Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Beratervertrages, bei dem Zweifel bestehen, ob das hieraus geschuldete Honorar der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder den beiden Gesellschaftern persönlich je zur Hälfte zustehen soll.
Normenkette
BGB §§ 705, § 730 ff., §§ 133, 157
Verfahrensgang
OLG Hamm (Aktenzeichen 18 U 157/95) |
LG Bochum (Aktenzeichen 2 O 298/94) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. April 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht des Zeugen W. H. die Zahlung von 75.000,– DM.
Der Beklagte und W. H. sind Brüder. Sie sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Immobiliengeschäfte betreibt, und der „B. GmbH”. Die im Sommer 1992 notleidend gewordene GmbH verkaufte im Oktober 1992 durch die Vermittlung des Zeugen L. zwei bereits begonnene Bauobjekte – P. straße in Bo. und T. Straße in We. – an die „H. Bü. GmbH & Co. KG” (im folgenden: Bü. KG). Die beurkundeten Kaufpreise von rund 2,9 Mio. DM flossen den Kreditinstituten zu; die Bauträgergesellschaft wurde anschließend vermögenslos.
Im Vorfeld dieser Grundstücksveräußerungen schlossen die Bü. KG und die „Firma Gebrüder Ha. und W. H. ” einen „Beratervertrag”, mit dem dieser ein Auftrag über die „Planung/Ausschreibung, Vertragsgestaltung und der Bau- und Leistungsbeschreibung” hinsichtlich der verkauften Grundstücke erteilt wurde. Von dem Pauschalhonorar über 150.000,– DM sollten 75.000,– DM am 15. Juni 1992 und der Rest am 15. Juli 1992 fällig werden.
Mit Schreiben vom 12. Mai 1992 an den Zeugen L. verpflichteten sich die Brüder Ha. und W. H. unter Verwendung eines für ihre Gesellschaft bürgerlichen Rechts genutzten Briefbogens, an diesen eine Vermittlungsprovision in Höhe von 20.000,– DM zu zahlen, und traten an L. mit einem gleich gestalteten Schreiben vom 16. Juni 1992 an die Bü. KG einen Teilbetrag von 20.000,– DM aus dem Beratungshonorar ab.
Am 16. Oktober 1992 traten die Brüder H. einen weiteren Teilbetrag von 65.000,– DM der Forderung aus dem Beratervertrag an W. H. sen. ab; dieser sollte der Tilgung von Verbindlichkeiten des Beklagten bei dem Zessionar dienen. Gleichzeitig übertrugen sie einen Betrag von 65.000,– DM auf die V. bank S. e.G., welcher dazu verwandt werden sollte, Forderungen der Bank gegen W. H. persönlich abzusichern. Am 21. Januar 1993 überwies die V. bank S. diesen Betrag zurück, weil sich der Sicherungszweck erledigt habe.
Die Bü. KG zahlte das vereinbarte Beraterhonorar zunächst nicht, weil ihre Bank es ablehnte, diesen Vertrag zu finanzieren. Im Herbst 1992 vereinbarte der Beklagte mit der Bü. KG, in der Weise vorzugehen, daß die „Ba. Gebr. H. GmbH”, deren Geschäftsführer der Beklagte war, der Bü. KG fingierte Rechnungen ausstellte, denen keine Leistungen zugrunde lagen. Die „Ba. Gebr. H. GmbH” erstellte in dem Zeitraum vom 30. Oktober 1992 bis 28. Mai 1993 Rechnungen über insgesamt 150.011,82 DM. Die Bü. KG beglich diese Rechnungen.
W. H. übertrug am 31. März 1994 seine Forderung gegen den Beklagten „in Höhe von 75.000,– DM aus dem Beratervertrag Bü. und dessen Abwandlung vom 23. Februar 92/93” (es folgte eine Aufstellung der fingierten Rechnungen) an die Klägerin, welche diese Abtretung dem Beklagten am 3. April 1994 anzeigte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 10.000,– DM stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat einen Betrag von 10.000,– DM unter dem Gesichtspunkt zugesprochen, der Zeuge L. habe seinen sachlich begründeten Provisionsanspruch in dieser Höhe wirksam an die Klägerin abgetreten. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen; insoweit bestehe ein Anspruch der Klägerin nicht. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, eine konkludente Vereinbarung des Beklagten mit seinem Bruder W. H., eine besondere (Gelegenheits-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu dem alleinigen Zweck zu gründen, das Beraterhonorar zu vereinnahmen und sofort zu verteilen, könne ebensowenig festgestellt werden wie eine Abrede, im Rahmen der bereits bestehenden Gesellschaft hinsichtlich des Erlöses aus dem Beratervertrag eine sofortige Aufteilung des Erlöses vorzunehmen. Diese aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme vorgenommene Würdigung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Allerdings nennt der „Beratervertrag” als Berater die „Fa. Gebr. Ha. und W. H. ”. Auch bestand zwischen dem Beklagten und seinem Bruder W. H. seit Ende der 80er Jahre eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eigene Briefbögen hatte und als Briefkopf „Gebr. Ha. + W. H. jun.” aufwies. Diese Gesellschaft befaßte sich mit der Verwertung von Immobilien. Auf einem Briefbogen dieser Gesellschaft traten der Beklagte und W. H. an die V. bank S. e.G. einen Teilbetrag von 65.000,– DM aus dem mit der Bü. KG vereinbarten Beraterhonorar ab.
