Entscheidungsstichwort (Thema)

Hofübergabevertrag

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Durch einen formlosen Hofübergabevertrag werden beim Ehegattenhof auch die Abkömmlinge nur eines Eigentümers geschützt (Ergänzung zu BGHZ 87, 237 = NJW 1983, 2504 = LM § 7 HöfeO Nr. 31).
  2. Verlangt ein Abkömmling aus einem formlosen Hofübergabevertrag die Übereignung des Hofs, so trifft ihn die Beweislast dafür, daß sich der Eigentümer trotz aufgetretener Zerwürfnisse binden wollte und die Bindung nachträglich nicht wieder weggefallen ist.
 

Normenkette

HöfeO § 7

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn des im Februar 1983 verstorbenen Landwirts O. H.. Dieser war in zweiter Ehe mit der Beklagten verheiratet.

O. H. und die Beklagte waren als Eheleute Miteigentümer eines Hofs zur ideellen Hälfte, den sie mit Vertrag vom 1. Oktober 1970 dem Kläger auf die Dauer von zwölf Jahren verpachteten. Das Pachtverhältnis sollte sich für den Fall der unterbliebenen Kündigung Jahr für Jahr verlängern.

Nach dem Einzug der Ehefrau des Klägers auf die Hofstelle zum 1. April 1979 und insbesondere nach der Eheschließung Ende 1981 entstanden zunehmend Spannungen zwischen dem Kläger und den Hofeigentümern.

Mit Anwaltsschreiben vom 29. März 1982 kündigten O. H. und die Beklagte den Pachtvertrag zum 30. September 1982. Während des von dem Kläger beim Landwirtschaftsgericht eingeleiteten Pachtschutzverfahrens verstarb O. H.. In dem anschließenden Streit der Parteien darüber, wer Hoferbe nach O. H. geworden sei, stellte der Senat für Landwirtschaftssachen des Berufungsgerichts fest, daß die Beklagte Hoferbin des ihrem verstorbenen Ehemann gehörenden ideellen Anteils geworden sei. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof - Senat für Landwirtschaftssachen - durch Beschluß vom 14. Mai 1987 (BLw 12/86) zurückgewiesen.

Der Kläger verlangt nunmehr unter Berufung auf das vom Bundesgerichtshof entwickelte Rechtsinstitut des formlos wirksamen Hofübergabevertrages von der Beklagten die Übertragung des Hofs. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Bindung an eine formlos vereinbarte Hofnachfolge auch beim Ehegattenhof für anwendbar, meint aber, daß die vom Bundesgerichtshof (BGHZ 87, 237) geforderte Beschränkung des geschützten Personenkreises auf Abkömmlinge des Hofeigentümers beim Ehegattenhof keine Geltung beanspruchen könne, wenn der Begünstigte nur von einem der Ehegatten abstamme. Es sei mit Treu und Glauben nicht vereinbar und in dem beteiligten Kreise nicht zu verstehen, wenn der von beiden Eheleuten ausersehene Hofnachfolger nur deshalb des von der Rechtsprechung gewährten Schutzes entbehren müßte, weil er leiblicher Abkömmling nur eines der beiden Ehegatten ist. Das Berufungsgericht bejaht daher eine Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung des Hofs, weil es aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme davon ausgeht, daß O. H. und die Beklagte sich spätestens im Jahr 1981 dem Kläger gegenüber verpflichtet hätten, ihm den Hof nach dem Ende der regulären Pachtzeit am 30. September 1982 zu übereignen.

Dies hält der Revision nicht stand.

II.

1.

Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt, daß ein Rückgriff auf die - auf besondere Härtefälle beschränkte und daher in den Tatbestandsvoraussetzungen engere - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Bindung an eine formlos vereinbarte Hofnachfolge (BGHZ 12, 286, 302 ff; 23, 249, 252 ff; 47, 184, 186 ff; Beschl. v. 9. Februar 1955, V BLw 59/54, NJW 1955, 1065; Urt. v. 3. Dezember 1958, V ZR 98/57, RdL 1959, 127, 128; Beschl. v. 28. Oktober 1965, V BLw 43/64, RdL 1966, 41, 43; Beschl. v. 7. Juli 1966, V BLw 33/65, RdL 1966, 290, 292) gemäß § 242 BGB auch nach der Novellierung der Höfeordnung nicht ausgeschlossen ist (BGHZ 73, 324, 329; 87, 237). Dies gilt vor allem für den hier von dem Berufungsgericht angenommenen Fall, daß durch die formlos bindende Vereinbarung für den Begünstigten schon zu Lebzeiten des Erblassers ein Anspruch auf Übertragung des Hofs begründet werden sollte.

2.

Im Ergebnis zu Recht nimmt das Berufungsgericht auch an, daß der Kläger zu dem beim Ehegattenhof geschützten Personenkreis gehört, obwohl er von der Beklagten nicht abstammt.

