Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Wirksamkeit eines unter einer Bedingung aufgestellten Erbvertrages
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Erbvertrages bei Vorhandensein eines "Hofes" im Vermögen des Erblassers.- Zum Begriff "leibliche Abkömmlinge"".
Normenkette
BGB § 2361 Abs. 1 S. 1, § 2362 Abs. 1
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 3. Februar 1981 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang der Erbvertrag wirksam ist, den der Erblasser mit seiner Mutter am 16. Januar 1927 abgeschlossen hat. Wenn danach der Beklagte und seine beiden Cousinen Erben sind, können die von diesen gegen den Kläger erhobenen höferechtlichen Ausgleichsansprüche in Höhe von insgesamt 440.000,00 DM Erfolg haben.
Die Parteien sind die Neffen, die genannten Cousinen sind die Nichten des am 2. November 1975 unverheiratet und kinderlos gestorbenen Erblassers. Am 16. Januar 1927 schlossen die Mutter des Erblassers, der damals bereits über 41 Jahre alte Erblasser und dessen vier Geschwister unter Beteiligung der Ehemänner der verheirateten Schwestern zu notariellem Protokoll einen Hofübergabe- und Abfindungsvertrag. Danach übernahm der Erblasser ab 1. Januar 1927 den gesamten Hof in O., während seine Mutter ein Altenteilsrecht und seine Geschwister bis auf die bereits früher abgefundene Mutter des Beklagten bestimmte Abfindungen erhielten. Am gleichen Tage vereinbarten der Erblasser und seine Mutter vor dem selben Notar folgenden Erbvertrag:
"... Ich Gustav R. berufe für den Fall, daß ich ohne leibliche Abkommen versterbe, meine Geschwister bzw. deren Kinder zu Erben, doch steht meiner hinterlassenen Ehefrau der Nießbrauch auf Lebenszeit bzw. bis zur Wiederverheiratung zu.
Ich Frau R. nehme diese Erklärung hiermit an. ..."
Im Jahre 1944 nahm der Erblasser den 1929 geborenen Kläger und dessen Eltern bei sich auf. Der Kläger erlernte die Landwirtschaft. Er wurde vom Erblasser durch Vertrag vom 16. Februar 1958 adoptiert. Gemäß den Verträgen vom 23. Dezember 1968 und 8. Februar 1969 übergab der Erblasser dem Kläger den ca. 49 ha großen Hof "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge". 1971 und 1975 verkaufte der Kläger den größten Teil des Hofes.
Der Beklagte macht gemeinsam mit den Töchtern eines Bruders des Erblassers in einem vor dem Landwirtschaftsgericht anhängigen Verfahren Ausgleichsansprüche gemäß § 13 HöfeO geltend.
Der Beklagte hat einen Teilerbschein erwirkt, wonach der Erblasser von seiner nachverstorbenen, unverheirateten Schwester Henny und vom Beklagten zu je 1/4 und den Töchtern seines Bruders zu je 1/8 beerbt worden ist. Erbin der Schwester Henny ist die Ehefrau des Beklagten.
Der Kläger hat beantragt,
daß der ... Teilerbschein eingezogen werden muß, und festzustellen, daß der Erbvertrag vom 16. Januar 1927 unwirksam ist,
hilfsweise festzustellen - in dieser Reihenfolge -
- daß der Erbvertrag insoweit unwirksam ist, als damit auch die Erbfolge in den ... Hof geregelt worden war,
- daß der Kläger den (Erblasser) als alleiniger Vollerbe beerbt hat,
- daß der Kläger den ... Hof nicht im Wege vorweggenommener Erbfolge, sondern durch Vertrag unter Lebenden erworben hat.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, weil das Berufungsgericht den streitigen Erbvertrag nicht rechtsfehlerfrei ausgelegt hat.
I.
Das Berufungsgericht hält den Erbvertrag für mehrdeutig. Es meint, den Willen der Erbvertragsparteien im Wege der ergänzenden Auslegung zur Geltung bringen zu können. Das Ergebnis der Auslegung hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts schon im Erbscheinsverfahren vorgezeichnet, indem er zwischen dem Hof und dem hoffreien Vermögen unterschieden hat.
