Leitsatz (amtlich)
Ob ein zwischen dem Eigentümer eines in der ehemaligen DDR gelegenen Grundstücks und dem früheren Kreisvorstand des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) geschlossener „Hauptnutzungsvertrag”, durch den das Grundstück dem Kreisvorstand „zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung und Freizeiterholung” durch seine Mitglieder überlassen wurde, als Kleingartennutzungsverhältnis im Sinne des § 20 a Nr. 1 BKleingG anzusehen ist, bestimmt sich maßgeblich nach der am 3. Oktober 1990 vorherrschenden, tatsächlich ausgeübten Art der Nutzung. Abzustellen ist hierbei auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht einzelner Parzellen.
Normenkette
BKleingG § 20a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer eines in Berlin-K. (Beitrittsgebiet) gelegenen Grundstücks. Am 1. April 1984 schlossen sie mit dem Kreisvorstand K. des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) einen am 31. Juli 1984 ergänzten „Hauptnutzungsvertrag”, in dem sie dieses Grundstück „dem Nutzer zur Weiterverpachtung an Mitglieder des VKSK zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung und Freizeiterholung” (§ 1 des Vertrages) überließen. Zugleich erteilten sie „dem Nutzer global die Zustimmung, mit dessen Genehmigung durch seine Unterpächter Baulichkeiten (Bungalows, Schuppen) gemäß der Kleingartenordnung des VKSK und der Deutschen Bauordnung errichten zu lassen” (§ 5 des Vertrages). Der beklagte Verein hat anstelle des Kreisvorstandes des VKSK, der seine Tätigkeit eingestellt hat, die dem Nutzer obliegenden Rechte und Pflichten übernommen.
Die Parteien haben bereits drei rechtskräftig durch Urteil abgeschlossene Vorprozesse geführt, wobei die Gerichte die Frage, ob das zwischen den Parteien bestehende Nutzungsverhältnis als Kleingartenpachtverhältnis anzusehen ist, unterschiedlich beurteilt haben.
Die Kläger haben (u.a.) begehrt festzustellen, daß es sich bei dem Hauptnutzungsvertrag vom 1. April 1984 nebst Ergänzungsvereinbarung vom 31. Juli 1984 nicht um ein Kleingartennutzungsverhältnis im Sinne des Bundeskleingartengesetzes handelt. Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen insoweit stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der – zugelassenen – Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, „weil die Frage der Rechtskraftwirkung, soweit ersichtlich, noch nicht so klar entschieden ist, daß divergierende Ansichten als nicht vertretbar erscheinen.” Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht diese Begründung der revisionsgerichtlichen Nachprüfung der materiell-rechtlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen.
Die vom Berufungsgericht gewählte Formulierung läßt für sich genommen eine – grundsätzlich mögliche (vgl. Senatsurteile vom 5. Februar 1998 – III ZR 103/97 – NJW 1998, 1138, 1139 f, insoweit in BGHZ 138, 67 nicht abgedruckt; vom 25. Februar 1993 – III ZR 9/92 – NJW 1993, 1799, insoweit in BGHZ 121, 367 nicht abgedruckt, m.w.N.) – Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung auf die Frage der Zulässigkeit der Klage nicht mit der gebotenen Klarheit und Unmißverständlichkeit erkennen, weil sich die Rechtskraft eines Urteils im Folgeprozeß sowohl auf die Zulässigkeit als auch auf die Begründetheit der Klage auswirken kann (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 1993 – III ZR 43/92 – NJW 1993, 3204 f). Darüber hinaus wäre vorliegend eine derartige Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung offensichtlich sinnwidrig gewesen, da in diesem Falle die vom Berufungsgericht für wünschenswert erachtete Möglichkeit der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nur dann eröffnet gewesen wäre, wenn sich die Kläger in Abkehr von ihrer im gesamten Prozeßverlauf eingenommen und vom Berufungsgericht für zutreffend gehaltenen Rechtsauffassung auf den – verfehlten – Standpunkt gestellt hätten, die Nichtanwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes sei in ihrem Sinne durch das letzte Urteil des Landgerichts vom 23. Februar 1996 rechtskräftig festgestellt worden und deshalb hätte ihre Klage richtigerweise als unzulässig abgewiesen werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1956 – IV ZR 335/55 – LM ZPO § 511 Nr. 8).
