Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe
Tenor
Die Revision des Antragstellers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1997 ergangene Urteil des Landgerichts Leipzig – Dienstgericht für Richter – wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der 1951 geborene Antragsteller war nach Ablegung der juristischen Staatsprüfung im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung in H. mit der Note „befriedigend” seit 1984 als Rechtsanwalt tätig. Am 2. November 1992 wurde er vom Antragsgegner unter Berufung in das Richterverhältnis auf Probe zum Richter ernannt und bis zum 31. Juli 1995 dem Kreisgericht D. – dem späteren Amtsgericht D. – zugewiesen. Während des ersten Jahres seiner Tätigkeit war er an das Staatsministerium der Justiz abgeordnet. Vom 1. November 1993 bis zum 31. Juli 1995 war der Antragsteller beim Amtsgericht D. als Richter tätig. Seit dem 1. August 1995 ist er der Staatsanwaltschaft D. zugewiesen.
Der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft D. beurteilte den Antragsteller in der Abschlußprobezeitbeurteilung vom 9. Oktober 1995 mit dem Gesamturteil „noch nicht geeignet” und sprach sich wegen der zu Anfang der Tätigkeit des Antragstellers bei der Staatsanwaltschaft D. zutage getretenen Unzulänglichkeiten für eine Verlängerung der Probezeit aus. Er beanstandete unter anderem, daß der Antragsteller zu Beginn seiner Tätigkeit die Dienststunden häufig nicht eingehalten habe und wiederholt auch tageweise dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben sei.
Vom 3. bis zum 28. Januar 1996 war der Antragsteller arbeitsunfähig erkrankt, wobei er sich vom 20. bis zum 26. Januar 1996 in stationärer Behandlung im Klinikbereich O. des Städtischen Krankenhauses D. befand, in welchem psychisch Kranke und Alkoholkranke behandelt werden.
In einem Gespräch am 12. Februar 1996 wurde dem Antragsteller durch die zuständige Personalreferentin des Antragsgegners eröffnet, daß er mit seiner Entlassung zum Ablauf der auf vier Jahre verlängerten Probezeit rechnen müsse, da starke Anhaltspunkte dafür bestünden, daß er dem Alkohol zuneige und sich zur Behandlung eines Alkoholdelirs im Klinikbereich O. befunden habe.
Das auf Anordnung des Antragsgegners zur Frage einer etwaigen Alkoholsucht des Antragstellers eingeholte psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 22. August 1996 kam zu dem Ergebnis, daß sich eine definitive Alkoholerkrankung zwar nicht nachweisen lasse, jedoch der Verdacht auf ein beginnendes Alkoholproblem bestehe. Der Sachverständige begründete dies damit, daß bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zwar Kriterien eines schweren Alkoholismus fehlen würden, aber Stigmen – sowohl aus dem sozialen Umfeld, dem klinischen Eindruck und der Labordiagnostik – auf eine mögliche Gefährdung des Antragstellers, sich in der Entwicklung zu einer definitiven Erkrankung hin zu befinden, erkennbar seien. So bestehe schon nach der Durchführung des Münchner Alkoholismustests (MALT) der Verdacht auf Alkoholismus; ferner wiesen die Laboruntersuchungen typische Veränderungen auf, wie sie auch durch Alkoholmißbrauch hervorgerufen würden.
