Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung eines vorzeitig ausgeschiedenen Handelsvertreters auf der Grundlage einer Versorgungsordnung, die dem Versorgungsberechtigten für einen bestimmten Brutto-Provisionsbetrag jeweils einen Punkt im Werte von 0,05 DM gewährt.
Normenkette
BetrAVG §§ 1-2, 17 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 13.12.1979) |
LG Wuppertal (Urteil vom 02.01.1979) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 1979 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 2. Januar 1979 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das landgerichtliche Urteil im Kostenpunkt ganz und in der Sache teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine monatliche Altersrente von 300,35 DM ab Vollendung des 65. Lebensjahres, eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 300,35 DM zum Zeitpunkt der gem. Nr. 7.3 der Versorgungsordnung der Beklagten vom 25. November 1975 an nachgewiesenen Erwerbsunfähigkeit sowie an die Witwe des Klägers vom Zeitpunkt seines Todes an eine Witwenrente von 150,15 DM zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der am 15. Februar 1935 geborene Kläger war vom 23. März 1959 bis zum 21. August 1976 für die Beklagte als Handelsvertreter auf Provisionsbasis tätig.
Er war Mitglied des Unterstützungsvereins für Vertreter der Beklagten. Aufgabe und Zweck des Vereins war die freiwillige Gewährung von Beihilfen an die Handelsvertreter und deren Witwen nach festgelegten Richtlinien. Diese lauten in der Fassung vom 1. April 1971 auszugsweise:
„Altersbeihilfen werden nach folgenden Richtlinien gewährt:
2.1 Bei Erwerbsunfähigkeit – Einstellung der Erwerbstätigkeit vorausgesetzt – oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn der Vertreter bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 2.000 Punkte abgerechnet hat und mindestens 10 jähre für die Firma V. + Co. E. KG tätig war.
2.3 Die Altersbeihilfe bei Erwerbsunfähigkeit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres beträgt für jeden abgerechneten Punkt DM 0,05 monatlich. Die Witwenhilfe beläuft sich auf 50 % dieses Betrages.
3.1 Als ein Punkt gilt ein bestimmter Brutto-Provisionsbetrag, den die Firma V. & Co. E. KG im voraus festlegt. Die Firma V. & Co. E. KG behält sich vor, die Höhe dieses Brutto-Provisionsbetrages zu ändern.
3.4 Wird das Vertragsverhältnis gelöst, nachdem der Vertreter 2.000 Punkte abgerechnet hat und mindestens 10 Jahre für die Firma V. & Co. E. KG tätig war, so bleibt die Anwartschaft auf Beihilfe bestehen, wenn der Vertreter
- den Nachweis der Berufsunfähigkeit führt oder,
- wenn am Tage der Beendigung des Vertragsverhältnisses die Summe aus dem Lebensalter und aus der Dauer seiner vertraglichen Tätigkeit mindestens 60 Jahre ergibt …”
Am 15. Dezember 1972 beschloß die Mitgliederversammlung des Unterstützungsvereins eine Änderung der Richtlinien. Danach waren für die Beihilfen nur noch die bis zum 31. Dezember 1972 abgerechneten und erworbenen Punkte maßgebend. Die Verkaufsergebnisse nach dem 31. Dezember 1972 wurden von der Beklagten durch Geldzahlung abgegolten, die es den Vertretern ermöglichte, höhere Beiträge zur eigenen Sozialversicherung abzuführen. Der Kläger hatte bis zum 31. Dezember 1972 insgesamt 6.007 Punkte abgerechnet und erworben.
Am 25. November 1975 wurde ein Beschluß über die Auflösung des Unterstützungsvereins gefaßt und die Liquidation eingeleitet. Die Beklagte erließ gleichzeitig eine Versorgungsordnung mit der verbindlichen Zusage und Verpflichtung, alle Zahlungen zu leisten, die nach der Satzung und den Richtlinien des Unterstützungsvereins geleistet worden wären (Nr. 14 der Versorgungsverordnung).
Nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erteilte die Beklagte dem Kläger auf Antrage nach der Höhe seiner Altersbeihilfe mit Schreiben vom 22. Dezember 1977 und 12. Januar 1978 die Auskunft, daß aufgrund der unverfallbar gewordenen Anwartschaft bei Vollendung des 65. Lebensjahres eine monatliche Altersbeihilfe von 127,76 DM zu zahlen sei und geleistet werde. Dabei ging die Beklagte von folgender Berechnung aus: Tatsächliche Vertragszeit des Klägers (208 Monate) im Verhältnis zur möglichen Vertragszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (nach der Abrechnung 489 Monate) vervielfacht mit der vollen Betriebsrente von 300,35 DM (= 6.007 Punkte × 0,05 DM).
Der Kläger hält die Berechnung der Beklagten für fehlerhaft und begehrt mit der Klage, die er zunächst gegen den Unterstützungsverein gerichtet hatte, die richterliche Feststellung zur Höhe der ihm zustehenden Ansprüche.
Er hat den Standpunkt vertreten, die Altersbeihilfe berechne sich in den Fällen des vorzeitigen Ausscheidens nach der Anzahl der bis zum 31. Dezember 1972 abgerechneten und anerkannten Punkte; sie betrage deshalb 300,35 DM monatlich ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Diese auf den Richtlinien des Unterstützungsvereins und der Versorgungsordnung der Beklagten beruhende vertragliche Regelung habe Vorrang vor den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, weil sie für den Handelsvertreter günstiger sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm eine monatliche Altersrente von 300,35 DM ab Vollendung des 65. Lebensjahres, eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 300,35 DM ab dem Zeitpunkt der gemäß Nr. 7.3 der Versorgungsordnung für Vertreter der Beklagten vom 25. November 1975 nachgewiesenen Erwerbsunfähigkeit und an seine Witwe vom Zeitpunkt seines Todes eine Witwenrente von 150,15 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der Kläger habe nach der vorzeitigen Beendigung des Handelsvertretervertrages nur den anerkannten Teilanspruch von 127,76 DM. Die Höhe des Anspruchs sei nach § 2 des Gesetzes über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung zu berechnen.
Das Landgericht hat dem Feststellungsbegehren teilweise stattgegeben. Es hat eine monatliche Altersbeihilfe von 273,94 DM ab Vollendung des 65. Lebensjahres für berechtigt gehalten und im übrigen die Klage abgewiesen. Es hat sich auf § 2 des Gesetzes über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung gestützt und den Vollanspruch auf Beihilfe nach der sog. ratierlichen Methode durch Hochrechnen der durchschnittlichen Monatsprovision ermittelt, die der Kläger bis zum 31. Dezember 1972 erreicht hatte.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Revision des Klägers, mit der er seine Anträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage bejaht und ausgeführt, daß der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, in welcher Höhe er künftig Versorgungsleistungen beanspruchen könne. Diese auf § 2 Abs. 6 BetriebsAVG (BetrAVG) gestützte Annahme des Berufungsgerichts läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Beklagten in ihrer Revisionserwiderung auch nicht angezweifelt.
II. Das Berufungsgericht hat das Feststellungsbegehren jedoch als unbegründet angesehen und den Standpunkt vertreten, dem Kläger stehe bei Erwerbsunfähigkeit und bei Vollendung des 65. Lebensjahres keine höhere als die von der Beklagten mit monatlich 127,76 DM anerkannte Altersrente zu. Die Höhe der Versorgungsleistungen sei nach der in § 2 Abs. 1 BetrAVG beschriebenen ratierlichen Methode zu berechnen. Danach habe ein vorzeitig ausgeschiedener Mitarbeiter, dessen Anwartschaft nach § 1 BetrAVG fortbestehe, einen Anspruch in Höhe des Teils der ohne das Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Dauer der Betriebszugehörigkeit entspreche. Bemessungsgrundlage für den Vollanspruch sei nach Nr. 9.1 der Versorgungsordnung der Beklagten vom 25. November 1975 die Summe der bis zum 31. Dezember 1972 abgerechneten Punkte. Der Anspruch betrage bei 6.007 Punkten im Werte von je 0,05 DM insgesamt 300,35 DM monatlich. Bei einer Betriebszugehörigkeit von 208 Monaten und einer möglichen Dauer von 490 Monaten belaufe sich die künftige Altersrente auf 127,50 DM.