II.
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Antrag festzustellen, daß es sich bei dem zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsverhältnis nicht um ein den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes unterfallendes Kleingartennutzungsverhältnis handelt, nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ist.
a) Gegenstand einer Feststellungsklage kann nach § 256 Abs. 1 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines (gegenwärtigen) Rechtsverhältnisses sein, d.h. der aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung können danach zwar einzelne rechtserhebliche Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechung eines Anspruchs nicht Inhalt eines Feststellungsurteils sein, wohl aber einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 1985 – IVa ZR 49/84 – VersR 1986, 132, 133; vom 12. Dezember 1994 – II ZR 269/93 – NJW 1995, 1097).
Hiervon ausgehend ist der Feststellungsantrag der Kläger nicht deshalb unzulässig, weil durch ihn nicht das Bestehen eines Nutzungsverhältnisses überhaupt in Abrede gestellt, sondern nur die Klärung der Frage begehrt wird, daß das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis jedenfalls nicht als Kleingartenpachtvertrag zu qualifizieren ist (vgl. RGZ 144, 54, 56 ff; RG DR 1939, 1915, 1916).
b) An der Klärung dieser Frage, die insbesondere von Bedeutung dafür ist, ob die Kläger ein Nutzungsentgelt nur nach Maßgabe der §§ 5, 20 a Nr. 6 BKleingG verlangen und das Nutzungsverhältnis nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8 ff BKleingG kündigen können, haben die Kläger schon deshalb ein besonderes Feststellungsinteresse, weil die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes in den zwischen den Parteien bereits geführten Vorprozessen von den Gerichten unterschiedlich beurteilt worden ist.
2. Weiter ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, daß es durch die Rechtskraft der früher zwischen den Parteien ergangenen Urteile weder daran gehindert noch dazu gezwungen war, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Kleingartenpachtvertrages festzustellen.
Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil nur insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch Klage und Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. In Rechtskraft erwächst nur die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter seinen Schluß gezogen hat (BGH, Urteil vom 13. November 1998 – V ZR 29/98 – NJW-RR 1999, 376, 377 m.w.N.). Hierbei ist bei klageabweisenden Entscheidungen der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes (Senatsurteil vom 24. Juni 1993 aaO).
Bei Anwendung dieser Grundsätze läßt sich ein Verstoß gegen die Rechtskraft einer früheren Entscheidung, den das Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen hat, nicht feststellen.
a) Durch Urteil vom 31. Oktober 1994 hat das Landgericht Berlin die auf die Herausgabe des mittelbaren Besitzes des im Eigentum der Kläger stehenden, von den Beklagten aufgrund des Hauptnutzungsvertrages vom 1. April/31. Juli 1984 genutzten Grundstücks abgewiesen. Ungeachtet des Umstands, daß das Landgericht ausweislich der Entscheidungsgründe den Hauptnutzungsvertrag, in den der Beklagte anstelle des Kreisvorstands des VKSK eingetreten war, als ein dem Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes unterfallendes Vertragsverhältnis angesehen und von den Klägern ausgesprochene Kündigungen wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen der §§ 8-10 BKleingG für unwirksam erachtet hat, steht aufgrund dieses Urteils nur fest, daß die Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Herausgabe des mittelbaren Besitzes verlangen konnten. Dagegen wurde weder rechtskräftig festgestellt, daß zwischen den Parteien ein wirksames, als Kleingartenpachtvertrag zu qualifizierendes Nutzungsverhältnis besteht, noch, daß dieses Verhältnis durch die ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1998 aaO; BGHZ 43, 144, 145 ff).
