Leitsatz (amtlich)

1. Der von einem Unternehmen erzielte Reinertrag erlangt die Bedeutung einer Unternehmenseigenschaft nur, wenn er vertraglich zugesichert wird; geschieht dies nicht, können unrichtige Angaben des Verkäufers über den Ertrag seine Haftung aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß begründen.

2. Wird Ersatz des Vertrauensschadens wegen unrichtiger Angaben beim Vertragsschluß – hier Kauf eines Unternehmens – verlangt, dann gehört es zum Grund des Anspruchs und kann nicht dem Betragsverfahren überlassen bleiben, ob der Getäuschte vom Abschluß des Vertrages überhaupt abgesehen hätte oder ob es ihm gelungen wäre, einen günstigeren Preis durchzusetzen.

 

Tatbestand

Die Gebrüder O. und R.W. betrieben ua die H.-Druckerei in N., die H.-Werbeagentur in H. sowie unter der Firma W. & Co in N. einen Tee-Import-Handel und einen Kohlenhandel. Im November 1970 traten sie an die Klägerin heran und boten ihr die Übernahme des Tee-Bereichs der Firma W. & Co an. Auf Wunsch der Klägerin übersandten sie dieser – für den Geschäftszweig Teehandel – zunächst Gewinnrechnungen und Verlustrechnungen für 1968 bis zum 30. September 1970 und Auszüge aus den Bilanzen für 1967 bis 1969 sowie später, nach Abschluß des Geschäftsjahres 1970, eine Bilanz mit Gewinnrechnung und Verlustrechnung zum 31. Dezember 1970. Nach diesen Unterlagen hatte die Firma W. & Co im Teehandelsbereich Gewinne von 233.241,84 DM im Jahre 1968, 310.824,61 DM im Jahre 1969 und 389.575,93 DM im Jahre 1970 erzielt. In einem Schreiben an die Klägerin vom 23. November 1970 hatten die Brüder W. außerdem zum Ausdruck gebracht, im Falle einer Zusammenlegung des Teehandels der Firma W. & Co mit der von der Klägerin bereits erworbenen Teehandelsfirma H. & Sohn in L. werde sich die Gewinnlage erheblich verbessern; sie seien der Auffassung, daß ihre Teemarken der Klägerin eine jährliche Netto-Rendite von 600.000 bis 800.000 DM bringen würden.

Durch Vertrag vom 2. März 1971, den die Brüder O. und R.W. für sich selbst und im Namen der Firma W. & Co mit der Klägerin abschlossen, übernahm diese von der Firma W. & Co die dem Teegeschäftsbereich zugehörigen Maschinen, Kraftfahrzeuge, Waren und Verpackungsmaterialien zu Buchwerten bzw möglicherweise darunterliegenden Tageswerten, was, wie später errechnet wurde, einen Betrag von 1.694.208,10 DM ergab. Darüber hinaus verpflichtete sich die Klägerin, für stille Reserven, die nach dem Vertragswortlaut ua in den zu Buchwerten übernommenen Gütern, in der Kundenkartei, in allen Marken und Patenten enthalten sein sollten, weitere 2.950.000,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu entrichten. Aufgrund einer weiteren Vertragsbestimmung gründeten die Gebrüder W., die sich, wie auch die Firma W. & Co, einem Wettbewerbsverbot unterwarfen, als Treuhänder der Klägerin eine Kommanditgesellschaft mit dem Namen W.-Teehandelsgesellschaft und wurden in dieser gegen eine jährliche Vergütung von je 60.000,– DM für die Klägerin tätig. Die W.-Teehandelsgesellschaft mietete die von der Firma W.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht ist – in Übereinstimmung mit dem Landgericht – der Auffassung, der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der an die Beklagte unter Vorbehalt gezahlten 715.000,– DM sei dem Grunde nach gerechtfertigt, weil der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Firma W. & Co aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß zustehe und dieser sie berechtige, Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung jedenfalls eines Teils des an die Beklagte abgetretenen Restkaufpreisanspruchs zu verlangen. Diese Ausführungen sind in ihrem Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Zwar ist in der Vereinbarung der Parteien vom 13. April 1972 nur von aufrechenbaren Gegenforderungen der Klägerin die Rede. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung jedoch rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, daß die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten auch dann Platz greifen soll, wenn die Klägerin den Restkaufpreis – unabhängig von einer möglichen Aufrechnung – schon aus anderen Gründen nicht mehr oder nicht mehr in Höhe des unter Vorbehalt gezahlten Betrages schuldete. In allen diesen Fällen – wenn die Klägerin nichts mehr oder nicht mehr so viel schuldete, wie sie zahlte, oder ihr aufrechenbare Gegenforderungen zustehen – ergibt sich die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten aus Ziffer 3 der Vereinbarung vom 13. April 1972, ohne daß es noch auf die §§ 812ff BGB ankommt.