Mit Verfügung vom 16. September 1996 entließ der Antragsgegner den Antragsteller gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG aus dem Richterverhältnis auf Probe mit Ablauf des 1. November 1996. Zur Begründung führte er aus, daß die gesundheitliche Eignung des Antragstellers zur Ausübung des Richteramtes nicht gegeben sei, da dieser an einer Alkoholkrankheit leide. Dies sei zum einen durch verschiedene Vorfälle zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft D. im August 1995 belegt. Der Antragsteller sei an mehreren Tagen alkoholisch beeinflußt gewesen, habe einen desorientierten Eindruck gemacht und eine Arbeits- und Verhaltensweise an den Tag gelegt, die ebenfalls typisch für einen Alkoholkranken sei. Die anschließende Erkrankung des Antragstellers in der Zeit vom 8. bis zum 18. August 1995 füge sich in dieses Bild ein. Auch die erneute Erkrankung im Januar 1996, die schließlich zu einem stationären Aufenthalt in einer auf die Behandlung von psychisch Kranken und Alkoholikern ausgerichteten Klinik geführt habe, bestätige die Annahme einer Alkoholerkrankung. Hinzu komme, daß der Antragsteller bereits während seiner Tätigkeit beim Amtsgericht mehrfach tageweise gefehlt habe, was eine typische Erscheinung bei Alkoholkranken sei. Schließlich werde die Annahme einer Alkoholerkrankung auch durch die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. B. bestätigt: Danach ergebe sich schon aufgrund des Münchner Alkoholismustests ein entsprechender Verdacht, der durch die festgestellten, stark erhöhten Leberwerte erhärtet werde. Die Zusammenschau dieser Untersuchungsergebnisse mit den geschilderten Vorfällen belege die Alkoholkrankheit des Antragstellers, der bereits im Jahre 1983 wegen eines Vergehens der Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Daß das Gesundheitsamt dem Antragsteller die körperliche Eignung bescheinigt habe, stehe dieser Annahme nicht entgegen, da das Gesundheitsamt im Gegensatz zu dem Sachverständigen keine Laborbefunde ausgewertet habe. Im übrigen komme auch dem Umstand besondere Bedeutung zu, daß der Antragsteller seine Zustimmung zu einer Einsichtnahme in die Krankenunterlagen über seine Behandlung im Klinikbereich O. sowie zu einer Befragung seiner Lebensgefährtin durch den Sachverständigen verweigert habe; dies lasse nur den Schluß zu, daß er seine Alkoholkrankheit verheimlichen wolle.
Der Präsidialrat, der erst nach Erlaß der Entlassungsverfügung um eine Stellungnahme gebeten wurde, hat mit Schreiben vom 1. Oktober 1996 mitgeteilt, er habe am 26. September 1996 beschlossen, der Entlassung zuzustimmen.
Der Antragsteller erhob gegen die Entlassungsverfügung Widerspruch und wandte ein, daß eine bestehende Alkoholerkrankung nicht erwiesen sei, daß der Sachverständige durch den im Gutachtenauftrag geäußerten Verdacht einer solchen Erkrankung beeinflußt gewesen sei und daß er selbst seine Mitwirkungspflicht an der Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung nicht verletzt habe. Im übrigen habe der Antragsgegner dadurch gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen, daß er ihn auf die Vorfälle im August 1995, die nunmehr zu der Entlassung führen sollten, erst im Februar 1996 angesprochen habe.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch durch Bescheid vom 25. November 1996 zurück. Zur Begründung führte er vor allem aus: Die Zusammenschau des Verhaltens des Antragstellers im Dienst mit den Ergebnissen des fachärztlichen Gutachtens und den festgestellten Leberwerten lasse nur den Schluß zu, daß bei dem Antragsteller eine Alkoholerkrankung vorliege, die den Eintritt einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit erwarten lasse. Selbst wenn aber lediglich die Gefahr bestehe, daß sich ein Alkoholismus erst entwickele, sei eine gesundheitliche Eignung für das Amt eines Richters oder Staatsanwalts nicht gegeben. Im übrigen sei im Verlauf des Widerspruchsverfahrens ermittelt worden, daß der Antragsteller bereits während seiner Tätigkeit im Staatsministerium der Justiz durch Alkoholkonsum aufgefallen und deswegen von seiner Referatsleiterin unter Hinweis auf mögliche berufliche Konsequenzen zur Rede gestellt worden sei; dabei habe er bestehende Alkoholprobleme eingeräumt und mit familiären Schwierigkeiten erklärt. Durch die erforderliche Konkretisierung des Gutachtenauftrages sei die Objektivität des Gutachters nicht beeinflußt worden. Die Versagung der Zustimmung des Antragstellers zur Einsichtnahme in die Krankenhausunterlagen stelle eine Verweigerung der erforderlichen Mitwirkung an der zweifelsfreien Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung dar. Schließlich sei dem Antragsgegner auch keine Verletzung der Fürsorgepflicht anzulasten, da er den Antragsteller nicht erst im Februar 1996, sondern bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorkommnisse bei der Staatsanwaltschaft in einem Personalgespräch am 9. Oktober 1995 auf die möglichen beruflichen Folgen übermäßigen Alkoholgenusses hingewiesen habe.