b) Aufgrund des Urteils des Amtsgerichts K. vom 6. Januar 1995, durch das der Beklagte nach § 5 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 5 BKleingG zur Zahlung anteiliger Grundsteuer verurteilt worden ist, steht für den Folgeprozeß rechtskräftig nur fest, daß der Beklagte aufgrund des von den Parteien vorgetragenen Lebenssachverhalts die ausgeurteilte Leistung geschuldet hat, nicht aber das Bestehen des vertraglichen Grundverhältnisses (BGH, Urteil vom 13. November 1998 aaO).
c) Durch das Urteil des Landgerichts Berlins vom 23. Februar 1996 steht rechtskräftig fest, daß den Klägern die geltend gemachten Ansprüche (Verschließen der Zufahrtswege mit Pollern; Schaffung von Parkmöglichkeiten; Vorhaltung von Flächen zum Obst- und Gemüseanbau) nicht zustanden. Dagegen steht – wie sich aus dem bisher Ausgeführten ergibt – nicht schon deshalb, weil in diesem Urteil die Kammer im Gegensatz zu den vorher mit den Streitigkeiten der Parteien befaßten Richtern das Bundeskleingartengesetz für nicht anwendbar gehalten hat, (nunmehr) rechtskräftig fest, daß das zwischen den Parteien bestehende Nutzungsverhältnis nicht als Kleingartenpachtvertrag zu qualifizieren ist. Das ist nicht deshalb anders, weil es sich bei einem Teil der geltend gemachten Ansprüche – insbesondere dem Anspruch, es zu unterlassen, den Mitgliedern sowie Dritten die regelmäßige Übernachtung in Bungalows und Gartenlauben zu gestatten – um solche handelt, die nach dem Leitbild des Kleingartenpachtvertrages dem Verpächter ohne weiteres zustehen und die bei trotz Abmahnung fortgesetzter Mißachtung durch den (Zwischen-)Pächter den Verpächter regelmäßig zur Kündigung des Kleingarten(zwischen-)pachtvertrages berechtigen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG; vgl. aber auch § 20 a Nr. 8 BKleingG). Insoweit stellte sich allenfalls dann, wenn die Abweisung der nunmehr erhobenen negativen Feststellungsklage Rechtskraft erlangen und aufgrund dessen zugunsten des Beklagten das Bestehen eines Kleingartenpachtvertrages feststehen würde, die Frage, ob dieses Urteil eine Änderung des Sachverhalts in dem Sinne darstellen würde, daß die Kläger von den Beklagten ungeachtet des landgerichtlichen Urteils vom 23. Februar 1996 verlangen könnten, eine nach Maßgabe des Bundeskleingartengesetzes vertragswidrige Nutzung durch die Pächter zu unterbinden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. November 1998 aaO).
III.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts unterfällt der zwischen den Parteien fortgeltende Hauptnutzungsvertrag dem Bundeskleingartengesetz. Zur Begründung hat es ausgeführt:
a) Beide Parteien seien in den beiden früheren Verfahren vor dem Landgericht davon ausgegangen, daß es sich bei der von dem Beklagten genutzten Grundfläche der Kläger um eine Kleingartenanlage mit der Anwendbarkeit des entsprechenden Kleingartenrechts handele. Zwar könnten die Parteien grundsätzlich nicht über die rechtliche Einordnung verfügen; jedoch hätten die Kläger in beiden Verfahren deutlich gezeigt, daß sie auf die Einhaltung der kleingartenrechtlichen Bestimmungen Wert legen; der Beklagte habe dies ebenso gesehen, so daß spätestens im Verlauf jener Prozesse allen Beteiligten klar gewesen wäre, daß die vertragliche Nutzung auf den Betrieb einer Kleingartenanlage abzielte. Wenn zuvor ein anderer Vertragszweck gegolten haben sollte, so wäre dieser durch das eindeutige Verhalten der Parteien angepaßt worden. Ob und inwieweit sich der Beklagte und seine Mitglieder dabei im Rahmen der durch das Bundeskleingartengesetz vorgegebenen Nutzung hielten, sei insoweit unerheblich.