Diese Berechnungsmethode gelte zwar nur dann, wenn die einzelne Versorgungsordnung den Mitarbeitern für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens nicht ausdrücklich höhere Leistungen zuerkenne. Daran fehle es hier aber. Die Versorgungsordnung der Beklagten erwähne die vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses in Übereinstimmung mit den Richtlinien des Unterstützungsvereins nur im Zusammenhang mit dem Verfall von Ansprüchen. Das Berufungsgericht führt näher aus, daß sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen könne, nach § 1 BetrAVG behalte der vorzeitig ausgeschiedene Mitarbeiter die Anwartschaft auf Versorgungsleistungen in der Höhe, die sich nach dem Versorgungsplan für den Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens ergebe. In § 1 seien lediglich die Voraussetzungen der Unverfallbarkeit festgelegt während sich die Höhe nach § 2 BetrAVG bestimme.
III. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht angenommen daß die Versorgungsanwartschaft des Klägers bei seinem Ausscheiden bei der Beklagten nicht verfallen ist. Die Unverfallbarkeit ergibt sich hier aus dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 – BGBl. I 3610 – (BetrAVG), dessen §§ 1 – 16 für Handelsvertreter entsprechend gelten, wenn ihnen Versorgungsleistungen zugesagt worden sind (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG). Nach § 1 Abs. 1 und 4 BetrAVG sind Versorgungsanwartschaften eines Unterstützungsvereins unverfallbar, wenn entweder die Versorgungszusage 10 Jahre bestanden hat oder der Bestand der Versorgungszusage mindestens drei Jahre beträgt, der Berechtigte aber darüber hinaus über eine 12-jährige Betriebszugehörigkeit verfügt. Der Kläger erfüllt die genannten Unverfallbarkeitsvoraussetzungen. Er war bei der Beklagten 17 Jahre und 5 Monate tätig; auch die Versorgungszusage bestand mehr als 3 Jahre.
Dem steht die Versorgungsordnung der Beklagten nicht entgegen. Zwar ist die Unverfallbarkeit dort nach Nr. 10.2.2 (ebenso Nr. 3.4 der Richtlinien des Unterstützungsvereins) unter anderem an die Voraussetzung geknüpft, daß am Tage der Beendigung des Vertragsverhältnisses die Summe aus dem Lebensalter und aus der Dauer der vertraglichen Tätigkeit mindestens 60 Jahre betrug; daran fehlt es hier, da die Summe beim Kläger nur knapp 59 Jahre ergibt. Die Verfallklausel ist jedoch unwirksam, soweit sie § 1 BetrAVG verletzt (vgl. BAG AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Wartezeit). Die Beklagte ist nicht berechtigt, vom Kläger eine längere als die im Gesetz vorgesehene Betriebstreue zu verlangen (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG).
2. Das Berufungsgericht hat jedoch die Höhe der dem Kläger zustehenden Altersversorgung rechtsfehlerhaft berechnet. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß dem Kläger nicht der von ihm beanspruchte volle Betrag von 300,35 DM (6007 Punkte × 0,05 DM), sondern – wie auch die Beklagte meint – infolge seines vorzeitigen Ausscheidens nur ein nach § 2 Abs. 1 BetrAVG gekürzter Teilanspruch zustehe, der sich auf der Grundlage des Vollanspruchs von 300,35 DM nach dem Verhältnis der tatsächlichen (208 Monate) zur möglichen Vertragszeit (490 Monate) berechne.
