Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage der zugaberechtlichen Zulässigkeit eines „Bonus-Meilen”-Systems eines Kreditkartenunternehmens.
b) Eine Nebenleistung, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Wettbewerbsordnung steht, kann nicht als handelsüblich i.S. des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO angesehen werden.
Normenkette
ZugabeVO § 1 Abs. 1, 2 Buchst. d
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 3. April 1996 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte zu 2, eine juristische Person amerikanischen Rechts, ist eine weltweit tätige Kreditkartenorganisation. Sie ermöglicht ihren Mitgliedern, die sich durch eine von ihr ausgegebene Kreditkarte ausweisen, bei bestimmten Vertragsunternehmen bargeldlos einzukaufen und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die Bezahlung übernimmt die Beklagte zu 2 im Auftrag ihres Mitglieds; mit den verauslagten Beträgen belastet sie dessen Kreditkartenkonto. Von den ihr angeschlossenen Vertragsunternehmen verlangt sie eine umsatzabhängige Provision.
Die Beklagte zu 2 veranstaltete unter Einschaltung ihrer französischen Tochtergesellschaft, der Beklagten zu 1, ein „American Express Membership Miles”-Programm. In einer Pressemitteilung vom 27. Oktober 1993 kündigte sie an:
„Die neue Währung: Meilen
American Express Frankreich bietet Bonus-Programm auch für deutsche Kartenmitglieder”.
In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 21. November 1993 veröffentlichte sie eine Anzeige mit den hervorgehobenen Angaben:
„American Express startet in eine neue Ära: Membership Miles.
Jetzt trennt Sie nur noch ein Fax von Ihren Bonus-Meilen”.
Im Fließtext der Anzeige heißt es ferner:
„… Bei dem exklusiven Programm, das jetzt auch allen deutschen American Express Mitgliedern angeboten wird, können Sie für jede Mark, die Sie mit der American Express Karte ausgeben, Bonusmeilen bekommen. Meilen, die Sie sammeln und in Flüge oder Übernachtungen umwandeln können. Flüge bei den weltweit bekanntesten Vielfliegerprogrammen von … Und Übernachtungen, z.B. in Hotels unserer namhaften internationalen Partner …”.
Nach den in der Anzeige weiter abgedruckten „Allgemeinen Teilnahmebedingungen” können an dem Programm auf Antrag alle Inhaber von Hauptkarten (American Express Card, Gold Card, Platinum Card, Corporate Card) teilnehmen. American Express sei berechtigt, für die Teilnahme an dem Programm ab dem zweiten Jahr eine Jahresgebühr von – je nach Art der Karte – 50,– DM bis 70,– DM zu erheben, mit der das Kartenkonto des Inhabers belastet werde; für die Platinum Card werde keine gesonderte Jahresgebühr erhoben. Mit der Teilnahme am Programm könnten Bonuspunkte („Meilen”) erworben werden. Die Anzahl der „Meilen” würde sich nach der Höhe der auf dem Kartenkonto ab Teilnahme belasteten Umsätze bestimmen, und zwar würde für (zur Zeit) eine Belastung von je 10,– DM eine „Meile” gutgeschrieben werden; eine Umrechnung von „Meilen” in Geldwert und dessen Auszahlung oder Verrechnung sei ausgeschlossen. American Express richte für die Teilnehmer ein „Meilenkonto” ein. Über die Nutzung erworbener „Meilen” heißt es unter Ziff. 4.1. der Allgemeinen Teilnahmebedingungen:
„Erworbene Meilen können eingelöst werden im Rahmen der Vielfliegerprogramme von Fluglinien oder bei anderen American Express Vertragspartnern, mit denen entsprechende Vereinbarungen bestehen („MM-Vertragspartner”). Die Umrechnung von Meilen in Guthaben der jeweiligen Programme erfolgt nach den mit den betroffenen MM-Partnern vereinbarten Verrechnungsraten, die gesondert mitgeteilt werden. Leistungen aus der Einlösung von Meilen werden vom MM-Vertragspartner unmittelbar erbracht. Grundlage für die Leistungserbringung bilden die jeweiligen Geschäftsbedingungen des MM-Vertragspartners und bei Fluggesellschaften zusätzlich die Vielfliegerprogramm-Bedingungen. …”