b) Im übrigen gelte § 20 a Nr. 1 BKleingG, wonach Kleingartennutzungsverhältnisse, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts begründet und nicht beendet worden seien, von diesem Zeitpunkt an nach dem Bundeskleingartengesetz zu beurteilen seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob die tatsächliche Ausgestaltung des überlassenen Grundstücks Kleingartenanlagencharakter habe. Maßgeblich sei vielmehr, ob es sich um einen Vertrag mit dem finalen Element „Kleingartennutzung” handele. Der Vertragszweck sei durch die Angabe „zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung und Freizeiterholung” (§ 1 des Hauptnutzungsvertrages) eindeutig bestimmt. Grundsätzlich unerheblich sei, wie sich der VKSK als Rechtsvorgänger des Beklagten tatsächlich verhalten habe.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Unbeschadet des Umstands, daß der VKSK und seine Untergliederungen ihre Tätigkeit eingestellt haben und der Beklagte anstelle des Kreisvorstands K. die Position des „Hauptnutzers” übernommen hat, gründen die vertraglichen Beziehungen der Parteien nach wie vor auf dem am 1. April/31. Juli 1984 zwischen den Klägern und dem Kreisvorstand des VKSK geschlossenen „Hauptnutzungsvertrag”. Ob ein solcher Vertrag mit dem Wirksamwerden des Beitritts dem Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes unterfiel, beantwortet sich nach § 20 a BKleingG, der, wie insbesondere § 20 a Nr. 4 BKleingG zeigt, auch Hauptnutzungsverträge erfaßt (so auch Mainczyk, BKleingG, 7. Aufl., § 20 a Rn. 2; Stang, BKleingG, 2. Aufl. § 20 a Rn. 6), obwohl diese nach dem Recht der DDR als Verträge sui generis und nicht – wie die Nutzungsverträge zwischen dem VKSK und seinen Mitgliedern – als Verträge nach den §§ 312 ff ZGB beurteilt wurden (Autorenkollektiv Bodenrecht, 1989, 9.2.1.2. und 9.2.2. S. 228). Ist danach ein Hauptnutzungsvertrag als Kleingartenutzungsverhältnis im Sinne des § 20 a Nr. 1 BKleingG einzustufen, so gelten die gesetzlichen Bestimmungen über Kleingartenpachtverträge; eines erneuten Vertragsschlusses oder auch nur eines Einigseins der Vertragsparteien über die Geltung des Bundeskleingartengesetzes bedarf es hierbei nicht.
Vor diesem Hintergrund beanstandet die Revision zu Recht, daß der Vortrag der Parteien und die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkludente Änderung des Vertragszwecks bieten. Das in den Vorprozessen an den Tag gelegte Verhalten belegt nur, daß beide Parteien die Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes für einschlägig erachtet haben. Der Umstand, daß dabei die Kläger von dem Beklagten die Einhaltung dieser Bestimmungen verlangt haben bzw. sich wegen (angeblicher) Nichteinhaltung dieser Bestimmungen zur Vertragskündigung berechtigt gehalten hatten, rechtfertigt indes noch nicht den Schluß, diese wollten sich im Wege einer – den Vertragstypus umgestaltenden und daher grundlegenden – stillschweigenden Vertragsänderung mit dem Beklagten darauf verständigen, daß selbst bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 20 a BKleingG das Vertragsverhältnis als Kleingartenpachtvertrag fortgelten solle. Schon aufgrund der Interessenlage konnte der Beklagte nicht ohne weiteres von einem dahingehenden Abänderungswillen der Kläger ausgehen, da aus Sicht des Verpächters die Vorschriften über die Kleingartenpacht, insbesondere hinsichtlich des Nutzungsentgelts und der Kündigungsmöglichkeiten, keine Vorteile gegenüber den sonst anwendbaren Bestimmungen des BGB über die Miete oder die Pacht, modifiziert durch die Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538) bieten (vgl. § 6 sowie §§ 2 Abs. 3, 29 SchuldRAnpG). Im übrigen hat sich der Beklagte selbst nicht auf eine dahingehende (konstitutive) Änderungsvereinbarung berufen.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist bei der Frage, ob mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 ein Hauptnutzungsvertrag als Kleingartennutzungsverhältnis im Sinne des § 20 a Nr. 1 BKleingG anzusehen war und demzufolge dieses Nutzungsverhältnis dem Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes unterworfen wurde, maßgeblich auf die zu diesem Zeitpunkt tatsächlich ausgeübte Art der Nutzung abzustellen; die Vertragssituation tritt demgegenüber in den Hintergrund (in diesem Sinne Kiethe/Clausner-Landerer, SchuldRAnpG, § 29 Rn. 5; Rövekamp, SchuldRAnpG [1997] Rn. 192 und OV spezial 1996, 38, 40; MünchKomm-BGB/Kühnholz, Bd. 6, 3. Aufl., SchuldRAnpG § 29 Rn. 6; ebenso – entgegen dem Verständnis des Berufungsgerichts – auch Mainczyk aaO § 20 a Rn. 4 a ff; im Ergebnis kaum abweichend Stang aaO § 20 a Rn. 8, der davon ausgeht, daß die vorgefundene tatsächliche Nutzung jedenfalls den Schluß auf eine dahingehende einvernehmliche Vertragsänderung oder -umwandlung zuläßt).