Die Grundsätze über die Bindung an eine formlos vereinbarte Hofnachfolge sind von der Rechtsprechung als eine das Prinzip der Formgebundenheit (§§ 313, 125 Satz 1 BGB) durchbrechende Ausnahmeregelung entwickelt worden, die ausschließlich auf die besonderen Verhältnisse im Höferecht zugeschnitten ist (BGHZ 47, 184, 187). Der Senat hat daraus gefolgert, daß eine Bindung des Erblassers formlos weder außerhalb des Höferechts noch bei Grundbesitz begründet werden kann, der nicht "Hof" im Sinne der Höfeordnung ist (BGHZ 47, 184; 87, 237). Er hat ferner aus § 7 HöfeO alter und neuer Fassung hergeleitet, daß der Anwärterschutz auf hoferbenberechtigte Abkömmlinge des Hofeigentümers beschränkt sei. Der entsprechenden Entscheidung (BGHZ 87, 237) lag allerdings der Fall zugrunde, daß der Hof im Alleineigentum des Ehemanns stand und der Neffe der zweiten Ehefrau sich dem Eigentümer gegenüber auf eine formlose Vereinbarung über die Hofnachfolge berufen hatte. Mit der Frage, auf welchen Personenkreis sich der Schutz beim Ehegattenhof erstreckt, wenn beide Ehegatten sich dem Begünstigten formlos verpflichtet haben, ihm den Hof zu überlassen, war der Senat bisher noch nicht befaßt.

Geht man mit der bisherigen Rechtsprechung davon aus, daß die unterschiedliche gesetzliche Bewertung der Interessen von Abkömmlingen und sonstigen Hofanwärtern, wie sie im alten und im neuen Höferecht Ausdruck gefunden hat, Richtschnur für die Bestimmung des geschützten Personenkreises ist, so erschließt es sich von selbst, daß jedenfalls die gemeinsamen Abkömmlinge der gemeinschaftlichen Hofeigentümer in den Schutzbereich mit einbezogen sind. Das Kind nur eines Hofeigentümers ist hinsichtlich des dem anderen Hofeigentümer gehörenden Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum dagegen nur sonstiger Hofanwärter und insoweit nicht in den durch § 7 Abs. 2 HöfeO bezweckten Schutz einbezogen. Es wird - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - jedoch dann vom Gesetz geschützt, wenn der Stiefelternteil verstorben und dessen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum dem leiblichen Elternteil zugefallen ist (§ 8 Abs. 1 HöfeO). Mit der gesetzlich zwingenden Zuweisung des Hofs an den überlebenden Ehegatten (BGHZ 98, 1 4) sind dessen Abkömmlinge hoferbenberechtigt. Sie gehören damit zum geschützten Personenkreis. Da der Schutz des durch einen formlosen Hofübergabevertrag begünstigten Hofanwärters aber nicht von dem Zufall abhängen darf, welcher Elternteil zuerst verstirbt, sondern schon mit Erfüllung des anspruchsbegründenden Tatbestandes eingreifen muß, gebietet die Sicherheit des Rechtsverkehrs, die Bindung durch einen formlosen Hofübergabevertrag beim Ehegattenhof auch für den Abkömmling nur eines Hofeigentümers eingreifen zu lassen, sofern er von beiden Hofeigentümern - nach außen erkennbar - formlos zum Hoferben bestimmt wurde. In einem solchen Fall verletzte es zudem das Rechtsempfinden vor allem der bäuerlichen Bevölkerung und verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der begünstigte Hofanwärter nur deswegen nicht geschützt würde, weil er nicht auch von dem anderen Hofeigentümer abstammt.

3.

Das angefochtene Urteil ist aber aus anderen Gründen fehlerhaft.

a)

Die Feststellung des Berufungsgerichts, beide Eigentümer hätten sich spätestens im Jahre 1981 dem Kläger gegenüber verpflichtet, ihm den Hof am Ende der regulären Pachtzeit (30. September 1982) zu Eigentum zu übertragen, ist nicht einwandfrei getroffen, wie die Revision zu Recht rügt. Das Berufungsgericht hat insbesondere nicht berücksichtigt, daß der Kläger in verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit seinem Vater bis zu dessen Tod und mit der Beklagten sowie auch außergerichtlich keinen Anspruch aus einer formlos bindenden Vereinbarung über die lebzeitige Hofnachfolge zum 1. Oktober 1982 geltend gemacht, sondern sich immer auf den Standpunkt gestellt hat, er sei Hoferbe und deshalb Hofeigentümer mit dem Tode seines Vaters geworden. Diesen Standpunkt hat er in dem Verfahren auf entsprechende Feststellung vor dem Landwirtschaftsgericht auch noch in seiner Anschlußbeschwerde vertreten und die Übereignung des Hofes nur in zweiter Linie hilfsweise verlangt. Erst nachdem der Bundesgerichtshof - Senat für Landwirtschaftssachen - in seinem Beschluß vom 14. Mai 1987 den Kläger darauf hingewiesen hatte, daß als Anspruchsgrundlage für die lebzeitige Übertragung des Hofes nur eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten in Betracht komme, hat er die vorliegende Klage erhoben und nun eine formlos bindende Vereinbarung über die Hofnachfolge zum 1. Oktober 1982 behauptet. Hiermit hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.

b)

