Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung einer öffentlich geförderten Mietwohnung in eine Eigentumswohnung: Grenzen des gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters
Leitsatz (amtlich)
a) Dem Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt ist oder umgewandelt werden soll, steht das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 2 b Abs. 1 WoBindG nur für den ersten Verkaufsfall nach Umwandlung der Mietwohnung zu.
b) Nach einer Veräußerung der Eigentumswohnung im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 512 BGB) kann das Vorkaufsrecht vom Mieter nicht mehr ausgeübt werden (§ 2 b Abs. 2 Satz 3 WoBindG).
Normenkette
WoBindG § 2 b; BGB § 512
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 1997 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Januar 1996 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger waren seit 1981 Mieter einer Wohnung in der mit öffentlichen Baudarlehen erstellten Wohnanlage I. straße 4 in N.. Die Eigentümerin veräußerte den Grundbesitz 1984 an P. K., der das Eigentum an dem Grundstück unmittelbar nach dem Erwerb in Wohnungseigentum aufteilte. Die M. zu B. S. GmbH (im folgenden: M. GmbH) erwarb 1989 im Wege der Zwangsversteigerung unter anderem die von den Klägern gemietete umgewandelte Eigentumswohnung. Am 28. Juli 1992 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der M. GmbH eröffnet; zuvor waren ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und die Sequestration angeordnet worden.
Während der Sequestration bot die M. GmbH im Einvernehmen mit dem Sequester durch notarielles Kaufangebot vom 26. März 1992 die Eigentumswohnung dem Erwerber Ku. an, der es durch notarielle Erklärung vom 10. April 1992 annahm. Der beurkundende Notar wies die Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 1992 auf das Vorkaufsrecht nach § 2 b Abs. 1 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) hin. Am 1. September 1992 übte der klagende Ehemann das Vorkaufsrecht aus. Als der Konkursverwalter die Berechtigung der Kläger zum Vorkauf in Abrede stellte, nahmen die Kläger die anwaltliche Hilfe der Beklagten in Anspruch. Diese bekräftigten namens der Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober 1992 die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Konkursverwalter. Nachdem der Konkursverwalter mit Schreiben vom 4. November 1992 auf der Bestätigung bestand, daß die Kläger „ein Vorkaufsrecht nicht geltend machen wollen”, erklärten die Beklagten mit Schreiben vom 7. November 1992, daß die Kläger sich keines Vorkaufsrechts berühmten. Der Erwerber Ku. wurde Anfang 1994 als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen.
Die Kläger nehmen die beklagten Anwälte mit der Behauptung, die Erklärung vom 7. November 1992 sei nicht von dem erteilten Mandat gedeckt gewesen, auf Schadensersatz in Höhe von 70.000,– DM in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr dem Grunde nach stattgegeben. Mit der Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Im Senatstermin vom 14. April 1999, zu dem die Kläger ordnungsgemäß geladen worden sind, haben diese sich nicht durch einen beim Revisionsgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen. Die Beklagten haben den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision, über die durch Versäumnisurteil zu entscheiden war, hat Erfolg. Die Entscheidung beruht jedoch auf sachlicher Prüfung und nicht auf der Säumnis der Kläger (BGHZ 37, 79, 81 f).
I.
