Leitsatz (amtlich)
Beim Kauf eines Gerüstbauunternehmens ist ein nicht unbeträchtlicher Fehlbestand an Gerüsten ein Sachmangel im Sinne des BGB §§ 459ff, der nach Gefahrübergang die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach BGB § 320 ausschließt.
Tatbestand
Die Parteien unterzeichneten am 14. März 1973 den im folgenden auszugsweise wiedergegebenen „Geschäftsübertragungsvertrag”:
„I 1) Herr … (der Kläger) verkauft und übereignet dem dies annehmenden Herrn … (der Beklagte) den gesamten von der Firma …, … betriebenen und eingerichteten Gewerbebetrieb, insbesondere alle beweglichen Gegenstände des Anlagevermögens, die Gerüste, die Maschinen, die Fahrzeuge und die Büroeinrichtung.
Die Gegenstände des Anlagevermögens sind in einer Anlage zu diesem Vertrag detailliert aufgezeichnet.
…
2) Weiterhin wird übertragen das Recht auf die Fortführung des bisherigen Firmennamens … mit einem entsprechenden Zusatz ….
4) Bezüglich des Kaufpreises für den eingerichteten Gewerbebetrieb wird folgender Zahlungsplan vereinbart:
- 500.000,– DM durch die Sparkasse … nach Eintragung ins Grundbuch
- 150.000,– DM sofort
- 71.500,– DM 10.4.73.
Bis zum Eingang des Kaufpreises zahlt Käufer 7% Zinsen von 500.000,– ab 1.3.73 … .
6) Für eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufgegenstände leistet der Veräußerer keine Gewähr. Für eine bestimmte Ertragsfähigkeit des Unternehmens hat der Veräußerer nicht einzustehen. Er haftet nicht für sichtbare und unsichtbare Sachmängel. Der Veräußerer leistet Gewähr, daß der Käufer an den übertragenen Einzelgegenständen das uneingeschränkte Eigentum erwirbt. Er versichert, daß Eigentumsvorbehalte Dritter nicht bestehen, er versichert weiterhin, daß die Einzelgegenstände nicht anderweitig an Dritte verpfändet oder in sonstiger Weise belastet sind.
7) Der Käufer tritt in die laufenden Verträge mit Lieferanten, Kunden und Versicherungsträgern ein …. Der Verkäufer bestätigt, daß die bisherige Geschäftsleitung des Betriebes nach ordentlichen kaufmännischen Grundsätzen abgewickelt wurde.
8) Der Käufer tritt in die bestehenden Arbeitsverhältnisse … ein. Der Veräußerer verpflichtet sich, sich dafür einzusetzen, daß die vorhandenen Arbeitsverträge bestehen bleiben … .
10) Auf den Käufer gehen über Besitz, Nutzung, Gefahr und Lasten an dem eingerichteten Gewerbebetrieb am 1. März 1973.