Mit Recht rügt die Revision auch die Feststellung, die Beklagte sei bei den Erklärungen ihres Ehemannes im Jahre 1981, daß der Kläger den Hof im darauffolgenden Jahr erhalten solle, überwiegend zugegen gewesen und habe ihnen entweder nicht widersprochen oder sich sogar beipflichtend geäußert. Nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme, auf die sich das Berufungsgericht bezieht, war die Beklagte im Jahr 1981 lediglich einmal bei einer solchen Erklärung zugegen, ohne ihr zu widersprechen. Eine ausdrückliche Zustimmung haben die Zeugen nicht bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe der Ehefrau des Klägers selbst erklärt, daß der Hof bald an den Kläger übertragen werde (BU 12 unten), hätte es besonderer Darlegungen im Berufungsurteil bedurft, inwiefern sich aus diesen zwei Begebenheiten der eindeutige Wille der Beklagten ergab, daß auch sie den Hof zum 1. Oktober 1982 an den Kläger übergeben wollte (vgl. Senatsbeschl. v. 7. Juli 1966, V BLw 33/65 aaO. S. 293).

c)

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der - im Urteil besonders festzustellende - maßgebliche Zeitpunkt, in dem durch Erklärungen oder das Verhalten der Eigentümer die gemeinschaftliche Bestimmung des Hoferben als getroffen anzusehen ist, in das Jahr 1981 fällt. Mangels genauerer zeitlicher Präzisierung ist im Hinblick darauf, daß der eine für entscheidungserheblich erachtete Vorfall (Gespräch nach einem Mittagessen) sich im Dezember 1981 ereignet hat, revisionsrechtlich davon auszugehen, daß die Bindung nicht vorher eingetreten ist. In diesem Fall hätte das Berufungsgericht aber prüfen müssen, ob die bis dahin aufgetretenen Spannungen und Differenzen so unbedeutend sind, daß sie für die Frage des Eintritts einer Bindung zu diesem Zeitpunkt unbeachtet bleiben durften (Senatsbeschl. v. 7. Juli 1966, V BLw 33/65, RdL 1966, 290, 292).

Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils sind schon nach dem Einzug der Ehefrau des Klägers auf die Hofstelle ab 1. April 1979 zwischen dem Kläger und den Hofeigentümern zunehmend Spannungen entstanden, die nach und nach zu einem tiefgreifenden Zerwürfnis geführt haben. Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung ferner zugrunde, daß O. H. 1976 ein Testament zugunsten der Beklagten errichtet und der Kläger dies später erfahren hat. Es nimmt ferner an, daß O. H. im Herbst dem Kläger nachteilige Notizen angefertigt hat und "vermutlich 1981" mit der Beklagten zusammen einen Grundstücksmakler wegen eines möglichen Verkaufs oder einer anderweiten Verpachtung des Hofs konsultierte. Dies alles hat es jedoch nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob die einmal formlos geschaffene Bindung wieder weggefallen ist. Das ist sachlich fehlerhaft.

d)

Das Berufungsgericht hat außerdem die Darlegungsund Beweislast verkannt, wenn es der Beklagten anlastet, sie habe ebensowenig wie der Kläger die Gründe für das nach und nach zutage getretene Zerwürfnis zwischen den Parteien nach dem Einzug der späteren Ehefrau des Klägers auf dem Hof dargelegt (BU 14). Da der Kläger den anspruchsbegründenden Sachverhalt darzulegen hat, braucht die Beklagte diesen nur substantiiert zu bestreiten (Senatsurt. v. 3. Dezember 1958, V ZR 98/57, RdL 1959, 127, 128). Das hat sie hier getan, indem sie einzelne Vorfälle geschildert hat, aus denen sich das Ausmaß des Zerwürfnisses ergibt. Es wäre Sache des Klägers gewesen, zu beweisen, daß die Eigentümer sich trotzdem binden wollten.

Der Kläger wäre - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - weiterhin auch dafür beweispflichtig, daß eine einmal eingetretene Bindung nachträglich nicht wieder in Wegfall gekommen ist. Das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zum Wegfall der Bindung ist keine Einwendung, sondern ein Bestreiten des Klagegrundes. Es zwingt den Kläger zum Beweis seiner bestrittenen Behauptungen. Beweismäßige Unklarheiten des Gesamtsachverhalts gehen zu seinen Lasten (Senatsurt. v. 3. Dezember 1958, V ZR 98/57, RdL 1959, 127, 128). Das Berufungsgericht durfte deshalb nicht die Beklagte für beweispflichtig dafür halten, daß wegen des Zerwürfnisses zwischen den Parteien und wegen des behaupteten Verhaltens des Klägers eine einmal für begründet erachtete Bindung an die formlose Vereinbarung über die Hofnachfolge nachträglich wieder weggefallen war. Vielmehr hätte der Kläger beweisen müssen, daß die Bindung weder wegen des Zerwürfnisses noch wegen seines Verhaltens weggefallen war.

Nach alledem ist die Sache zwecks weiterer Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456309

BGHZ, 387

NJW 1993, 267

DNotZ 1993, 448

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