II. Das Berufungsgericht führt zur Frage der Haftung der Firma W. & Co für unrichtige Angaben ihrer persönlich haftenden Gesellschafter beim Abschluß des Kaufvertrages vom 2. März 1971 aus, die Klägerin habe das Teehandelsgeschäft der Firma W. & Co als Sachgesamtheit erworben, um es im Rahmen der neugegründeten W.-Teehandelsgesellschaft fortführen zu können. Es handle sich um einen Unternehmenskauf, auf den die Gewährleistungsvorschriften der §§ 459ff BGB entsprechend anwendbar seien. Der Klägerin stehe aber kein Gewährleistungsanspruch gegen die Firma W. & Co zu, weil Umsätze und Erträge keine dem Unternehmen anhaftenden Eigenschaften seien und der Kaufvertrag auch keine Zusicherung über die Ertragsfähigkeit des Unternehmens enthalte. Die Klägerin habe jedoch einen Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß gegen die Firma W. & Co und deren persönlich haftende Gesellschafter, weil diese ihr verfälschte Bilanzen und Gewinnrechnungen und Verlustrechnungen für die Jahre 1967 bis 1970 vorgelegt hätten. Zwar seien die Umsätze nur für 1970 geringfügig um 5% zu hoch angegeben worden. Auch hätten die Rohgewinnzahlen sogar höher gelegen als ausgewiesen. Doch bestehe kein Streit darüber, daß die ausgewiesenen Reingewinne nicht erzielt worden, sondern erhebliche Verluste entstanden seien. Nach einem von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Aurich eingeholten Gutachten des Sachverständigen M., dessen Verwertung die Parteien nicht widersprochen hätten, hätten die persönlich haftenden Gesellschafter der Firma W. & Co das Betriebsergebnis der Jahre 1968 bis 1970 um 1,8 Mio DM zu günstig angegeben. Die Bilanz für 1970 habe eine Überbewertung von 3,9 Mio DM ausgewiesen, wovon 2,4 Mio DM auf falsch angegebene Bankschulden entfallen seien. Zur Vortäuschung einer regen Geschäftstätigkeit hätten Hinüberweisungen und Herüberweisungen zwischen den einzelnen Firmen der Firmengruppen W. stattgefunden. Hieraus sei zu entnehmen, daß die persönlich haftenden Gesellschafter der Firma W. & Co nicht nur die Banken, sondern auch die Klägerin über die wahre Lage ihrer Firmengruppen hätten täuschen wollen. Sie hätten den Eindruck erweckt, es handle sich bei dem Teegeschäfts-Bereich um einen gut florierenden Unternehmensteil, während auch dieser weit überschuldet und seit langem konkursreif gewesen sei. Die Beklagte könne dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß es der Klägerin nur auf den Erwerb von Marktanteilen angekommen sei und sie deshalb nur den Umsatzzahlen und Rohgewinnzahlen Bedeutung beigemessen habe. Für die Bemessung des Kaufpreises aus der Sicht der Klägerin sei auch von Bedeutung gewesen, was sie der Firma W. & Co habe bieten müssen, um ihr die angeblich erzielten und künftig erwarteten Gewinne abzukaufen. Der Klägerin könne auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß sie die Bilanzen nicht auf ihre Ordnungsmäßigkeit überprüft habe. Zu ersetzen sei der Klägerin das negative Interesse. Dieses bestehe darin, daß sie bei Kenntnis der tatsächlichen Ertragslage des Teehandelsgeschäfts den Vertrag nicht oder doch zumindest nicht zu den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen haben würde. Sie habe keinen Anlaß gehabt, für den Marktanteil eines ohnedies konkursreifen Wettbewerbers rund 3 Mio DM aufzuwenden. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die erworbenen Anlagegüter und die übernommenen Rechte auch bei einem Kauf vom Konkursverwalter noch einen gewissen Wert gehabt hätten, so sei doch nach der Lebenserfahrung unabhängig von der Auffassung des Sachverständigen M., der den Wert der von der Klägerin erworbenen Rechte mit Null einstufe, anzunehmen, daß der von der Klägerin dann aufgewandte Betrag die 3 Mio-Grenze nicht erreicht hätte. Wie hoch der Schaden der Klägerin tatsächlich sei, müsse unter Beachtung der Regeln der Vorteilsausgleichung im Betragsverfahren ermittelt werden. Daß der Klägerin ein Schaden tatsächlich entstanden sei und sie demzufolge den an die Beklagte entrichteten Kaufpreisteil in einem der Höhe nach noch zu klärenden Umfange als nicht geschuldet zurückverlangen könne, könne aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen M. mit der für ein Grundurteil nach § 304 ZPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben insoweit Erfolg, als beanstandet wird, es fehle an den für den Erlaß eines Grundurteils erforderlichen Feststellungen.