11) Herr … erklärt sich bereit, Herrn … bereits vor dem Zeitpunkt der Betriebsübergabe die Möglichkeit zur Einarbeitung zu geben und ihn bei Kunden einzuführen und mit der Belegschaft des Betriebes vertraut zu machen …”.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger von dem Beklagten den Rest des vereinbarten Kaufpreises. Davon sind Gegenstand des Revisionsverfahrens noch 62.160,– DM und gewisse Zinsbeträge.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte weigere sich zu Unrecht wegen eines – im übrigen bestrittenen – Fehlbestandes an Gerüsten, den Restkaufpreis zu zahlen. Der Kaufpreis von 650.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer sei als Pauschalpreis und nicht als Summe der Einzelpreise für die zum Geschäft gehörenden Gegenstände vereinbart worden. Bei der Preisbildung seien die Parteien von einer von ihm angefertigten „Groben Aufstellung” mit Datum vom 1. Juni 1972 ausgegangen, die einen Wert des Betriebes von 1 Mio DM ausweise. Davon habe er 25% abgesetzt, um so zu einem Kaufpreis von 750.000 DM zu gelangen; im Zuge der langwierigen Verhandlungen seien davon zweimal 50.000 DM nachgelassen worden, woraus sich der Abschluß der Aufstellung „Vereinbarter, pauschaler Kaufpreis: DM 650.000,00” ergebe. Außerdem sei noch ein weiteres, von ihm im Juni 1972 aufgestelltes Papier zugrunde gelegt worden, das mit 774.500 DM abschließe. Die in Ziff I 1) des Vertrages vom 14. März 1973 angeführte „Anlage zu diesem Vertrag”, in der die Gegenstände des Anlagevermögens detailliert aufgezeichnet werden sollten, sei niemals angefertigt worden. Die vom Beklagten erst nachträglich aufgestellte „Rechnung” mit dem Datum 1. März 1973 habe allein steuerlichen Zwecken des Beklagten dienen sollen; um die vertragsgemäße Anlage handele es sich dabei nicht. Die Anführung von 10.000 qm B.-Gerüsten in dieser Aufstellung erkläre sich daraus, daß der Beklagte gelegentlich nachgefragt habe, wieviel Quadratmeter an B.-Gerüsten wohl vorhanden seien, und er, der Kläger, darauf aus dem Gedächtnis geantwortet habe, auf zwei von ihm mit diesen Gerüsten bestückten Baustellen seien davon wohl etwa 10.000 qm vorhanden gewesen.
Der Beklagte hat die Einrede des nichterfüllten Vertrags erhoben. Er hat vorgetragen, eine Überprüfung im September 1973 habe ergeben, daß nur ca 8.000 qm B.-Gerüste und nur ca 600 qm A.-W.-Gerüste übergeben worden seien, während der Kläger ihm ca 10.000 qm B.-Gerüste und ca 1.000 qm A.-W.-Gerüste zugesichert und verkauft habe. Allerdings sei die Aufstellung vom 1. März 1973 erst nach Unterzeichnung des Vertrages vom 14. März 1973 hergestellt worden, und zwar zunächst handschriftlich von den Parteien gemeinsam im Büro des Klägers. Die Parteien seien davon ausgegangen, daß diese Aufstellung die im Vertrag erwähnte Anlage sei. Er, der Beklagte, habe sie in seiner Firma dann in Schreibmaschine übertragen lassen. Wert und Kaufpreisanteil der fehlenden 2.000 qm B.-Gerüste und 400 qm A.-W.-Gerüste habe 62.160 DM betragen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag in Höhe von 62.160 DM und gewisser Zinsbeträge weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß es sich bei dem Vertrag vom 14. März 1973 um den Kauf eines Unternehmens als Ganzes handelt, auf den grundsätzlich die Gewährleistungsvorschriften der §§ 459ff BGB entsprechende Anwendung finden. Letzteres ist in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs anerkannt (vgl RGZ 63, 57; 67, 86; 98, 289; BGH Urteil vom 18. März 1977 – I ZR 132/75 = NJW 1977, 1538). Der Kaufvertrag vom 14. März 1973 weist neben seiner ausdrücklichen Bezeichnung als „Geschäftsübertragungsvertrag” alle für den Unternehmenskauf typischen Merkmale auf: Verkauft und übereignet wurden der vom Verkäufer betriebene und eingerichtete Gewerbebetrieb mit dem Recht der Fortführung der Firma und unter Eintritt des Käufers in die laufenden Verträge mit Lieferanten, Kunden, Vermieter, Arbeitnehmern usw. Der Verkäufer übernahm ein Wettbewerbsverbot und erklärte sich bereit, den Käufer schon vor Betriebsübergabe die Möglichkeit zur Einarbeitung zu geben und ihn bei den Kunden einzuführen und mit der Belegschaft des Betriebes vertraut zu machen, ferner verpflichtete er sich, sich dafür einzusetzen, daß die vorhandenen Arbeitsverträge bestehen blieben. Es kam den Parteien danach darauf an, dem Beklagten das lebende Unternehmen mit allen zu seiner erfolgreichen und reibungslosen Fortführung notwendigen materiellen und immateriellen Gütern zu verschaffen.