Zwar sei, so führt das Berufungsgericht aus, die Erbeinsetzung der Geschwister bzw. Geschwisterkinder nach Höferecht unwirksam, falls der gesamte Nachlaß einschließlich des Hofes an diese habe fallen sollen. Ein solcher Wille lasse sich jedoch nicht feststellen. Nach den Angaben der Familienmitglieder im Erbscheinsverfahren sei Ziel der Vertragsparteien, vor allem der Mutter des Erblassers gewesen, daß der Hof nach dem Tode des Erblassers auf eine blutsverwandte Person überging; eine Übergabe an das nicht blutsverwandte Kind einer Witwe, mit welcher der Erblasser damals zusammen lebte, habe vermieden werden sollen. Höferechtliche Ausgleichsansprüche der weichenden Hoferben - also hier der Erbvertragsparteien - hätten eine gewisse Sicherung dafür sein sollen, daß der Hof in den Händen der Familie bleibe. Von einem Ausschluß dieser Sicherungsmöglichkeit könne man wegen des Zwecks des Erbvertrages, den Hof in der Familie zu halten, nicht ausgehen, zumal das damalige Höferecht ähnliche Ansprüche vorgesehen habe. Es sei nie die Rede davon gewesen, den Hof prozentual auf eine Mehrheit von Erben aufzuteilen. Jedoch habe im Zeitpunkt des Erbvertrags noch keine bestimmte Person als Hoferbe eingesetzt werden können.
Da die Einsetzung einer Erbenmehrheit für einen Hof höferechtlich unwirksam sei, aus diesem Grunde aber nicht der gesamte Erbvertrag unwirksam sein müsse, und da weiter im Erbvertrag nicht zwischen Hof und hoffreiem Vermögen unterschieden sei, liege insgesamt Mehrdeutigkeit vor. Das rechtfertige die ergänzende Auslegung dahin, die vertragliche Erbeinsetzung auf das hoffreie Vermögen zu beschränken und zusätzlich anzunehmen, daß der Erblasser berechtigt gewesen sei, seinen Hoferben aus dem Kreis der Vertragserben auszuwählen. Von diesem Auswahlrecht habe der Erblasser Gebrauch gemacht, als er den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den Kläger übergeben habe.
Der Erbvertrag könne nicht in dem Sinne ausgelegt werden, daß Adoptivkinder ebenfalls zu den leiblichen Abkommen zu zählen seien. Der Begriff "leibliche Abkommen" sei seinem Wortlaut nach eindeutig und diene gerade der Abgrenzung von angenommenen Kindern.
II.
Das Berufungsgericht hat den ihm vorgelegten Auslegungsstoff nicht erschöpfend behandelt. Darüber hinaus ist fraglich, ob nach dem Wortlaut und den gesamten Umständen überhaupt ein Anhaltspunkt dafür besteht, daß die Erbvertragsparteien die im Erbscheinsverfahren erörterte Unterscheidung zwischen dem Hof und dem hoffreien Vermögen im Blick hatten, oder - was bei der ergänzenden Auslegung von Bedeutung wäre - gemacht haben würden.
1.
Der Erbvertrag kann schon dann keine Wirkung entfalten, wenn die in ihm aufgestellte Bedingung - Erbeinsetzung "für den Fall, daß ich ohne leibliche Abkommen versterbe" - nicht erfüllt ist. Sind im Erbfall "leibliche Abkommen" vorhanden, dann entfällt die Erbeinsetzung.
Das Berufungsgericht hat den Kläger nicht als "leiblichen Abkommen" im Sinne des Erbvertrages angesehen. Die Überlegungen, mit denen es die Anwendung dieses von den Erbvertragsparteien gebrauchten Begriffs auf den Kläger für nicht zulässig erklärt hat, lassen aber wesentliche Auslegungsgesichtspunkte außer Acht.
a)
Bei einem Erbvertrag muß der erklärte, übereinstimmende Wille beider Vertragsparteien für die Auslegung bestimmend sein. Dabei ist das Berufungsgericht jedoch zu sehr am Wortsinn des Begriffs "leibliche Abkommen" haften geblieben.
