Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wer einen Vertrag zur Änderung eines von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgeschlossenen Vertrages wirksam genehmigen kann, wenn beim Abschluß des Änderungsvertrages ein Gesellschafter vollmachtlos vertreten worden ist und dieser danach seinen Gesellschaftsanteil abgetreten hat.
Normenkette
BGB §§ 714, 177
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Januar 1980 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gemäß §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 5, 795 Satz 1 und 797 Abs. 2 und 4 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Grundstückskaufvertrag vom 20. Dezember 1974 und den Änderungsverträgen vom 25. April und 24. Juni 1975 auf Grund folgenden Sachverhalts:
Hans K. und der Beklagte zu 1 waren als Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eigentümer eines in M. belegenen Grundstücks.
Davon verkaufte die Gesellschaft durch den Vertrag vom 20. Dezember 1974 eine Teilfläche für 784.000 DM an die Klägerin, wobei für K. ein Vertreter ohne Vertretungsmacht handelte. Den Kaufpreis erhöhten die Vertragsparteien durch die Vereinbarung vom 25. April 1975 auf 845.520 DM, wobei umgekehrt für den Beklagten ein vollmachtloser Vertreter auftrat. Nachdem sodann K., weil die Genehmigung des Beklagten zu diesem Vertrage zunächst ausblieb, durch notariell beglaubigte Erklärung vom 23. Juni 1975 den ursprünglichen Kaufvertrag gesondert genehmigt hatte und dieser damit – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – wirksam geworden war, schloß die Klägerin mit dem Beklagten und einem für K. handelnden Vertreter ohne Vertretungsmacht am 24. Juni 1975 einen zweiten Änderungsvertrag. Darin genehmigte der Beklagte nunmehr die im ersten Änderungsvertrag vereinbarte Kaufpreiserhöhung, während sich die Klägerin verpflichtete, nach Wahl des Beklagten (zusätzlich) entweder 325.000 DM an diesen persönlich zu zahlen oder ihm – gegen Zuzahlungen durch ihn selbst – eine der von ihr geplanten Wohnungen zu übereignen. K. hatte diese erneute Vertragsänderung noch nicht genehmigt, als er im Jahre 1976 seinen Gesellschaftsanteil auf die Beklagte zu 2 übertrug. Diese genehmigte durch notariell beglaubtigte Erklärung vom 14. Juni 1976 den zweiten Änderungsvertrag.
Die Beklagten meinen, damit habe sich der an die Gesellschaft zu entrichtende Kaufpreis auf 845.520 DM erhöht. Der Beklagte zu 1 macht überdies geltend, sein Wahlrecht wirksam ausgeübt und sich dabei für die zusätzliche Zahlung der Klägerin von 325.000 DM entschieden zu haben. Der Notar, der den Kaufvertrag und die beiden Änderungsverträge beurkundet hatte, hat davon den Beklagten vollstreckbare Ausfertigungen erteilt, wonach die aus den Beklagten bestehende Gesellschaft wegen 845.520 DM und der Beklagte zu 1 allein wegen weiterer 325.000 DM gegen die Klägerin vollstrecken kann.
Diese macht geltend, der zweite Änderungsvertrag sei nicht wirksam geworden: er sei nicht in allen Punkten formgerecht beurkundet worden; K. habe die Genehmigung bereits vor Abtretung seines Gesellschaftsanteils endgültig verweigert gehabt; jedenfalls habe die Beklagte zu 2 den Vertrag nicht an Stelle K. s. genehmigen können. Mit der Unwirksamkeit des zweiten fehle es zugleich an der Genehmigung des ersten Änderungsvertrages durch den Beklagten zu 1. Zur Erfüllung des danach allein wirksam gewordenen ursprünglichen Kaufvertrages habe sie – das ist unstreitig – den Beklagten eine Frist gesetzt und nach Fristablauf die Erfüllung abgelehnt. Damit sei sie von allen Verpflichtungen frei geworden.