2. Das Berufungsgericht unterstellt im weiteren, daß die vom Beklagten vorgelegte Aufstellung mit Datum vom 1. März 1973 die Anlage zu dem Vertrag darstellen sollte, in der die Gegenstände des Anlagevermögens detailliert aufgezeichnet sein sollten. (Ziff I 1 des Vertrages). Dennoch, so führt das Gericht aus, könne der Beklagte die Erfüllung des noch offenen Restkaufpreises nicht verweigern. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Beklagte die Gerüstmengenangaben in der Aufstellung selbst dann, wenn sie auf einem Vertragsgespräch der Parteien beruhen sollten, als effektiv verstehen und damit habe erwarten dürfen, daß diese Gerüstmengen auch im Zeitpunkt der Übernahme des Unternehmens vorhanden gewesen seien. Unstreitig habe sich das Gerüstmaterial des Unternehmens im Laufe der langen Vertragsverhandlungen überwiegend nicht auf dem Lager befunden, sondern auf zahlreichen Baustellen. Eine laufend geführte Lagerbuchführung habe offensichtlich in dem Unternehmen nicht existiert. Offenbar hätten nur die Materialeinkaufsbücher zur Verfügung gestanden, die der Beklagte habe auswerten können; aus den beiden Rechnungen von Juli und September 1970 habe der Beklagte entnehmen können, daß zu diesen Zeitpunkten die in der „Rechnung” vom 1. März 1973 angeführten 10.000 qm B.-Gerüste und 1.000 qm A.-W. Gerüste vorhanden gewesen seien. Angesichts des unbestritten gebliebenen Vortrages des Klägers über den Schwund an Gerüstmaterial auf den Baustellen und der hier für die Fixierung vorhandenen Erkenntnismittel, der Materialeinkaufsbücher und der beiden Rechnungen, habe der Beklagte die angegebenen Mengen als rein buchmäßig und nicht effektiv vorhanden verstehen können und müssen; er habe mit zwischenzeitlichen Abgängen rechnen müssen.
Diesen Erwägungen des angefochtenen Urteils kann nicht gefolgt werden. Da das Berufungsgericht insoweit keine konkreten tatsächlichen Feststellungen getroffen, sondern nur bestimmte Zweifel geäußert hat, kann der Senat von sich aus feststellen, daß angesichts der Unterstellung, die „Rechnung” vom 1. März 1973 sei die Anlage zum Vertrag, der Inhalt dieser Anlage nach dem eindeutigen Vertragswortlaut die Gegenstände des Anlagevermögens, nämlich diejenigen beweglichen Gegenstände, die übereignet wurden, detailliert aufzeichnet und damit in vertraglich bindender Weise festlegt. Angesichts dieses unzweideutigen Wortlautes war es nicht Sache des Beklagten, der Frage nachzugehen, ob Gerüste in den angegebenen Mengen mit Wahrscheinlichkeit vorhanden sein konnten oder nicht. Festgelegt werden sollten in der Anlage nicht theoretische, buchmäßige Mengen, sondern der Umfang des verkauften Vermögensgegenstandes, und zwar, wie das Berufungsgericht zuvor richtig festgestellt hat, zur Schaffung eines Beweispapiers für den Fall, daß es zwischen den Parteien zu Differenzen darüber kommen würde, welche Einzelgegenstände zur Substanz des Unternehmens gehörten und daher mitverkauft sein sollten. Diesen Zweck konnte eine rein buchmäßige Aufstellung nicht erfüllen.
