Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. Oktober 1998 verkündete Urteil des 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Feuerversicherer der KHT … (nachfolgend: KHT), die in F. ein Sägewerk betreibt. Die Beklagte, die hierfür Produktionsanlagen geliefert und bereits wiederholt vor Ort Reparaturen durchgeführt hatte, ließ im Rahmen eines Reparaturauftrags am 22. April 1996 durch Mitarbeiter Schweißarbeiten an einem Fräser einer der beiden Spanerlinien durchführen. Dabei entstand ein alsbald gelöschter Brand, der insbesondere unterhalb des Dielenbodens in einer Entfernung von ca. 1,20 m vom Schweißbereich verlegte nicht abgedeckte Kabelpritschen beschädigte, auf denen sich Holzmehl abgelagert hatte. Durch die erforderliche Reparatur kam es zu Produktionsausfällen bei KHT. Die Klägerin beziffert den KHT entstandenen Schaden auf insgesamt 1.503.237,– DM.
Der Tätigkeit der Beklagten lagen deren Allgemeine Montagebedingungen zugrunde. Deren Nr. 9 lautet:
„Soweit in diesen Bedingungen nicht ausdrücklich etwas anderes festgelegt ist, sind Ansprüche gegen uns und unsere Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen wegen irgendwelcher Schäden, insbesondere wegen Folgeschäden wie Produktionsausfall, Nutzungsausfall oder entgangener Gewinn gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeschlossen. Die vorstehenden Haftungsbeschränkungen gelten nicht, soweit in Fällen des Vorsatzes, der groben Fahrlässigkeit oder des Fehlens zugesicherter Eigenschaften zwingend gehaftet wird.”
Ferner lag dem Auftrag ein Merkblatt der Beklagten bei, mit dem KHT Sicherheitsvorkehrungen auferlegt wurden.
Die Klägerin sieht eine Haftung der Beklagten als begründet an. Diese habe grob fahrlässig den Brandschaden verursacht, weil die von ihr getroffenen Schutzmaßnahmen (Reinigung des Arbeitsbereichs, Anfeuchten des Bodens, Bereithalten von Löschgerät, Brandwache) nicht ausreichend gewesen seien; die Beklagte habe auch den Holzstaub auf den Kabelpritschen entfernen bzw. auf dessen Entfernung hinwirken oder den entsprechenden Bereich feuerhemmend abdecken müssen. Jedenfalls habe sie die Schutzmaßnahmen von KHT überwachen und kontrollieren müssen. Die Klägerin hält darüber hinaus die Haftungsbeschränkung in den Montagebestimmungen für unwirksam, weil diese gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG verstoße. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach zu zwei Dritteln stattgegeben. Beide Parteien haben mit dem Ziel vollständiger Verurteilung bzw. Klageabweisung Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter, die Klage dem Grunde nach in voller Höhe für gerechtfertigt zu erklären. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. 1. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten als wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt angesehen. Gegen §§ 11 Nr. 7, 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG verstößt seiner Ansicht nach die zitierte Klausel in den Montagebestimmungen nicht. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners sei nämlich nicht schon ohne weiteres dann anzunehmen, wenn wesentliche, sich aus der Natur des Vertrags ergebende Pflichten, so die Pflicht des Unternehmers, die von seinem Werk ausgehenden Gefahren unter Kontrolle zu halten, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eingeschränkt werden. Es müsse vielmehr hinzukommen, daß durch die Einschränkung der Vertragszweck gefährdet werde. Das sei indessen schon deshalb nicht der Fall gewesen, weil KHT die Erfüllung der ihr übertragenen Sicherheitsvorkehrungen ohne weiteres zumutbar gewesen sei.
2. Diese Ausführungen haben keinen Bestand.
a) Die Freizeichnung in der fraglichen Klausel erfaßt nach ihrem Wortlaut auch Fälle einfacher Fahrlässigkeit. Satz 2 der Klausel steht dem nicht entgegen. Er führt zu einer Haftung für einfache Fahrlässigkeit nur, soweit diese Haftung zwingend vorgeschrieben ist.
