Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Urteil vom 01.03.1985) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Saarbrücken vom 1. März 1985 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin wegen eines Betrages von mehr als 31.444,76 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin führte gemäß einem Vertrag mit der Deutschen Bundesbahn an einer Eisenbahnbrücke Entrostungsund Anstricharbeiten aus. Am 10. Oktober 1980 fuhr ein bei dem beklagten Versicherungsverband haftpflichtversicherter Lkw gegen das unter der Brücke errichtete Gerüst, wodurch das Gerüst beschädigt und ein Arbeitnehmer der Klägerin verletzt wurde. Die volle Haftung des Beklagten für die Folgen des Unfalls ist außer Streit.
Die Klägerin hat die Arbeiten nach dem Unfall eingestellt und erst im Frühjahr 1981 wieder aufgenommen und zu Ende geführt. Mit der Klage verlangt sie im wesentlichen Ersatz von Mehraufwendungen für das erneute Einrichten und Unterhalten der Baustelle nebst Arbeitsgerüst und Schutzzelt sowie für einige Zusatzarbeiten und Kostenerhöhungen. Ferner begehrt sie Ersatz von Urlaubsentgelt für den verletzten Arbeitnehmer.
Nachdem der Beklagte vor und nach Beginn des Prozesses insgesamt 28.814,37 DM gezahlt hatte, hat die Klägerin zuletzt noch einen Ersatzbetrag von 43.687,65 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Der Senat hat die Revision der Klägerin wegen eines Betrages von 31.444,76 DM nebst Zinsen für Arbeitsgerüst und Verkehrssicherung (Pos. 2 der Kostenaufstellung der Klägerin vom 24.4.1981) nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit die Revision angenommen worden ist, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Während das Landgericht die Auffassung vertreten hat, die Klägerin hätte auch ohne den Unfall ihre Arbeiten aus verkehrstechnischen Gründen Mitte Oktober 1980 einstellen müssen und sie erst im Frühjahr 1981 zu Ende führen können, hat das Berufungsgericht die Frage der Ursächlichkeit des Unfalls für die behaupteten Mehraufwendungen offengelassen. Es hat die Klage als unbegründet angesehen, weil die Klägerin die Mehraufwendungen nicht hinreichend substantiiert habe. Die Schlüssigkeit des Anspruchs auf Ersatz von Urlaubsentgelt hat das Berufungsgericht unterstellt. Insoweit hat es die Klage abgewiesen, weil der Beklagte bereits mehr gezahlt habe, als er schulde.
II. Diese Ausführungen halten hinsichtlich der noch im Streit befindlichen Schadensposten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Einrichten der Baustelle und Schutzabzeltung (Positionen 1 und 3 der Kostenaufstellung vom 24.4.1981)
Hinsichtlich der erneuten Einrichtung der Baustelle und der Schutzabzeltung ist das Vorbringen der Klägerin nach Auffassung des Senats hinreichend substantiiert. Während die Klägerin die Kosten bezüglich des Arbeitsgerüsts offensichtlich sowohl für den Aufbau des Gerüsts als auch für seine Vorhaltung während der Dauer der Arbeiten geltend gemacht hat, ohne auch nur anzudeuten, wie sich der Betrag von 31.444,76 DM im einzelnen errechnet und auf die Errichtung und Vorhaltung des Gerüsts sowie die Verkehrssicherung verteilt, kann man ihr Vorbringen bezüglich der Baustelleneinrichtung und der Schutzabzeltung dahin verstehen, daß hier die Beträge von 1.404,50 DM bzw. 5.856,28 DM lediglich für das erneute Einrichten der Baustelle und den erneuten Aufbau eines gegenüber dem vorherigen erheblich größeren Schutzzeltes angefallen seien. Da die Klägerin die Angemessenheit der für diese Arbeiten berechneten Vergütung durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt hat, ist ihr Vortrag insoweit ausreichend substantiiert.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin für die von ihr erbrachten Arbeitsleistungen nicht nur die Selbstkosten, sondern auch einen entsprechenden Unternehmergewinn erstattet verlangen. Solange kein konkreter Anhalt für die Annahme des Gegenteils besteht, ist davon auszugehen, daß die Klägerin in der Zeit, in der sie die hier streitigen Zusatzarbeiten geleistet hat, auch sonst mit Gewinn hätte arbeiten können, der ihr unfallbedingt wegen der Zusatzarbeiten an der Brücke entgangen ist.