3. Das Berufungsgericht hält das – unterstellte – Manko an Gerüstmaterial für einen Sachmangel des Unternehmens, für den der Kläger aber deshalb nicht einzustehen brauche, weil die Sachmängelhaftung durch Ziff 6) des Vertrages ausgeschlossen sei. Eine arglistige Täuschung des Klägers über die Mengen oder ihre Zusicherung seien nicht festzustellen. Ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund § 320 BGB stehe dem Beklagten nicht zu, da die Vorschriften über Sachmängelhaftung die allgemeinen Vorschriften der §§ 320ff BGB ausschlössen.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision können keinen Erfolg haben.
1. Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß das vertragswidrige Fehlen von Gerüstmaterial ein Sachmangel sei, das heißt ein Fehler, der den Wert oder die Tauglichkeit des Unternehmens zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder, was hier allein in Betracht kommt, mindert (§ 459 Abs 1 Satz 1 BGB).
Der vorliegende Fall zeigt, daß eine nicht unwesentliche Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Kaufsache von derjenigen Beschaffenheit vorliegt, welche die Parteien beim Vertragsschluß nach der Unterstellung des angefochtenen Urteils vorausgesetzt haben. Denn für ein Gerüstbauunternehmen ist der Bestand an Gerüsten von entscheidender Bedeutung. Davon hängt die Kapazität des Unternehmens unmittelbar und technisch-sachlich ab. So zeigen zum Beispiel die beiden von den Parteien angeführten Rechnungen vom 7. Juli 1970 an ein Bauunternehmen und vom 1. September 1970 an die Bundesbaudirektion, daß Aufträge solcher Größenordnung nicht gleichzeitig hätten durchgeführt und daher nicht hätten angenommen werden können, hätte der Bestand an B.-Rüstungen nicht etwa 10.000 qm sondern nur weniger als 8.000 qm und der an A.-W.-Gerüsten nicht etwa 1.000 qm sonder weniger als 600 qm betragen. Gerade für größere Bauvorhaben ist durch den Fehlbestand die Grenze der Leistungsfähigkeit des verkauften Unternehmens bedeutend herabgesetzt. Es kann daher dahinstehen, ob jeder Fehlbestand im Inventar einen Fehler des Unternehmens im Sinne von § 459 Abs 1 BGB darstellt (dagegen Hommelhoff, Die Sachmängelhaftung beim Unternehmenskauf, 1975, S 102f).
Der Revision kann darin nicht gefolgt werden, daß ein nach dem Inhalt des Kaufvertrages vorliegender Fehlbestand in der technischen Ausrüstung des Unternehmens den Angaben über die bisherigen Umsätze gleichzustellen sei und daher nicht als Unternehmensfehler angesehen werden könne. Der erkennende Senat hat zwar mehrfach entschieden, daß die Umsätze der vorausgegangenen Jahre keine Eigenschaft des Unternehmens und daher auch keine Fehler im Sinne von § 459 Abs 1 BGB sind (Urteile vom 12. November 1969 – I ZR 93/67 = NJW 1970, 653ff, vom 5. Oktober 1973 – I ZR 43/72 = BB 1974, 152 = WM 1974, 51, vom 18. März 1977 – I ZR 132/75 = NJW 1977, 1538). Nur wenn die bis zum Verkauf auf längere Zeit erzielten Umsätze und Erträge vertraglich zugesichert wurden, sind sie einer Eigenschaft des Unternehmens rechtlich gleichzustellen. Diese Rechtsprechung hat ihren Grund darin, daß der Höhe der Umsätze nach Art und Umfang des Unternehmens verschiedene Bedeutung zukommt und sich der zu erzielende Reinertrag erst nach zusätzlicher Bekanntgabe der Kostenfaktoren ermitteln läßt. Darüber hinaus hängt der Erfolg bei einem Unternehmen oft in entscheidender Weise von Umständen ab, die weniger das veräußerte Geschäft als solches betreffen, sondern mehr mit anderen Faktoren, zum Beispiel mit der Person des Inhabers und der in den betreffenden Jahren bestehenden konjunkturellen Lage verknüpft sind. Anders liegt es aber bei der technischen Ausrüstung eines Unternehmens. Sie ist unmittelbarer Bestandteil des zu übertragenden Gesamtkomplexes materieller und immaterieller Güter und bestimmt – unabhängig von den Unternehmerqualitäten des Käufers, von der Konjunktur und sonstigen unternehmensfremden Umständen – Umfang und Grenzen der unternehmerischen Möglichkeiten.