Das Berufungsgericht hält es für erwiesen, daß die Beklagten den ihnen erteilten Auftrag überschritten haben, als sie gegenüber dem Konkursverwalter der M. GmbH erklärten, die Kläger berühmten sich keines Vorkaufsrechts. Dadurch sei diesen die Möglichkeit entgangen, die Eigentumswohnung zu erwerben. Den Klägern habe ein Vorkaufsrecht zugestanden. Zwar räume § 2 b Abs. 1 WoBindG dem von einer Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung betroffenen Sozialmieter ein Vorkaufsrecht nur für den ersten Verkaufsfall ein. Der Verkauf des Grundstücks an K. im Jahr 1984 habe ein Vorkaufsrecht indes noch nicht ausgelöst, denn die Umwandlung habe frühestens mit der nach der Veräußerung bewirkten Teilung nach § 8 WEG begonnen. Bei der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung im Jahr 1989 hätten die Kläger ein Vorkaufsrecht wegen der gemäß § 2 b Abs. 2 Satz 3 WoBindG anzuwendenden Bestimmung des § 512 BGB nicht ausüben können. Das Vorkaufsrecht sei durch die Zwangsversteigerung nicht erloschen. Als schuldrechtlich ausgestaltetes Recht sei es ohne Einfluß auf den Gang des Versteigerungsverfahrens geblieben. Mit der Einräumung des Vorkaufsrechts gemäß § 2 b WoBindG werde der Zweck verfolgt, den Sozialmieter vor spekulativer Verdrängung aus der in eine Eigentumswohnung umgewandelten Mietwohnung zu schützen und die Veräußerung grundsätzlich an den von der Umwandlung betroffenen Mieter zu sichern. Dieses Ziel lasse sich effektiv nur verwirklichen, wenn der Mieter wenigstens in einem Fall das Vorkaufsrecht ausüben könne. Das wäre nicht gewährleistet, wenn das Vorkaufsrecht bei einem Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder bei einem Verkauf durch den Konkursverwalter, für den § 512 BGB das Vorkaufsrecht ausschließe, unterginge.
Erster Verkaufsfall sei mithin der Verkauf der Eigentumswohnung im Jahr 1992 gewesen. Die Kläger hätten das Vorkaufsrecht jedenfalls mit der von den Beklagten verfaßten Erklärung im Schreiben vom 20. Oktober 1992 wirksam ausgeübt. Dem habe nicht entgegengestanden, daß die Eigentumswohnung während der Sequestration des Vermögens der M. GmbH verkauft worden sei; § 512 BGB könne insoweit nicht entsprechend herangezogen werden. Auch die Konkurseröffnung habe die Kläger an der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gehindert. Die Erklärung, die Kläger berühmten sich keines Vorkaufsrechts, habe zur Folge gehabt, daß sie die mit Ausübung des Vorkaufsrechts erworbenen Rechte wieder verloren hätten.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts müssen die Beklagten für einen Vermögensnachteil, der den Klägern nach ihrem Vortrag daraus entstanden ist, daß sie die Eigentumswohnung im Jahr 1992 nicht durch Ausübung des Vorkaufsrechts zu einem günstigen Preis haben erwerben können, auch dann nicht einstehen, wenn die Beklagten zur Abgabe der Erklärung vom 7. November 1992 nicht berechtigt gewesen sein sollten. Die Kläger waren beim Verkauf der Eigentumswohnung im Jahr 1992 nicht mehr vorkaufsberechtigt, so daß sie auch dann, wenn in dem Schreiben ein Wille zur Aufgabe des Vorkaufsrechts zum Ausdruck kommen sollte, hierdurch einen Schaden nicht erlitten haben.
1. § 2 b Abs. 1 Satz 1 WoBindG räumt dem Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt worden ist oder umgewandelt werden soll, ein Vorkaufsrecht ein, wenn die Wohnung an einen Dritten verkauft wird. Das Vorkaufsrecht ist schuldrechtlicher Natur; gemäß § 2 b Abs. 2 Satz 3 WoBindG gelten die Bestimmungen über das rechtsgeschäftliche Vorkaufsrecht der §§ 504 bis 509, 510 Abs. 1, §§ 511 bis 513 des Bürgerlichen Gesetzbuches, mithin auch § 512 BGB.
a) Das Vorkaufsrecht steht dem Mieter zu, der von der Umwandlung betroffen ist. Nicht ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber, ob der vorkaufsberechtigte Mieter das Vorkaufsrecht bei jedem Verkauf nach der Umwandlung ausüben kann, solange nur das Mietverhältnis noch besteht, oder ob es auf den ersten Verkaufsfall nach der Umwandlung beschränkt ist. Nach herrschender Meinung gibt § 2 b Abs. 1 WoBindG ebenso wie das dieser Bestimmung nachgebildete Vorkaufsrecht gemäß § 570 b BGB dem Mieter lediglich das Recht, beim ersten Verkauf nach der Umwandlung der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung das Vorkaufsrecht auszuüben (Fischer-Dieskau/ Pergande/Schwender/ Bellinger, Wohnungsbaurecht, Band 3.1, Stand: Januar 1999, § 2 b WoBindG Anm. 4; Reithmann/ Albrecht/Basty, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 7. Aufl., Rdnr. 492; Becker, MittRhNotK 1985, 209, 212 [anders ders. noch in MittRhNotK 1980, 213, 223]; zu § 570 b BGB: LG Oldenburg WuM 1997, 436; Palandt/ Putzo, BGB, 58. Auflage, § 570 b Rdnr. 1; MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Auflage, § 570 b Rdnr. 3 a.E.; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 13. Bearbeitung, § 570 b Rdnr. 51; Reinstorf in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, Kap. II Rdnr. 896 c; Schilling, Neues Mietrecht, 1993, S. 92; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Auflage, Rdnr. A 57; Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters, 1998, Rdnr. 25; vgl. auch BayObLG, Rechtsentscheid vom 24. November 1981, NJW 1982, 451, 452 zu § 564 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB).
b) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
aa) Die Einschränkung des gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters auf den ersten Verkaufsfall nach der Umwandlung folgt nicht notwendig daraus, daß der Gesetzgeber die Bestimmungen des rechtsgeschäftlichen, schuldrechtlichen Vorkaufsrechts für anwendbar erklärt hat, das in aller Regel wegen seiner schuldrechtlichen Natur nur für einen Verkaufsfall ausgeübt werden kann. Auch das dingliche Vorkaufsrecht gilt mangels besonderer Vereinbarung nur für einen Verkaufsfall (§ 1097 BGB). Damit ist aber keine abschließende Aussage darüber getroffen, ob ein durch Gesetz begründetes Vorkaufsrecht auf einen Verkaufsfall begrenzt ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1961 - V ZR 61/60, MDR 1962, 123; Urteil vom 19. Dezember 1962 - V ZR 239/60, WM 1963, 215 unter II). So entspricht es allgemeiner Ansicht, daß das gemeindliche Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff BauGB, das der Sicherung städtebaulicher Maßnahmen und insbesondere der Sicherung der Bauleitplanung dient (vgl. nur Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 6. Auflage, vor §§ 24-28, Rdnr. 1), nicht beim ersten Verkaufsfall ausgeübt werden muß, sondern auch für spätere Verkaufsfälle gilt (statt aller Battis/Krautzberger/Löhr aaO § 28 Rdnr. 4). Gleiches galt für die in den Aufbaugesetzen der Länder verankerten Vorkaufsrechte, soweit der Landesgesetzgeber nicht ein anderes bestimmt hatte (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1961 aaO; Urteil vom 19. Dezember 1962 aaO).
bb) Sinn und Zweck des § 2 b Abs. 1 WoBindG rechtfertigen es nicht, dem von der Umwandlung betroffenen Mieter ein Vorkaufsrecht auch dann noch zu gewähren, wenn er es beim ersten Verkaufsfall nach der Umwandlung nicht ausgeübt hat. Mit der Einführung des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach § 2 b WoBindG sollte der Gefahr einer spekulativen Verdrängung von Mietern aus Sozialmietwohnungen im Zuge der Umwandlung in Eigentumswohnungen entgegengewirkt werden; gleichzeitig wollte der Gesetzgeber die Veräußerung der Wohnungen grundsätzlich an die bisherigen Mieter sichern (BT-Dr. 8/3403, S. 3, 35, 40 f). Eine solche Gefahr besteht regelmäßig nur beim ersten Verkauf nach der Umwandlung, weil der Eigentümer, der von der Umwandlung profitieren will, sein Spekulationsinteresse typischerweise durch einen baldigen Verkauf der umgewandelten Wohnungen realisieren will. Allein hiergegen wollte der Gesetzgeber den Mieter schützen; anderenfalls hätte es nahegelegen, einem Mieter bei jedem Verkauf einer gemieteten Eigentumswohnung – unabhängig davon, ob und zu welchem Zeitpunkt diese umgewandelt wurde – ausdrücklich ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Die Beschränkung auf den ersten Verkauf einer umgewandelten Eigentumswohnung, der erfahrungsgemäß in besonderer Weise von spekulativen Absichten begleitet ist, stellt demgegenüber auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Art. 14 GG) einen ausgewogenen Kompromiß zwischen dem Verwertungsinteresse des Eigentümers und dem Interesse des Mieters am Erhalt der Wohnung dar. Übt der Mieter das Vorkaufsrecht beim ersten Verkaufsfall nicht aus, besteht keine Rechtfertigung mehr, ihn für die Zukunft stärker zu schützen als den Mieter, der eine bereits