Tenor
Auf die Revision der U. Deutschland Inc. & Co. OHG wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens gegen die U. Deutschland Inc. an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, Transportversicherer der K. GmbH in H., nimmt die beklagte U. Deutschland Inc. mit Sitz in N. (im folgenden: U. Inc.) aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 59.425,– DM nebst Zinsen gerichteten Klage im vollen Umfang stattgegeben. Dagegen haben die Rechtsanwälte H., die die U. Inc. im ersten Rechtszug vertreten haben, namens der in N. unter derselben Adresse wie die U. Inc. geschäftsansässigen U. Deutschland Inc. & Co. OHG (im folgenden: U. OHG) Berufung eingelegt. Die Klägerin hat unselbständige Anschlußberufung eingelegt, mit der sie ihre Klage um 1.000,– DM erweitert hat.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der U. OHG als unzulässig verworfen und zugleich ausgesprochen, daß die Anschlußberufung der Klägerin wirkungslos sei.
Hiergegen richtet sich die Revision der U. OHG, mit der diese die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erstrebt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig angesehen, weil sie von der durch das angefochtene Urteil nicht beschwerten U. OHG eingelegt worden sei. Hierzu hat es ausgeführt:
Die die Berufung führende U. OHG habe selbst vorgetragen, daß die beklagte U. Inc. mit ihr nicht identisch, sondern eine ihrer persönlich haftenden Gesellschafterinnen sei, weshalb weder eine bloße Firmenänderung noch eine Rechtsnachfolge durch Umwandlung vorliege. Ebensowenig liege nach dem eigenen Vortrag der Berufungsklägerin lediglich eine aus den Umständen wie insbesondere aus dem der Berufungsschrift beigefügten Urteil erster Instanz zu entnehmende versehentliche Falschbezeichnung der die Berufung führenden Partei vor. Die von der Berufungsklägerin schließlich noch angesprochene Möglichkeit eines gewillkürten Parteiwechsels auch in der zweiten Instanz setzte eine zulässige Berufung und außerdem die Zustimmung des Gegners voraus; im vorliegenden Fall seien beide Voraussetzungen nicht erfüllt.
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist gemäß § 547 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Daß die die Revision führende U. OHG gemäß den Darlegungen zu nachfolgender Ziffer III entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tatsächlich nicht Berufungsklägerin war, steht dem nicht entgegen. Die U. OHG ist damit durch das Berufungsurteil allerdings nicht formell beschwert. Bei der beklagten Partei ist jedoch, da sie keine Sachanträge stellt, die materielle Beschwer maßgeblich. Für diese reicht jeder nachteilige rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung – wie im Streitfall der Ausspruch, daß die Berufung der U. OHG unzulässig sei und diese die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe – aus (BGH, Urt. v. 5.1.1955 – IV ZR 238/54, NJW 1955, 545; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., Vorbem. § 511 Rdn. 19 m.w.N.).
III. Die Revision der U. OHG hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht ist im Berufungsurteil zu Unrecht davon ausgegangen, daß nicht die im Verfahren vor dem Landgericht unterlegene U. Inc., sondern die durch das Urteil erster Instanz nicht beschwerte U. OHG Berufungsklägerin sei.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehört zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift neben den in § 518 Abs. 2 ZPO ausdrücklich normierten Voraussetzungen weiterhin die Angabe, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. Dabei müssen, da mit der Berufung ein neuer Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befaßten Gericht eröffnet wird, aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Parteien des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Berufungsfrist für das Berufungsgericht und den Gegner in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein (BGHZ 21, 168, 170 ff.; 113, 228, 230; BGH, Beschl. v. 13.7.1993 – III ZB 17/93, NJW 1993, 2943 f.; Beschl. v. 7.11.1995 – VI ZB 12/95, NJW 1996, 320; Beschl. v. 16.7.1998 – VII ZB 7/98, NJW 1998, 3499; Beschl. v. 18.4.2000 – VI ZB 1/00, NJW-RR 2000, 1371, 1372, jeweils m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden (BGH NJW 1996, 320 m.w.N.).
2. Im danach auch im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist hatte das Berufungsgericht, dem zur damaligen Zeit die Berufungsschrift und das dieser beigefügte Urteil des Landgerichts vorlagen, keinen Anlaß zu zweifeln, daß die U. Inc. Berufungsklägerin sein sollte. Dem stand nicht entgegen, daß als solche in der Berufungsschrift die U. OHG unter Angabe ihrer von der U. Inc. abweichenden gesetzlichen Vertretung bezeichnet war. Unter Berücksichtigung dessen nämlich, daß die U. OHG in der Berufungsschrift als „Beklagte und Berufungsklägerin” bezeichnet und im beigefügten Urteil des Landgerichts die U. Inc. zweifelsfrei als Beklagte ausgewiesen war, konnten für das Berufungsgericht und die Klägerin aus deren damaliger Sicht keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, daß die U. OHG bei der Berufungseinlegung versehentlich anstelle der – im übrigen unter derselben Anschrift geschäftsansässigen – U. Inc. als Berufungsklägerin benannt worden war.
Nach dem vorstehend Ausgeführten ist es, da für die Frage, wer als Berufungsführer anzusehen ist, allein maßgeblich ist, was insoweit für das Berufungsgericht und den Gegner bis zum Ablauf der Berufungsfrist erkennbar geworden ist, mithin unerheblich, ob, wie das Berufungsgericht gemeint hat und die Revisionserwiderung geltend macht, eine versehentliche Falschbezeichnung ausweislich des eigenen späteren Vorbringens der Berufung tatsächlich nicht vorgelegen hatte, weil danach die U. OHG sich – zu Unrecht – als Rechtsnachfolgerin der U. Inc. angesehen hatte.
IV. Da sich die Klägerin auch mit einem Parteiwechsel auf der Beklagtenseite im Berufungsverfahren nicht einverstanden erklärt hat, ist das Berufungsurteil zu Unrecht gegen die Revisionsklägerin ergangen. Es konnte daher keinen Bestand haben und war deshalb aufzuheben.
Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses nunmehr das bei ihm noch anhängige Berufungsverfahren zwischen der U. Inc. und der Klägerin durchführt.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Büscher, Schaffert
Fundstellen
Haufe-Index 713516 |
BGHR 2002, 655 |