2. Zum vertraglichen Ausschluß der Gewährleistung für den Sachmangel führt das Berufungsgericht aus, die Parteien hätten ausdrücklich vereinbart, daß der Kläger als Verkäufer nicht für eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufgegenstände Gewähr leiste und daß er nicht für sichtbare und unsichtbare Sachmängel hafte. Bezogen darauf, daß es hier eindeutig um einen Unternehmenskauf gegangen sei, sei diese Vertragsregelung nach Wortlaut und Sinn als Ausschluß der Gewährleistungspflicht auch für Fehlmengen des Inventars bzw Lagerbestandes des Unternehmens zu verstehen.
Diese vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision bringt dagegen auch nichts vor.
Der Gewährleistungsausschluß, so fährt das Berufungsgericht fort, sei nur dann nicht wirksam, wenn der Kläger den Beklagten im Zuge der Vertragsverhandlungen und des Vertragsschlusses über die Menge des zum Unternehmen gehörenden Gerüstinventars arglistig getäuscht hätte (§ 476 BGB). Das sei aber nicht dargetan. Dies ergebe sich aus den bereits angeführten Tatsachen, daß das Unternehmen des Klägers nicht über ein laufend geführtes Bestandsverzeichnis der jeweils vorhandenen Gerüstmengen verfügt habe. Das Gerüstmaterial sei weit überwiegend laufend an zahlreichen Baustellen eingesetzt. Ob und inwieweit dabei durch Schädigung, Abnutzung oder Abhandenkommen regelmäßig zu erwartende Abgänge eingetreten seien, habe einer laufenden Kontrolle nicht unterlegen. Der Beklagte habe nicht bestritten, daß sich das Gerüstmaterial zu rund 70% auf den Baustellen befunden habe und daß sich der Kläger bei seiner Erklärung über die Gerüstmengen an den Rechnungen aus dem Jahre 1970 orientiert habe. Der Beklagte habe nicht annehmen können, daß der Kläger sich bei der Angabe der Mengen einen genaueren Überblick verschafft habe, als er sich aus den Materialeinkaufsbüchern und den beiden Rechnungen ergeben habe. Es fehle daher an den tatbestandsmäßigen Feststellungen des arglistigen Verschweigens eines Fehlers.
Diese im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Ausführungen des angefochtenen Urteils sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hätte noch hinzufügen können, daß der Beklagte in den beiden Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen hat, daß der Kläger ihn über den Bestand an Gerüstmaterial arglistig getäuscht habe. Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Fehlen einer arglistigen Täuschung scheitern bereits daran, daß sie neues tatsächliches Vorbringen enthalten.
3. Das Berufungsgericht führt weiter aus, daß der Beklagte einen Gewährleistungsanspruch auch nicht auf das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft stützen könne, (§§ 459 Abs 2, 463 BGB). Bloße – wenn auch ernstlich gemachte – Angaben oder Auskünfte des Verkäufers über Sacheigenschaften der Kaufsache genügten noch nicht für eine Zusicherung. Machten im Falle eines Unternehmenskaufs die Vertragsparteien eine genauere Aufstellung über das Inventar des Unternehmens durch Anlage zum eigentlichen Vertragstext zum Vertragsinhalt, so liege darin zunächst nur eine genauere Beschreibung der Kaufsache „Unternehmen” als Leistungsgegenstand. Gerade bei einer Kaufsache, die sich – wie ein Handelsunternehmen – aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Sachen und Mengen zusammensetze, geschehe eine solche Auflistung lediglich zum Zweck der Klarstellung und der Überprüfbarkeit, was im einzelnen zu dem Unternehmen gehöre und demgemäß zu übertragen sei. Eine solche Inventarisierung lasse sich weder aus der Sicht des Verkäufers noch des Käufers ohne weiteres als Ausdruck des Willens verstehen, daß der Verkäufer damit eine besondere Gewähr für das Vorhandensein der angeführten Gegenstände übernehme, daß er dafür gleichsam garantieren wolle. Um einer Inventarisierung die Bedeutung und die Tragweite einer Zusicherung von Eigenschaften der Kaufsache beimessen zu können, bedürfe es besonderer zusätzlicher Anhaltspunkte. Diese ließen sich hier nicht feststellen, zumal die in der „Rechnung” enthaltenen Mengenangaben bezüglich der Gerüste für den Beklagten erkennbar auf recht fragwürdiger Grundlage beruhten.
