Tatbestand
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Er verlangt die Weiterzahlung einer monatlichen Rente von ursprünglich 1.246 DM, seit Teilklagerücknahme in der letzten Berufungsverhandlung von noch 1.000 DM über den 30. September 1992 hinaus. Ferner begehrt er die Feststellung, daß sein Lebensversicherungsvertrag seit dem 1. Oktober 1992 beitragsfrei geblieben ist.
Er wurde im August 1987 wegen eines Bandscheibenvorfalls operiert. Ab 1. Februar 1988 nahm die Beklagte die für den Fall bedingungsgemäßer - nämlich mindestens 50%-iger - Berufsunfähigkeit vereinbarten Leistungen auf. In einem von ihr 1990 veranlaßten Gutachten wurde dem Kläger eine 60%-ige Berufsunfähigkeit attestiert. Die Beklagte zahlte daraufhin weiter. Ab 1. Oktober 1992 stellte sie unter Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten vom 4. August 1992 ihre Rentenzahlung ein und verlangte die Wiederaufnahme der Prämienzahlungen.
Die daraufhin erhobene Klage und die Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt er sein eingeschränktes Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsmittel des Klägers führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahin, daß der Klage stattzugeben war.
1. Die Beklagte hat Anfang 1988 gemäß § 5 ihrer vorgelegten, in den §§ 2, 5 und 7 mit den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung für 1975 (VerBAV 1975, 2) inhaltlich übereinstimmenden Versicherungsbedingungen (künftig AVB) ihre Leistungspflicht anerkannt. Ihr Anerkenntnis befindet sich nicht bei den Akten. Zwischen den Parteien ist auch unerörtert geblieben, von welchem Gesundheitszustand des Klägers und welchem Grad von Berufsunfähigkeit die Beklagte bei ihrem Anerkenntnis ausging. Ferner ist offen, ob sie ihr Anerkenntnis auf § 2 (1) oder § 2 (3) AVB gestützt hat. Dies spielt jedoch für die Entscheidung keine Rolle.
2. Auch derjenige Versicherer, der sein Anerkenntnis deswegen abgegeben hat (und es abzugeben gehalten war), weil der Versicherte über sechs Monate hinaus ununterbrochen in dem für die Leistungspflicht des Versicherers vereinbarten Umfang außerstande war, seinem Beruf oder einer verweisungsgeeigneten Erwerbstätigkeit nachzugehen, kann ein Entfallen seiner Leistungspflicht nur in einem in § 7 AVB geregelten Nachprüfungsverfahren bewirken (s. hierzu insbes. BGHZ 121, 284).
In diesem Verfahren ist eine Mitteilung des Versicherers, die sein Nachprüfungsergebnis aus sich heraus nachvollziehbar macht, Wirksamkeitsvoraussetzung für das Entfallen seiner Leistungspflicht. Sie erfordert einen darzustellenden Vergleich des dem Anerkenntnis zugrunde gelegten Gesundheitszustandes des Versicherten und der seinerzeitigen Bewertung der Auswirkungen dieses Zustandes im Berufsbereich des Versicherten mit seinem Zustand und dessen Auswirkungen zur Zeit der Nachprüfung (s. auch hierzu vor allem BGHZ 121, 284).
3. Diesen Anforderungen wird die Mitteilung der Beklagten vom 12. August 1992 nicht gerecht, so daß sie keine Rechtswirkung entfalten konnte. Sie lautet (unter Weglassen der Rechtsmittelbelehrung):
"Sehr geehrter Herr B.!
Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung liegt uns vor.
Wir haben die Unterlagen sorgfältig ausgewertet. Dabei haben wir festgestellt, daß Sie nicht mehr berufsunfähig sind, weil der Grad der Berufsunfähigkeit trotz der bei Ihnen zur Zeit noch vorliegenden Gesundheitsstörungen unter 50% liegt (siehe § 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und 2 der Versicherungsbedingungen).
Herr Dr. T. (Facharzt für Orthopädie) gab an, daß in der Zwischenzeit eine Besserung Ihres Gesundheitszustandes eingetreten ist. So können Sie jetzt ihre Wirbelsäule in befriedigender Weise bewegen; sie entfaltet sich in allen Ebenen einwandfrei. Sie können wieder vollschichtig - mit kurzen Pausen - als Landwirt tätig sein. Der Grad ihrer Berufsunfähigkeit beträgt 30%.
Die Voraussetzungen für unsere Leistungen sind daher nicht mehr gegeben. Ab 01.10.92 sind wieder Beiträge von Ihnen zu entrichten (siehe beigefügte Versicherungsbedingungen).
..."
Aus diesem Text wird nicht ausreichend ersichtlich, was sich am Zustand der - schon vor dem Leistungsanerkenntnis operierten und 1990 noch eine mit 60% bewertete Berufsunfähigkeit bedingenden - Wirbelsäule des Klägers bis zum Sommer 1992 tatsächlich gebessert haben soll. Es bleibt in dem Schreiben unerörtert, wie der Zustand der Wirbelsäule nach der Operation und bei Abgabe des Leistungsanerkenntnisses beschaffen war und welche Auswirkungen ihr Zustand auf die berufliche Betätigung des Klägers hatte. Schon deshalb bleibt unklar, worin die geltend gemachte Besserung bestehen soll. Der bloße Hinweis auf eine nunmehr befriedigende Beweglichkeit der Wirbelsäule kann die notwendige Vergleichsbetrachtung nicht ersetzen. Er ist mangels näherer Angaben zur gebesserten Beweglichkeit inhaltslos.
Infolge der Unwirksamkeit der Nachprüfungsmitteilung vom 12. August 1992 ist die Beklagte leistungspflichtig geblieben, solange sie nicht eine neue, § 7 AVB entsprechende, jedoch - wie stets - erst für die Zukunft wirkende Nachprüfungsentscheidung getroffen hat, die nachvollziehbar eine maßgebliche Zustandsbesserung ergibt.
Fundstellen
Haufe-Index 2993503 |
NJW-RR 1998, 238 |