Auch im kaufmännischen Verkehr ist ein formularmäßiger Haftungsausschluß nicht unbeschränkt möglich (§§ 9, 24 AGBG). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen können solche Regelungen nicht wirksam vorgegeben werden, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) oder wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG; BGHZ 103, 316, 321; vgl. auch Sen.Urt. v. 26.1.1993 – X ZR 90/91, NJW-RR 1993, 560, 561 m.w.N.; BGHZ 89, 363, 366 f.; BGHZ 108, 348, 351: bei „Kardinalpflichten”; BGH, Urt. v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335). Gleiches gilt, wenn die Freizeichnung die angemessene Risikoverteilung empfindlich stören würde (BGH, Urt. v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761, 765). Allerdings kommt es immer maßgeblich auf die Umstände und Besonderheiten des jeweiligen Falls an. So ist bei einer besonderen Fallgestaltung sogar eine formularmäßige Haftungsfreizeichnung für grobe Fahrlässigkeit auf Grund der branchentypischen Besonderheiten eines Werftwerkvertrags vom erkennenden Senat als zulässig angesehen worden (BGHZ 103, 316, 324 ff.). Der Senat hat dabei darauf abgestellt, daß Schiffsreparaturen regelmäßig unter Aufsicht des fachkundigen Schiffseigners erfolgen, der sich durch eigene Überwachung der Arbeiten an Bord davon überzeugen kann, ob etwa den Sorgfaltsanforderungen, namentlich bei der Durchführung gefahrgeneigter Arbeiten, genügt ist, und der die typischerweise mit den Arbeiten verbundenen Risiken durch eigene Maßnahmen vermeiden helfen kann. Der Senat hat weiter auf den Gesichtspunkt hingewiesen, daß entsprechend allgemeiner Branchenübung bei solchen Verträgen tatsächlich Versicherungsschutz besteht, der das Risiko eines Sachschadens am Schiff abdeckt. Auf die ihm bekannte Üblichkeit eines solchen Versicherungsschutzes könne und dürfe sich der Werftunternehmer billigerweise einstellen. Derartige Ausnahmen von der Anwendung allgemeiner Maßstäbe sind aber nicht verallgemeinerungsfähig (vgl. auch Sen.Urt. v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783, 788, zu den VDMA-Bedingungen).
b) Die fragliche Klausel schränkt die Haftung wegen „irgendwelcher”, mithin wegen aller Schäden ein. Damit sind aber nach dem Wortlaut der Regelung auch solche Schäden erfaßt, die aus der Verletzung einer Hauptleistungspflicht herrühren und die etwa nach § 325 BGB oder nach § 635 BGB Schadensersatzansprüche begründen können. Dies schließt ohne weiteres auch solche Vertragspflichten ein, deren Nichteinhaltung den Vertragszweck gefährdet. Diese Gefährdung wird nicht dadurch berührt, daß aus einer Verletzung derartiger Pflichten herrührende Schäden nicht Gegenstand des jeweiligen Rechtsstreits sind (BGH, Urt. v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 f. m.w.N.). Bereits damit verstößt die verwendete Klausel gegen die Regelung in § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG. Das hat das Berufungsgericht verkannt.
c) Der daraus folgenden Unwirksamkeit der Klausel läßt sich nicht über eine geltungserhaltende Reduktion begegnen. Eine solche ist nämlich auch im kaufmännischen Verkehr grundsätzlich nicht zulässig (u.a. BGH, Urt. v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335, 336; vgl. weiter u.a. BGHZ 84, 109, 114 ff.; 124, 254, 262; 127, 35, 47, st. Rspr.). Besonderheiten, die hier eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht zu erkennen.
3. Da somit die Haftungseinschränkung in den Geschäftsbedingungen der Beklagten unwirksam ist, haftet diese auch für einfache Fahrlässigkeit. Ob eine solche zu bejahen ist, hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft. Schon deshalb kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
II. Darauf, ob das Berufungsgericht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit auf seiten der Beklagten zu Recht verneint hat, was die Revision ebenfalls angreift, kommt es danach nicht an. Ob und gegebenenfalls wieweit ein Mitverschulden von KHT zu berücksichtigen ist, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben.
Unterschriften
Jestaedt, Melullis, Scharen, Keukenschrijver, Meier-Beck
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.11.2000 durch Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 512705 |
NJW-RR 2001, 342 |
VersR 2002, 1517 |