Am 20. Dezember 1996 hat der Antragsteller das Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Leipzig mit dem Antrag angerufen, die Entlassungsverfügung vom 16. September 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 1996 aufzuheben. Zur Begründung hat er auf seine Widerspruchsbegründung Bezug genommen und darüber hinaus bestritten, im Jahre 1993 von seiner Referatsleiterin wegen Alkoholkonsums vor bzw. während der Arbeitszeit abgemahnt worden zu sein. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 30. April 1997 hat er sich ferner darauf berufen, daß die Entlassungsverfügung deswegen unwirksam sei, weil der Präsidialrat erst nach deren Erlaß beteiligt worden sei. Außerdem habe es der Personalreferentin an der erforderlichen Objektivität gemangelt, wie sich aus ihrer Äußerung gegenüber dem Antragsteller ergebe, sie werde alles in ihrer Macht Stehende tun, um seine Lebenszeitverbeamtung zu verhindern.
Das Dienstgericht hat den Antrag durch das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1997 ergangene Urteil als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Entlassungsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei formell und materiell rechtmäßig. Daß die Stellungnahme des Präsidialrats bei Bekanntgabe der Entlassungsverfügung noch nicht vorgelegen habe, sei unschädlich, da die Beteiligung des Präsidialrats, der im übrigen der Entlassung zugestimmt habe, vor Abschluß des Widerspruchsverfahrens mit heilender Wirkung nachgeholt worden sei. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme habe sich die vom Antragsteller behauptete Befangenheit der für Personalangelegenheiten zuständigen Referatsleiterin im Ministerium der Justiz nicht bestätigt, wohl aber die von ihm bestrittene Abmahnung durch seine Dienstvorgesetzte im Jahre 1993. Es sei nicht ersichtlich, daß der Antragsgegner in den angefochtenen Entscheidungen den Begriff der fehlenden gesundheitlichen Eignung und die gesetzlichen Grenzen seines Beurteilungsspielraumes verkannt habe. Zwar sei der Antragsgegner in den Bescheiden zu Unrecht davon ausgegangen, daß eine Alkoholkrankheit des Antragstellers erwiesen sei; er habe die Entlassungsentscheidung in dem Widerspruchsbescheid jedoch zutreffend hilfsweise damit begründet, daß die Gefahr eines sich entwickelnden Alkoholismus bestehe. Auch sei die Tatsache der im Jahre 1983 erfolgten strafrichterlichen Verurteilung zu Unrecht zum Nachteil des Antragstellers verwertet worden, da sie dem Antragsgegner bereits bei der Einstellung bekannt gewesen sei; dies habe aber – wie der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung erklärt habe – keinen bestimmenden Einfluß auf die Entlassungsentscheidung gehabt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner zugelassenen Revision. In formeller Hinsicht rügt er, daß der absolute Revisionsgrund des § 138 Nr. 6 VwGO vorliege, weil das nach § 116 Abs. 2 VwGO zuzustellende Urteil keine Entscheidungsgründe enthalte, da es erst später als fünf Monate nach der Verhandlung vollständig abgefaßt und zugestellt worden sei. Das Originalurteil sei zwar nach einem nicht unterschriebenen Stempelvermerk (Eingangsstempel) am 21. April 1998 zur Geschäftsstelle gelangt; es enthalte jedoch so viele, auch sachliche Änderungen, daß der Antragsteller behaupten müsse, diese seien von den richterlichen Unterschriften nicht gedeckt.
