Leitsatz (amtlich)
1. Soll eine Gesamtheit von Gegenständen, die nicht räumlich zusammengefasst sind, unter Verwendung eines Gattungsbegriffs übereignet werden, ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz nur dann gewahrt, wenn sich die Vertragsparteien bewusst und erkennbar über Merkmale einigen, aufgrund deren die übereigneten Gegenstände der Gattung individualisierbar sind (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 4. Oktober 1993 - II ZR 156/92, NJW 1994, 133).
2. Eine Einigung, nach der nur diejenigen Gegenstände einer bestimmten Gattung übereignet werden sollen, die der Veräußerer nicht näher bezeichneten Dritten überlassen hat, genügt für sich genommen den Anforderungen an den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht (hier: Flüssiggastanks, die nicht näher bezeichneten Kunden überlassen worden sind).
Normenkette
BGB §§ 929, 931
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien handeln mit Flüssiggas. Die Klägerin ist aufgrund Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der V. F. GmbH (nachfolgend: VFG). Diese war u.a. von der V. G und O. GmbH & Co. KG (nachfolgend: VGO) im August 2005 gegründet worden. Mit Vertrag vom 1. September 2005 verkaufte die VGO der VFG u.a. das zu den Wirtschaftsgütern des Flüssiggasgeschäfts gehörende Sachanlagevermögen, zu dem gemäß Ziffer II.1.a) des Kaufvertrags u.a. Flüssiggastanks gehörten. Flüssiggastanks, die an Endkunden vermietet und in deren Besitz waren, sollten durch Abtretung des Herausgabeanspruchs übereignet werden. Wegen der Beschreibung des Sachanlagevermögens wurde auf einen Anhang verwiesen, dessen Inhalt nicht festgestellt ist. Mit weiterem Vertrag vom 1. September 2005 verpachtete die VGO den Kundenstamm ihres Flüssiggasgeschäfts an die VFG. Der Kundenstamm war in einem Anhang zu dem Pachtvertrag beschrieben. Zu den dort genannten Kunden gehört Herr R. S.. Dieser hatte zuletzt 1999 mit der VGO einen Versorgungsvertrag unter Vereinbarung eines Fremdbefüllungsverbots geschlossen. Der dafür von der VGO gelieferte und in das Grundstück eingebaute Flüssiggastank sollte in deren Eigentum verbleiben und ist mit einem Eigentumsaufkleber versehen. Die Beklagte befüllte im Mai 2016 und im Juli 2017 diesen Tank.
Rz. 2
Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte darauf in Anspruch, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, ohne ihre Einwilligung in ihrem Eigentum stehende Flüssiggasbehälter zu befüllen oder befüllen zu lassen. Sie verlangt ferner den Ersatz von Abmahnkosten nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist, mit Ausnahme eines Teils der Zinsen, erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die vollständige Klageabweisung erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von der Beklagten gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen. Die Klägerin sei Eigentümerin des auf dem Grundstück des Kunden S. befindlichen Flüssiggastanks, und die Befüllung des Tanks durch die Beklagte stelle eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. Die VGO als ursprüngliche Eigentümerin des Tanks habe mit den im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 1. September 2005 erfolgten Übereignungserklärungen das Eigentum daran auf die VFG übertragen. Die Bezeichnung der zu übereignenden Flüssiggastanks in der Einigungserklärung genüge dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Für den Kenner des Vertrags sei klar ersichtlich, dass das gesamte Endkundengeschäft der Flüssiggassparte und damit alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks in das Eigentum der VFG hätten übergehen sollen. Dass das Eigentum der VGO an dem bei dem Kunden S. befindlichen Tank nicht allein aus dem Vertrag und seinen Anlagen hervorgehe, mache die Vereinbarung nicht unbestimmt. Für die notwendige Einzelübertragung genüge die Sammelbezeichnung „Flüssiggastanks“. Es sei nur notwendig zu klären, ob die VGO auch dem Kunden S. einen Gastank überlassen habe. Das sei der Fall, weil der Kunde zu dem Kundenstamm der VGO gehöre und der Aufkleber auf dem Tank auf deren Eigentum hinweise.
II.