Wenn die Revision demgegenüber in dem Verhalten des Klägers zumindest eine stillschweigende Zusicherung sieht, so setzt sie ihre eigene Würdigung in unzulässiger Weise an die Stelle der Auslegung des Berufungsgerichts. Dieses hätte seinen aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Erwägungen noch hinzufügen können, daß der von dem Steuerberater des Beklagten entworfene Vertrag vom 14. März 1973 eine eingehende Regelung der Gewährleistung des Verkäufers enthält. Darin wird einerseits die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen und andererseits vom Verkäufer Gewähr geleistet, daß der Käufer an den Einzelgegenständen das uneingeschränkte Eigentum erwirbt; der Verkäufer versichert, daß insoweit Rechtsmängel nicht bestehen. Die Annahme, der Verkäufer habe die Vollständigkeit des angeführten Inventars stillschweigend zugesichert, ist mit einer solchen ausdrücklichen schriftlichen Gewährleistungsvereinbarung nicht zu vereinbaren. Stillschweigende Zusicherungen können ohnehin nur mit Zurückhaltung angenommen werden, da sonst jede bloße Warenbeschreibung zur Kennzeichnung des Vertragsgegenstandes entgegen dem Parteiwillen leicht als Zusicherung gedeutet werden kann.
4. Ein Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten nach § 320 BGB verneint das Berufungsgericht mit der Begründung, die Gewährleistungsvorschriften wegen Sachmängeln präkludierten die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Nichterfüllung eines gegenseitigen Vertrages (§§ 320ff BGB). Auch dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Bereits in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und später des Bundesgerichtshofs ist ständig daran festgehalten worden, daß die Vorschriften über Sachmängel beim Kauf als besondere Regelung die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen ausschließen (vgl dazu den Überblick bei Schaumburg, Haftung des Verkäufers für fahrlässige Falschangaben bei Kaufabschluß?, in MDR 1975, 105f). Dies ist auch für den Fall des Unternehmenskaufs ausgesprochen worden (BGH NJW 1969, 184 – Ausschluß der Anfechtung wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften; auch bereits NJW 1959, 1584 für den Kauf einer Arztpraxis). Das Reichsgericht und ihm folgend der Bundesgerichtshof haben auch speziell die Einrede des nichterfüllten Vertrages als ausgeschlossen betrachtet, wenn sie – nach Gefahrübergang – darauf gestützt werden sollte, daß eine mit Sachmängeln behaftete Sache übergeben worden war (RGZ 66, 333; 108, 280; BGHZ 10, 242, 249). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken, daß die §§ 459ff BGB in dem Bereich der Sachmängelhaftung eine abschließende Regelung darstellen, die es ausschließt, in diesem Regelungsbereich die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen anzuwenden.
Dies gilt auch hier, wo es sich um die Sachmängelhaftung beim Unternehmenskauf handelt. Anders als in der Entscheidung des erkennenden Senats vom 7. Januar 1970 – I ZR 99/68 = NJW 1970, 556 liegen hier keine Besonderheiten vor, die eine Abweichung von diesem Grundgedanken eines interessegemäßen Ausgleichs zwischen den Vertragsparteien erforderlich machten. Der gegebene Ausgleich wäre auch im Streitfall die Minderung, die ebenfalls zur Herabsetzung des Kaufpreises um 62.160 DM geführt hätte – da Wert der angeblich fehlenden Gerüste und Kaufpreisanteil nach dem Vorbringen des Beklagten gleich sind: vgl § 472 BGB –, wenn die Gewährleistung für Sachmängel nicht durch die ausdrückliche vertragliche Bestimmung der Parteien ausgeschlossen wäre.