Das Landgericht hat gemäß dem Antrag der Klägerin die Zwangsvollstreckung aus den drei Urkunden vom 20. Dezember 1974, 25. April und 24. Juni 1975 durch die Gesellschaft und aus der Urkunde vom 24. Juni 1975 durch den Beklagten zu 1 für unzulässig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht durch sein erstes Urteil die Klage abgewiesen. Mach Zurückverweisung der Sache durch Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20. Dezember 1978 – V ZR 199/77 = LM ZPO § 398 Nr. 10 hat das Berufungsgericht nunmehr die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der zweite Änderungsvertrag wegen Formverstoßes nichtig sein könnte, nicht beantwortet und auch offengelassen, ob Kremer die Genehmigung dieses Vertrages endgültig verweigert hatte, bevor er seinen Gesellschaftsanteil auf die Beklagte zu 2 übertrug. Es hat der Klage allein deshalb stattgegeben, weil die Beklagte zu 2 den zweiten Änderungsvertrag nicht habe wirksam genehmigen können; damit sei auch der erste Änderungsvertrag nicht wirksam geworden und die Klägerin von dem ursprünglichen Kaufvertrage berechtigterweise zurückgetreten. Die Beklagte zu 2 war aber – wie die Revision zutreffend rügt – befugt, den zweiten Änderungsvertrag zu genehmigen.
1. Durch den (vom Beklagten zu 1 und einem vollmachtlosen, im Namen von K. handelnden Vertreter für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts abgeschlossenen und von K. nachträglich am 23. Juni 1975 genehmigten) Grundstücks-Kaufvertrag vom 20. Dezember 1974
- sind der Beklagte zu 1 und K. in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit mit dem Gesellschaftsvermögen zur Übertragung der Grundstücks-Teilfläche verpflichtet worden;
- ist für sie daneben eine Haftung mit ihrem Privatvermögen für die Gesamthandverbindlichkeit begründet worden;
- haben sie umgekehrt die Rechte aus diesem Kaufvertrag, insbesondere den Anspruch auf den Kaufpreis, zur gesamten Hand erworben.
Das alles entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 72, 267, 271; 74, 240, 241) und bedarf keiner weiteren Begründung.
2. Das Berufungsgericht geht auch zutreffend davon aus, daß der in dieser Weise wirksam abgeschlossene Kaufvertrag, da beide Gesellschafter gemeinschaftlich geschäftsführungs- und vertretungsbefugt waren (§ 709 Abs. 1, § 714 BGB), nur wirksam abgeändert werden konnte, wenn auf der Verkäuferseite beide Gesellschafter entsprechende Erklärungen abgaben. Ihm ist aber nicht darin beizupflichten, daß die vor der Abtretung des Geschäftsanteils an die Beklagte zu 2 zunächst schwebend unwirksam abgeschlossenen Änderungsverträgenach vollzogener Abtretung weiterhin (nur) mit K. Zustimmung zu dem (wiederum vom Beklagten zu 1 und einem für K. auftretenden vollmachtlosen Vertreter mit der Käuferin abgeschlossenen) zweiten Änderungsvertrag vom 24. Juni 1975 hätte wirksam werden können und die Genehmigungserklärung der Beklagten als nunmehriger Mitgesellschafterin rechtlich unerheblich gewesen sei. Das Gegenteil ist der Fall. Nachdem Kremer am 14. Juni 1976 durch Abtretung seines Anteils aus der Gesellschaft ausgeschieden war, besaß er nicht mehr die mit seiner Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht (§§ 709, 714 BGB), gemeinschaftlich mit dem Beklagten zu 1 mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu handeln. In seine Rechtsposition war die Beklagte zu 2 eingetreten. Sie haftete