1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht einen Unternehmenskauf angenommen hat. Der Umstand, daß im Kaufvertrag die zum Teegeschäfts-Bereich der Firma W. & Co gehörenden Sachen, Rechte und sonstigen Vermögenswerte einzeln aufgeführt worden sind, schließt nicht aus, daß auch das Teehandelsgeschäft selbst – als eine wirtschaftliche Einheit – Kaufgegenstand sein sollte. Entscheidend ist, daß der Teehandel ein weitgehend selbständiger und ohne besondere Schwierigkeiten abtrennbarer Zweig des Geschäftsbetriebs der Firma W. & Co war und die Klägerin durch die Übertragung aller wesentlichen Bestandteile dieses Unternehmensbereichs, wie Maschinen, Kraftfahrzeuge, Waren, Verpackungsmaterialien, Kundenkartei und Teemarken, in die Lage versetzt wurde, das Teehandelsgeschäft in der bisherigen Weise fortzuführen. Das aber war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Die Klägerin konnte den Teehandel in den gleichen, nunmehr von der Firma W. & Co gemieteten Räumen mit Hilfe der treuhänderisch gegründeten W.-Teehandelsgesellschaft fortführen. Dabei standen ihr die persönlich haftenden Gesellschafter der Firma W. & Co, die sich wie diese einem Wettbewerbsverbot unterworfen hatten, als Geschäftsführer mit ihren Kenntnissen und Beziehungen auf dem Gebiet des Teehandels zur Verfügung. Die W.-Teehandelsgesellschaft trat auch in die bestehenden Arbeitsverträge ein und konnte alle Kundenbeziehungen einschließlich der Teemarken für ihre Zwecke nutzen. Das Firmenrecht verblieb deshalb bei der Verkäuferin, weil diese noch auf einem anderen geschäftlichen Gebiet tätig war und tätig bleiben wollte. Die Klägerin durfte aber doch den Namen W. in der Firma der neugegründeten Teehandelsgesellschaft führen. Hiervon abgesehen hat der Gesichtspunkt der Firmenfortführung – anders als bei der Frage der Anwendbarkeit des § 25 HGB – für die kaufrechtliche Beurteilung allein keine entscheidende Bedeutung.

Dem Berufungsgericht kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es habe die Aussage des Zeugen D. im Konkursverfahren, die Klägerin habe nicht das Unternehmen, sondern nur einzelne Gegenstände übernommen, fehlerhaft gewürdigt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei diesen Bekundungen nur um die Zußerung einer Rechtsauffassung. Deshalb bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision keiner ergänzenden Anhörung des Zeugen zu dieser Frage.