Die Einlösung von Meilen durch die Teilnehmer könne beginnen, sobald erstmalig zumindest 750 „Meilen” auf dem „Meilenkonto” als Guthaben aufgelaufen seien; die Einlösung sei dann jeweils in Abschnitten von 500 „Meilen” oder mehr möglich. American Express übernehme keine Haftung für Art, Umfang und Qualität der von den Vertragspartnern zu erbringenden Leistungen, auch nicht dafür, daß die Leistungen erbracht würden.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat in dem Bonusmeilen-Angebot der Beklagten die Ankündigung einer unzulässigen Zugabe gesehen. Sie hat das Angebot ferner als sittenwidrig und irreführend beanstandet, weil die Teilnehmer an dem Programm nur einen Anspruch auf Erfassung der Bonusmeilen und nicht auch auf Erbringung der angebotenen Leistungen erhielten. Die Teilnehmer würden auch in übertriebener Weise angelockt, da sie aufgrund der werblichen Ankündigung erhebliche Zusatzleistungen erwarteten und daher bereit seien, die Kreditkarte der Beklagten bevorzugt und verstärkt einzusetzen und dabei den Preis-Leistungs-Vergleich mit anderen Geschäften, die nicht Vertragsunternehmen der Beklagten zu 2 seien, zu vernachlässigen. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung vor.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, es liege keine verbotene Zugabe vor; es könne insbesondere nicht von einer Preisverschleierung gegenüber den Kreditkarteninhabern ausgegangen werden, zumal der durchschnittliche Kreditkartenkunde auf einem höheren Erfahrungs- und Kenntnisniveau stehe. Auch eine Irreführung scheide aus, da die angesprochenen Verkehrskreise seit langem an vergleichbare Bonussysteme, insbesondere von Fluglinien, Hotelketten und Autovermietern, gewöhnt seien. Aus diesem Grunde sei ihr Angebot jedenfalls nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt der Kreditkartenunternehmen in Deutschland wesentlich zu beeinträchtigen. Schließlich würde ein Verbot ihres Bonusmeilensystems auch den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union unverhältnismäßig beschränken und damit gegen Art. 59 EGV verstoßen. Die Beklagte zu 1 biete das Bonusmeilensystem in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz, Spanien, Schweden und Italien unbeanstandet an.
Das Landgericht hat die Beklagten – im wesentlichen antragsgemäß – unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel verurteilt,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Kreditkarten für Umsätze, die der Kreditkarteninhaber unter Einsatz seiner Kreditkarte tätigt, Bonusmeilen gemäß der beigefügten Ankündigung in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung anzukündigen, anzubieten oder gutzuschreiben oder diese Gutschriften durch Vertragspartner einlösen zu lassen (es folgt die Zeitungsanzeige).
Mit ihrer (Sprung-)Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Landgericht hat die Klagebefugnis der Klägerin gem. § 2 Abs. 1 ZugabeVO i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG bejaht und den Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die von den Beklagten angebotenen „Bonus-Meilen” seien Zugaben i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO. Es handele sich nach der insoweit maßgebenden Verkehrsauffassung um eine von der Hauptleistung, d.h. der Ermöglichung des bargeldlosen Bezugs von Waren und Dienstleistungen durch Kreditgewährung gegenüber den Kreditkarteninhabern, verschiedene Nebenleistung. Die Gewährung von in Flüge und Übernachtungen umzuwandelnde „Bonus-Meilen” sei zur Erfüllung der entgeltlichen Hauptleistung weder nötig noch irgendwie förderlich; sie gehe ersichtlich über das vom Kunden bei diesem Geschäft üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinaus.
Die Abgabe der „Bonus-Meilen”, für die eine Umwandlung in Flüge und Übernachtungen in Aussicht gestellt werde, sei auch von der Inanspruchnahme der Hauptleistung, nämlich der Verwendung der Kreditkarte, insofern abhängig, als sich der Erwerb der Meilen nach den mit der Kreditkarte der Beklagten zu 2 getätigten Umsätzen bemesse. Die Zusatzleistungen seien wegen dieser Abhängigkeit auch objektiv geeignet, den Kunden in seiner Entschließung zu beeinflussen, mit der Kreditkarte der Beklagten zu 2 zu bezahlen; dies um so mehr, als die in Aussicht gestellten Flüge und Übernachtungen als Leistungen von beträchtlichem Wert eingeschätzt würden.
Die „Bonus-Meilen” würden dem Kunden auch unentgeltlich gewährt. Insbesondere sei das ab dem zweiten Jahr der Teilnahme für die Führung des Bonusmeilenkontos zu zahlende Entgelt nur als Gegenleistung für den organisatorischen Aufwand und die Führung des „Meilenkontos” anzusehen. Dies ergebe sich schon daraus, daß im Falle der Nichtbenutzung der Kreditkarte keine „Bonus-Meilen” erworben würden, obwohl das Entgelt für die Führung des „Bonus-Meilen-Kontos” dennoch gezahlt werden müsse.