Nach § 312 Abs. 1 ZGB konnten land- und forstwirtschaftlich nicht genutzte Bodenflächen Bürgern zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung überlassen werden. Hauptformen dieser Bodennutzung waren Wochenendhäuser und Garagen, Kleingärten außerhalb des VKSK (z.B. Kleinflächen im Rahmen der persönlichen Hauswirtschaft oder zur Futtergewinnung bzw. für Blumengärten) sowie Kleingärten, Mietergärten und Wochenendsiedlergärten im VKSK. § 313 ZGB regelte die Rechte und Pflichten des Nutzungsberechtigten; § 314 ZGB die Beendigung des Nutzungsverhältnisses. § 315 ZGB enthielt eine Sonderbestimmung bezüglich der Nutzung von Bodenflächen in einer Kleingartenanlage. Nach dem Recht der DDR war somit die Nutzung eines Kleingartens innerhalb einer Kleingartenanlage nur ein Unterfall der (allgemeinen) Nutzung von Bodenflächen durch Bürger zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung (Senatsurteil BGHZ 139, 235, 238 f). Schon daraus wird deutlich, daß die Unterscheidung zwischen kleingärtnerischer Flächennutzung und sonstiger, Freizeitzwecken dienender Bodennutzung nach dem Recht der DDR nicht die Bedeutung hatte, die sie mit dem Wirksamwerden des Beitritts durch die nunmehr erforderliche Abgrenzung, ob ein Bodennutzungsvertrag der Schuldrechtsanpassung oder dem Kleingartenpachtrecht unterliegt, erhalten hat.
Hinzu kommt, daß in der Lebenswirklichkeit der DDR die Bodennutzung im wesentlichen auf staatlicher Lenkung beruhte, wobei auf die von den beteiligten Nutzern und Grundstückseigentümern vereinbarte Vertragsgestaltung bzw. die zivilrechtliche Lage weniger Rücksicht genommen wurde. Dies zeigt sich etwa daran, daß vielfach mit Billigung staatlicher Stellen auf Grundstücken, die aufgrund eines Vertrages nach den §§ 312 ff ZGB genutzt wurden, ein als Wohnhaus geeignetes und hierzu dienendes Gebäude errichtet worden ist, obwohl dies nach der formal geltenden Rechts- und Vertragsordnung der DDR weder auf den zur kleingärtnerischen Nutzung noch auf den zu sonstigen Erholungszwecken überlassenen Grundstücken erlaubt war (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e SachenRBerG sowie Senatsurteil BGHZ 139, 235, 241).
Im übrigen hat selbst der Wortlaut des Hauptnutzungsvertrages nicht die vom Berufungsgericht angenommene Eindeutigkeit. Denn mögen sich auch die Zwecke „kleingärtnerische Nutzung und Freizeiterholung” nicht ausschließen, so wird daraus nicht ohne weiteres deutlich, welcher Nutzungszweck im Vordergrund steht.