bestehende Eigentumswohnung angemietet hat (zutr. Staudinger/Sonnenschein aaO; Becker, MittRhNotK 1985, 209, 212). Solchen Vertragsgestaltungen, die dem Vorkaufsberechtigten nach der Umwandlung die Ausübung des Vorkaufsrechts unmöglich machen und allein der Umgehung des Vorkaufsrechts dienen, kann im Einzelfall in geeigneter Weise, etwa unter Heranziehung des Gesichtspunktes von Treu und Glauben, entgegengewirkt werden (vgl. BGHZ 115, 335, 340). Einer Ausweitung des Vorkaufsrechts auf alle Verkaufsfälle nach der Umwandlung bedarf es nicht, um dieser Gefahr wirksam zu begegnen (a.A. Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Auflage, § 570 b Rdnr. 8).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine andere Beurteilung auch dann nicht geboten, wenn der erste Verkaufsfall ein nach § 512 BGB nicht zum Vorkauf berechtigender Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung, zu der auch die Zwangsversteigerung zu rechnen ist, oder ein Verkauf durch den Verwalter aus einer Konkurs- bzw. Insolvenzmasse ist. Daß in diesen Fällen kein Vorkaufsrecht besteht, führt nicht dazu, daß nunmehr zur Wahrung der Schutzbedürftigkeit des Mieters der Verkauf, der einer Zwangsversteigerung oder einer sonstigen § 512 BGB unterfallenden Veräußerung nachfolgt, das Vorkaufsrecht auslöst.
a) Auf den Gesichtspunkt, daß der Eigentumserwerb in der Zwangsversteigerung durch einen Hoheitsakt erfolgt und keine rechtsgeschäftliche Veräußerung darstellt (so AG Frankfurt NJW 1995, 1034, 1035; Heintz aaO Rdnr. 370), ist nicht abzustellen. § 512 BGB beschreibt auch die Zwangsversteigerung als Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung. Die Bestimmung des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB, die – aus den gleichen gesetzgeberischen Erwägungen, die zur Einführung eines Vorkaufsrechts des Mieters geführt haben – eine dreijährige Sperre für Eigenbedarfskündigungen ab der Veräußerung einer umgewandelten Eigentumswohnung vorsieht, gilt ungeachtet der Verwendung des Wortes „Veräußerung” ebenfalls gleichermaßen für einen Zuschlag von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung (BayObLG, Beschluß vom 10. Juni 1992, WM 1992, 1615, 1617).
b) Ob die erstmalige Veräußerung einer umgewandelten Eigentumswohnung durch einen von § 512 BGB erfaßten Verkaufsvorgang als Verkaufsfall im Sinne von § 2 b WoBindG gilt mit der Folge, daß von einem solchen Verkauf zwar kraft der Bestimmung des § 512 BGB kein Vorkaufsrecht ausgelöst wird, wohl aber das Vorkaufsrecht für weitere Verkaufsfälle verbraucht ist, bestimmt sich nicht nur nach den Interessen des Mieters und des betroffenen Eigentümers. Vielmehr sind auch die Interessen derjenigen Personen einzubeziehen, die von einem unter § 512 BGB fallenden Verkauf betroffen sind.
aa) § 512 BGB trägt neben dem Schutz des Vollstreckungsschuldners oder des Gemeinschuldners vor denkbaren Schadensersatzansprüchen des Vorkaufsberechtigten (vgl. Motive zum BGB, Band II, S. 350; BGH, Urteil vom 22. September 1976 - IV ZR 77/76, NJW 1977, 37; Soergel/Huber aaO § 512 Rdnr. 1) dem Interesse der Gläubiger an einer zügigen und möglichst günstigen Verwertung der dem Vorkaufsrecht unterliegenden Vermögensgegenstände Rechnung. Dahinter haben die Interessen des Vorkaufsberechtigten zurückzutreten (BGH, Urteil vom 22. September 1976 aaO).
