Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Beweiswürdigung durch das Revisionsgericht
Leitsatz (redaktionell)
Das Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt.
Normenkette
ZPO § 286
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das am 18. Januar 2001 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns für landschaftsgärtnerische Arbeiten in Anspruch. Sie legte im Auftrag des Beklagten auf dessen Grundstück Sportplätze sowie Wege-, Wasser- und Vegetationsflächen an. Auf zwei Abschlagsrechnungen der Klägerin vom 12. und 29. Juli 1996 in Höhe von 113.435,08 DM und 296.588,57 DM zahlte der Beklagte am 31. Juli 1996 250.000,– DM. Am 5. Dezember 1996 übergab der Beklagte in seinem Büro an den Geschäftsführer der Klägerin 150.000,– DM in bar.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt eine auf den 27. November 1996 datierte weitere Rechnung der Klägerin vorlag, die nach Abrechnung mit Einheitspreisen zu einem Rechnungsbetrag von 181.067,50 DM kommt und mit einem „vereinbarten Pauschalpreis” von 150.000,– DM abschließt.
Unter dem 18. Dezember 1996 erstellte die Klägerin eine mit der zweiten Abschlagsrechnung vom 29. Juli 1996 übereinstimmende Schlußrechnung, die eine offene Forderung in Höhe von 46.588,57 DM auswies, sowie unter dem 7. Januar 1997 eine weitere Rechnung über 183.601,08 DM, die sie an den Beklagten übersandte. Den Gesamtbetrag aus diesen beiden Rechnungen in Höhe von 230.189,65 DM macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend.
Der Beklagte hat in erster Linie behauptet, daß durch die Barzahlung der 150.000,– DM am 5. Dezember 1996 nach einer hierbei zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Klägerin getroffenen Vereinbarung sämtliche noch offenen Forderungen ausgeglichen worden seien. Außerdem hat der Beklagte Einwendungen gegen die von der Klägerin berechneten Massen vorgebracht und sich auf Mängel berufen.
Das Landgericht hat der Klägerin nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens 168.872,34 DM nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin, mit der diese sich gegen die Aberkennung eines Teils der Klageforderung in Höhe von 51.569,45 DM durch das Landgericht gewandt sowie eine höhere Verzinsung der Klageforderung ab dem 1. Mai 2000 begehrt hatte, die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 220.441,79 DM nebst Zinsen. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Klägerin keine Werklohnforderung mehr zustehe, da aufgrund der zwischen den Parteien am 5. Dezember 1996 getroffenen Vereinbarung und der durch den Beklagten geleisteten Zahlung von 150.000,– DM die damals noch offenstehende Werklohnforderung der Klägerin insgesamt ausgeglichen worden sei. Hierbei hat sich das Berufungsgericht insbesondere auf die Aussage der als Zeugin vernommenen Lebensgefährtin des Beklagten gestützt. Es hat hierzu ausgeführt: Die Zeugin K. habe bei ihrer Vernehmung bekundet, daß der Geschäftsführer der Klägerin bei dem Gespräch am 3. März 1997 vom Beklagten eine weitere Zahlung von 50.000,– DM verlangt habe, da „es nicht reiche”, daß dieses Ansinnen von Beklagten aber abgelehnt worden sei unter Hinweis darauf, daß bereits eine Schlußzahlung erfolgt sei, durch die alles erledigt worden sei. Da es sich nach dem Gesamtzusammenhang des Vortrags der Parteien bei dieser Schlußzahlung nur um diejenige vom 5. Dezember 1996 gehandelt haben könne, spreche die Bekundung der Zeugin ganz entscheidend für die Richtigkeit des Prozeßvortrags des Beklagten. Die Aussage der Zeugin stehe in Einklang mit weiteren Umständen und Indizien, die den Vortrag des Beklagten über die behauptete Vereinbarung einer Schlußzahlung am 5. Dezember 1996 stützten bzw. gegen die Darstellung der Klägerin sprächen. So falle es auf, daß die Klägerin keine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben habe, weshalb es am 5. Dezember 1996 überhaupt zu einer unter geschäftserfahrenen Personen eher unüblichen Übergabe von Bargeld gekommen sei. Es spreche deshalb alles dafür, daß es bei dem Termin am 5. Dezember 1996 nicht nur um die bloße Übergabe eines bereits feststehenden Rechnungsbetrags habe gehen sollen, sondern daß neben der Übergabe auch noch etwas besprochen worden sei, was damit in sachlichem Zusammenhang gestanden habe. Für die Richtigkeit der Darstellung des Beklagten, daß die Rechnung vom 27. November 1996 am 5. Dezember 1996 nicht vorgelegen habe, spreche zudem die Bekundung der Zeugin Ka., die nach ihren Angaben als Sekretärin des Beklagten auch die diesen privat betreffenden Rechnungen bearbeite und ausgesagt habe, daß die Rechnung vom 29. November 1996 bei dem Gespräch am 5. Dezember 1996 nicht vorgelegen habe, sie vielmehr erst später „aufgetaucht” sei, nämlich im Zusammenhang mit der Klage.