nicht nur fortan an seiner Stelle mit dem Gesellschaftsvermögen für die im Kaufvertrag eingegangene Gesamthandverbindlichkeit (BGHZ 74, 240, 241), ihr standen nunmehr auch zur gesamten Hand neben dem Beklagten zu 1 die Rechte aus diesem Vertrage zu, und Vertragsänderungen waren folgerichtig ihre und des Beklagten zu 1 gemeinschaftliche Sache. Die Ansicht des Berufungsgerichts, Vertragspartner der Käuferin seien der Beklagte zu 1 und K. geblieben, weil sich die mit der Anteilsabtretung begründete Rechtsnachfolge im Außenverhältnis nicht auswirke, mag auf der früher weitgehend vertretenen Auffassung beruhen, die Eigenart der gesamthänderischen Verpflichtung erschöpfe sich darin, daß für sie zwei Vermögensmassen haften; sie steht aber im Widerspruch dazu, daß als Folge des Gesamthandprinzips die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit „als Gesellschaft”, diese allerdings ohne Verselbständigung gegenüber den Mitgliedern, mit Wirkung für und gegen das Gesellschaftsvermögen im Rechtsverkehr handeln können (vgl. auch den zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmten Senatsbeschluß v. 3.11.1980 – II ZB 1/79) und § 718 Abs. 1 BGB dementsprechend die „durch die Geschäftsführung erworbenen Gegenstände”, also auch die Rechte und Pflichten aus einem im Namen der Gesellschaft abgeschlossenen Vertrage dem Gesellschaftsvermögen zuweist. Vertragspartnerin war daher die Gesellschaft geworden, und sie blieb es auch, als K. seinen Anteil auf die Beklagte zu 2 übertrug, da der Bestand des Gesamthandvermögens mit allen Rechten und Pflichten von einem Mitgliederwechsel in der Gesellschaft nicht berührt wird. Die Beklagte zu 2 konnte daher der Vertragsänderung mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft zustimmen. Dadurch, daß der (notariell beurkundete) zweite Änderungsvertrag nicht in ihrem, sondern im Namen K. s abgeschlossen worden ist und sie ihre Zustimmungserklärung nur in notariell beglaubigter Form abgegeben hat, wird deren Wirksamkeit gemäß § 182 Abs. 2 BGB nicht beeinträchtigt; denn soweit seinerzeit im Namen K. s als Mitgesellschafters abgeschlossen worden war, hat sie als dessen Rechtsnachfolgerin zustimmen können.
3. Bei der Prüfung der Frage, ob damit der zweite Änderungsvertrag (und als Folge davon auch der erste) zwischen der Gesellschaft und der Klägerin wirksam geworden sind, ist allerdings noch zu berücksichtigen, daß die Beklagte zu 2 keine Vertretungsmacht hatte, die im Namen K. s vollmachtlos abgegebenen Erklärungen zu genehmigen, soweit diese nicht das Gesamthandvermögen betrafen, sondern auf die Haftung K. s mit seinem Privatvermögen eingewirkt haben würden. K. haftete auch nach der Anteilsübertragung aus dem ursprünglichen Kauf vertrage mit seinem Privatvermögen fort (so daß die Klägerin durch den Mitgliederwechsel keinen Nachteil hatte); hätte aber die vereinbarte Vertragsänderung auch eine Veränderung dieser persönlichen Gesellschafterhaftung zum Gegenstand gehabt, so hätte die Klägerin die Zustimmung der Beklagten nicht ohne weiteres gegen sich gelten lassen müssen, weil das angestrebte Vertragswerk durch diese Zustimmung nicht in seinem ganzen Umfange wirksam geworden wäre; es wäre dann allenfalls zu fragen, ob anzunehmen ist, daß die Vertragspartner den nur teilweise wirksam gewordenen Änderungsvertrag auch ohne den unwirksamen Teil abgeschlossen haben würden (§ 139 BGB).