In materieller Hinsicht beanstandet er, daß das Dienstgericht dem Antragsgegner auch bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung einen Beurteilungsspielraum zugebilligt habe, obwohl eine Alkoholerkrankung objektivierbar sei. Im übrigen hätten der Antragsgegner und das Dienstgericht den Begriff der gesundheitlichen Eignung verkannt, indem sie für die Entlassungsentscheidung bereits die Gefahr, daß sich eine Alkoholkrankheit entwickeln werde, für ausreichend erachtet hätten. Schließlich habe das Dienstgericht den vorgetragenen Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme entgegen § 86 VwGO nicht rechtsfehlerfrei ausgeschöpft: es habe die Bekundungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. bei seiner mündlichen Anhörung nicht berücksichtigt, wonach sich die Leberwerte des Antragsgegners zwischenzeitlich verbessert hätten und wonach derartige Werte für sich genommen ohnehin keine Aussage über das Bestehen einer Alkoholkrankheit zuließen; außerdem habe es die Bekundungen der Zeugen Do., U. und Z. insoweit übergangen, als diese angegeben hätten, bei dem Antragsgegner nur während begrenzter Zeiträume Alkoholauswirkungen bemerkt zu haben. Schließlich hätte das Dienstgericht auch von einer erheblichen Voreingenommenheit der Personalreferentin Ha. ausgehen müssen.
Der Antragsteller beantragt,
- das angefochtene Urteil abzuändern und seinem Antrag auf Aufhebung der Entlassungsverfügung vom 16. September 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 1996 stattzugeben,
- hilfsweise,
- die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Leipzig – Dienstgericht für Richter – zurückzuverweisen.
Der Antragsgegner hält die Verfahrensrüge für unbegründet und die Entlassungsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheids für formell und materiell rechtmäßig und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 16. September 1998 sowie auf denjenigen des Antragsgegners vom 13. Dezember 1998 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Der vom Antragsteller behauptete absolute Revisionsgrund des § 80 Abs. 1 DRiG i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO liegt nicht vor, da das vollständige, von den Richtern unterschriebene Urteil fristgerecht bei der Geschäftsstelle eingegangen ist.
Ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil ist im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind, da bei Überschreitung dieser Frist die Übereinstimmung zwischen den in das Urteil aufgenommenen und den für die richterliche Überzeugung tatsächlich leitend gewesenen Entscheidungsgründen angesichts des nachlassenden Erinnerungsvermögens der beteiligten Richter nicht mehr gewährleistet erscheint (vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 - GmS OGB 1/92, BVerwGE 92, 367, 372 f.). Der Zeitpunkt der Zustellung des Urteils, durch den die Beurkundungsfunktion nicht berührt wird, ist in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 31).
Nichts anderes gilt für den Fall, in dem – wie hier – die Verkündung des Urteils durch dessen Zustellung ersetzt wird (§ 116 Abs. 2 VwGO). Zur Wahrung der in dieser Vorschrift genannten Zweiwochenfrist genügt in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO, wenn die unterschriebene Entscheidungsformel innerhalb von zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird und das vollständige Urteil sodann spätestens innerhalb von fünf Monaten nach der Niederlegung des Urteilstenors zur Geschäftsstelle gelangt (BVerwG, Beschluß vom 3. August 1998 - 7 B 236/98; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. § 116 Rdn. 11).