Der Umstand, daß die Klägerin nach der Darstellung des Beklagten durch die pauschale Abgeltung ihrer gesamten restlichen Werklohnforderung am 5. Dezember 1996 im Vergleich zu ihren im Prozeß rechnungsmäßig dargestellten Forderungen ganz erhebliche Abstriche akzeptiert habe, sei zwar zutreffend, sei aber nicht von entscheidendem Gewicht. Die materielle Berechtigung der Forderung aus der Rechnung vom 7. Januar 1997, die den größten Teil der Klageforderung ausmache, sei letztlich offen. Es komme hinzu, daß das Vertragsverhältnis der Parteien schon vor dem 5. Dezember 1996 massiv belastet gewesen sei, wie sich aus Schreiben des Beklagten vom 22. Juli und 1. Oktober 1996 ergebe.
Schließlich spreche das nachfolgende Verhalten des Beklagten nicht gegen die von ihm behauptete abschließende Einigung vom 5. Dezember 1996. Die Rechnung der Klägerin vom 29. Juli 1996, die diese ihm mit Anschreiben vom 20. Dezember 1996 übersandt habe, sowie deren weitere Rechnung vom 7. Januar 1997 habe der Beklagte durch Schreiben vom 2. und 9. Januar 1997 unter Hinweis auf die geleistete Zahlung und „vereinbarte Pauschalen” zurückgewiesen, also mit stimmigen Begründungen, zumal es keine Anhaltspunkte für Pauschalierungen gebe, die nicht mit den Vorgängen am 5. Dezember 1996 im Zusammenhang ständen. Soweit der Beklagte in dem Schreiben vom 2. April 1997 die in verschiedenen Rechnungen der Klägerin abgerechneten Massen kritisiert habe, lasse sich daraus nichts gegen die von ihm behauptete Pauschalierung der restlichen Werklohnforderung herleiten. Der Beklagte habe in dem Schreiben darlegen wollen, daß die von ihm geleisteten Zahlungen jedenfalls nicht zu gering gewesen seien, bei „spitzer” Abrechnung vielmehr die Klägerin überzahlt sei.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht nach § 561 ZPO a.F. gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; Urt. v. 01.10.1996 – VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797; Urt. v. 09.07.1999 – V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Im Streitfall hat das Berufungsgericht seine Beweiswürdigung unter Außerachtlassung wesentlicher Umstände und unter Verkennung der Ambivalenz von Indiztatsachen vorgenommen.
1. Zu Unrecht beanstandet die Revision allerdings die Würdigung der Aussage der Zeugin K. durch das Berufungsgericht. Soweit sie rügt, daß die Zeugin weder Angaben darüber habe machen können, um welche Forderungen es bei dem Gespräch am 3. März 1997 gegangen sei, noch dazu, wann das Gespräch stattgefunden habe, zeigt die Revision einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht auf, sondern setzt in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung der Zeugenaussage der des Berufungsgerichts entgegen.
2. a) Mit Recht wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Klägerin keine nachvollziehbare Begründung für die Bargeldübergabe gegeben habe und daß deshalb neben der Übergabe noch etwas besprochen worden sein müsse, was damit in sachlichem Zusammenhang gestanden habe. Zutreffend weist die Revision insoweit darauf hin, daß das Verlangen, den Betrag von 150.000,– DM in bar zu zahlen, vom Beklagten ausgegangen und nicht ersichtlich sei, warum der Geschäftsführer der Klägerin ein solches Angebot des Beklagten hätte ablehnen sollen. Weder von der Klägerin noch vom Beklagten ist behauptet worden, daß der Vorschlag, den Geldbetrag in bar zu übergeben, von der Klägerin gemacht worden sei. Der unstreitige Sachverhalt der Geldübergabe auf Initiative des Beklagten hin läßt sich nach der Lebenserfahrung aber sowohl mit dem Vortrag der Klägerin, daß mit der Zahlung die Rechnung vom 27. November 1996 habe ausgeglichen werden sollen, als auch mit dem Vortrag des Beklagten, daß am 5. Dezember 1996 eine umfassende Abgeltung der Werklohnforderungen der Klägerin vereinbart worden sei, in Einklang bringen und ist insoweit ambivalent. Die Vermutung des Berufungsgerichts, daß alles dafür spreche, daß es am 5. Dezember 1996 nicht nur um die bloße Übergabe eines bereits feststehenden Rechnungsbetrages gehen sollte, sondern daß neben der Übergabe auch noch etwas besprochen worden sein müsse, was damit in sachlichem Zusammenhang stehe, findet somit in seinen tatsächlichen Feststellungen keine hinreichende Grundlage und verletzt deshalb § 286 Abs. 1 ZPO.