Im Streitfall ist die Betriebsrente indessen nicht nach § 2 Abs. 1 BetrAVG, sondern nach der vertraglichen Versorgungsregelung zu berechnen. Die auf dem Gesetz beruhende sogenannte ratierliche Berechnungsmethode, von der das Berufungsgericht ausgeht, ist nur dann anzuwenden, wenn die Versorgungsordnung dem einzelnen Mitarbeiter für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens keine höheren Leistungen zuerkennt. Denn die vertragliche Regelung geht im Falle einer Verbesserung der gesetzlichen Regelung vor (vgl. BAG BB 1979, 1663; Schaub, RdA 1980, 155, 157; Höfer, Komm, zum BetrAVG 1976, § 2 Rdn. 1; Heubeck/Höhne, Komm, zum Betriebsrentengesetz, Band I, 2. Auflage 1981, § 2 Rdn. 130). Dies hat das Berufungsgericht zwar nicht verkannt. Es hat jedoch übersehen, daß eine günstigere vertragliche Versorgungsregelung besteht. Im Streitfall läßt sich aus dem Gesamtzusammenhang der in der Versorgungsordnung der Beklagten und entsprechend in den Richtlinien des Unterstützungsvereins enthaltenen Bestimmungen eine Regelungsabsicht bezüglich der Berechnung der Versorgungsanwartschaft des ausgeschiedenen Mitarbeiters entnehmen. Für eine Auslegung in diesem Sinne sprechen hier folgende Erwägungen.
Die von der Beklagten übernommene Versorgungszusage des Unterstützungsvereins stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 und erstreckte sich bis zum 31. Dezember 1972 (vgl. Nr. 9.1 der Versorgungsordnung). Die Versorgungsordnung (Nr. 10.2) und die Richtlinien (Nr. 3.4) enthalten bereits Regelungen über die Unverfallbarkeit von Anwartschaften eines ausgeschiedenen Mitarbeiters, mögen auch die Voraussetzungen zum Teil unwirksam und durch die Regelung in § 1 Abs. 1 BetrAVG ersetzt sein (vgl. oben unter III 1). Wenn es unter Nr. 10.2 der Versorgungsordnung heißt, „unter den folgenden Voraussetzungen bleibt die Anwartschaft in unveränderter Höhe erhalten” (unter Nr. 3.4 der Richtlinien „bleibt die Anwartschaft auf Beihilfe bestehen”), so kann damit nur gemeint sein, daß auch im Fall eines ausgeschiedenen Mitarbeiters die Anwartschaft nach Nr. 9 der Versorgungsordnung („Bemessungsgrundlage und Höhe der Versorgungsleistungen”) zu berechnen ist. Für eine Regelungslücke ergeben sich keine Anhaltspunkte. Bemessungsgrundlage ist deshalb die Summe der bis zum 31. Dezember 1972 abgerechneten 6.007 Punkte. Bei einem Punktwert von monatlich 0,05 DM (Nr. 9.2 der Versorgungsordnung) errechnet sich mithin die vom Kläger beanspruchte Anwartschaft von 300,35 DM.
Für eine Kürzung dieser Anwartschaft entsprechend der vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 BetrAVG übernommenen ratierlichen Methode ist kein Raum. Diese Berechnungsmethode ist auch in der Rechtsprechung erstmals durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 1972 (BAGE 24, 177, 196 f) anerkannt worden. In dem dort entschiedenen Fall war bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in den Versorgungsrichtlinien ein Verfall aller Anwartschaften vorgesehen. Die Versorgungsrichtlinien konnten deshalb mangels einer Anwartschaft auch keine Regelung über die Berechnung der Höhe der in Betracht kommenden Teilversorgung enthalten. Anders liegt es im Streitfall; die ihm zugrundeliegende Versorgungsordnung kennt eine Unverfallbarkeit. Für Fälle dieser Art führt Höhne (Heubeck/Höhne, § 2 Rdn. 130 Abs. 2) mit Recht aus, daß sich in der Praxis gezeigt habe, daß viele Versorgungsordnungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes bereits Unverfallbarkeitsbestimmungen enthalten, die teilweise günstigere Berechnungsmethoden als die ratierliche Methode des Betriebsrentengesetzes vorsehen. Diese Unverfallbarkeitsbestimmungen seien nicht etwa – wie vielfach von den Betroffenen angenommen werde – kraft Gesetzes auf die ratierliche Methode des Betriebsrentengesetzes umgestellt