Rz. 4
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 5
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die Befüllung eines im fremden Eigentum stehenden Flüssiggastanks während der Laufzeit des Liefervertrags zwischen dem Eigentümer des Tanks und dessen Kunden ohne Einwilligung des Eigentümers stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar, die der Eigentümer des Tanks nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden hat. Die „Fremdbefüllung“ begründet auch die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702; Urteil vom 9. Februar 2004 - II ZR 131/03, BGHReport 2004, 972; Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 56/04, WM 2006, 334).
Rz. 6
2. Das Berufungsgericht legt - von der Revision unbeanstandet - zugrunde, dass ursprüngliche Eigentümerin des auf dem Grundstück des Kunden S. befindlichen Flüssiggastanks die VGO gewesen ist. Diese hat ihr Eigentum daran nicht durch den Einbau in das Grundstück verloren, weil die Verbindung mit dem Grund und Boden für die Dauer des Versorgungsvertrags und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt ist (§ 95 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702).
Rz. 7
3. Mit der gegebenen Begründung kann der Erwerb des Eigentums an dem Flüssiggastank durch die VFG, der infolge der Verschmelzung sodann zu dem Übergang des Eigentums auf die Klägerin geführt hätte (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), jedoch nicht bejaht werden.
Rz. 8
a) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der in Ziffer II.1.a) des Kaufvertrags vom 1. September 2005 enthaltenen Einigung zwischen der VGO und der VFG, wonach alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks übereignet werden sollen. Sie entspricht dem von dem Berufungsgericht festgestellten Ziel des Vertrags, das gesamte Endkundengeschäft der Flüssiggassparte von der VGO im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die VFG übergehen zu lassen (sog. asset deal; vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12, NJW 2013, 1083 Rn. 16; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 453 Rn. 7). Damit sollten nicht nur die Flüssiggastanks übereignet werden, die sich als Lagerbestand auf dem Betriebsgelände der VGO befanden, sondern auch solche, die bestimmungsgemäß Kunden zur Verfügung gestellt worden waren, um im Rahmen der Versorgungsverträge mit Gas befüllt zu werden.
Rz. 9
b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Sammelbezeichnung „alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks“ seien die zu übereignenden Sachen bestimmt bezeichnet worden, während die Frage, ob der bei dem Kunden S. befindliche Flüssiggastank von der VGO überlassen worden sei und deshalb von der Übereignung erfasst werde, nicht die Bestimmtheit, sondern die Beweisbarkeit betreffe.
Rz. 10
aa) Der Inhalt der Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB erschöpft sich - anders als das Verpflichtungsgeschäft - im Einigsein über die vereinbarte dingliche Rechtsänderung (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 - V ZR 73/15, NJW 2016, 2035 Rn. 17). Die Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB muss sich deshalb auf eine individuell bestimmte Sache beziehen. Soll, wie hier, nicht lediglich eine einzelne Sache, sondern eine Sachgesamtheit übereignet werden, genügt die Einigung dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nur dann, wenn klar ist, auf welche einzelnen Gegenstände aus der Sachgesamtheit sich der Übereignungswille der Parteien erstreckt. Das bedeutet aber nicht, dass jeder einzelne Gegenstand genau bezeichnet werden muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dem Bestimmtheitsgrundsatz auch dann ausreichend Rechnung getragen, wenn es infolge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (BGH, Urteil vom 31. Januar 1979 - VIII ZR 93/78, BGHZ 73, 253, 254; Urteil vom 13. Januar 1992 - II ZR 11/91, NJW 1992, 1161; Urteil vom 3. Juli 2000 - II ZR 314/98, WM 2000, 1704, 1706; Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 27; jeweils mwN).
Rz. 11
(1) Die Bestimmtheit einer Sachgesamtheit kann durch die Verwendung einer Sammelbezeichnung sichergestellt werden, nach der alle Gegenstände von der Übereignung erfasst sein sollen, die ein bestimmtes Merkmal erfüllen. Soll eine danach eindeutig zu kennzeichnende Gesamtheit vollständig oder eine qualitativ beschreibbare Teilmenge hiervon übereignet werden, bedarf es der räumlichen Abgrenzung nicht (sog. All-Formel; vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1979 - VIII ZR 93/78, BGHZ 73, 253, 254 f.: bejaht für „Hausinventar des gemeinsam bewohnten Einfamilienhauses“; Urteil vom 13. Januar 1992 - II ZR 11/91, NJW 1992, 1161: verneint für „Handbibliothek Kunst“; Urteil vom 4. Oktober 1993 - II ZR 156/92, NJW 1994, 133, 134: bejaht für Container mit einem bestimmten Volumen; vgl. auch Staudinger/C. Heinze, BGB [2020], Anhang zu §§ 929 ff. Rn. 27 ff.; Ganter in Ellenberger/Bunte, BankR-HdB, 6. Aufl., § 74 Rn. 40 mwN).