III. Die Revision rügt schließlich, daß das Berufungsgericht nicht die Grundsätze über Schadensersatz für Verschulden beim Vertragsabschluß angewendet hat. Dabei läßt sie jedoch außer acht, daß der Beklagte in den beiden Vorinstanzen seine Weigerung, den Restkaufpreis zu zahlen, darauf nicht gestützt hat und daß er auch in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen hat, woraus das Berufungsgericht den Schluß auf ein schuldhaftes Verhalten des Klägers bei dem Vertragsschluß mit der vom Beklagten begehrten Folge der Minderung des Kaufpreises um den Wert der fehlenden Gerüste hätte ziehen können. Das war jedenfalls angesichts der Besonderheiten des Falles nicht entbehrlich. Das Berufungsgericht hat als unstreitig festgestellt, daß der Kläger dem Beklagten als Grundlage für seine Kaufüberlegungen die Materialeinkaufsbücher und die beiden Rechnungen aus dem Jahre 1970 überlassen hatte, daß sich während der Zeit der langwierigen Verkaufsverhandlungen das Gerüstmaterial zu etwa 70% auf den Baustellen befunden hatte und daß ein laufend geführtes Bestandsverzeichnis der jeweils vorhandenen Gerüstmengen im Unternehmen des Klägers nicht geführt wurde. Aus den Materialeinkaufsbüchern und den Rechnungen konnte der Beklagte als Fachmann ersehen, daß im Jahre 1970 die in der Anlage zu dem Vertrag vom 14. März 1973 aufgeführten Gerüstmengen tatsächlich vorhanden gewesen waren. Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers war ein gewisser Schwund zu erwarten. Der Beklagte hat es unter diesen Umständen versäumt, darzulegen, welche Umstände ihm der Kläger fahrlässig verschwiegen haben sollte oder welche Angaben fahrlässig falsch waren. Da der Beklagte die Unterlagen über die Angaben des Klägers hinsichtlich der Gerüstmengen und die Möglichkeit eines Schwundes kannte, ist ohne nähere Darlegung nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen haben sollte, wenn er den Beklagte darauf nicht noch ausdrücklich hingewiesen hat. Außerdem hat der Beklagte nicht vorgetragen, ob er bei richtiger Erkenntnis über die vorhandenen Gerüstmengen den Vertrag nicht geschlossen hätte oder ob er gleichwohl gekauft hätte, es ihm aber bei Kenntnis der wirklichen Sachlage gelungen wäre, einen um 62.160 DM geringeren Kaufpreis durchzusetzen. Nur im letzteren Fall besteht sein Schaden in diesem Preisunterschied (vgl BGH NJW 1977, 1538, 1539 reSp). Das ist eher die Ausnahme und hätte vom Beklagten in den Vorinstanzen im einzelnen dargelegt werden müssen. Das Berufungsgericht hatte keinen Anlaß, ohne solche Darlegungen auf einen etwaigen Anspruch des Beklagten aus Verschulden des Klägers bei Vertragsschluß einzugehen. Daher stellt sich die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage nicht, ob die Vorschriften über die Gewährleistung wegen Sachmängeln nach Gefahrübergang auch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß, das sich auf eben solche Sachmängel bezieht, ausschließen (für den Grundstückskauf bejaht von BGHZ 60, 319).
IV. Nach alledem ist die Revision in der Hauptsache unbegründet. Soweit nach dem Revisionsantrag auch die Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich gewisser Zinsbeträge angegriffen werden sollen, hat die Revision hierzu nichts vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 646131 |
JR 1979, 107 |