Schließlich seien die Gewährung der „Bonus-Meilen” und die damit in Aussicht gestellten Vergünstigungen auch nicht als handelsübliche Nebenleistungen i.S. des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO anzusehen. Es fehle insoweit schon an der Voraussetzung, daß die Nebenleistung geeignet sein müsse, die Hauptleistung sachlich zu ermöglichen oder irgendwie zu fördern. Im übrigen sei die Gewährung von Vergünstigungen der in Rede stehenden Art auf dem Markt der Kreditkartenunternehmen bisher nicht üblich und auch nicht als eine im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten liegende Weiterentwicklung anzuerkennen, da eine solche – wie das Landgericht näher ausgeführt habe – dem Sinn und Zweck der Zugabeverordnung zuwiderliefe.
Die Anwendung der Zugabeverordnung auf den Streitfall verstoße auch nicht gegen Art. 59 EGV. Maßgebend sei, ob der freie Dienstleistungsverkehr hinsichtlich der Hauptleistung – und nicht der akzessorischen Zugabeleistungen – beeinträchtigt werde, wenn die Werbemaßnahme – die Gewährung der Zugabe „Bonus-Meilen” – verboten werde. Die Hauptleistung werde von der Beklagten zu 2 erbracht. Die Beklagte zu 2 könne sich jedoch nicht auf Art. 59 EGV berufen, da sie keine nach den Vorschriften eines EU-Mitgliedstaates gegründete Gesellschaft sei und weder ihren satzungsmäßigen Sitz noch ihre Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft habe (Art. 66 i.V. mit Art. 58 EGV). Dies werde ihr auch nicht dadurch ermöglicht, daß sie die Zugabeleistungen durch ihre französische Tochtergesellschaft organisieren lasse. Da es nur auf die Hauptleistung ankomme, sei auch zweifelhaft, ob sich die Beklagte zu 1 auf Art. 59 EGV berufen könne. Dies könne aber dahinstehen, da das deutsche Zugabeverbot jedenfalls durch die Erfordernisse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Handelsverkehrs als gerechtfertigt anzusehen sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten diene das Zugabeverbot auch dem Verbraucherschutz; es solle den Kunden vor unsachlicher Beeinflussung, Preisverschleierung und Irreführung schützen. Dieser Schutzzweck sei im Streitfall auch konkret berührt, da davon auszugehen sei, daß das in Rede stehende Zugabeangebot zu einer unsachlichen Beeinflussung und Irreführung der Verkehrskreise führe, an die es sich wendet.
Letztlich sei der Verstoß auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt der Kreditkartenunternehmen wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das Landgericht hat den Unterlassungsanspruch zu Recht gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 1 ZugabeVO für begründet erachtet, weil das beanstandete Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen das Zugabeverbot darstellt. Dem Verbot steht auch Art. 59 EGV nicht entgegen.
1. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Revision nicht nach § 13 Abs. 5 UWG i.V. mit § 2 Abs. 1 Satz 2 ZugabeVO rechtsmißbräuchlich. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, daß die Klägerin nicht auch gegen das „Miles & more”-Programm der Deutschen Lufthansa vorgegangen sei. Zwar kann ein Mißbrauch der Klagebefugnis in Betracht kommen, wenn das Vorgehen eines Wettbewerbsvereins nur gegen einen von mehreren Verletzern, die alle denselben Wettbewerbsverstoß begangen haben, auf sachfremden Gründen beruht (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 13 UWG Rdn. 54). Davon kann vorliegend aber keine Rede sein. Es ist bereits nicht ersichtlich, daß das „Bonus-Meilen”-System der Beklagten in der hier beanstandeten konkreten Ausgestaltung überhaupt mit dem „Miles & more”-Programm der Lufthansa vergleichbar ist. Darüber hinaus ist es einem nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber nicht; die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen – etwa deshalb, weil nunmehr allein er die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse – ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH, Urt. v. 12.12.1996 - I ZR 7/94, GRUR 1997, 537, 538 = WRP 1997, 721 - Lifting-Creme, m.w.N.). Besondere Umstände, insbesondere sachfremde Erwägungen der Klägerin, die eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind im Streitfall nicht ersichtlich.