2. Handelt es sich somit um einen Unternehmenskauf, dann sind darauf, wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, die Gewährleistungsvorschriften der §§ 459ff BGB entsprechend anwendbar. Entgegen der Auffassung der Revision folgt daraus jedoch noch nicht, daß eine Haftung der Firma W. & Co für unrichtige Abschlußangaben aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß ausgeschlossen sei. Dabei kann dahinstehen, ob auch für den Bereich des Unternehmenskaufs mit einer nur entsprechenden Anwendung der §§ 459ff BGB gilt, daß sich die Haftung des Verkäufers für Eigenschaften der Kaufsache – von Mangelfolgeschäden abgesehen – allein nach den Gewährleistungsvorschriften bestimmt, wie der Bundesgerichtshof für den Fall entschieden hat, daß der Verkäufer eines Grundstücks den Käufer über den Verlauf der Grundstücksgrenze im Unklaren ließ L. (BGHZ 60, 319, 322; aA Schaumburg MDR 1975, 105ff; Nirk, Festschrift für Philipp Möhring zum 75. Geburtstag, Seite 91ff). Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beziehen sich die den persönlich haftenden Gesellschaftern der Firma W. & Co zur Last gelegten unrichtigen Angaben nicht auf Eigenschaften des Kaufgegenstandes. Zwar trifft es nicht zu, daß, wie das Berufungsgericht ausführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weder der Umsatz noch der vor dem Verkauf erzielte Ertrag Unternehmenseigenschaften sein könnten. Der Bundesgerichtshof hat das nur für die Mitteilung einzelner Umsatzzahlen und Gewinnzahlen verneint, weil sich daraus noch kein Schluß auf eine dauernde Ertragsfähigkeit des Unternehmens ziehen lasse. Allerdings hat er auch die bis zum Verkauf auf längere Zeit erzielten Umsätze und Erträge – nicht die künftigen Umsätze und Erträge – nur dann als eine Unternehmenseigenschaft angesehen, wenn sie vertraglich zugesichert wurden; sie seien dann – wie bereits das Reichsgericht ausgesprochen hat (RGZ 67, 86, 87) – einer Eigenschaft des Unternehmens rechtlich gleichzustellen (vgl BGH NJW 1970, 653, 655; Urteil vom 19. Februar 1971 – I ZR 113/69; WM 1974, 51; BB 1975, 1180f). An dieser Beurteilung ist festzuhalten. Sie entspricht regelmäßig den Besonderheiten des Unternehmenskaufs und insbesondere den Schwierigkeiten einer Unternehmensbewertung, bei der häufig subjektive, dem Verkäufer nicht ohne weiteres erkennbare Erwägungen des Käufers eine wesentliche Rolle spielen. Legt der Käufer Wert auf einzelne Angaben, kann er sich deren Richtigkeit vertraglich zusichern lassen. Im Falle der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer kann er den Vertrag nach § 123 BGB anfechten. Außerdem bleibt ihm bei schuldhaft unrichtigen Angaben die Möglichkeit, Ersatz des Vertrauensschadens unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß zu verlangen, ohne dabei der kurzen Verjährung des § 477 BGB unterworfen zu sein (vgl Hommelhoff, Die Sachmängelhaftung beim Unternehmenskauf, 1975, Seite 72, 89ff; ders ZHR 140, 271, 297; aA Goltz, DB 1974, 1609ff).