Allerdings kann das Eigenschaftswort "leibliche" vor dem Hauptwort "Abkommen" gerade der Abgrenzung gegenüber angenommenen Kindern dienen, wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Erbscheinsverfahren meint. Ob aber gerade die Vertragsparteien diese beiden Worte so verwenden wollten, hat das Berufungsgericht nicht erschöpfend geprüft. Für den Vertragsinhalt kann die Sicht der Mutter des Erblassers bestimmend gewesen sein, etwa weil sie ohne die erbvertragliche Sicherung des Hofes für die Familie den Übergabevertrag nicht geschlossen haben würde. Nach der Aussage der Schwester des Erblassers, auf welche auch das Berufungsgericht abstellen will, hatte der Vater des Erblassers diesen wegen seiner als nicht standesgemäß angesehenen Verbindung zu der genannten Gastwirtswitwe noch vom Hofeigentum ferngehalten und seine Ehefrau - die Mutter des Erblassers - testamentarisch eingesetzt. Aus der Sicht der Mutter des Erblassers waren, falls der Erblasser keine eigenen Kinder hinterließ, die Kinder der Geschwister des Erblassers durchaus (ihre) leibliche(n) Abkommen. Sie waren sämtlich wie etwaige eigene Kinder des Erblassers ihre eigenen Enkel. Da nach den bisherigen Feststellungen keineswegs auszuschließen ist, daß der Erblasser sich im Erbvertrag an die für ihn der besonderen Umstände wegen maßgebliche Sicht und Ausdrucksweise seiner Mutter angepaßt hat, kann der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden, der Begriff "leibliche Abkommen" sei eindeutig und nicht auslegungsfähig.
b)
Das Berufungsgericht hat es als maßgeblichen und vor allem von der Mutter des Erblassers verfolgten Zweck des Erbvertrages angesehen, daß der Hof in der Familie, in der Hand einer blutsverwandten Person bleiben sollte. Dieser Vertragszweck zielt gleichzeitig in zwei Richtungen. In negativer Hinsicht sollte bewirkt werden, daß Familienfremde ferngehalten werden, in positiver Hinsicht sollte der Hof für blutsverwandte Abkommen erhalten werden. Ob das Berufungsurteil sich bei seiner Auslegung sowohl des negativen als auch des positiven Aspekts hinreichend bewußt gewesen ist, ist zweifelhaft. Bei der Frage, ob auch der Kläger als Adoptivsohn des Erblassers dem Begriff "leibliche Abkommen" unterfallen kann, scheint nur der negative Aspekt - die Absicht, das "fremde" Adoptivkind fernzuhalten - herangezogen worden zu sein; das Berufungsgericht hat dabei nicht einmal berücksichtigt, daß der Kläger nicht ein "fremdes" Kind ist. Dem positiven Aspekt der Erhaltung des Hofes für einen blutsverwandten Abkömmling genügte aber die Berufung des Klägers zum Erben durchaus.
c)
Weiter könnte das Verhalten des Erblassers zu seinen Lebzeiten dafür herangezogen werden, wie beim Vertragsschluß der Begriff "leibliche Abkommen" aufgefaßt wurde. Auch insoweit ist zumindest fraglich, ob das angefochtene Urteil dies erwogen und berücksichtigt hat. Das Verhalten des Erblassers kann dahin verstanden werden, daß er den Vertragszweck in beiden Hinsichten völlig und getreulich zu erfüllen gedachte. Das wird aus folgenden, vom Berufungsgericht nicht erörterten Erwägungen deutlich:
Trotz Aufrechterhaltung der Verbindung zur Gastwirtswitwe hat der Erblasser diese nicht geheiratet und weder sie noch ihr Kind zu Lebzeiten oder von Todes wegen mit dem Hof oder mit Teilen des Hofvermögens bedacht. Vielmehr hat er den blutsverwandten Kläger aufgenommen, auf dem Hof erzogen und ihm den Hof - wie seit Generationen üblich - übergeben. Er hat sogar noch mehr getan, mögliche weise um dem Willen seiner Mutter und des Erbvertrages gerecht zu werden: Er hat den Kläger zu seinem Sohn gemacht und ihm den Hofesnamen "R." gegeben.
2.
Aber auch wenn übereinstimmend mit dem Berufungsgericht der Begriff "leibliche Abkommen" nicht auf den Kläger bezogen wird, erscheint die Auslegung des angefochtenen Urteils aus weiteren Gründen rechtlich bedenklich.
a)
Die Erklärungen und das Verhalten der Erbvertragsparteien können durch das damals in der Provinz Hannover geltende Höferecht beeinflußt gewesen sein. Danach war die Einsetzung einer Erbengemeinschaft für einen Hof 1927 in der Provinz Hannover möglich, so daß aus diesem Grunde eine Trennung in Hof und hoffreies Vermögen nicht erforderlich war.