Ausweislich der entsprechenden Eingangsstempel sind der Urteilstenor am 4. Dezember 1997 und das vollständige Urteil am 21. April 1998 um 13.15 Uhr – also fristgerecht nach der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1997 – bei der Geschäftsstelle eingegangen. Daß der Eingangsstempel auf dem Originalurteil nicht unterschrieben wurde, ist schon deshalb unschädlich, weil es eines gesonderten Vermerks nicht bedarf (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1987 - 9 C 247/86, NJW 1987, 2247; vgl. auch Kopp/Schenke aaO § 117 Rdn. 19). Im übrigen ergibt sich auch aus der vom Vorsitzenden unterzeichneten Verfügung (GA S. 273), daß das abgesetzte und unterschriebene Urteil am 21. April 1998 um 13.15 Uhr zur Geschäftsstelle gelangt ist.
Soweit der Revisionsführer rügt, der endgültige Urteilstext sei von den Unterschriften der beteiligten Richter nicht gedeckt, hat er keine ausreichenden Tatsachen dargetan, die Anhaltspunkte für den behaupteten Mangel ergeben könnten (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 DRiG). Allein die Tatsache, daß der ursprüngliche Urteilsentwurf Änderungen – auch sachlicher Art – aufweist und dem Vorsitzenden längere Zeit vorgelegen hat, reicht nicht aus.
II.
Die auf § 22 Abs. 2 Nr. 1 DRiG gestützte Entlassung des Antragstellers aus dem Richterverhältnis auf Probe wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die formellen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Antragsteller wurde am 2. November 1992 zum Richter auf Probe ernannt und mit Ablauf des vierten Erprobungsjahres zum 1. November 1996 aus dem Richterverhältnis auf Probe entlassen. Die Entlassungsverfügung vom 16. September 1996 wurde dem Antragsteller unter Beachtung der Frist von sechs Wochen vor dem Entlassungstag (§ 22 Abs. 5 DRiG) zugestellt. Die nach § 22 Nr. 4 SächsRiG vom 29. Januar 1991 (SächsGVBl. S. 21) vorgesehene Beteiligung des Präsidialrats ist vor Abschluß des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden; dies reicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1995 - RiZ (R) 8/94, Urt.Umdr. S. 13; Urteil vom 10. Juli 1996 - RiZ (R) 3/95, Urt.Umdr. S. 9, insoweit in DRiZ 1996, 454 nicht abgedruckt).
2. Zu Recht hat das Dienstgericht für Richter die Entlassungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids auch als materiell rechtmäßig angesehen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stellt die Entscheidung, ob ein Richter auf Probe für das Richteramt geeignet ist, einen Akt wertender Erkenntnis dar. Dieser gewährt der obersten Dienstbehörde einen Beurteilungsspielraum, dessen gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob der Begriff der Eignung verkannt oder ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, ob allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BGH, Urteil vom 29. September 1975 - RiZ (R) 1/75, DRiZ 1976, 23, 24; Urteil vom 25. August 1992 - RiZ (R) 2/92, Urt.Umdr. S. 8 m.w.N.; Urteil vom 22. September 1998 - RiZ (R) 2/97, Urt.Umdr. S. 12 f. m.w.N.)
Dies gilt auch, soweit es sich um die gesundheitliche Eignung handelt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers geht es dabei nämlich nicht um die uneingeschränkt nachprüfbare Feststellung einer bei Ausspruch der Entlassung bestehenden akuten Erkrankung des Richters auf Probe. Die gesundheitliche Eignung ist vielmehr schon dann nicht gegeben, wenn aufgrund des gesundheitlichen Erscheinungsbildes während der Probezeit in Verbindung mit einer ärztlichen Untersuchung die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dabei ist der obersten Dienstbehörde eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, so daß die Prognose wie andere Akte wertender Erkenntnis gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Dies ist für den Begriff der gesundheitlichen Bewährung im Beamtenrecht bereits entschieden (vgl. BVerwGE 19, 344, 346; 92, 147, 149 m.w.N; BVerwG Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 6; vgl. auch Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, § 31 Rdn. 10 c); entsprechendes gilt aber auch für den Begriff der gesundheitlichen Eignung eines Richters (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 5. Aufl. § 22 Rdn. 10).
b) Dafür, daß der Antragsgegner den Begriff der gesundheitlichen Eignung verkannt hätte, sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Er ist zu Recht davon ausgegangen, daß ein Richter auf Probe nur dann zum Richter oder Staatsanwalt auf Lebenszeit ernannt werden kann, wenn dieser die Gewähr bietet, daß er beim Umgang mit Alkohol jederzeit die erforderliche Selbstkontrolle aufbringt, um den hohen beruflichen Anforderungen seines Amtes dauerhaft gerecht werden zu können und um nicht vorzeitig dienstunfähig zu werden.