2. Die Annahme des Landgerichts, es liege ein Zugabeverstoß i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO vor und der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO greife nicht ein, läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Das Landgericht hat die von den Beklagten angebotenen „Bonus-Meilen” ohne Rechtsverstoß als Zugabe i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO gewertet.
Es ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß eine Zugabe vorliegt, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1994 - I ZR 166/92, GRUR 1994, 656, 657 = WRP 1994, 540 - Stofftragetasche; Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage). Eine Zugabe kann danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Dabei ist maßgeblich, ob die angesprochenen Verkehrskreise die zusätzliche Leistung noch als eine sachlich zur Hauptleistung gehörende Verbesserung oder als eine besondere Nebenleistung ansehen (BGH GRUR 1998, 500, 501 - Skibindungsmontage, m.w.N.).
aa) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen, daß die von den Beklagten angebotenen „Bonus-Meilen” als besondere Nebenleistung zum Kreditkartenvertrag anzusehen sind. Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß bei der Prüfung, ob eine Ware oder eine Leistung als im Verhältnis von Haupt- und Nebenware bzw. -leistung stehend anzusehen ist, vom Inhalt des Hauptrechtsgeschäfts auszugehen ist (BGH, Urt. v. 28.10.1993 - I ZR 246/91, GRUR 1994, 230, 232 = WRP 1994, 108 - Euroscheck-Differenzzahlung). Dieses ist vorliegend der Kreditkartenvertrag, der es den Mitgliedern der Beklagten ermöglicht, bei bestimmten Vertragsunternehmen bargeldlos einzukaufen und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die zusätzliche Gewährung von „Bonus-Meilen” hat mit diesem Geschäftsinhalt an sich nichts zu tun. Insoweit hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, daß die Gewährung von in Flüge oder Übernachtungen umzuwandelnden „Bonus-Meilen” zur Erfüllung der entgeltlichen Hauptleistung weder nötig noch förderlich sei und ersichtlich über das vom Kunden eines Kreditkartenunternehmens üblicherweise Gewünschte und Erwartete hinausgehe. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht dabei hinreichend beachtet, daß auch eine Erweiterung des bisherigen Leistungsumfangs Bestandteil einer – neuen – Hauptleistung sein kann. Es hat insoweit aber zutreffend angeführt, es gehe vorliegend nicht darum, auch die Vermittlung von Flügen und Übernachtungen in das „Leistungspaket” der Kreditkarte einzubeziehen. Die Kreditkarte werde aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs nicht um zusätzliche (entgeltliche) Leistungen erweitert, sondern es werde bei Inanspruchnahme der Kreditkarte im bisherigen Umfang eine unentgeltlich gewährte Nebenleistung versprochen, falls der Kreditkartenkunde an dem Programm der Beklagten teilnehme. Für denjenigen, der Bedarf an Flügen und Übernachtungen habe, sei es wirtschaftlich sinnlos, seinen Bedarf durch die Teilnahme am Programm der Beklagten zu decken, da er zunächst einen – anderweitigen – Umsatz in Höhe von 7.500,– DM mit der Kreditkarte machen müsse und dann nicht einmal wisse, welche Flüge und welche Übernachtungen er mit den erworbenen 750 „Meilen” bekommen könne. Das Landgericht konnte daraus rechtsfehlerfrei folgern, für den Verkehr sei angesichts dieser Umstände offensichtlich, daß ein solches Angebot nicht Bestandteil der Hauptleistung des Kreditkartenleistungspakets sein könne.