Die Verwertung wäre beeinträchtigt, wenn der Erwerber das Vorkaufsrecht für eine Eigentumswohnung, die er durch einen Verkauf im Sinne von § 512 BGB erworben hat, übernehmen müßte. Da ihn das Fortbestehen des Vorkaufsrechts seinerseits in der wirtschaftlichen Verwertung der Eigentumswohnung behindern würde, wäre er regelmäßig nur zur Zahlung eines geringeren Kaufpreises bereit. Das ginge zu Lasten der die Zwangsverwertung betreibenden Gläubiger.
bb) Das Interesse der Gläubiger an einer effektiven Verwertung, das § 512 BGB als schutzwürdig anerkennt, hat auch nicht deshalb hinter die Interessen des vorkaufsberechtigten Mieters zurückzutreten, weil dies zur Abwendung der Gefahr, vor der die Gewährung eines Vorkaufsrechts den Mieter schützen soll, zwingend geboten wäre.
Das Vorkaufsrecht nach § 2 b WoBindG kann einen Mieter – wie dargelegt – nicht umfassend davor schützen, nach einem Wechsel des Eigentümers die gemietete Wohnung durch eine berechtigte Kündigung des Mietverhältnisses zu verlieren. Die Regelung will lediglich den Eigentümerwechsel erschweren, dem auf der Seite des Veräußerers vornehmlich spekulative Interessen zugrunde liegen. Ein solches Interesse kann sich jedoch nicht verwirklichen, wenn der Wohnungseigentümer in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und zu einem nicht von ihm, sondern von seinen Gläubigern veranlaßten „Zwangsverkauf” im Sinne des § 512 BGB genötigt wird. Demgegenüber bleibt der Mieter durch die Kündigungssperre des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB jedenfalls auf Zeit vor einer Verdrängung aus der gemieteten Wohnung geschützt (vgl. BayObLG WM 1992, 1615, 1617). Darüber hinaus steht es ihm frei, bei der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung mitzubieten. Soll die Wohnung in einem Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren verwertet werden, wird der Verwalter die Wohnung schon deswegen, weil eine vermietete und einer Kündigungssperre unterliegende Eigentumswohnung auf dem freien Markt nur schwer zu veräußern ist, in aller Regel dem Mieter zum Kauf anbieten. Damit eröffnet sich dem Mieter regelmäßig sogar die Möglichkeit, auf den Kaufpreis Einfluß zu nehmen, während er bei Ausübung des Vorkaufsrechts die Bedingungen des Kaufvertrages zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten unverändert übernehmen müßte.
c) Bei dieser Sachlage besteht kein berechtigter Anlaß, dem von einer Umwandlung betroffenen Mieter zu Lasten des einen Zwangsverkauf im Sinne von § 512 BGB betreibenden Gläubigers auch nach einer Zwangsverwertung der umgewandelten Eigentumswohnung noch ein Vorkaufsrecht für einen weiteren Verkaufsfall zuzubilligen.
3. Danach haben die Kläger ihr gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 2 b Abs. 1 WoBindG, das nach Umwandlung ihrer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung im Jahre 1984 entstanden war, aufgrund des Erwerbs dieser Wohnung durch die M. GmbH gemäß Zuschlagsbeschluß vom 8. März 1989 (§ 90 ZVG) verloren. Der spätere Verkauf der Eigentumswohnung durch die Gemeinschuldnerin an den Erwerber Ku. gemäß notariellem Vertrag vom 26. März/10. April 1992 konnte daher ein erneutes Vorkaufsrecht der Kläger nicht mehr auslösen.
III.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Da es weiterer Feststellungen nicht bedarf, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist wiederherzustellen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.04.1999 durch Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 640463 |
BGHZ |
BGHZ, 194 |
DB 1999, 1598 |
DStR 1999, 1040 |
NJW 1999, 2044 |
BGHR |
EBE/BGH 1999, 187 |
EWiR 1999, 859 |
JR 2000, 234 |
KTS 1999, 475 |
MittRhNotK 1999, 239 |
NZM 1999, 451 |
NZM 1999, 629 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1283 |
ZAP 1999, 606 |
ZMR 1999, 607 |
ZfIR 1999, 512 |
MDR 1999, 986 |
Rpfleger 1999, 405 |
WuM 1999, 400 |
DVBl. 1999, 1379 |
ZNotP 1999, 291 |