worden, sondern würden weiter gelten. Im übrigen rechtfertigt aber auch der dieser Berechnungsmethode zugrunde liegende Gedanke hier keine Kürzung in dem vom Berufungsgericht vorgenommenen Umfang. Ausgangspunkt ist die Erwägung, daß der vorzeitig ausgeschiedene Mitarbeiter nur einen seiner Betriebszugehörigkeit entsprechenden Teil des ihm bei Vollendung des 65. Lebensjahres zustehenden Ruhegeldes beanspruchen kann. Dieses Ruhegeld soll nach dem Willen des Gesetzgebers im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Beschäftigungszeit herabgesetzt werden. Dieses Verfahren bedeutet im Ergebnis, daß unabhängig vom Verlauf einer Anwartschaft nach dem Versorgungsplan (z.B. einer hohen Grundrente und kleineren Steigerungsrenten) jedem Beschäftigungsjahr der gleiche Teil der Endrente zuzurechnen ist (vgl. Heubeck/Höhne aaO § 2 Rdn. 7 ff, 115). Letztlich wird mit dieser ratierlichen Berechnungsmethode für den vorzeitig ausgeschiedenen Mitarbeiter der Verlauf aller Ansprüche auf Altersrente begradigt (vgl. Heubeck/Höhne aaO). Wäre diese Berechnungsmethode auf den Streitfall anzuwenden, so müßte – wie das Landgericht mit Recht annimmt – hochgerechnet werden, welche Punktzahl der Kläger bei Fortführung der betrieblichen Altersversorgung und bei Fortsetzung seines Handelsvertreterverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht hätte. Von der sich danach ergebenden Vollrente wäre der Teilanspruch im Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Beschäftigungszeit herabzusetzen. Indessen bedarf es dieser Berechnung vorliegend nicht, weil bereits die vertragliche Versorgungsregelung der Beklagten für eine der Höhe nach uneingeschränkte Aufrechterhaltung der bis zum 31. Dezember 1972 erworbenen Anwartschaft spricht. Diese hätte der Kläger auch nach der Berechnung der Beklagten bei gleicher Dauer der Beschäftigungszeit dann erhalten, wenn er mit Erreichen der Altersgrenze ausgeschieden wäre. Die Berechnung der künftigen Altersrente auf den vollen Betrag von 300,35 DM entspricht hier der Billigkeit. Der Kläger hat für je 50,– DM Brutto-Provision jeweils einen Punkt im Werte von monatlich 0,05 DM erdient (Nr. 4 und 9.2 der Versorgungsordnung). Damit stand die Rente zum Abrechnungszeitpunkt (31. Dezember 1972) bei einer vom Kläger erreichten Punktzahl von 6007 ein für allemal fest. Die gesetzliche Regelung der Unverfallbarkeit knüpft an den Grundsatz an, daß die Betriebstreue eines Arbeitnehmers in der Dauer der Betriebszugehörigkeit ihren Ausdruck finde, und daß die vom Arbeitnehmer in Erwartung der Versorgungsleistung erbrachte Betriebstreue nicht entschädigungslos bleiben darf, wenn seine Teilleistung einen bestimmten Umfang erreicht hat. Wer im Vertrauen und in der Erwartung, das Ruhegeld im versprochenen Umfang erwerben zu können, sich an den Betrieb gebunden hielt und gebunden werden sollte, dessen Vertrauen verdient Schutz, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig endet (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Wartezeit; BAG Nr. 2 zu § 1 BetrAVG). Der Gedanke des Vertrauensschutzes erfordert im Bereich der betrieblichen Altersversorgung im besonderen Maße, daß der Arbeitnehmer eindeutig und unmißverständlich über seine Rechtsstellung unterrichtet ist (BAG AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG). Bei einer vertraglichen Regelung der vorliegenden Art braucht der Versorgungsberechtigte nicht damit zu rechnen, daß seine Anwartschaft später aufgrund einer in das Betriebsrentengesetz übernommenen Berechnungsmethode gekürzt wird.
IV. Auf die Revision des Klägers war danach der Klage in vollem Umfange mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO stattzugeben.
Unterschriften
Alff, Merkel, Windisch, Piper, Erdmann
Fundstellen
Haufe-Index 1237564 |
NJW 1982, 2873 |
Nachschlagewerk BGH |