b) Mit Erfolg rügt die Revision auch, daß das Berufungsgericht die Bekundung der Zeugin Ka., daß ihr die Rechnung vom 29. November 1996 vor dem 5. Dezember 1996 nicht vorgelegen habe, als Indiz für die Richtigkeit der Darstellung des Beklagten herangezogen hat. Mit Recht weist die Revision in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Bezahlung auch im Interesse des Beklagten gelegen haben kann und es bei Vorliegen eines solchen Interesses einer Bearbeitung der Rechnung durch die Zeugin Ka. nicht zwingend bedurft habe. Indem es allein von einem Interesse der Klägerin ausgegangen ist, hat das Berufungsgericht der Bekundung der Zeugin eine Indizwirkung beigemessen, die ihr nicht zukommt, und damit gegen Denkgesetze verstoßen (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.1991 – VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 938).
3. a) Zu Recht beanstandet die Revision auch die Überlegung des Berufungsgerichts, dem Umstand, daß die Klägerin nach der Darstellung des Beklagten durch die pauschale Abgeltung ihrer gesamten restlichen Werklohnforderung im Vergleich zu der von ihr im Prozeß geltend gemachten Forderung ganz erhebliche Abstriche akzeptiert habe, komme kein entscheidendes Gewicht zu, da die materielle Berechtigung der Forderung aus der Rechnung vom 7. Januar 1997, die den größten Teil der Klageforderung ausmache, offen sei. Das Berufungsgericht setzt sich zu Unrecht nicht damit auseinander, daß auf der Grundlage des klägerischen Vortrags die Klägerin auf eine ihr zustehende Forderung in der Größenordnung von über 200.000,– DM verzichtet haben soll, ohne daß hierfür ein plausibler Anlaß bestand, und läßt damit wesentlichen Sachvortrag unberücksichtigt. Im rechtlichen Ansatz hat insoweit das Landgericht zutreffend angenommen, daß selbst das Vorhandensein gewisser Mängel den freiwilligen Verzicht auf eine Vergütungsforderung von 175.000,– DM bis 230.000,– DM nicht erklären könne. Das Berufungsgericht hätte sich in diesem Zusammenhang damit befassen müssen, daß ausgehend von der weitgehenden Berechtigung der Klageforderung dem Vortrag des Beklagten jede innere Wahrscheinlichkeit fehlte (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.1994 – XI ZR 219/93, NJW 1995, 966, 967). Es durfte angesichts des erheblich voneinander abweichenden Parteivorbringens hierzu die Frage der Begründetheit der klägerischen Forderung aus der Rechnung vom 7. Januar 1997 nicht ohne weiteres offenlassen. Waren die Ansätze der Massen nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als zugestanden anzusehen, mußte das Berufungsgericht sie als Teil des unstreitigen Sachverhalts seiner Beurteilung zugrunde legen. Anderenfalls waren die Massenangaben entweder zugunsten der Klägerin als richtig zu unterstellen oder, nachdem die Klägerin hierfür Sachverständigenbeweis angeboten hatte, durch Beweiserhebung aufzuklären.