Das damalige Höferecht war in doppelter Weise fakultativ (vgl. Fleer, Agrarrecht 1975, 343, 344). Der Hofeigentümer hatte es in der Hand, den Hof der Erbfolge nach Höferecht zu unterstellen, indem er ihn in die Höferolle eintragen bzw. die entsprechende Eintragung löschen ließ. Deshalb war für den entsprechenden Antrag des Eigentümers streitig, ob er als eine Art letztwilliger Verfügung mit der Folge des Ausschlusses z.B. der Stellvertretung zu werten war (vgl. Drechsler, Das Höferecht in der Provinz Hannover, 3. Aufl. 1921 § 2 Anm. 2 mit Fn. 1 einerseits und Linckelmann, Höfegesetz für die Provinz Hannover, 3. Aufl. 1929, S. 14/15 andererseits). Selbst nach einer Eintragung des Hofes in die Höferolle war eine dem Höferecht zuwiderlaufende letztwillige Verfügung des Eigentümers nicht unwirksam, weil das Höfegesetz für die Provinz Hannover vom 28. Juli 1909 eine Sanktion wie § 24 Reichserbhofgesetz oder § 16 Höfe O nicht enthielt, vielmehr in § 20 dem Eigentümer die völlige Freiheit der Verfügung unter Lebenden und von Todes wegen ausdrücklich vorbehielt.
Auch insoweit hat das Berufungsgericht den Auslegungsstoff nicht vollständig bedacht.
b)
Mehrdeutigkeit und Auslegungsbedürftigkeit können für den Begriff "leibliche Abkommen" wie unter 1 dargelegt bejaht werden. Ob sie auch angenommen werden können für das, was Gegenstand der Erbeinsetzung war, ist fraglich. Als ein solcher Gegenstand könnte ausschließlich der Hof gemeint gewesen sein. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß es im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hoffreies Vermögen überhaupt gegeben habe. Auch nach der Vorstellung der Vertragsschließenden scheint anderes als der Hof nicht vorhanden, jedenfalls im Blick gewesen zu sein. So könnten die Angaben der Zeugin M. bei ihrer Anhörung im Erbscheinsverfahren am 21. März 1978 verstanden werden. Ging es den Vertragsschließenden entsprechend dem tragenden Gedanken des Berufungsurteils nur darum, daß Hoferbe kein Fremder, sondern ein Blutsverwandter werden sollte, dann könnte eine Unterscheidung zwischen Hof und hoffreiem Vermögen bedeutungslos sein. Daß sie im Erbvertrag nicht gemacht wurde, wäre dann nur folgerichtig und gerade kein Anhaltspunkt für die Annahme einer Mehrdeutigkeit. Hier könnte das Berufungsurteil auf einem Zirkelschluß beruhen. Wenn trotz der Möglichkeit einer Sonderrechtsnachfolge im Falle der gewillkürten Erbfolge keine Unterscheidung zwischen Gesamtvermögen und Sondervermögen getroffen worden ist, kann das durchaus dafür sprechen, daß auch keine Veranlassung für eine unterschiedliche Behandlung des Vermögens gesehen wurde.
c)
Das Argument des Berufungsgerichts für seine Auslegung, Ausgleichsansprüche der weichenden Hoferben seien eine gewisse Sicherung gewesen, so daß diese Hoferben deshalb als für das hoffreie Vermögen eingesetzt anzusehen seien, berücksichtigt ebenfalls gewichtige Umstände nicht.