Rz. 12
(2) Nicht ausreichend ist hingegen die Bezugnahme auf ein rechtliches Unterscheidungsmerkmal, z.B. das Eigentum des Übertragenden. Sollen bei einer Übereignung einer Vielzahl von Gegenständen unter einer Sammelbezeichnung solche Gegenstände von der Übereignung ausgenommen werden, die zwar der Sammelbezeichnung unterfallen, aber nicht dem Veräußerer gehören, ist der Bestimmtheitsgrundsatz nicht gewahrt. Ein außenstehender Dritter kann nämlich nicht ohne außervertragliche Erkenntnisquellen (Warenbücher, Rechnungen) bestimmen, welche der Sammelbezeichnung unterfallenden Gegenstände dem Veräußerer gehören (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1956 - IV ZR 24/56, BGHZ 21, 52, 56; Urteil vom 20. März 1986 - IX ZR 88/85, NJW 1986, 1985; Urteil vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267, 277 mwN).
Rz. 13
(3) Auch Formeln, die nur mit Hilfe außervertraglicher Erkenntnisquellen geeignet sind, die übereigneten von den anderen Gegenständen zu unterscheiden, oder Kennzeichnungen durch rein funktionale Begriffe machen für einen Dritten nicht deutlich, welche Gegenstände übereignet werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 27 zu „Vorräte“). Ist eine eindeutige Feststellung der zu übereignenden Gegenstände nicht auf andere Weise gewährleistet, z.B. bei Warenlagern mit wechselndem Bestand oder bei Beschränkung der Sicherungsübereignung auf eine nur quantitativ zu bestimmende Teilmenge der Sachgesamtheit, ist eine räumliche Abgrenzung erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1983 - VIII ZR 191/82, NJW 1984, 803, 804 mwN; Urteil vom 18. April 1991 - IX ZR 149/90, NJW 1991, 2144, 2146).
Rz. 14
bb) Gemessen daran genügt die Sammelbezeichnung „alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks“ für sich genommen den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz nicht.
Rz. 15
(1) Das folgt entgegen der Ansicht der Revision allerdings nicht daraus, dass mit dieser Vereinbarung solche Flüssiggastanks von der Übereignung ausgenommen gewesen wären, die nicht im Eigentum der VGO gestanden hätten. Zwar war Kaufgegenstand des Vertrags vom 1. September 2005 das zu den Wirtschaftsgütern des Flüssiggasgeschäfts gehörende Sachanlagevermögen der VGO. Unter den bilanzrechtlichen Begriff des Sachanlagevermögens fallen nur diejenigen Gegenstände, die dem Bilanzpflichtigen gehören oder ihm jedenfalls wirtschaftlich zuzurechnen sind (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB; vgl. Heyes/Thelen in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl., § 246 Rn. 34 mwN). Die Vertragsparteien haben in dem Kaufvertrag zur näheren Beschreibung der von der Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB erfassten Gegenstände aber nicht die Sammelbezeichnung „Sachanlagevermögen“, sondern die Sammelbezeichnung „Flüssiggastanks“ gewählt. Damit sollten nach der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts die Flüssiggastanks übereignet werden, die die VGO ihren Kunden überlassen hatte (vgl. oben Rn. 8). Auf die Eigentümerstellung der Veräußerin sollte es dagegen nicht ankommen. Dann bereitet eine fehlende Eigentümerstellung unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes keine Probleme (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juni 1958 - VIII ZR 205/57, BGHZ 28, 16, 20; Urteil vom 20. März 1986 - IX ZR 88/85, BGH NJW 1986, 1985, 1986). Insoweit geht es nicht um die Bestimmtheit der Übereignung, sondern um einen möglichen gutgläubigen Erwerb.