Die Bedenken, die sich daraus gegen die Wirksamkeit einer Zustimmung des Neugesellschafters in Fällen dieser Art ergeben können, greifen aber unter den vorliegenden Umständen nicht durch. Der Änderungsvertrag hatte für die Gesellschaft und für die Gesellschafter persönlich keine zusätzliche Verpflichtung begründen, sondern, soweit er die Gesellschaft betraf, lediglich den ersten Änderungsvertrag genehmigen sollen, durch den der Kaufpreisanspruch der Gesellschaft von 784.000 auf 845.520 DM erhöht worden war. Die Verpflichtung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter, das Grundstück zu übereignen, ergab sich bereits aus dem ursprünglichen Kaufvertrag. Allerdings weist die Revisionserwiderung zutreffend darauf hin, daß der Beklagte zu 1 nach dem zweiten Änderungsvertrag statt der persönlichen Zuwendung von 525.000 DM auch eine von der Klägerin zu errichtende Wohnung hätte wählen können und dann seinerseits Zahlungen an die Klägerin hätte leisten müssen. Diese Zahlungspflicht würde jedoch allein ihn getroffen haben, nicht die Gesellschaft und damit auch nicht den Gesellschafter K. Für oder gegen K. persönlich war daher im zweiten Änderungsvertrag gar nichts vereinbart worden, was einer Genehmigung bedurft hätte.
4. Das Berufungsgericht hat allerdings noch für möglich gehalten, daß sich K. außerhalb der hier erörterten Verträge gegenüber der Klägerin verpflichtet hat, einen Teil der von dieser an den Beklagten zu 1 persönlich zu leistenden Zusatzzahlung auszugleichen. Das hat jedoch unmittelbar damit, daß die Beklagte zu 2 für die Gesellschaft anstelle K. s den Änderungsvertrag zu genehmigen hatte, nichts zu tun. Es hätte allenfalls die Möglichkeit bestanden, daß sich die Gesellschafter K.und der Beklagte zu 1 vor der Anteilsübertragung mit der Klägerin einig geworden wären, mit Rücksicht auf eine solche Ausgleichsvereinbarung solle das Zustandekommen des Änderungsvertrages in jedem Falle von der persönlichen Zustimmung Kremers abhängig sein. Dafür geben aber die Vertragsurkunden nichts her, und das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, daß dies mündlich geschehen wäre; es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht einmal darauf an, daß eine solche Zusatzabrede gemäß § 313 BGB formbedürftig gewesen wäre.
5. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann schließlich dem Änderungsvertrag nicht deshalb die Wirksamkeit abgesprochen werden, weil der Beklagte, indem er sich einen persönlichen Sondervorteil habe versprechen lassen, „außerhalb seiner Vertretungsbefugnis” gehandelt habe. Waren die jeweiligen Gesellschafter, wovon alle Beteiligten auch bei Abschluß der drei Verträge aus gegangen sind, nur gemeinschaftlich zu handeln befugt, konnten sie, wenn nur alle zustimmten, ohne weiteres mit der Klägerin vereinbaren, daß ein Teil des Kaufpreises nicht ins Gesamthandvermögen, sondern unmittelbar an einen der Gesellschafter zu zahlen sei.
6. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es daher darauf an, ob der Änderungsvertrag aus den vom Berufungsgericht bisher nicht erörterten Gründen gemäß § 313 BGB nichtig ist oder ob er deshalb nicht zur Wirksamkeit gelangt ist, weil K. noch als Mitgesellschafter, also vor Übertragung seines Anteils, die Zustimmung zu dem vollmachtlos in seinem Namen abgeschlossenen Änderungsvertrage mit Wirkung gegenüber der Gesellschaft bereits endgültig verweigert hatte. Da insoweit noch tatsächliche Feststellungen zu treffen sind, kann das Revisionsgericht hierüber nicht entscheiden. Die Sache mußte daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Stimpel, Dr. Schulze, Dr. Kellermann, Bundschuh, Brandes
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.12.1980 durch Kaufmann Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 374 |
NJW 1981, 1213 |
Nachschlagewerk BGH |
DNotZ 1981, 485 |