Es ist daher nach den bisherigen Feststellungen nicht haltbar. Die Erbvertragsregelung und der Hofübergabevertrag standen in untrennbarem Zusammenhang, weil der Erbvertrag ohne den Übergabevertrag keine Bedeutung hatte. Die bereits mehrfach genannte Aussage der Zeugin Müller vor dem Landgericht kann dafür sprechen, daß der Erblasser die Hofübergabe nur dann wollte, wenn die anderen möglichen Hoferben durch Abfindung ausschieden. Jedenfalls haben die Geschwister sich im Hofübergabevertrag ausdrücklich für abgefunden erklärt. Der Erblasser hat erhebliche Abfindungszahlungen auf sich genommen. Dann aber brauchte kein Anlaß mehr zu bestehen, im Rahmen des Erbvertragsschlusses irgendwelche Abfindungsansprüche der anderen möglichen Hoferben sozusagen noch einmal zu berücksichtigen.
d)
Die bisherigen Erörterungen betreffen Umstände, aus denen der wirkliche oder jedenfalls der mutmaßliche Wille der Erbvertragsparteien erschlossen werden kann. Zu seiner Unterscheidung zwischen dem Hof und dem hoffreien Vermögen ist das Berufungsgericht allerdings im Wege der ergänzenden Auslegung gelangt. Aber auch dagegen bestehen rechtliche Bedenken.
Die ergänzende Auslegung ist zulässig, wenn die letztwillige Verfügung lückenhaft ist und auf andere Weise spätere Veränderungen, die nicht im voraus bedacht werden konnten, nicht zu berücksichtigen sind. Sie dient der Ermittlung eines hypothetischen Willens. Sie darf aber nicht dazu führen, daß maßgeblich wird, was im Widerspruch steht zu dem erklärten, durch Auslegung zu ermittelnden wirklichen oder mutmaßlichen Willen, der den Umständen in anderer Weise Rechnung trägt. Deshalb muß die ergänzende Auslegung an eine genügende Grundlage anknüpfen (vgl. RGRK/Johannsen 12. Aufl. § 2084 Rdn. 20 bis 24).
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Regelungen des späteren Reichserbhofgesetzes und der im Zeitpunkt des Erbfalls geltenden Höfeordnung als nicht voraussehbare Veränderungen betrachtet. Zweifelhaft ist jedoch - wie unter 1. ausgeführt - ob die Adoption eines Blutsverwandten aus dem Kreis der Hoferben ein keinesfalls vorausgesehener Umstand war, ob nicht vielmehr nach dem mutmaßlichen Willen der Erbvertragsparteien er ein "leiblicher Abkomme" war. Nach den Erörterungen unter 2 a) bis c) ist vor allem fraglich, ob die Erbvertragsparteien bei vorausschauender Kenntnis des späteren Höferechts zwischen Hof und hoffreiem Vermögen unterschieden und dafür unterschiedliche Erbfolgen angeordnet haben würden. In der Tat könnte - wie die Revision meint - ein Auslegungsergebnis widersinnig sein, welches mit der Unterscheidung zwischen Hof und hoffreiem Vermögen dazu führt, daß der Erblasser sich für den Hof nicht, jedenfalls nicht in vollem Umfang gebunden hat, wohl aber für das von ihm erst noch zu erwerbende eigene, hoffreie Vermögen.
III.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache wird dem Berufungsgericht Gelegenheit gegeben, die bislang von ihm nicht berücksichtigten Gesichtspunkte in seine Auslegung der erbvertraglichen Regelung einzubeziehen. Auch wird es darauf hinzuwirken haben, daß sachdienliche Anträge gestellt werden. Keine Bedenken bestehen gegen den Hilfsantrag 2. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob angesichts dieses umfassenden Antrages weitere Anträge überhaupt nach § 256 ZPO zulässig und gegebenenfalls sachdienlich sind. Die im Rahmen des bisherigen Hauptantrages begehrte Einziehung des dem Beklagten erteilten Erbscheins kann nach § 2361 Abs. 1 Satz 1 BGB nur das Nachlaßgericht als Folge des im Prozeß ergangenen Urteils, nicht aber das Prozeßgericht selbst verfügen. Möglicherweise geht es dem Kläger nur darum, eine das Nachlaßgericht bindende Aussage zur Unrichtigkeit des Erbscheins in den Gründen des Urteils zu erlangen. Das Begehren des Klägers kann nach dem Wortlaut des bisherigen Hauptantrages aber kaum dahin ausgelegt werden, daß er die Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des Erbscheins an das Nachlaßgericht gemäß § 2362 Abs. 1 BGB erstrebt.
Unterschriften
Dr. Hoegen
Dehner
Dr. Schmidt-Kessel
Rassow
Dr. Zopfs
Fundstellen