Rz. 16
(2) Die Sammelbezeichnung „alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks“ genügt jedoch für sich genommen deshalb dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht, weil nicht erkennbar ist, welche einzelnen Flüssiggastanks von der Übereignung erfasst sind.
Rz. 17
(a) Allerdings hat der II. Zivilsenat für die Sicherungsübereignung gemäß §§ 929, 930, 931 BGB entschieden, dass eine Einigungserklärung, nach der alle Gegenstände einer näher bezeichneten Gattung zur Sicherheit übereignet werden sollen, dem Bestimmtheitsgebot auch dann genügen kann, wenn die Gegenstände nicht räumlich zusammengefasst sind (Urteil vom 4. Oktober 1993 - II ZR 156/92, NJW 1994, 133, 134; kritisch Ott, WuB I F 5 Sicherungsübereignung 5.94; Serick, EWiR § 930 BGB 1/94). Dies hat er jedoch, anders als der zu weit gefasste Leitsatz vermuten lässt, nicht allgemein, sondern nur für die Sicherungsübereignung von Containern einer genau bezeichneten Größe entschieden. Er hat dabei zugrunde gelegt, dass alle Gegenstände, die ein bestimmtes Merkmal erfüllen, übereignet werden, und dass es sich bei der Containergröße um ein bestimmtes Merkmal handelt.
Rz. 18
(b) Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gattungsbegriff für sich genommen stets dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entspricht. Ob eine Sammelbezeichnung erkennen lässt, welche konkreten Gegenstände von der Übereignung erfasst sein sollen, beurteilt sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vielmehr danach, ob nach dem allgemeinen oder rechtlichen Sprachgebrauch für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche Einzelsachen damit gemeint sind (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1991 - IX ZR 149/90, NJW 1991, 2144, 2146; Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 28). Welche individuellen Sachen einer Gattung übereignet werden sollen, ist für einen Dritten zwar ohne weiteres dann ersichtlich, wenn ein gesamter Lagerbestand veräußert wird. Soll dagegen - wie hier - eine Gesamtheit von Gegenständen, die nicht räumlich zusammengefasst sind, übereignet werden, ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz nur dann gewahrt, wenn sich die Vertragsparteien bewusst und erkennbar über Merkmale einigen, aufgrund deren die übereigneten Gegenstände der Gattung individualisierbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1983 - VIII ZR 191/82, NJW 1984, 803, 804; Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 17). So hat der IX. Zivilsenat die Bezeichnung von Sicherungsgut lediglich nach der Gattung („Bleche“, „Formstahl“, „Rohre“) selbst dann nicht als ausreichend angesehen, wenn der Lagerhalter und eine Order-Nummer genannt werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1991 - IX ZR 149/90, NJW 1991, 2144, 2146; Staudinger/C. Heinze, BGB [2020], Anhang zu §§ 929 ff. Rn. 27 ff.). Ob durch eine zusätzliche Beschreibung von Merkmalen das Bestimmtheitserfordernis erfüllt ist, ist eine Frage des Einzelfalls (zur Größenangabe bei Containern vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1993 - II ZR 156/92, NJW 1994, 133, 134).
Rz. 19
(c) An einer solchen Individualisierung der übereigneten Flüssiggastanks fehlt es hier. Ein Dritter kann, weil die Tanks nicht räumlich zusammengefasst sind, der Gattungsbezeichnung „Flüssiggastanks“ allein nicht entnehmen, welche Flüssiggastanks von der Übereignung erfasst werden sollen. Die sachenrechtliche Bestimmtheit wird auch nicht dadurch sichergestellt, dass von den Flüssiggastanks, die sich nicht auf dem Betriebsgelände der VGO befinden, nur solche übereignet werden sollten, die die VGO ihren Kunden überlassen hatte. Die Überlassung der Flüssiggastanks an Kunden der VGO ist kein bestimmtes Merkmal, mit dem die zu übereignende Menge der Flüssiggastanks qualitativ beschrieben wird. Für einen Dritten ist nämlich ohne Weiteres weder ersichtlich, ob es sich bei den unmittelbaren Besitzern von Flüssiggastanks um Kunden der VGO handelt, noch, ob die Tanks von der VGO überlassen worden sind. Insoweit ist die Vereinbarung vergleichbar mit derjenigen, die ein rechtliches Unterscheidungsmerkmal verwendet, was nicht ausreichend ist (vgl. oben Rn. 12). Eine Einigung, nach der nur diejenigen Gegenstände einer bestimmten Gattung übereignet werden sollen, die der Veräußerer nicht näher benannten Dritten überlassen hat, genügt für sich genommen den Anforderungen an den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht.
