Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. November 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rechnungslegung und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte hat Widerklage erhoben. Das Landgericht hat der Klage teilweise und der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat am 11. Mai 1998 verhandelt und am 27. November 1998 – nach mehrfacher Verlegung des Verkündungstermins – das angefochtene Urteil verkündet, durch das die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen worden sind, die Anschlußberufung mit der Maßgabe, daß auf die Erledigungserklärung der Beklagten festgestellt wird, daß die Widerklage in der Hauptsache erledigt ist. Das vollständig abgefaßte und unterschriebene Urteil ist laut dienstlicher Auskunft der Geschäftsstelle am 19. Mai 1999 zur Geschäftsstelle gelangt. Es ist dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 22. Mai 1999 zugestellt worden. Die Revision der Beklagten ist am 7. Mai 1999 beim Bundesgerichtshof eingegangen.
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es zu ihrem Nachteil ergangen ist. Die ordnungsgemäß geladene Klägerin war in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
I. Über den Revisionsantrag ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 331, 557 ZPO). Das Urteil beruht allerdings nicht auf der Säumnis. Es wäre nach dem der Revisionsentscheidung gemäß § 561 ZPO zugrundezulegenden Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn die Klägerin nicht säumig gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
II. Das Berufungsurteil kann in dem angefochtenen Umfang nicht bestehenbleiben. Die Revision führt wegen eines absoluten Revisionsgrundes zur Aufhebung und Zurückverweisung, ohne daß die sachliche Richtigkeit der Entscheidungsbegründung geprüft werden kann. Das Berufungsurteil ist so zu behandeln, als sei es – wie die Revision zu Recht rügt – nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO).
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil „nicht mit Gründen versehen”, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (BGHZ 7, 155, 156; BGH, Urt. v. 29.10.1986 - IVa ZR 119/85, VersR 1987, 405; Urt. v. 24.10.1990 - XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547; Beschl. v. 30.9.1997 - AnwZ (B) 11/97, NJW-RR 1998, 267 f.; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 27.4.1993 - GmS-OGB 1/92, NJW 1993, 2603 ff.; jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung beruht zum einen auf der Erwägung, daß die durch das Urteil beschwerte Partei nicht gezwungen werden soll, zur Fristwahrung Revision einzulegen, ohne die Gründe des Berufungsurteils zu kennen. Ihr muß die vom Gesetz eingeräumte Überlegungsfrist von einem Monat nach Ablauf des Fünfmonatszeitraums des § 552 ZPO ungeschmälert zur Verfügung stehen. Sodann treten aber auch Gründe der Rechtssicherheit hinzu. Da das richterliche Erinnerungsvermögen abnimmt, ist jedenfalls nach Ablauf von fünf Monaten nicht mehr gewährleistet, daß der Eindruck von der mündlichen Verhandlung und das Beratene noch absolut zuverlässigen Niederschlag in den so viel später abgefaßten Gründen der Entscheidung finden.
Die Fünfmonatsfrist ist vorliegend nicht eingehalten worden, da das am 27. November 1998 verkündete Berufungsurteil laut dienstlicher Äußerung der Geschäftsstelle des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart erst am 19. Mai 1999 zur Geschäftsstelle gelangt ist.
Hinsichtlich der Gerichtskosten des Revisionsverfahrens hat der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch gemacht (BGH VersR 1987, 405).
Unterschriften
Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.07.1999 durch Führinger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen