Leitsatz (amtlich)
›a) Die §§ 209, 212 BGB sind auf den Klägerwechsel entsprechend anzuwenden.
b) Zur Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB und zur Fortdauer der Unterbrechung nach § 212 Abs. 2 BGB ist nur erforderlich, daß der jeweils Berechtigte die erste und die weitere Klage erhoben hat; identisch müssen beide nicht sein.‹
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main |
LG Wiesbaden |
Tatbestand
Die Klägerinnen haben vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 165.965,24 DM nebst Zinsen wegen Schlechterfüllung eines am 12. Februar 1979 aufgehobenen Architektenvertrages gefordert. Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerinnen bestritten, den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach in Abrede gestellt und sich außerdem auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Planung des Beklagten nicht vertragswidrig gewesen sei. Die Berufung der Klägerinnen hat das Oberlandesgericht zunächst mit Teilurteil vom 5. Dezember 1984 in Höhe von 67.839,67 DM nebst Zinsen zurückgewiesen, weil jedenfalls insoweit ein Schaden nicht schlüssig dargetan worden sei. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerinnen ist nicht angenommen worden (Senatsbeschluß vom 10. April 1986 - VII ZR 78/85 -).
Im anschließenden Verfahren hat das Berufungsgericht auch die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - angenommene - Revision der Klägerinnen, die der Beklagte zurückzuweisen bittet.
Entscheidungsgründe
1. Das Berufungsgericht geht - rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet - davon aus, daß den Architektenauftrag nicht die damals zehn und sechs Jahre alten Klägerinnen, sondern ihr Vater, der Kaufmann D. B., handelnd unter der Firma Industrie und Import Vertretungen D. B., erteilt habe. Damit habe die Einreichung des Antrags auf Erlaß eines Mahnbescheides durch die Klägerinnen am 17. Juli 1982 (richtig: 25. Juni 1982) die Verjährung nicht unterbrechen können, weil der Antrag vom Nichtberechtigten gestellt worden sei (§ 209 BGB). Die Klägerinnen seien vielmehr erst aufgrund des Abtretungsvertrags mit der Firma "D. B., Industrie- und Importgesellschaft KG" vom 20. November 1984 Anspruchsinhaber geworden, nachdem ihr Vater zuvor den Anspruch am 1. Oktober 1980 in diese damals neu gegründete Firma eingebracht hätte.
Da die geplante Halle, soweit sie nach der Aufhebung des Vertrags entsprechend der Planung des Beklagten errichtet wurde, spätestens am 14. November 1979 fertiggestellt worden sei, habe die Verjährungsfrist von fünf Jahren spätestens am 14. November 1984, also vor der Abtretung, geendet.
Zwar habe der Eintritt der Firma D. B. Industrie- und Importgesellschaft KG auf der Klägerseite im Wege des Parteiwechsels gemäß Schriftsatz vom 20. Januar 1984 die damals noch laufende Verjährungsfrist zunächst unterbrochen; diesem Parteiwechsel sei nämlich die Wirkung einer Klageerhebung ex nunc gemäß § 209 Abs. 1 BGB jedenfalls dann beizumessen, wenn - wie hier - die Gegenseite dem Parteiwechsel ausdrücklich zustimmt. Jedoch sei diese Wirkung durch das Ausscheiden der KG und durch den Wiedereintritt der Klägerinnen in den Rechtsstreit gemäß Schriftsatz vom 31. Oktober 1984, dem der Beklagte nicht widersprochen habe, gemäß § 212 Abs. 1 BGB wieder entfallen.
2. Das rügt die Revision zu Recht.
a) Allerdings ist auch der Senat mit dem Berufungsgericht der Ansicht, daß auf einen wirksamen Parteiwechsel die §§ 209, 212 BGB entsprechend anzuwenden sind, so daß der Eintritt der Firma D.B. Industrie- und Importgesellschaft KG auf der Klägerseite gemäß Schriftsatz vom 20. Januar 1984 einer Klageerhebung (mit ex nunc-Wirkung) gleichsteht (vgl. auch BGHZ 46, 221, 229/230; Palandt/Heinrichs, BGB, 48. Aufl., § 209 Anm. 5 c).
Das ist allein sinnvoll. Wollte man die Rechtslage anders beurteilen und am Wortlaut der §§ 209, 212 BGB haften bleiben, würde das dazu führen, daß ein Parteiwechsel im Rahmen der hier maßgeblichen Bestimmungen wirkungslos bliebe und stattdessen stets eine neue Klage des Berechtigten (§ 209 BGB), bzw. eine Klagerücknahme und eine neue Klageerhebung (§ 212 BGB) erforderlich wären. Damit würde an die Stelle eines "prozeßökonomischen" Parteiwechsels ein schwerfälliges und kostensteigerndes Verfahren treten, ohne daß damit irgendwelche Vorteile für die Parteien verbunden wären.
b) Ist somit im hier zu beurteilenden Fall § 212 BGB anwendbar, ist damit aber auch der Raum frei für eine Anwendung des § 212 Abs. 2 BGB. Das hat das Berufungsgericht offenbar übersehen.
Die Klägerinnen sind seit dem 20. November 1984 Anspruchsinhaber. Zwischen ihrem Eintritt in den Rechtsstreit als Berechtigte (vgl. § 212 Abs. 2 BGB) seit dem Ausscheiden der früher berechtigten KG (= Parteiwechsel: Schriftsatz vom 31. Oktober 1984, zugestellt am 2. November 1984) waren nicht mehr als sechs Monate vergangen. Daher ist die Sachlage - bei entsprechender Anwendung des § 212 Abs. 2 BGB - so zu beurteilen, als hätten die Klägerinnen fristgerecht ab 20. November 1984 als jetzt "Berechtigte" (= Forderungsinhaber) erneut Klage erhoben. Dann aber "gilt die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage" (= Eintritt der KG als Berechtigte) unterbrochen.
Dieses Ergebnis steht mit Sinn und Zweck des § 212 Abs. 2 BGB durchaus in Einklang. Dort wird allein auf eine neue Klageerhebung durch den Berechtigten nicht aber auf die Identität mit dem in § 212 Abs. 1 BGB angesprochenen Kläger abgestellt. Für die Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB wie für die Fortdauer der Unterbrechung nach § 212 Abs. 2 BGB kann es, auch aus Gründen des Schuldnerschutzes, immer nur darauf ankommen, daß der jeweils Berechtigte die erforderlichen Handlungen vornimmt. Wer das ist und ob es jedesmal dieselbe Person ist, interessiert gerade den Schuldner aus verjährungsrechtlicher Sicht wenig. Für die warnende Wirkung, die von einer (wiederholten) Klage ausgehen soll (vgl. dazu etwa Senatsurteile BGHZ 80, 222, 226; 104, 268, 273; NJW 1986, 577, 578), ist das unerheblich.
c) Das Berufungsgericht hätte daher die Klage nicht wegen Verjährung abweisen dürfen. Da eine Entscheidung über die materielle Berechtigung des jetzt noch anhängigen Anspruchs aussteht, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2992980 |
DB 1989, 1465 |
BGHR BGB § 209 Abs. 1 Parteiwechsel 1 |
BGHR BGB § 212 Abs. 2 Parteiwechsel 1 |
BGHR BGB § 212 Parteiwechsel 1 |
BauR 1989, 473 |
DRsp I(112)148b-c |
WM 1989, 999 |
MDR 1989, 729 |
ZfBR 1989, 152 |