Rz. 20
4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
Rz. 21
a) Nach den getroffenen Feststellungen trägt der auf dem Grundstück des Kunden S. befindliche Flüssiggastank zwar einen Aufkleber, der auf das Eigentum der VGO hinweist. Darauf kommt es aber nicht an. Die Einigung der Kaufvertragsparteien vom 1. September 2005 ist nicht auf die Übereignung derjenigen Flüssiggastanks gerichtet, die einen Eigentumsaufkleber tragen.
Rz. 22
b) Nach den weiteren tatrichterlichen Feststellungen lag dem ebenfalls am 1. September 2005 geschlossenen Pachtvertrag zwischen der VGO und der VFG eine Kundenliste bei, in der der Kunde S. aufgenommen ist. Auch das ist für die Bestimmtheit der Einigung nicht ausreichend.
Rz. 23
aa) Allerdings kann bei der Übereignung einer Sachgesamtheit die Bezugnahme auf ein Verzeichnis dem Bestimmtheitsgebot genügen, wenn das Verzeichnis bei der Einigung tatsächlich vorgelegen hat und Bestandteil des die Einigung enthaltenen Vertrages geworden ist. Das Verzeichnis muss mit der Vertragsurkunde nicht körperlich verbunden werden (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 20. Dezember 1978 - VIII ZR 288/77, WM 1979, 300, 301; Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 170/94, WM 1995, 1394, 1396; Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 17 f. mwN). Die übereigneten Gegenstände müssen nämlich nicht notwendig in der über die Übereignung aufgenommenen Vertragsurkunde selbst genügend bestimmt bezeichnet sein; Einigung und Übergabe können auch formlos erfolgen. Der Inhalt der schriftlichen Vereinbarung über die Übereignung kann deshalb durch weitere mündliche Vereinbarungen und sogar stillschweigend ergänzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1956 - IV ZR 71/56, WM 1956, 1467, 1468 f.; Urteil vom 8. Februar 1961 - VIII ZR 20/60, WM 1961, 431, 433). Auch dafür ist aber erforderlich, dass die Vertragspartner sich bewusst und erkennbar auf Merkmale einigen, auf Grund deren die übereigneten Sachen eindeutig festzustellen sind (vgl. oben Rn. 18). Insbesondere bei einem Unternehmenskauf ist die Bezugnahme auf Verzeichnisse zur näheren Bezeichnung der zu übereignenden Gegenstände üblich und praktisch notwendig, um die rechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Bestimmtheitsgrundsatz ergeben, zu erfüllen (Schulz in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 10. Aufl., Kapitel D. II Rn. 9.88).
Rz. 24
bb) Dass dem Kaufvertrag vom 1. September 2005 die Kundenliste als Anhang beigefügt war oder die Kaufvertragsparteien bei Abschluss des Kaufvertrags darüber einig waren, dass die in der Anlage zu dem am selben Tag geschlossenen Pachtvertrag bezeichneten Flüssiggastanks übereignet werden sollen, ist nicht festgestellt. Mit dieser Frage hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht befasst.
Rz. 25
5. Da nach alledem nicht feststeht, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, steht auch nicht fest, ob die Klägerin Abmahnkosten gemäß § 683 Satz 1, § 670 BGB verlangen kann.
III.
Rz. 26
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist. In diesem Umfang ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage des gegebenenfalls noch zu ergänzenden Sachvortrags der Parteien zu prüfen haben, ob sich die VGO und die VFG bei Abschluss des Kaufvertrags am 1. September 2005 durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Bezugnahme auf den Pachtvertrag vom 1. September 2005 bzw. auf die diesem beigefügte Kundenliste gemäß § 929 Satz 1 BGB darüber einig waren, dass diejenigen Flüssiggastanks übereignet werden sollten, die sich bei den in dieser Kundenliste im einzelnen genannten Kunden befanden.
Brückner |
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Haberkamp |
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Hamdorf |
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Malik |
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Grau |
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Fundstellen
Haufe-Index 15568126 |
DB 2023, 1337 |