Die gegen die Annahme eines solchen Verkehrsverständnisses gerichteten weiteren Rügen der Revision sind im Verfahren der Sprungrevision nur innerhalb der revisionsrechtlich gezogenen Schranken (§ 566a Abs. 3 Satz 2 ZPO) nachprüfbar, insbesondere darauf, ob die aus den getroffenen Feststellungen gezogenen Schlußfolgerungen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vereinbar sind (vgl. BGHZ 106, 101, 104 ff. - Dresdner Stollen I; BGH, Urt. v. 18.9.1997 - I ZR 119/95, GRUR 1998, 475, 476 = WRP 1998, 162 - Erstcoloration). Solche Rechtsfehler lassen die Ausführungen des Landgerichts nicht erkennen und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Mit ihrer Rüge, das Landgericht habe bei der Feststellung des Verkehrsverständnisses nicht hinreichend berücksichtigt, daß die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend mit der Zielgruppe des „Miles & more”-Programms der Lufthansa identisch seien, begibt sich die Revision auf das ihr vorliegend verschlossene Gebiet tatrichterlicher Würdigung. Dies gilt auch für die Erwägung der Revision, der Verkehr sei inzwischen daran gewöhnt, daß neben den Einkaufsmöglichkeiten mit Kreditkarten vielfältige weitere Leistungen geboten werden, wie beispielsweise Unfall- oder Gepäckversicherungen. Aber selbst wenn diese Erwägung zugrunde gelegt würde, wäre die Annahme des Landgerichts nicht rechtsfehlerhaft, daß die „Bonus-Meilen” und die Leistungen, in die sie umgewandelt werden können, angesichts der konkreten Ausgestaltung des Angebots, das einen bestimmten Mindestumsatz mit der Kreditkarte voraussetzt und die Leistungen der umzuwandelnden Bonusmeilen nicht näher konkretisiert, nicht zu dem gehören, was der Verkehr als eine Verbesserung der Hauptleistung des Kreditkartenvertrages empfindet und für das die aus dem Kreditkartenvertrag zu zahlenden Entgelte zugleich auch die Gegenleistung darstellen.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die weitere Annahme des Landgerichts, daß die Nebenleistungen der Beklagten nicht besonders berechnet würden. Die Revision verweist darauf, daß jedenfalls vom zweiten Jahr ab eine Gebühr von 50,– DM erhoben werde. Das Landgericht ist indessen davon ausgegangen, daß der angesprochene Verkehr darin keine Gegenleistung für die in Aussicht gestellten Zusatzleistungen sieht, sondern lediglich ein Entgelt für die „Teilnahme” des Kunden an dem „Bonus-Meilen”-Programm und den damit verbundenen organisatorischen Aufwand der Führung des „Meilen-Kontos”. Diese Annahme kann nicht als erfahrungswidrig beanstandet werden. Die Revision vermag daher im Verfahren der Sprungrevision mit ihrem abweichenden Verständnis, das Entgelt stelle die Gegenleistung für die Möglichkeit dar, „Meilen” zu erwerben, nicht durchzudringen.
Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist daher insgesamt eine Zugabe anzunehmen, nicht nur hinsichtlich der auf das erste Jahr, in dem kein Entgelt zu zahlen ist, entfallenden Nebenleistungen sowie hinsichtlich der den Inhabern der Platinum-Card, die überhaupt kein Entgelt zu zahlen haben, gewährten Nebenleistungen.
b) Zu Recht hat das Landgericht weiter angenommen, daß die vorliegende Zugabe auch nicht als handelsübliche Nebenleistung durch den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO vom Verbot freigestellt ist.
aa) Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß der zugaberechtliche Begriff der Handelsüblichkeit im Interesse notwendiger Weiterentwicklung nicht eine allgemeine tatsächliche Übung voraussetzt, so daß auch neue – bisher nicht verbreitete – Erscheinungsformen schon dann als handelsüblich angesehen werden können, wenn sie sich nach den Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten halten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 22.11.1990 - I ZR 50/89, GRUR 1991, 329, 330 = WRP 1991, 225 - Family-Karte; BGH GRUR 1994, 230, 232 - Euroscheck-Differenzzahlung; Urt. v. 4.12.1997 - I ZR 143/95, GRUR 1998, 502, 504 = WRP 1998, 489 - Umtauschrecht I). Ihre rechtliche Grenze findet die Zulässigkeit einer solchen Weiterentwicklung allerdings dort, wo sie im Widerspruch zu den Grundsätzen der Wettbewerbsordnung steht. Zu diesen Grundsätzen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insbesondere die Erscheinungsformen der Wertreklame. Werbliche Maßnahmen, die nach Art, Umfang und Zweck einer unzulässigen Wertreklame zuzuordnen sind, können nicht mehr als handelsübliche Nebenleistung angesehen werden (BGH, Urt. v. 30.6.1976 - I ZR 86/74, GRUR 1976, 704, 705 = WRP 1976, 553 - Meßbecher; vgl. auch Urt. v. 7.11.1975 - I ZR 31/74, GRUR 1976, 316, 317 = WRP 1976, 155 - Besichtigungsreisen II). In Fortsetzung dieser Rechtsprechungslinie hat das Landgericht zu Recht und von der Revision unbeanstandet angenommen (im Anschluß an Heermann, WRP 1991, 625, 628), daß eine Ausnahme vom Verbot der Zugabe (§ 1 Abs. 1 ZugabeVO) – einer gesetzlich geregelten Erscheinungsform der Wertreklame – dann nicht in Betracht kommt, wenn die Gewährung der Nebenleistung dem Sinn und Zweck der Zugabeverordnung zuwiderläuft; denn dann entspricht sie nicht mehr kaufmännischer Vernunft und kann deshalb nicht als handelsüblich angesehen werden.
