des § 132 ZPO nachteilige Folgerungen für die säumige Partei zu ziehen (vgl. Zöller/Stephan a.a.O. Rdn. 3).
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Nichtberücksichtigung der Hilfsanträge auch nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO gerechtfertigt.
Die zusätzliche Einführung neuer Hilfsanträge ist eine nachträgliche objektive Klagehäufung in Eventualstellung (§ 260 ZPO) und eine Klageänderung (BGH Urteile vom 15. Oktober 1969, VIII ZR 136/67, LM ZPO § 264 Nr. 25 = NJW 1970, 44 und vom 14. März 1979, IV ZR 80/78, LM ZPO § 263 Nr. 2 = FamRZ 1979, 573). Ihre Zulässigkeit richtet sich allein nach § 263 ZPO. Mit dieser Maßgabe ist sie bis zum Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung zulässig; § 296 ZPO ist unanwendbar, weil diese Vorschrift nur die Verzögerung von Angriffsmitteln, nicht die des Angriffs selbst ahndet (BGH Urteile vom 18. Januar 1955, I ZR 119/53, LM ZPO § 264 Nr. 6 = NJW 1955, 707 zu § 279 ZPO a.F. und vom 12. Februar 1981, VII ZR 112/80, NJW 1981, 1217 zur Widerklage; OLG Karlsruhe NJW 1979, 879; Zöller/Stephan a.a.O. § 282 Rdn. 2 und § 296 Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 42. Aufl. § 282 Anm. 2 und § 296 Anm. 2 A).
Da die Beklagte der Klageänderung widersprochen hat, hängt ihre Zulässigkeit davon ab, ob sie das Gericht für sachdienlich hält (§ 263 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich hierzu nicht geäußert; die von ihm unterlassene Prüfung der Sachdienlichkeit kann jedoch vom Revisionsgericht nachgeholt werden (BGH Urteil vom 14. März 1979, aaO). Da die Klägerin mit diesen neuen Anträgen keinen völlig neuen Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt hat, sondern hiermit nur die sich aus dem Vorbringen der Beklagten zur Errichtung einer OHG und dem gerichtlichen Hinweis vom 8. November 1982 ergebenden Konsequenzen gezogen hat, ist die Sachdienlichkeit zu bejahen.
Eine Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat versagt. Feststellungen, die eine verwertbare tatsächliche Grundlage zur Entscheidung über den - vorrangig zu behandelnden - Klageantrag zu 2 bieten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist auch nicht so, daß dieser Anspruch der Klägerin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zustehen kann (vgl. BGHZ 33, 398, 401; BGH Urteile vom 16. November 1953, III ZR 158/52, LM ZPO § 565 Abs. 3 Nr. 2 = NJW 1954, 150 und vom 14. März 1978, VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031):
Bestand zwischen Georg R. und der Klägerin eine OHG, in die er das ererbte Handelsgeschäft als Einlage eingebracht hatte, so liegt - wie von der Klägerin in dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Schriftsatz vom 11. November 1982 angesprochen - die Annahme nicht fern, daß im Gesellschaftsvertrag eine Übernahmevereinbarung zugunsten der Klägerin für den Fall des Eintritts der von Clemens R. gesetzten Bedingung hinsichtlich des Vermächtnisanfalls getroffen wurde. Verhielte es sich so, dann hätte sich im Zeitpunkt des Todes des Clemens R. oder der Ausübung des Übernahmerechts das bisherige Gesamteigentum der Gesellschafter in Alleineigentum der übernehmenden Klägerin verwandelt, ohne daß dazu besondere Übertragungsakte erforderlich gewesen wären (vgl. BGHZ 50, 307, 308 f; Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. S. 468). Die Klägerin könnte dann von der Beklagten als Erbin des bisherigen Gesellschafters Georg R. verlangen, daran mitzuwirken, daß die Auflösung der OHG und die Fortführung des Geschäfts durch die Klägerin in das Handelsregister eingetragen wird, und zwar unbeschadet des Umstands, daß die Eintragung der Errichtung der OHG entgegen § 106 HGB unterblieben ist (vgl. zu dem Vorstehenden Ulmer in GroßKomm HGB 3. Aufl. § 143 Anm. 9, 10, 20, 21).
Die in der Berufungsverhandlung "zum Zwecke der Anmeldung zum Handelsregister" abgegebene Erklärung der Beklagten, die OHG sei durch den Tod des Georg R. aufgelöst worden, erschöpft den geltend gemachten Klageanspruch zu 2 nicht. Im übrigen sind gemäß § 12 Abs. 1 HGB Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister in öffentlich-beglaubigter Form (§ 129 Abs. 1 BGB) einzureichen. Gemäß § 127 a BGB wird jedoch die notarielle Beurkundung - der nach § 129 Abs. 2 BGB wiederum die öffentliche Beglaubigung gleichsteht - nur durch die Aufnahme der Erklärungen einer Partei in ein gerichtliches Vergleichsprotokoll ersetzt.
Die Abweisung der Klageanträge zu 4 und 5 unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil diese Anträge nur für den Fall auch der Abweisung der Klageanträge zu 2 und 3 gestellt worden sind, die das Berufungsgericht in rechtsfehlerhafter Weise übergangen hat.
Unterschriften
Dr. Thumm
Linden
Vogt
Räfle
Lambert-Lang
Fundstellen