Die Besonderheiten des Streitfalles geben keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Zwar stellt das Berufungsgericht aufgrund des im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens fest, die Klägerin habe entgegen ihrer Erwartung keinen florierenden Unternehmensteil, sondern ein weit überschuldetes und seit langem konkursreifes Handelsgeschäft erworben. Unabhängig davon, ob die hiergegen von der Revision erhobenen Angriffe begründet sind oder nicht, folgt daraus aber noch nicht, daß die angeblich erzielten Reinerträge – Umsätze und Rohgewinne waren im wesentlichen richtig angegeben – eine für den Kaufentschluß der Klägerin wesentliche Eigenschaft im Sinne der Vorschriften über die Gewährleistung für Sachmängel gewesen seien. Hiergegen spricht insbesondere, daß die Klägerin weder die hohen Bankschulden noch sonstige Verbindlichkeiten übernahm und sich auch die Betriebskosten wesentlich günstiger gestalten konnten, wenn sie den von der Firma W. & Co übernommenen Teehandel in ihre Firmengruppe eingliederte und mit der von ihr vorher erworbenen Firma H. & Sohn zusammenlegte, was jedenfalls erörtert und inzwischen auch verwirklicht wurde. Zudem kam es der Klägerin in erster Linie auf den Erwerb der Teemarken und eine Vergrößerung ihres Marktanteils an. Die von den persönlich haftenden Gesellschaftern der Firma W. & Co genannten Gewinnzahlen waren dafür – anders als die Umsätze und Roherträge – von untergeordneter Bedeutung. Dem entspricht es, daß die Klägerin davon absah, die Gewinnzahlen durch ihre Revisionsabteilung nachprüfen zu lassen, und der von ihr für den Unternehmensteil gebotene weitere Betrag von 2,95 Mio DM erheblich über dem von ihr selbst nach den ihr genannten oder erwarteten Erträgen errechneten Unternehmenswert lag. Auch wurde die Erstellung der zunächst vorgesehenen Ausgliederungsbilanz von ihr nicht mehr für erforderlich gehalten und die sich hierauf beziehende Vertragsbestimmung gestrichen. Das Berufungsgericht hat somit das Vorliegen eines Unternehmensmangels im Sinne von § 459 Abs 1 BGB wie auch unrichtige Angaben über vertraglich vorausgesetzte Unternehmenseigenschaften im Sinne der §§ 459 Abs 2, 463 Satz 1 BGB im Ergebnis zu Recht verneint. Da es auch an einer entsprechenden vertraglichen Zusicherung fehlt, folgt daraus aber nicht nur, daß ein Gewährleistungsanspruch im Sinne der Sachmängelhaftung ausscheidet. Vielmehr ergibt sich auch, daß die auf den Unternehmenskauf entsprechend anwendbaren Gewährleistungsvorschriften der §§ 459ff BGB einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsabschluß nicht entgegenstehen.

3. Die Revision beanstandet aber zu Recht, daß das Berufungsgericht über einen der Klägerin entstandenen Vertrauensschaden, der sie berechtigen könnte, die Zahlung des Restkaufpreises ganz oder teilweise zu verweigern, keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat. Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Grundurteil über einen nach Grund und Betrag streitigen Schadensersatzanspruch nur voraus, daß ein zu ersetzender Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit entstanden ist (vgl BGH LM Nr 16 zu § 304 ZPO). Das muß entsprechend auch für den Fall gelten, daß die Rückgewähr einer unter Vorbehalt geleisteten Zahlung mit der Begründung gefordert wird, eine Zahlungspflicht habe wegen eines auf Befreiung von der Verbindlichkeit gerichteten Schadensersatzanspruchs nicht oder nicht in voller Höhe bestanden. Es darf aber nicht dem Betragsverfahren überlassen bleiben, ob der durch unrichtige Angaben des Verkäufers getäuschte und zur Forderung von Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß berechtigte Käufer den Vertrag ohne die Täuschung überhaupt abgeschlossen hätte oder ob es ihm gelungen wäre, einen günstigeren Preis durchzusetzen. Denn der Inhalt des Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens hängt entscheidend davon ab, welche der beiden Möglichkeiten gegeben ist. Kann festgestellt werden, daß der Getäuschte gleichwohl gekauft hätte, es ihm aber bei Kenntnis von der wirklichen Sachlage gelungen wäre, einen geringeren Kaufpreis durchzusetzen, dann besteht sein Schaden regelmäßig in diesem Preisunterschied. Da er verlangen kann, so gestellt zu werden, als hätte er den Kauf zu einem günstigeren Preis abgeschlossen, müssen ihm dann die Vorteile des Kaufs in vollem Umfang verbleiben, so daß sich die Frage der Vorteilsanrechnung in diesem Zusammenhang nicht stellt. Es wird dann regelmäßig auch nicht angezeigt sein, erst noch ein Grundurteil zu erlassen, da mit dem Minderbetrag der Schaden auch der Höhe nach feststeht. Muß dagegen davon ausgegangen werden, daß der Käufer den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, dann ist beim Vergleich der beiden in Betracht zu ziehenden Vermögenslagen zu berücksichtigen, welche Leistungen der Verkäufer erbracht und welche weiteren Vorteile der Käufer durch den Kauf erlangt hat. Wegen dieser Unterschiede gehört es zur vollständigen Erledigung des Klagegrundes, darüber zu befinden, was geschehen wäre, wenn der Käufer nicht durch unrichtige Angaben des Verkäufers irregeführt worden wäre. Es widerspricht dem Sinn und Zweck des § 304 ZPO, die Entscheidung dieser Frage dem Betragsverfahren zu überlassen.