Den Zweck des Zugabeverbots hat das Landgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zutreffend insbesondere darin gesehen, den Kunden vor Irreführung, unsachlicher Beeinflussung und Preisverschleierung zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1994 - I ZR 193/92, GRUR 1995, 165, 166 = WRP 1995, 192 - Kosmetikset); hinzutreten muß die Wahrung der Redlichkeit des Handels und die guten kaufmännischen Sitten (BVerfG WRP 1996, 1087, 1093). Der in dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten Prof. Dr. S. (S. 28) vertretenen Ansicht, das deutsche Zugabeverbot sei nicht dazu bestimmt, dem Verbraucherschutz zu dienen, vermag der Senat nicht beizutreten. Diese Ansicht wird auf die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Zugabeverordnung aus dem Jahre 1994 gestützt (Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P. vom 1.2.1994 in BT-Drucks. 12/6723, S. 5), einer Ansicht, die sich seinerzeit nicht durchgesetzt hat und deshalb auch nicht als gesetzgeberische Willensbekundung berücksichtigt werden kann. Sie wird dem gewandelten Verständnis, das das Zugabeverbot seit seiner Einführung im Jahre 1932 erfahren hat, nicht hinreichend gerecht. Der Senat sieht zu einer von der Revision im Anschluß an das Gutachten befürworteten teleologischen Reduktion der Vorschriften der Zugabeverordnung keinen Anlaß.
bb) Es kommt danach maßgebend darauf an, ob das angegriffene „Bonus-Meilen”-Programm der Beklagten in seiner konkret beworbenen Ausgestaltung dem Zweck der Zugabeverordnung zuwiderläuft. Das Landgericht hat dies auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatrichterlichen Feststellungen bejaht. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Das Landgericht hat die angegriffene Werbung für das „Bonus-Meilen”-Programm als ein geradezu klassisches Beispiel für eine – neben dem Schutz vor unsachlicher Beeinflussung – unter den Schutzzweck der Preisangabenverordnung fallende Preisverschleierung und Irreführung über den Wert der Zugabe gewertet. Das werde vor allem durch die Zwischenschaltung der „neuen Währung: Meilen” ermöglicht: Der angesprochene Kartenkunde erhalte keine Informationen darüber, wie die „Meilen”, von denen er „zur Zeit” je 10,– DM eine gutgeschrieben bekomme, in Flüge und Hotelübernachtungen umgesetzt und welche Zahl von „Meilen” für welche Flüge und welche Übernachtungen umgewandelt werden könnten. Hinzu komme, daß sich die Beklagten insoweit auch noch von aller Haftung freizeichneten und nicht einmal dafür einstehen wollten, „daß die Leistungen erbracht werden”. Die Beklagten erweckten den Anschein, etwas Attraktives zu versprechen, in Wirklichkeit wisse der Karteninhaber aber nicht, was er erhalten werde und ob er überhaupt etwas erhalten werde. Er könne den Wert der ihm mit großem Aufwand in Aussicht gestellten Zugaben und das Verhältnis dieses Wertes zu dem seiner Leistungen, nämlich den mit der Kreditkarte getätigten Umsätzen, nicht einmal abschätzen. Andererseits aber seien Hotelübernachtungen und Flüge von so hohem Wert, daß die Ankündigung ihrer Gewährung ausreichend sei, den Karteninhaber dahin zu beeinflussen, durch Einsatz der Karte zunächst einmal den erforderlichen Mindestbestand von 750 „Meilen” zu erwerben.