b) Als nicht tragfähig erweist sich auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß für einen Verzicht der Klägerin auf erhebliche Teile der Klageforderung auch spreche, daß das Vertragsverhältnis der Parteien schon vor dem 5. Dezember 1996 massiv belastet gewesen sei, wie sich aus den Schreiben des Beklagten vom 22. Juli und 1. Oktober 1996 ergebe. Damit weist das Berufungsgericht dem Inhalt dieser Schreiben eine Indizwirkung zu, die ihnen in dieser Tragweite nicht zukommt. In dem Schreiben vom 22. Juli 1996 beanstandete der Beklagte den schleppenden Baufortschritt und – ohne nähere Erläuterungen – Mißachtung seiner technischen und gestalterischen Vorgaben. In dem Schreiben vom 1. Oktober 1996 wurde vom Beklagten bemängelt, daß sich auf einem von der Klägerin errichteten Plateau Staunässe gebildet habe und das spärlich wachsende Gras infolgedessen gelb werde. In beiden Schreiben, die mehr als vier bzw. zwei Monate vor dem Gespräch am 5. Dezember 1996 verfaßt worden sind, hat der Beklagte zwar zum Ausdruck gebracht, daß er mit den Leistungen der Klägerin unzufrieden war. Es widerspricht jedoch der Lebenserfahrung anzunehmen, daß diese Beanstandungen die Klägerin zu einem Forderungsverzicht in der für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Höhe veranlaßt haben sollen. Feststellungen zu etwaigen Anfang Dezember 1996 noch fehlenden Leistungen oder erheblichen Mängeln des Werkes, die einen solchen Forderungsverzicht plausibel machen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
4. Das Berufungsgericht hat weiter unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schreiben nur teilweise ausgeschöpft und wesentliche, sich aus ihnen ergebende Sachverhaltselemente unberücksichtigt gelassen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 1996 übersandte die Klägerin dem Beklagten die Rechnung vom 29. Juli 1996 in einer auf den Stand vom 18. Dezember 1996 gebrachten Form und bat um Zahlung des Restbetrages von 46.588,57 DM. Der Beklagte hat darauf mit dem Schreiben vom 2. Januar 1997 reagiert, in dem es heißt, die Weihnachtsgrüße des Rechnungswesens könne er nur dahingehend interpretieren, daß dieser, d.h. der Geschäftsführer der Klägerin, empfangene Zahlungen – des Beklagten – privat verfrühstückt und seine Gegen- bzw. Rückforderung nicht an das Rechnungswesen weitergeleitet habe. Die daran anschließende Würdigung, dies sei „stimmig”, verstößt wiederum gegen die Denkgesetze. Mit Rücksicht auf die vom Beklagten behauptete abschließende, am 5. Dezember 1996 getroffene Einigung hätte es – worauf die Revision zu Recht rügt – eher nahegelegen, der Klägerin auf deren Schreiben vom 20. Dezember 1996 hin mitzuteilen, daß ihrer Forderung die getroffene Abgeltungsvereinbarung entgegenstehe. Statt dessen hat der Beklagte allein auf seine Gegen- bzw. Rückforderung verwiesen, obwohl nach seiner Darstellung für solche Gegenansprüche aufgrund der nach seiner Behauptung im Prozeß am 5. Dezember 1996 getroffenen Regelung keine Grundlage mehr vorhanden gewesen wäre. Zu Recht weist die Revision insoweit auch darauf hin, daß das Schreiben vom 9. Januar 1997, mit dem der Beklagte zu der klägerischen Rechnung vom 7. Januar 1997 Stellung genommen hat, keinen an sich zu erwartenden Hinweis auf die abschließende Einigung enthielt, sondern in erster Linie eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung. Der in dem Schreiben vom 9. Januar 1997 enthaltene Hinweis auf abgerechnete und vereinbarte Pauschalleistungen kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur mit dem Vorgang am 5. Dezember 1996 in Zusammenhang stehen. Wenn der Beklagte in diesem Schreiben vereinbarte Pauschalleistungen erwähnt, läßt sich dies auch mit der nach dem klägerischen Vortrag gestellten Rechnung vom 27. November 1996 in Einklang bringen, in der auf der Grundlage einer Pauschalvereinbarung abgerechnet wurde. Der Hinweis auf Pauschalleistungen im Schreiben vom 9. Januar 1997 läßt sich demnach mit dem Vortrag beider Parteien vereinbaren. Das Berufungsgericht hat deshalb gegen die Denkgesetze verstoßen, weil es die Ambivalenz dieser Indiztatsache nicht berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 22. 01.1991 – VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 938).
Schließlich findet auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe mit dem Schreiben vom 2. April 1997, in dem er die von der Klägerin abgerechneten Massen beanstandet und Rückforderungsansprüche geltend gemacht hat, darlegen wollen, daß die von ihm geleisteten Zahlungen jedenfalls nicht zu gering gewesen seien, bei „spitzer” Abrechnung vielmehr die Klägerin überzahlt sei, in dem Schreiben selbst keine Grundlage. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch nicht in Betracht gezogen, daß die Klägerin im Anschluß an das Gespräch vom 3. März 1997 an den Beklagten das Schreiben vom 20. März 1997 gerichtet hat, in dem sich ihr Geschäftsführer auf das Gespräch vom 3. März 1997 bezog, in dem die Rechnungen vom 18. Dezember 1996 und 7. Januar 1997 besprochen worden seien, deren Prüfung und Begleichung innerhalb der nächsten vier Wochen der Beklagte zugesagt habe. Zwar kann dem Berufungsgericht darin beigetreten werden, daß der von der Klägerin behauptete Inhalt des Gesprächs vom 3. März 1997 nicht durch das Schreiben vom 2. April 1997 gestützt wird. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zu diesem Punkt ist aber unvollständig, weil es sich nicht mit dem Schreiben der Klägerin vom 20. März 1997 befaßt hat, das demgegenüber für die Darstellung der Klägerin spricht.
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird, zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen erneut eine Beweiswürdigung vorzunehmen.
Unterschriften
Melullis, Scharen, Keukenschrivjer, Pokrant, Asendorf
Fundstellen