IV.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei insbesondere die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse zu klären sein werden.
Dabei weist der Senat auf folgendes hin:
1. Entscheidend ist die tatsächliche Art der Nutzung bei Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990. Ist danach von einer Kleingartenanlage auszugehen, so verbliebe es – wie insbesondere § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG zeigen, die in diesen Fällen dem Verpächter (bloß) ein Kündigungsrecht einräumen – selbst dann bei der Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes, wenn der Beklagte oder seine Mitglieder später eigenmächtig Nutzungsänderungen in einer Art und einem Ausmaß vorgenommen hätten, daß dadurch der Charakter der Anlage als Kleingartenanlage in Frage gestellt worden wäre.
Andererseits hätten der Beklagte und seine Mitglieder, wenn sich die Anlage zum Stichtag 3. Oktober 1990 nicht als Kleingartenanlage dargestellt haben sollte, auch durch eine nachfolgende Intensivierung der kleingärtnerischen Bewirtschaftung nicht einseitig die Voraussetzungen für die Anwendung des für sie günstigen Bundeskleingartengesetzes schaffen können (Rövekamp, OV spezial 1996, 38, 41).
2. Das zentrale Merkmal eines Kleingartens ist die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, also die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen. Kennzeichnend für diese Nutzungsart ist die Vielfalt der Gartenbauerzeugnisse. Als weiteres wesentliches Begriffsmerkmal kommt hinzu, daß mehrere Gärten zusammengefaßt und gemeinschaftliche Einrichtungen (Wege, Spielflächen, Vereinshäuser etc.) vorhanden sein müssen (§ 1 Abs. 1 BKleingG; vgl. Mainczyk aaO § 1 Rn. 4 ff, 10 ff).
Bei der Frage, ob es sich gemessen an diesen Maßstäben vorliegend um eine Kleingartenanlage oder um eine sonstige Erholungs- oder Wochenendsiedlergärtenanlage, eine Ferien- oder Wochenendhaussiedlung handelt, ist auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht einzelner Parzellen abzustellen (MünchKomm-BGB/Kühnholz aaO; Stang aaO § 20 a Rn. 8; a.A. Rövekamp, OV spezial 1996, 38, 40 f). Dies ist schon deshalb notwendig, weil in Fällen, in denen – wie hier – die gesamte Anlage Vertragsgegenstand eines Hauptnutzungs- bzw. Zwischenpachtverhältnisses ist, dieser Vertrag nur einheitlich entweder den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes oder denen der Schuldrechtsanpassung unterworfen sein kann.
Sollte sich also etwa herausstellen, daß am 3. Oktober 1990 die kleingärtnerische Nutzung vorherrschend war und daher für die rechtliche Einordnung der Gesamtanlage bestimmend ist, so würde der Anwendung des Bundeskleingartengesetzes nicht entgegenstehen, wenn einzelne Parzellen in einer mit der kleingärtnerischen Nutzung nicht in Einklang stehenden Art und Weise genutzt wurden und diese Nutzung in ihrem Bestand dergestalt geschützt ist, daß sie ungeachtet des Widerspruchs zu den Regelungszwecken und -zielen des Bundeskleingartengesetzes vom Zwischenpächter und vom Verpächter sanktionslos hinzunehmen ist, also insbesondere auch nicht zum Anlaß einer Kündigung des (Zwischen-)Pachtvertrages genommen werden darf. Beispielhaft sie hier die Befugnis eines Kleingärtners erwähnt, eine Laube oder ein sonstiges Gebäude dauerhaft zu Wohnzwecken zu nutzen (vgl. § 20 a Nr. 8 BKleingG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e SachenRBerG sowie Senatsurteil BGHZ 139, 235).
Unterschriften
Rinne, Streck, Schlick, Kapsa, Galke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 16.12.1999 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556253 |
BGHR |
NZM 2000, 250 |
Nachschlagewerk BGH |
VIZ 2000, 159 |
ZAP-Ost 2000, 101 |
AgrarR 2000, 366 |
NJ 2000, 320 |
RdL 2000, 72 |
OVS 2000, 112 |