Diese weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen und die daraus gezogenen Schlußfolgerungen sind im Verfahren der Sprungrevision rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die von der Revision vorrangig angegriffenen Feststellungen zum Verkehrsverständnis. Der Feststellung des Landgerichts, der Teilnehmer am „Bonus-Meilen”-Programm der Beklagten wisse nicht, wieviele Meilen er benötige, um diese gegen eine Übernachtung oder einen Flug einzutauschen, läßt sich daher nicht mit Erfolg entgegenhalten, die erforderliche Anzahl von Meilen für den Umtausch in Flüge und Übernachtungen sei aus den Bonusprogrammen der jeweiligen Leistungsträger ohne weiteres ersichtlich und für die angesprochenen Verkehrskreise (Geschäftsleute und Freiberufler), denen das „Miles & more”-Programm der Lufthansa bekannt sei, zumindest unschwer feststellbar. Die Revision vernachlässigt dabei im übrigen, daß die Vorstellung des Verkehrs von den maßgebenden Umständen auch durch das geprägt wird, was in der ihm gegenübertretenden Werbung zum Ausdruck kommt (vgl. BGH GRUR 1994, 230, 231 - Euroscheck-Differenzzahlung). Danach sind dem angesprochenen Verkehr jedenfalls zum Zeitpunkt der Werbung, durch die er als Teilnehmer am Programm der Beklagten gewonnen werden sollte, die für ihn wesentlichen Informationen nicht mitgeteilt worden, sie waren für ihn vielmehr erst später und auch nur mehrstufig zu erlangen. Damit ist die Schlußfolgerung des Landgerichts, es liege - bezogen auf den hier maßgebenden Zeitpunkt – eine Preisverschleierung vor, ohne weiteres nachvollziehbar. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Landgericht den Beklagten in diesem Zusammenhang angelastet hat, in der Werbung nicht hinreichend deutlich gemacht zu haben, daß sie sich – wie ihren Allgemeinen Teilnahmebedingungen zu entnehmen ist – von jeder Haftung für eine Umwandlung der „Bonus-Meilen” in Flüge und Übernachtungen freizeichnen. Schließlich kann sich die Revision auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß der Erwerb von Bonusmeilen in anderen Branchen (Luftverkehrsgesellschaften, Autovermieter und Hotels) bereits handelsüblich sei. Auf die Frage der Zulässigkeit dieser Programme kommt es hier nicht an. Denn die vom Landgericht für ein Verbot angeführten Erwägungen, deren tatsächliche Grundlage im Streitfall einer Überprüfung auf Verfahrensfehler entzogen ist (§ 566a Abs. 3 Satz 2 ZPO), stehen der Annahme einer Handelsüblichkeit auf dem Kreditkartenmarkt nicht grundsätzlich entgegen, sondern erklären lediglich das „Bonus-Meilen”-Programm der Beklagten in der konkret beworbenen Ausgestaltung – weil preisverschleiernd und irreführend – für zugaberechtlich unzulässig.
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner dagegen, daß das Landgericht den Zugabeverstoß als geeignet angesehen hat, den Wettbewerb auf dem Markt der Kreditkartenunternehmen wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, daß es im Streitfall nicht um die zugaberechtliche Zulässigkeit von Bonussystemen, die in anderen Branchen und in anderer Ausgestaltung „etabliert” sein mögen, schlechthin gehe, sondern nur um das konkret angegriffene System, das wegen der damit verbundenen Preisverschleierung und Irreführung geeignet ist, den Beklagten Vorteile im Wettbewerb der Kreditkartenunternehmen zu verschaffen (vgl. BGH GRUR 1998, 502, 504 - Umtauschrecht I).
3. Das auf die Zugabeverordnung gestützte Verbot des von der Beklagten zu 2 angebotenen „Bonus-Meilen”-Systems ist entgegen der Ansicht der Revision auch mit Art. 59 EGV vereinbar. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 177 Abs. 3 EGV bedarf es nicht.
a) Fraglich ist zunächst, ob sich die Beklagten überhaupt auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs nach Art. 59 Abs. 1 EGV berufen können. Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß im Streitfall der freie Verkehr der angebotenen Kreditkartenleistung in Frage steht, nicht dagegen die Gewährung von „Bonus-Meilen” im Rahmen des „Membership Miles”-Programms. Denn die Beklagten machen geltend, der europaweite Vertrieb ihrer Kreditkartenleistung werde durch die Anwendung des Zugabeverbots auf ihr System behindert. Dagegen geht es vorliegend nicht um eine selbständige (entgeltliche) Vermarktung der dem „Bonus-Meilen”-System zugrundeliegenden Werbeleistung – etwa durch eine Werbeagentur (vgl. EuGH, Urt. v. 24.3.1994 - Rs. C-275/92, Slg. 1994, I-1039 = NJW 1994, 2013, 2014 Tz. 19 - Schindler). Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, die die Revision mit der Verfahrensrüge nicht anzugreifen vermag (§ 566a Abs. 3 Satz 2 ZPO), erbringt die in den USA domizilierende Beklagte zu 2, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft ist (Art. 59, 66, 58 EGV), die Kreditkartenleistung, nicht dagegen die in Frankreich ansässige Beklagte zu 1. Der Frage, ob ab Januar 1996 an die Stelle der Beklagten zu 2 eine Tochtergesellschaft mit Sitz in Großbritannien getreten ist, ist das Landgericht nicht weiter nachgegangen (LGU 44).
b) Doch auch ungeachtet der Frage, ob sich die Beklagten vorliegend auf eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 EGV berufen könnten, steht das nach autonomem deutschen Recht auszusprechende Verbot mit Art. 59 EGV im Einklang.
Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob auch im Rahmen des Art. 59 EGV die Grundsätze der – zu Art. 30 EGV entwickelten – sogenannten Keck-Doktrin (EuGH, Urt. v. 24.11.1993 - C-267/91 und C-268/91, Slg. 1993, I-6097 = GRUR 1994, 296 - Keck und Mithouard) Anwendung finden (dazu Everling, ZLR 1994, 221, 231; Sack, WRP 1998, 103, 112 f. m.w.N.) und danach zu unterscheiden ist, ob es sich bei dem Zugabeverbot, wie es sich im Streitfall auswirken würde, um eine bloße Verkaufsmodalität oder um eine das Produkt selbst betreffende Beschränkung handelt. Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner Beantwortung, weil die Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit jedenfalls durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften sind im Rahmen des Art. 59 EGV – ebenso wie bei Art. 30 EGV – neben den im Vertrag ausdrücklich aufgeführten Rechtfertigungsgründen des Art. 56 EGV auch zwingende Gründe des Allgemeininteresses zu berücksichtigen, die Beeinträchtigungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen können. Zu diesen Allgemeininteressen zählen insbesondere auch der Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs und der Verbraucherschutz (EuGH, Urt. v. 9.7.1997 - C-34/95, C-35/95 und C-36/95, Slg. 1997, I-3843 = GRUR Int. 1997, 913 Tz. 53 - De Agostini, m.w.N.). Ob für ein nach dem autonomen Recht eines Mitgliedstaates auszusprechendes Verbot zwingende Gründe sprechen, ist eine grundsätzlich von den Gerichten der Mitgliedstaaten zu beantwortende Frage (EuGH GRUR Int. 1997, 913 Tz. 52 - De Agostini). Im Streitfall sprechen für das Verbot des beanstandeten Verhaltens derartige zwingende Gründe.
Dabei kann offenbleiben, ob das im deutschen Recht geregelte Zugabeverbot unter allen Umständen als eine durch zwingende Gründe der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 59 EGV angesehen werden könnte (vgl. zum niederländischen Zugabeverbot EuGH, Urt. v. 15.12.1982 - Rs. 286/81, Slg. 1982, 4575 = GRUR Int. 1983, 648, 650 Tz. 17 f. - Oosthoek). Denn auch wenn das Zugabeverbot des deutschen Rechts die nach Art. 59 EGV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit in einzelnen Punkten zu stark beschränken sollte, kann dies doch nicht für das im Streitfall ausgesprochene Verbot gelten. Für dieses Verbot ist die Ausgestaltung des beanstandeten „Bonus-Meilen”-Systems maßgeblich, nach der der Verbraucher im unklaren darüber gelassen wird, welche Vorteile im einzelnen mit einer Teilnahme an dem System verbunden sind und welche Kartenumsätze er erzielen muß, um in den Genuß der angepriesenen Vergünstigungen zu gelangen. Im Hinblick auf die damit verbundene Preisverschleierung und Irreführung kommt es – wie oben dargestellt – nicht in Betracht, das beanstandete „Bonus-Meilen”-System der Beklagten als eine sich im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten haltende Weiterentwicklung bislang bekannter handelsüblicher Nebenleistungen anzusehen (§ 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO). Das Verbot des beanstandeten Systems gründet sich damit nicht auf eine abstrakte Gefahr, die von Zugaben generell ausgehen mag, sondern auf die preisverschleiernde und irreführende Ausgestaltung des konkret beanstandeten Systems. Damit dient das Verbot – ungeachtet möglicher Bedenken, denen das Zugabeverbot im Hinblick auf die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit begegnen kann – im Streitfall zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses, insbesondere dem Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs und dem Verbraucherschutz.
III. Danach war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Mees, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.09.1998 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538504 |
BB 1999, 550 |
NJW 1999, 1398 |
EWiR 1999, 333 |
GRUR 1999, 515 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 420 |
WuB 1999, 651 |
ZIP 1999, 634 |
CI 1999, 100 |
MDR 1999, 821 |
VuR 1999, 245 |
WRP 1999, 424 |
NJWE-WettbR 1999, 145 |
ZBB 1999, 94 |