b) Die Klägerin hat jedoch bereits in der Klagebegründung ausgeführt, die Brüder H. hätten eine weitere Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, deren einziger Zweck die Durchführung des Beratungsauftrags gewesen sei. Ihre Behauptung, jeweils 65.000,– DM hätten den beiden Gesellschaftern sofort persönlich zufließen sollen, findet – entgegen der Meinung des Berufungsgerichts – in dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine erhebliche Stütze.
aa) Die Aussage des Zeugen L. kann nicht als „unergiebig” bewertet werden.
Der Zeuge hat bekundet, der Betrag von 150.000,– DM habe von den Brüdern H. privat vereinnahmt und hälftig zwischen ihnen aufgeteilt werden sollen. Hieraus läßt sich durchaus folgern, daß die Brüder H. entweder konkludent eine (Gelegenheits-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder aber eine Teilungsabrede getroffen haben.
bb) Unter diesem Blickwinkel erhält die Aussage des Zeugen W. H. eine neue Bedeutung. Dieser Zeuge hat erklärt, der Beratervertrag sollte unabhängig von allen anderen Geschäften der bestehenden Gesellschaft geschlossen werden, der erlöste Betrag als finanzielle Grundlage für die berufliche Existenz beider Gesellschafter dienen. Hintergrund war, daß es der GmbH wirtschaftlich schlecht ging und die Gesellschafter persönlich etwas verdienen sollten.
cc) Die Verwendung der Geschäftsbezeichnung „Gebrüder Ha. und W. H. junior” unter Hinzufügung des Zusatzes „Firma” spricht nicht entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. H.. Sie kann leicht damit erklärt werden, daß die Brüder H. ihre alte Firmenbezeichnung aus Vereinfachungsgründen verwendeten oder daß eine Teilungsabrede nach Erfüllung des Beratervertrages Platz greifen sollte.
dd) Die von dem Berufungsgericht vermißten objektiven Anhaltspunkte fehlen nicht. Die Verträge vom 10. Oktober 1992, mit denen Teilforderungen aus dem Beratervertrag in Höhe von jeweils 65.000,– DM an W. H. sen. und an die V. bank S. e.G. abgetreten wurden, setzen voraus, daß tatsächlich Beträge von jeweils 65.000,– DM den Brüdern zustehen sollten. Die Abtretung an W. H. sen. erfolgte zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Beklagten; die Abtretung an die V. bank S. e.G. diente der Sicherung von Verbindlichkeiten des Zeugen W. H. .
II. Erweisen sich die Behauptungen der Klägerin über eine neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Teilungsabrede als richtig, so sind die hieraus resultierenden Forderungen der Brüder H. als Ansprüche auf einen Gewinnanteil oder auf dasjenige, was den Gesellschaftern bei der (Teil-)Auseinandersetzung zukommt, zu qualifizieren. Diese Ansprüche waren als selbständige Gläubigerrechte abtretbar, gleichgültig, ob man die Forderung der Klägerin als Auseinandersetzungsanspruch oder als selbständigen Teilungsanspruch einordnet. Handelt es sich um einen Auseinandersetzungsanspruch, kann er gleichwohl unmittelbar gegen den Beklagten durchgesetzt werden, weil er der einzige Mitgesellschafter ist und sonstiges Gesellschaftsvermögen nicht vorhanden ist (vgl. Sen.Urt. v. 5. Juli 1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309 m.w.N.).
III. Soweit die V. bank S. e.G. die an sie abgetretene Forderung zurückübertragen hat, stand W. H. erneut ein Zahlungsanspruch zu. Diesen Zahlungsanspruch konnte er an die Klägerin abtreten.
IV. Um den Parteien Gelegenheit zu geben, sich erforderlichenfalls zu den erörterten Gesichtspunkten zu äußern, und um dem Berufungsgericht die Möglichkeit zu verschaffen, den Streitstoff insoweit nochmals zu überprüfen, ist die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Röhricht, (Prof. Dr. Henze ist wegen Urlaubs an der Leistung seiner Unterschrift verhindert), Kapsa, Kraemer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.12.1998 durch Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
DStR 1999, 385 |
NJW 1999, 1180 |
EWiR 1999, 449 |
NZG 1999, 293 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1999, 581 |