2. Erneutes Abstrahlen der bereits grundierten Stahlflächen (Position 7 der Kostenaufstellung vom 24.4.1981)
Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, daß die bereits mit dem ersten Grundanstrich versehenen Stahlflächen im Frühjahr 1981 von neuem abgestrahlt werden mußten. Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalt mußten die Arbeiten wegen des Unfalls im Oktober 1980 eingestellt werden und konnten erst im Frühjahr 1981 wieder aufgenommen werden. Die Klägerin hat durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, daß nach so langer Zeit nicht einfach der zweite Grundanstrich aufgebracht werden konnte, sondern die gesamte Fläche erneut sandgestrahlt werden mußte. Damit ist ein weiterer Teilbetrag von 2.114,59 DM substantiiert dargelegt.
Die 3.598,54 DM für das Sandstrahlen der noch nicht grundierten Flächen sind unstreitig gezahlt.
3. Mehrkosten durch Lohnsteigerungen (Positionen 11 bis 14 der Kostenaufstellung vom 24.4.1981)
Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, daß infolge der Verschiebung der Arbeiten in das nächste Frühjahr höhere Lohnkosten entstanden sind. Sie hat die Berechtigung der Nachforderungen durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt. Ein Sachverständiger wird unter Heranziehung der Unterlagen der Klägerin in der Lage sein, die Berechnung der Klägerin zu überprüfen. Damit sind auch diese Positionen hinreichend substantiiert.
4. Ersatz von Urlaubsentgelt
Der Anspruch auf Ersatz von Urlaubsentgelt ist in Höhe von 358,40 DM + 1.075,20 DM = 1.433,60 DM schlüssig dargelegt. Zu dem auf die Ausfallzeit des Arbeitnehmers entfallenden, vom Arbeitgeber fortzuzahlenden Arbeitsentgelt, für das der Arbeitgeber im Rahmen des § 4 Lohnfortzahlungsgesetz vom Schädiger Ersatz verlangen kann, gehört auch das anteilige Urlaubsentgelt, das der Arbeitgeber aufgebracht hat, indem er dem verletzten Arbeitnehmer für die Zeit der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat (BGHZ 59, 109, 114).
5. Weder der Anspruch auf Ersatz von Urlaubsentgelt noch sonstige Teilansprüche lassen sich mit der Erwägung abweisen, der Beklagte habe bereits mehr gezahlt, als die Klägerin beanspruchen könne. Wie die Revision mit Recht im einzelnen darlegt, sind die Zahlungen des Beklagten jeweils auf ganz bestimmte Schadenspositionen erfolgt, die damit als berechtigt anerkannt worden sind. Es ist keine Überzahlung vorhanden, die sich auf einen der schlüssigen Ansprüche anrechnen ließe.
III. Die Klage erweist sich somit in folgender Höhe als schlüssig:
Einrichten der Baustelle (Position 1) |
1.404,50 DM |
Schutzabzeltung (Position 3) |
5.856,28 DM |
Sandstrahlen (Position 7) |
2.114,59 DM |
Lohnerhöhungen (Position 11) |
709,07 DM |
” (Position 12) |
227,54 DM |
”(Position 13) |
94,62 DM |
”(Position 14) |
455,06 DM |
Ersatz von Urlaubsentgelt |
1.433,60 DM |
|
12.295,26 DM |
Nach Abzug der nicht auf die Zinsen, sondern auf die Lohnfortzahlung und den Urlaubsgeldanspruch geleisteten 1.652,19 DM hat die Klägerin in den Tatsacheninstanzen einen Betrag von 43.687,65 DM geltend gemacht. Zieht man hiervon den Betrag von 31.444,76 DM ab, hinsichtlich dessen die Revision nicht angenommen worden ist, verbleiben 12.242,89 DM. Da dieser noch im Streit befindliche Betrag unter den schlüssig dargelegten 12.295,26 DM liegt, kann unentschieden bleiben, ob der Beklagte von dem Anspruch auf Erstattung der Lohnfortzahlung und des Urlaubsgeldes zu Recht 100,– DM wegen ersparter Eigenverpflegungskosten abgezogen hat (vgl. hierzu Senatsurteile vom 22. Januar 1980 – VI ZR 198/78 – NJW 1980, 1787 = VersR 1980, 455; vom 3. April 1984 – VI ZR 253/82 – NJW 1984, 2628 = VersR 1984, 583, 584).
Aus den dargelegten Gründen ist das Berufungsurteil, soweit es die Berufung wegen eines Betrages von mehr als 31.444,76 DM zurückgewiesen hat, aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Steffen, Scheffen, Dr. Ankermann, Dr. Lepa, Dr. Schmitz
Fundstellen