Bei der Bewertung des während der Probezeit gezeigten Verhaltens des Antragstellers hat der Antragsgegner den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Insbesondere durfte er auch die Tatsache, daß der Antragsteller die Einsichtnahme in die Krankenhausunterlagen durch den Sachverständigen nicht gestattet und diesem damit eine für die Gutachtenerstattung wesentliche Beurteilungsgrundlage nicht zur Verfügung gestellt hat, in seine Gesamtschau miteinbeziehen (vgl. zur entsprechenden Problematik im Beamtenrecht auch Woydera/Summer/Zängl, SächsBeamtenG, § 42 Anm. 12 b).
c) Das Dienstgericht hat zu Recht ausgeführt, daß der Antragsgegner seiner Beurteilung keinen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Er hat vielmehr aus der Gesamtschau des Verhaltens des Antragstellers im Dienst mit den Ergebnissen des eingeholten fachärztlichen Gutachtens und der festgestellten Leberwerte geschlossen, daß zumindest die Gefahr besteht, bei dem Antragsteller werde sich eine Alkoholkrankheit entwickeln.
Entgegen der Ansicht des Revisionsführers ist es nicht zu beanstanden, daß das Dienstgericht der nach den Bekundungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 1997 zwischenzeitlich eingetretenen Verbesserung der Leberwerte keine Bedeutung beigemessen und diese in der Entscheidung nicht erwähnt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wirken sich Umstände, die erst nach dem Entlassungstermin eingetreten sind, nicht auf die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Entlassung als eines rechtsgestaltenden Akts aus, soweit sie nicht ausnahmsweise den Entlassungssachverhalt rückblickend in einem anderen Licht erscheinen lassen (BGHZ 100, 287, 292; BGH, Urteil vom 4. November 1998 - RiZ (R) 2/98, Urt.Umdr. S. 19). Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Zwar können verbesserte Leberwerte eine Folge zeitweiser Alkoholabstinenz sein, jedoch wäre selbst eine solche kein Indiz gegen die Richtigkeit der Prognoseentscheidung zum Entlassungszeitpunkt. Im übrigen gibt es unter den Alkoholkranken auch solche, die zu zeitweiliger Enthaltsamkeit fähig sind und nur bei besonderen Gelegenheiten oder in Perioden maßlos trinken (sog. Epsilon-Trinker, vgl. Nedopil, Forensische Psychiatrie, 1996, S. 87).
Aus demselben Grunde ist es auch unschädlich, daß das Dienstgericht auf die Angaben der Zeugen Do. U. und Z., nach denen diese bei dem Antragsteller jeweils nur während begrenzter Zeiträume alkoholbedingte Auffälligkeiten bemerkt haben, nicht näher eingegangen ist.
Schließlich ist auch der Vortrag des Antragstellers zu einer behaupteten Befangenheit der zuständigen Personalreferentin unbeachtlich, weil etwaige Bedenken gegen deren Unbefangenheit unverzüglich nach Kenntniserlangung hätten geltend gemacht werden müssen; im Nachhinein kann der Antragsteller damit nicht mehr gehört werden (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 20 Rdn. 4).
III.
Die Revision des Antragstellers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren entsprechend §§ 13 Abs. 4 Satz 1 lit. b, 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG auf 45.333,53 DM festgesetzt.
Unterschriften
Erdmann, Siol, Nobbe, Boetticher, Solin-Stojanovi[cacute]
Fundstellen