Den Feststellungen des Berufungsgerichts kann zudem nicht entnommen werden, daß es der Klägerin gelungen wäre, einen günstigeren Kaufpreis durchzusetzen. Das Berufungsgericht erörtert nur, ob die Klägerin bereit gewesen wäre, rund 3 Mio DM für den Marktanteil eines ohnehin konkursreifen Wettbewerbers aufzubringen. Doch ist damit noch nicht gesagt, daß die Firma W. & Co auch bereit gewesen wäre, ihr Teehandelsgeschäft zu einem niedrigeren Preis an die Klägerin abzugeben. Sie hatte, wie unstreitig ist, für ihre Teemarken zunächst sogar 6 Mio DM gefordert. Es ist denkbar, daß Wettbewerber der Klägerin bereit gewesen wären, einen gleich hohen Preis zu zahlen. Ob die Klägerin das Teehandelsgeschäft der Firma W. & Co später – nach Konkurseröffnung – billiger hätte erwerben können, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Auch erscheint die Frage der Konkursreife in einem anderen Licht, wenn berücksichtigt wird, daß die Verbindlichkeiten von der Klägerin nicht übernommen wurden.

Offengeblieben ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch, ob die Klägerin von einem Erwerb des Teehandelsgeschäfts der Firma W. & Co völlig abgesehen hätte, wenn sie über die wirkliche Ertragslage unterrichtet worden wäre. Der Umstand, daß sie vor allem an einem Erwerb der Teemarken und einer Vergrößerung ihres Marktanteils interessiert war, spricht eher für das Gegenteil. Des weiteren ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht auszuschließen und auch nicht unwahrscheinlich, daß die Vorteile der Klägerin aus dem Unternehmenserwerb größer sind als die Beträge, die sie dafür zu zahlen übernommen hat. Ein Grundurteil durfte somit jedenfalls auch vor Prüfung dieses Vorbringens nicht ergehen (vgl BGH LM Nr 19 zu § 304 ZPO).

Mit der Frage, ob der Klägerin aufrechenbare Ansprüche aus ihr abgetretenen Rechten der W.-Teehandelsgesellschaft zustehen, hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Das Revisionsgericht kann hierüber nicht befinden, weil dazu weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind. Das vom Landgericht erlassene Grundurteil läßt sich daher auch nicht etwa mit der Begründung aufrechterhalten, daß der an die Beklagte abgetretene Restkaufpreisanspruch teilweise durch aufrechenbare Gegenforderungen gemindert werde und sie deshalb zur Rückzahlung des an sie unter Vorbehalt entrichteten Betrages von 715.000,– DM ganz oder teilweise verpflichtet sei.

Somit kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, weil die Voraussetzungen für den Erlaß eines Grundurteils verkannt worden sind und nicht hinreichend geklärt ist, ob der Klägerin durch das hier in Rede stehende Verschulden beim Vertragsschluß ein Schaden überhaupt entstanden ist oder sie wegen des Bestehens ihr abgetretener aufrechenbarer Gegenforderungen einen Teil des von ihr an die Beklagte entrichteten Betrages zurückfordern kann. Das Revisionsgericht kann die hierzu erforderlichen weiteren Feststellungen nicht treffen. Die Sache mußte daher zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 646128

NJW 1977, 1538

JR 1977, 460

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